Psycho? Logisch! Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung. Ergebnisse einer Umfrage in der Bundesverwaltung Zeitdruck, geringe Handlungsspielräume, Mängel in der Führung: Psychische Belastung ist vielfältig und folgenreich. Sie beeinträchtigt die Arbeitsfähigkeit und die Gesundheit der Beschäftigten. Hier ist der Arbeitgeber gefordert. Er muss die psychische Belastung bei seinen Arbeitsschutzbemühungen berücksichtigen. Ein erster Schritt: die Belastung muss ermittelt werden. So will es das Arbeitsschutzgesetz. Für den Bundesdienst steht dazu eine Handlungshilfe der Unfallkasse des Bundes zur Verfügung, die Prüfliste Psychische Belastung. Doch ermitteln die Arbeitgeber im Bundesdienst überhaupt psychische Belastung? Und benutzen Sie dazu unsere Prüfliste? Falls ja, welche Erfahrungen haben die Dienststellen gemacht? Wenn die Prüfliste nicht genutzt wird, woran liegt es? Und: Wie können wir die Prüfliste so verbessern, dass mehr Dienststellen sie verwenden? Um das herauszufinden, haben wir eine Umfrage gemacht. Wir haben an 349 Fachkräfte für Arbeitssicherheit aus allen Bereichen der Bundesverwaltung einen Fragebogen geschickt. 62 Fragebogen sind zurückgekommen, sieben Fachkräfte meldeten sich telefonisch zurück. Die Rücklaufquote liegt damit bei rund 18%. Das ist ein relativ geringer Wert, der sich auf die Qualität der gewonnenen Erkenntnisse auswirkt: alle Ergebnisse müssen vorsichtig interpretiert werden, sie können lediglich als Anhaltspunkte gewertet werden. Hinzu kommt, dass die Fachkräfte den Fragebogen ohne Nennung der Dienststelle zurückschicken konnten. Die Stichprobe ist also nicht repräsentativ. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 1 November 2010
Die Ergebnisse Nur ein Viertel der Dienststellen ermittelt psychische Belastungen. Prüfliste psychische Belastung beliebtestes Verfahren Psychische Belastung wird im Bundesdienst nur selten ermittelt. Von den 62 Fachkräften, die uns geantwortet haben, geben lediglich 14 Fachkräfte an, dass in ihrer Dienststelle psychische Belastung ermittelt werden (23%). Zwölf der 14 Dienststellen benutzen dazu die Prüfliste aus der CD-ROM Handlungshilfe. Das sind rund 19% aller Dienststellen, die uns geantwortet haben. Zwei Dienststellen nutzten andere Verfahren, darunter den Fragebogen BASA (Bewertung von Arbeitsbedingungen - Screening für Arbeitsplatzinhaber) und den SALSA (Salutogenetische Subjektive Arbeitsanalyse). Ohne FASi läuft nicht viel die Durchführung der Ermittlung Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit spielen bei der Ermittlung psychischer Belastung eine große Rolle. In zehn von 14 Dienststellen waren sie an der Durchführung der Erhebung beteiligt. In drei Dienststellen waren sie sogar alleiniger Akteur. Damit ist klar: die Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind Wissensträger für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung und damit eine geeignete Zielgruppe für unsere Befragung gewesen. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die für die Anwendung der Prüfliste geforderte psychologische Fachexpertise meistens nicht hinzugezogen wurde. In mindestens 12 der 14 Dienststelle kommen keine Psychologen zum Einsatz. Zwei Dienststellen bemühen externe Anbieter, hier kann zumindest vermutet werden, dass Psychologen tätig wurden. Drei der Dienststellen nehmen die Hilfe ihres Betriebsarztes in Anspruch. Die Tabelle auf Seite 3 zeigt die Beteiligung der verschiedenen Funktionsträger an der Gefährdungsermittlung und die Anzahl der Dienststellen, in denen die entsprechenden Kombinationen vorkamen. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 2 November 2010
