Adjuvante Radiotherapie des Endometriumkarzinoms

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Transkript:

Aktuell diskutiert 19 Onkologie Adjuvante Radiotherapie des Endometriumkarzinoms Simone Marnitz-Schulze Endometriumkarzinome stellen die häufigsten Malignome des weiblichen Genitaltraktes dar. Ihre Inzidenz steigt in den entwickelten Industrieländern parallel zur Entwicklung des Übergewichts, das rasant zunimmt. 1990 war in den meisten Bundesstaaten der USA ein Anteil von 10 14% der Bevölkerung adipös. 20 Jahre später haben etwa in der Hälfte der US-Bundesstaaten 25 29% der Einwohner einen Body-Mass-Index (BMI) > 30. In einigen Bundesstaaten ist mehr als 1 Drittel der Bevölkerung von Fettsucht betroffen (l " Abb. 1) [1]. Die primäre Therapie der Wahl von Patientinnen mit einem Endometriumkarzinom, auch in fortgeschrittenen Stadien, ist die Hysterektomie mit bilateraler Salpingoophorektomie. Zur Indikationsstellung einer adjuvanten Strahlen-/Chemotherapie spielen weder CT, MRT noch das PET CT aufgrund ihrer eingeschränkten Sensitivität in der Lymphknotendiagnostik eine Rolle [2,3]. Die Entscheidung zu einer postoperativen Therapie wird vom Grading, der myometranen Infiltration und extrauterinen Tumorausbreitung (Stadium) sowie dem Nachweis/Ausschluss von Lymphknotenmetastasen bestimmt. Da das Tumorstadium und Grading gegeben sind, kommt der Frage der Lymphonodektomie in der Indikationsstellung zur adjuvanten Therapie eine entscheidende Rolle zu. Rolle der Lymphonodektomie zur Indikationsstellung Die Rolle der pelvinen und paraaortalen Lymphonodektomie (LNE) im Gesamtkonzept der Therapie von Patientinnen mit Endometriumkarzinomen ist derzeit wohl eines der am meisten kontrovers diskutierten Themen in der gynäkologischen Onkologie. Nachdem 1988 die FIGO-Klassifikation im Sinne eines umfassenden chirurgischen Stagings inklusive Hysterektomie (HE), bilateraler Salpingoopherektomie, peritonealer Zytologie und lokoregionärer (pelviner und paraaortaler) LNE angepasst wurde, musste dieses radikale operative Vorgehen in den letzten Jahren in Bezug auf die Indikation und Ausdehnung der LNE wieder relativiert werden. Grundlage dafür waren zum einen überraschend hohe Inzidenzen (im Gegensatz zum letzten FIGO-Report* von 2006 [4]) von pelvinen ± paraaortalen und Skip-Metastasen in großen monozentrischen Untersuchungen, vor allem bei Patientinnen mit einem High-Risk-Endometriumkarzinom [4, 5]. Neben dem diagnostischen Wert der LNE nehmen die Autoren daher auch einen therapeutischen Nutzen bez. der lokoregionären Kontrolle durch das operative Staging an. Demgegenüber konnten 2 prospektiv randomisierte Studien mit mehr als 2000 Patientinnen im Tumorstadium I/II keinerlei onkologischen Benefit zugunsten des operativen Stagings nachweisen [6, 7]. Die Ergebnisse sollten jedoch mit Vorsicht interpretiert werden. In beiden Studien wurde lediglich eine pelvine LNE gefordert, die Lymphknotenzahl blieb mit durchschnittlich 12 in der ASTEC-Studie unter dem onkologischen Standard. Zudem war eine systematische paraaortale LNE nicht gefordert. Die adjuvante Therapie war äußerst inkonsistent und je nach Zentrum unterschiedlich gehandhabt. Beide Studien tragen derzeit erheblich zu einem Rückgang der LNE bei, womit aber Aussagen über einen der wichtigsten prognostischen Faktoren, den Lymphknotenbefall, fehlen. Nur die systematische Lymphonodektomie kann ein Stadium IIIC (nodal positiv) identifizieren und damit eine adjuvante Radiatio (und/oder Chemotherapie?) indizieren oder vermeiden. Das Spektrum des Lymphknotenstagings reicht vom Verzicht auf die