Wer hat die Erhebung der psychischen Belastungen durchgeführt? Anzahl der Dienststellen mit dieser Kombination Fachkraft für Arbeitssicherheit (FASi) alleine 3 FASi und Betriebsarzt 2 FASi und Führungskraft 2 FASi und Personalverwaltung 2 FASI und externer Anbieter 1 Führungskraft alleine 1 Betriebsarzt alleine 1 Externer Anbieter alleine 1 Beteiligung der Funktionsträger im Arbeitsschutz an der Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung Je mehr, desto besser die Mitwirkungsquote Bei Mitarbeiterbefragungen ist es wichtig, dass möglichst viele Beschäftigte mitmachen. Nur so bekommt man ein ausgewogenes Meinungsbild. Für die Prüfliste psychische Belastung, die letztlich nichts anderes ist als ein Fragebogen zur Mitarbeiterbefragung, gilt daher die Regel: wenn weniger als 50% der Beschäftigten den Fragebogen zurückgeben, dürfen die Ergebnisse der Befragung nur unter Vorbehalt betrachtet werden. Zu groß ist das Risiko, ein Ergebnis zu erhalten, das nicht aussagekräftig ist. Mit dieser Regel soll verhindert werden, dass Maßnahmen in die Wege geleitet werden, die entweder nicht zielführend sind oder die Situation der Beschäftigten sogar verschlechtern. Die Mitwirkungsquote der Beschäftigten in den von uns befragten Dienststellen ist eher gering. 69% der befragten Fachkräfte geben an, dass die Mitwirkungsquote unter 50% liegt. 13% sagen, die Mitwirkungsquote liege zwischen 50% und 75% und 19% der Fachkräfte geben an, dass die Beteiligung bei über 75% liegt. Damit wären mehr als Zweidrittel aller in der Bundesverwaltung mit der Prüfliste psychischen Belastung durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen nicht aussagekräftig. Allerdings basieren diese Werte auf Schätzungen der Fachkräfte, denn in der Regel wurde die konkrete Rücklaufquote der Fragebogen nicht erhoben. Eine geringe Mitwirkungsquote ist ein Zeichen dafür, dass die Befragung bei den Beschäftigten nicht akzeptiert wird. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 3 November 2010
Mögliche Gründe, warum eine Befragung zu psychischer Belastung bei den Beschäftigten nicht akzeptiert wird: eine mangelnde Transparenz in der Durchführung der Befragung, Unklarheit darüber, wie mit den Ergebnissen verfahren wird, Angst vor Benachteiligungen durch den Dienstherrn oder die Führungskraft wegen befürchteter Nichtanonymität Skepsis gegenüber dem eingesetzten Instrument oder eine mangelnde Bereitschaft, sich zu engagieren, durch negative Erfahrungen mit vorherigen Befragungen. Definition psychische Belastung - Belastung ist ein neutraler Begriff Psychische Belastung ist die Gesamtheit der erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und auf ihn psychisch einwirken. So sagt es die internationale Norm 10075. Bei psychischer Belastung handelt es sich also um ein äußerst komplexes Gebilde: Alles, was irgendwie erfasst werden kann und das Denken, die Wahrnehmung, die Handlungen und die Gefühle von Menschen beeinflusst, ist eine Belastung. Der Begriff Belastung ist umgangssprachlich negativ besetzt. Nach der Norm ist Belastung weder gut noch schlecht der Begriff wird neutral benutzt. Allerdings gibt es gute und schlechte Ausprägungen der Belastung. Die negativen Ausprägungen werden auch psychische Fehlbelastungen genannt. Hier zeigt sich, dass eine intensive und transparente Kommunikation über die Inhalte, Ziele und geplante Umsetzung der Befragung unbedingt notwendig ist. Die Prüfliste hilft, Maßnahmen abzuleiten Eine Gefährdungsanalyse bleibt unvollständig, wenn nicht Maßnahmen in die Wege geleitet werden, um die gefundenen Gefährdungen möglichst zu beseitigen. Auf unsere Frage, ob mit den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung weitergearbeitet wurde, antworteten zehn der 14 Dienststellen mit Ja: Fünf Mal erhielten wir dabei die eher allgemeine Auskunft, dass Maßnahmen umgesetzt würden. Fünf andere Dienststellen sagten uns konkreter, was sie in die Wege geleitet haben: Einzel- und Gruppengespräche mit Mitarbeitern durchgeführt (2 Nennungen) Einbindung des Themas in Führungskräfte-Seminare und in die Ausbildung zum gehobenen Dienst (1 Nennung) Optimierung der Arbeitsabläufe (1 Nennung) Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 4 November 2010
komplexer Organisationsentwicklungsprozess wurde angestoßen (1 Nennung) Besonders die letzten drei Antworten zeigen, dass die Prüfliste brauchbare Ergebnisse liefert, mit denen weitergearbeitet werden kann. Es ist ein Signal an diejenigen Dienstherren, die die Prüfliste nicht einsetzen wollen, weil sie unsicher sind, wie es weitergehen kann, wenn bei der Analyse negative Ergebnisse heraus- kommen: Es gibt Möglichkeiten, konstruktiv mit den Ergebnissen umzugehen. Vier der 14 Dienst- stellen, die die Liste benutzt haben, haben noch keine Veränderungen angestoßen. Als Gründe wurden Umstrukturierungen genannt, dass es Uneinigkeit bei der Interpretation der Ergebnisse gab und dass eine ganzheitliche Konzeption für das Thema fehlt. Die Prüfliste Psychische Belastung ist ein Kurzfragebogen, mit dem Beschäftigte ihre Arbeitsbedingungen bewerten können. Es sind insgesamt 19 Fragen zu beantworten aus den Kategorien Arbeitstätigkeit, Arbeitsorganisation und Soziales. Die Liste ist branchenübergreifend, sie kann an jedem Arbeitsplatz in der Bundesverwaltung eingesetzt werden. Die Ergebnisse ermöglichen dem Dienstherrn, einen groben Überblick über die Belastungsschwerpunkte in der Dienststelle zu erhalten. Sind die Antworten der Mehrzahl der Befragten negativ, muss eine tiefergehende Analyse der Gefährdungen erfolgen. Zu jeder Frage ist die zugrundeliegende Gefährdung angegeben und es werden grobe Maßnahmevorschläge gemacht. Die Prüfliste ist, soweit bekannt, das einzige orientierende Verfahren zur Erfassung psychischer Belastung, das wissenschaftlich überprüft wurde und die strengen Norm-Kriterien an die Messqualität von Fragebogen erfüllt. Die Prüfliste finden Sie unter www.uk-bund.de/handlungshilfe Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 5 November 2010
Gut, aber... die Prüfliste in der Kritik Wir haben die Fachkräfte für Arbeitssicherheit gebeten, uns ihre Meinung zur Prüfliste psychische Belastung zu sagen. Gut bewertet wurde: Das Vorwort. 25 Personen beantworteten die Frage nach der Verständlichkeit des Vorwortes. Alle sagen, das Vorwort sei verständlich. Die Einfachheit und Deutlichkeit des Vorworts ist deshalb wichtig, weil das Vorwort nicht einfach nur ein paar einleitende Sätze enthält. Dort stehen wichtige Informationen zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und darüber, wie man die Prüfliste am sinnvollsten einsetzt. Die Fragen der Prüfliste. Die Prüfliste enthält insgesamt 19 Fragen aufgeteilt in die Kategorien Arbeitstätigkeit, Arbeitsorganisation und Soziales. Für gut 84% Fachkräfte sind diese Fragen verständlich formuliert. Von den Fachkräften, die nicht einverstanden mit der Formulierung der Fragen sind, wird am häufigsten bemängelt, dass die in den Fragen verwendeten Fachbegriffe nicht klar zu verstehen seien. Anwenderfreundlichkeit. Die Anwenderfreundlichkeit ist ein wichtiges Kriterium dafür, dass die Prüfliste überhaupt zum Einsatz kommt. Erscheint die Anwendung zu kompliziert, wird die Liste womöglich gar nicht erst verwendet. 70% der Befragten sagten, sie könnten gut mit der Prüfliste arbeiten. 30% der Befragten hielten die Prüfliste für nicht anwenderfreundlich. Die Kritik zielt dabei vor allen Dingen auf technische Aspekte. So sei ein generelles Problem der CD- ROM Handlungshilfe, auf der die Prüfliste psychische Belastung enthalten ist, dass sie nicht netzwerkfähig ist. Dadurch kann die Software nur auf Einzelcomputer gespielt werden. Eine zentrale Erfassung und Weiterverarbeitung der Daten ist so nicht möglich. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 6 November 2010