LNE, über pelvines Sampling, ein zusätzliches inframesenterisches Sampling und eine komplette pelvine und infrarenale paraaortale LNE. Der Einsatz der Sentinel-Methode, um diese diagnostische Lücke zu füllen, ist bei Patientinnen mit Endometriumkarzinomen jedoch noch weit von der Einführung in die klinische Routine entfernt. Rationale für die nur pelvine Exstirpation der Lymphknoten stellt die Tatsache dar, dass die Inzidenz isolierter paraaortaler Lymphknotenmetastasen bei negativen pelvinen Lymphknoten bei Patientinnen mit einem endometrioiden Endometriumkarzinom sehr gering ist [8]. Bei Patientinnen mit einem Typ-II-Karzinom (serös-papillär oder klarzellig) sollte aber immer eine LNE bis paraaortal zu den Nierengefäßen durchgeführt werden. Aufgrund dieser widersprüchlichen Ergebnisse besteht der dringende Bedarf nach neuen prospektiv randomisierten Studien, um den Stellenwert der LNE bei Patientinnen mit Endometriumkarzinom in den Tumorstadien I und II zu evaluieren. Bis heute vermag nur die LNE eine adjuvante Therapie exakt zu indizieren [9]. Da auch in bis zu 10% der Patientinnen mit Low-Risk- und Intermediate-Risk-Tumoren positive Lymphknoten gefunden werden können, sollte im Zweifelsfall eher eine LNE ausgeführt denn unterlassen werden. * Die Angaben zur FIGO beziehen sich in der vorliegenden Arbeit bei der Diskussion der Publikationen auf die alte Klassifikation.

20 GebFra Magazin Übergewichtsentwicklung bei US-amerikanischen Erwachsenen (* BMI 30, oder ca. 15 kg Übergewicht bei einer Körpergröße von 160 cm) 1990 10 9 weiße Frauen < 50 Jahre, Rate/100 000 10 9 afro-amerikanische Frauen < 50 Jahre, Rate/100 000 verzögerungsadjustierte Inzidenz beobachtete Inzidenz Mortalität 1999 keine Angaben <10% 10 14% 15 19% 20 24% 25 29% 30% 8 7 6 SEER-Inzidenz APCs verzögerungsadjustiert, 1985 2008 = 0,6* beobachtet, 1985 2008 = 0,6* 8 7 6 SEER-Inzidenz APCs verzögerungsadjustiert, 1985 2008 = 2,7* beobachtet, 1985 2008 = 2,6* a 2009 5 4 3 2 1 US-Mortalität APC 1988 2008 = 1,0* 0 0 1975 1985 1995 2008 1975 1985 1995 2008 b Jahr der Diagnose/des Todes Jahr der Diagnose/des Todes 5 4 3 2 1 US-Mortalität APC 1995 2008 = 2,9* Abb. 1a und b a Anteil der Bevölkerung mit einem Übergewicht (BMI > 30) in den USA 1990, 1999 and 2009 (Quelle: Behavioural Risk Factor Surveillance System, CDC). b Zunahme der Inzidenz der Endometriumkarzinome: Inzidenz und Mortalität des Endometrium-Cas bei weißen und schwarzen Frauen < 50 Jahren in den USA (Quelle: www.cancer.gov). SEER = Surveillance Epidemiology and End Results, APC = annual percent charge. Adjuvante perkutane Strahlentherapie (EBRT) Problematisch bez. der Vergleichbarkeit der publizierten Daten sind die uneinheitlichen Risikoeinteilungen. Auf der Basis von Alter, Grading und myometraner Infiltration (MI) werden die Begriffe low risk, low intermediate risk, intermediate risk, high intermediate risk und high risk verwendet, die zudem noch in den verschiedenen Studien unterschiedlich definiert wurden. Während Aalders et al. zeigen konnten, dass eine MI > 50% und G3 mit einem 20%igen lokoregionären Rezidivrisiko assoziiert ist, im Gegensatz zu 5% bei < 50% MI und G3, fand die PORTEC-Gruppe die Kombination von mindestens 2 von 3 Risikofaktoren mit einem höheren Rezidivrisiko korreliert: die Kombination von Alter > 60; G3 und MI 50% bedingte eine lokoregionäre Rezidivrate von 23% [10]. Die GOG-Studie [11] verwendete folgende Einteilung: Patientinnen jeden Alters mit 3 Risikofaktoren, Alter > 50 Jahre mit 2 Risikofaktoren oder Patientinnen 70 Jahre mit einem der Faktoren G2 3, MI > 66% und/oder