Eher negativ beurteilt wurde: Die Genauigkeit der Prüfliste. Für viele Fachkräfte ist die Genauigkeit der Prüfliste zu gering, die Ergebnisse seien wenig greifbar. Das ist richtig und hat auch einen Grund: Verfahren zur Erfassung psychischer Belastung können unterschiedlich genau messen. Man unterscheidet drei Präzisionsstufen. Die Prüfliste ist ein Verfahren, das zu Orientierungszwecken einsetzbar ist. Das ist die unterste Präzisionsstufe. In der internationalen Norm zu psychischer Belastung heißt es dazu: Verfahren auf dieser Ebene liefern ohne übermäßig hohen Einsatz von Ressourcen allgemeine Informationen zur psychischen Arbeitsbelastung. Typisch für derartige Verfahren ist, dass die Beschäftigten nur zwei Antwortmöglichkeiten haben, z.b. eher ja und eher nein, wie bei unserer Prüfliste. Die Prüfliste soll dem Unternehmer eine erste Orientierung bieten und es ihm ermöglichen, die Gefährdungen grob einzuschätzen. Damit erfüllt sie die Mindestanforderungen an eine Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung. Genauere Ergebnisse und konkretere Vorschläge für Korrekturmaßnahmen liefern nur genauere Verfahren. Dazu kann man Verfahren der zweiten Genauigkeitsstufen benutzen. Sie dienen Übersichtszwecken und werden auch Screeningverfahren genannt. Auf der dritten Genauigkeitsstufe befinden sich Verfahren, die zum Zwecke der genauen Messung, wie es in der Norm heißt, benutzt werden sollen. Für die Verfahren der zweiten und dritten Genauigkeitsstufe werden in jedem Fall Fachleute wie Psychologen oder Arbeitswissenschaftler benötigt. Für Verfahren der Stufe eins empfehlen wir, psychologisch sachkundige Personen einzubeziehen. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 7 November 2010
Die Anonymität. Wenn man Mitarbeiter nach Ihrer Meinung zu den Arbeitsbedingungen fragt, will man eine ehrliche Antwort bekommen. Sonst können Schwachstellen nicht aufgedeckt werden. Werden die Fragebogen so eingesetzt, dass die Mitarbeiter sich nicht sicher sein können, dass die Antworten nicht einzelnen Personen zugeordnet werden können, werden sie den Fragebogen mit einer großen Wahrscheinlichkeit nicht ausfüllen. Oder sie füllen den Fragebogen aus, machen aber bewusst keine negativen Aussagen, aus Angst vor Repressalien durch den Arbeitgeber. Damit ist niemandem geholfen. Zwar sagen bei unserer Befragung nur drei der 14 antwortenden Fachkräfte, dass die in der Gefährdungsbeurteilung befragten Beschäftigten die Anonymität für nicht ausreichend halten. Doch das sind drei zu viel. Dabei ist die Prüfliste selbst nicht die Quelle von Nicht-Anonymität. Dass Antworten einzelnen Mitarbeitern zugeordnet werden können entsteht erst durch eine fehlerhafte Durchführung der Befragung. Bei der Prüfliste psychische Belastung ist nicht vorgesehen, dass Dritte, beispielsweise Führungskräfte, die ausgefüllten Fragebogen einsehen dürfen oder dass gar einzelne Beschäftigte die Ergebnisse mit ihrem Vorgesetzten besprechen müssen, wie uns eine Fachkraft mitteilte. Auch soll die Prüfliste nicht von Außenstehenden, wie Fachkräften für Arbeitssicherheit oder Betriebsärzten, als objektives Verfahren benutzt und ausgefüllt werden. Anders als bei allen anderen Prüflisten der CD-ROM Handlungshilfe sollen nur die Beschäftigten selbst die Prüfliste ausfüllen. Ihre subjektive Meinung ist gefragt. Und: eine Auswertung der Ergebnisse soll erst dann erfolgen, wenn mindestens vier Personen einer Befragungseinheit die Fragebogen ausgefüllt haben. Diese Mindestmenge ist erforderlich, damit Ergebnisse nicht leicht auf einzelnen Personen zurückgeführt werden können. Eine Befragungseinheit sollte eine Gruppe von Beschäftigten sein, die vergleichbare Tätigkeiten haben, z.b. Sachbearbeiter in der Personalverwaltung, Labormitarbeiter, Führungskräfte. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 8 November 2010
Kein Interesse, keine Zeit, keine Leute - die Meinung der Nicht-Ermittler Ein Ziel der Umfrage war es, herauszufinden, ob wir die Prüfliste attraktiver machen nach den Gründen, keine Gefährdungs- Wir fragten die Fachkräfte daher auch müssen, damit mehr Bundesdienststellen beurteilung Psych durchzuführen. Und psychische Belastung ermitteln. das sind die häufigsten Antworten: Strategische Gründe: o das Thema wird nicht als wichtig angesehen o andere Aufgaben / Projekte haben Vorrang Fachliche Gründe: o fehlendes psychologisches Fachpersonal zur Interpretation der Daten und Ableitung von Maßnahmen o Unsicherheit im Umgang mit den möglichen Ergebnissen der Ermittlung: Weiteres Vorgehen ist unklar o Fehlende Akzeptanz hinsichtlich des methodischen Konzeptes der Prüfliste Organisatorische Gründe: o fehlende personelle Kapazitäten o Durchführung der Gefährdungsermittlung liegt im Ermessen der Verantwortlichen und ist damit nicht obligatorisch Bestandteil der Gefährdungsermittlung o Das Thema psychische Belastung wird über die Personalentwicklung abgedeckt. Einige Fachkräfte berichteten aus ihren Dienststellen, dass eine Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung deshalb nicht stattfindet, weil der Dienstherr es schlichtweg verboten hat: es wurde von der obersten Dienststelle schriftlich verboten, wird nicht gewünscht,, die Geschäftsleitung lehnt es ab, der Arbeitgeber ist dagegen, lauten einige der Aussagen. Unklar bleibt, ob die Aussagen von Fachkräften aus verschiedenen Dienststellen sind oder ob die Fachkräfte, die solches geäußert haben von einem einzigen Arbeitgeber stammen. Die Befragung war ja bekanntlich anonym. Die Ergebnisse zeigen: Offensichtlich liegt es nicht an der Liste selbst, dass Dienststellen keine Gefährdungsbeurteilung machen. Wir haben keine Aussagen gefunden, dass die Prüfliste ein nicht geeignetes Verfahren sei. Vielmehr sind es die Rahmenbedingungen, die die Arbeitgeber in ihrer Entscheidung beeinflussen. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 9 November 2010
Ein Lichtblick: Zwar geben 77% der Dienststellen an, dass sie bislang keine Gefährdungsbeurteilung zu psychischer Belastung durchführen. Auf die Frage, ob eine Belastungsermittlung demnächst geplant sei, antworteten aber immerhin 38,6% der Fachkräfte mit ja. Erkenntnisse aus der Umfrage = Auftrag an die Unfallkasse Die Befragung war kein Selbstzweck. Wir wollen die gewonnenen Erkenntnisse nutzen, um die Prüfliste zu verbessern und die Durchführung zu erleichtern. Unser Fazit der Befragung: Die Liste selbst ist als orientierendes Messinstrument zur Ermittlung psychischer Belastung praxistauglich. Sie wäre noch besser, würden bei einigen Fragen verständlichere Begriffe benutzt. In einer nächsten Version der Prüfliste werden wir die Fachbegriffe besser erläutern. Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung scheint vor allem das Drumherum zu bereiten: dass der Dienstherr die Ermittlung überhaupt durchführen will, dass die Anonymität bei der Befragung eingehalten wird, dass die Auswertung und Interpretation der Daten fachgerecht gelingt und dass sinnvolle Maßnahmen abgeleitet werden können. Diese Fakten sind Erkenntnis und Auftrag gleichermaßen: Wir müssen daran arbeiten, die Rahmenbedingungen zu verbessern, so dass es den Verantwortlichen und Arbeitsschutzexperten in den Dienststellen leichter fällt, die Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung anzugehen. Dazu gehört, die Verantwortlichen zu sensibilisieren, die Umsetzer zu schulen, die Prüfliste technisch zu verbessern und neue Hilfsmittel zu entwickeln, die die Umsetzung erleichtern. Auch daran werden wir in Zukunft arbeiten. Dipl.-Psych. Jan Hetmeier 10 November 2010