Lymphgefäßinvasion. Der prädiktive Wert dieser Systeme für die Vorhersage lokoregionärer Rezidive ist fraglich, am ehesten korrelieren die Einteilungen mit einem erhöhten systemischen Progressionsrisiko [12]. Auch pathologische Parameter wie das Grading sind unsicher, wie die PORTEC- Studie gezeigt hat. So musste die Einstufung des Gradings, dass in der jeweiligen Pathologie der Studienzentren vorgenommen wurde, nach Beurteilung in einer Referenzpathologie in relevanten Größenordnungen geändert werden: 48.5 78,6% (G1); von 44,4 9% (G2); von 7,1 12,3% (G3) [13]. Perkutane Strahlentherapie im Stadium I/II Die Norway Study rekrutierte 540 FIGO I-Patientinnen nach HE ohne LNE in eine Gruppe, die entweder eine vaginale Brachytherapie (VBT) erhielten bzw. perkutan (plus VBT) bestrahlt wurden. Nach

22 GebFra Magazin 5 Jahren betrug die lokoregionäre Rezidivrate im kombiniert behandelten Arm 2 vs. 7% im nur brachytherapierten Arm. Das Gesamtüberleben wurde nicht günstig beeinflusst, was aber auch nicht Ziel der Studie war. Die dafür verwendete Patientenkohorte hätte viel größer sein müssen [14]. Übereinstimmend ergaben auch alle anderen Studien PORTEC-1, GOG-99 and ASTEC ähnliche Ergebnisse: eine Verbesserung der lokalen Kontrolle zugunsten der EBRT, aber keinen Überlebensbenefit. Bei der Bewertung der ASTEC-Daten muss berücksichtigt werden, dass lediglich Patientinnen, die sich aus medizinischen Gründen nicht für eine Lymphonodektomie eigneten, in die Studie eingeschlossen wurden. Das impliziert einen Bias. Des Weiteren wurden sehr inhomogene Patientinnenkollektive mit verschiedenen FIGO-Stadien IA, B G3, IC und FIGO II, sowohl endometrioiden Adenokarzinomen als auch serös-papillären und klarzelligen Karzinomen, eingeschlossen, die aufgrund ihrer aggressiveren Tumorbiologie eher nicht von lokalen Maßnahmen profitieren. Obwohl die Randomisierung in der ASTEC-Studie in einen Arm mit EBRT und einen Arm mit Beobachtung erfolgte, war den Zentren die Durchführung der VBT wiederum freigestellt, was dazu führte, dass 51% () der Patientinnen im Wait-and-see -Arm doch eine VBT erhielten. Somit sind die Unterschiede bez. der lokalen Kontrolle zwischen den beiden Armen nur bedingt aussagekräftig. Auch hier profitierten die Patientinnen bez. lokoregionärer Kontrolle von der Bestrahlung, auch wiederum ohne Einfluss auf das Gesamtüberleben, was in der Metaanalyse bestätigt werden konnte [15]. Die GOG-99-Studie randomisierte Patientinnen (FIGO IB IIB G3 alte Klassifikation) in einen EBRT- und Follow-up-Arm. Die GOG-99-Studie war die einzige Studie auf diesem Gebiet, welche die pelvine LNE als Teil der Therapie beinhaltete. Nach 2 Jahren betrug die lokale Rezidivrate 3 vs. 12% zugunsten der bestrahlten Patientinnen [6]. Die Studie erbrachte wichtige Informationen bez. Risikogruppen und onkologischem Ergebnis: innerhalb der High-Risk-Gruppe konnte die 4-Jahres- Rezidivrate von 25 auf 13% gesenkt werden und beeinflusste das Überleben positiv. Das Verdienst dieser Studie ist es deshalb, dass sie nachweisen konnte, dass in Subgruppen mit hohem Rezidivrisiko lokale Maßnahmen die Prognose verbessern können. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer sinnvollen Patientenselektion. Adjuvante EBRT in den FIGO-Stadien III/IV Zum Wert der EBRT bei Lymphknoten-positiven Patientinnen (FIGO IIIC) existieren keine randomisierten Studien. In einer umfassenden retrospektiven Auswertung der Datenbank SEER (Surveillance, Epidemiology, and End Results Database) wurden aus 1577 Patientinnen mit Endometriumkarzinom 737 selektiert, bei denen nach einfacher (n = 1198) bzw. radikaler (n = 379) HE histologisch Lymphknotenmetastasen nachgewiesen werden konnten. Drei Gruppen (HE vs. HE + EBRT vs. HE + EBRT + VBT) wurden bez. des Überlebens ausgewertet. Während die Art der HE keinen Einfluss auf die Überlebensdaten hatte, war die 5-Jahres-Überlebensrate mit 40 vs. 56 vs. 65% signifikant zugunsten der operierten und bestrahlten Patienten verbessert [17]. Weitere Daten bestätigen diese Ergebnisse [18]. Vaginale Brachytherapie zur Prophylaxe von Scheidenstumpfrezidiven Die PORTEC-2 Studie [9] adressierte die Frage, ob die alleinige postoperative Brachytherapie für den Scheidenabschluss eine onkologisch adäquate Alternative zur EBRT bei Patientinnen im FIGO-Stadium I/II mit sog. High-Intermediate-Risk- Faktoren (IBG 3, ICG1 + 2, IIAG1 3, < 50% MI) darstellt. Eingeschlossen wurden über 400 Patientinnen (EBRT: n = 214 vs. VBT: n = 213). Als primärer Endpunkt wurde die vaginale Rezidivrate definiert. Diese unterschied sich in beiden Therapiearmen nicht signifikant. Allerdings konnten Unterschiede in der pelvinen Rezidivraten zuungunsten der vaginalen Brachytherapie (0,9 vs. 3,8%) nachgewiesen werden. Die häufig getroffene Aussage, dass EBRT und VBT bez. des Überlebens gleichwertig sind, kann aus der PORTEC-2-Studie nicht abgeleitet werden. Für die Prophylaxe vaginaler Rezidive scheinen beide Methoden gleichwertig, jedoch auf Kosten von mehr pelvinen Rezidiven bei Brachytherapie. Es existieren keine Daten, die die so häufig praktizierte Kombination aus EBRT und VBT nahelegen. Adjuvante Radiochemotherapie Patientinnen im Stadium III/IV haben ein hohes lokales wie systemisches Progressionsrisiko. Die GOG-122-Studie [20] etablierte die Chemotherapie (60 mg/m 2 Doxorubicin + 50 mg/m 2 Cisplatin + 1 Cisplatin mono) im Gesamtkonzept der Behandlung fortgeschrittener Tumoren. Der randomisierte Vergleich mit einer nicht indizierten, toxischen Ganzabdomenbestrahlung bleibt unverständlich. Aufgrund der gewählten Therapie kam es im Strahlentherapiearm zu 63% Therapieunterbrechungen, die letztlich verabreichte Dosis war onkologisch nicht suffizient, wohl aber ausreichend, um signifikante gastrointestinale Toxizitäten zu generieren. Die Chemotherapiegruppe wies 4%, die Strahlentherapiegruppe 2% therapiebedingte Todesfälle auf; die chemotherapieassoziierte Polyneuropathie wurde als kritisch für Patientinnen eingestuft, die mit Händen und Füßen arbeiten [21]. Andere randomisierte und Phase-II-Studien konnten keinen Unterschied im progressionsfreien und Gesamtüberleben zwischen adjuvanter Chemotherapie und Strahlentherapie dokumentieren. Es ist davon auszugehen, dass Patientinnen mit hohem Risiko sowohl für eine lokale als auch systemische Progression von einem kombinierten Vorgehen im Sinne einer Radiochemotherapie profitieren könnten. Die optimalen Substanzen, die Sequenz von Radiatio und Chemotherapie und deren Dosierungen sind Gegenstand laufender Studien (z. B. PORTEC-3). Bisher existiert hier kein Standard. Strahlentherapietechniken und Toxizität Durch die Anwendung moderner IMRTbasierter Techniken lassen sich sowohl die Akut- als auch die Spättoxizitäten signifikant senken. Dies sollte bei der Wahl der Kooperationspartner berücksichtigt werden [22 24]. Die Vergleichbarkeit der radiogenen Toxizität wird jedoch durch unterschiedliche Dosen und Scoring-Systeme erschwert. Eine Toxizität vom Grad 3/4 erleiden 1,8 8% der Patientinnen unter EBRT ± VBT. Dies muss gegen den zu erwartenden onkologischen Nutzen abgewogen werden. Das relative Risiko für Sekundärmalignome erhöht sich auf 1,25 bei einer zeitlichen Latenz von 0,6 10 Jahren [25].

Aktuell diskutiert 23 Aktuelle Studien RTOG 1070 GOG-0249/Endorsed Study: A Phase III Trial of Pelvic Radiation Therapy versus Vaginal Cuff Brachytherapy Followed by Paclitaxel/Carboplatin Chemotherapy in Patients with High Risk, early Stage Endometrial Carcinoma RTOG 1073 GOG-0258/Endorsed Study: A Randomized Phase III Trial of Cisplatin and Tumor Volume Directed Irradiation Followed by Carboplatin and Paclitaxel vs. Carboplatin and Paclitaxel for Optimally Debulked, Advanced Endometrial Carcinoma CKTO-2006-04 Phase III Randomized Study of Concurrent Chemoradiotherapy Followed By Adjuvant Chemotherapy versus Pelvic Radiotherapy Alone in Patients With High-Risk Stage IB III Endometrial Carcinoma GOG 249 Phase III Randomized Study of Pelvic Radiotherapy versus Vaginal Cuff Brachytherapy, Paclitaxel, and Carboplatin in Patients With High-Risk Stage I or II Endometrial Carcinoma GOG 258 Phase III Randomized Study of Adjuvant Chemoradiotherapy Comprising Cisplatin and Tumor Volume-Directed Radiotherapy Followed by Carboplatin and Paclitaxel Versus Carboplatin and Paclitaxel Alone in Patients With Stage I IVA Endometrial Carcinoma Lebensqualität Friedman et al. [26] untersuchten den Effekt der VBT auf die Lebensqualität und konnten zeigen, dass bez. des Interesses an körperlicher Nähe, sexuellem Verlangen, Lubrikation, vaginaler Länge/Breite entsprechend bei 80, 70, 86 und 34% der Patientinnen keine Verschlechterungen durch die VBT auftraten. Die im Rahmen der PORTEC-2 Studie erhobenen Daten zeigen, dass der niedrigste Level (QOL) zum Zeitpunkt der OP angegeben wurde und sich bis zum Erreichen eines Plateaus 12 Monate danach, trotz adjuvanter Therapie, kontinuierlich verbesserte [27]. Zusammenfassung Die Indikation zur adjuvanten Therapie bei Patientinnen mit einem Endometriumkarzinom sollte stadienadaptiert erfolgen. Dies gestaltet sich derzeit jedoch schwierig, da zuverlässige Informationen über bisher bekannte Risikofaktoren entweder nicht vorliegen (Lymphknotenbefall) oder oft ungenau sind (Grading). Alle randomisierten Studien zur adjuvanten Therapie im Stadium I/II konnten zwar einen Benefit bezüglich der lokalen Kontrolle, nicht aber des Überlebens nachweisen vorwiegend bedingt durch die Patientenselektion. Für den kombinierten Einsatz von VBT und EBRT im Stadium I/II fehlt jegliche Evidenz. Bei Patientinnen mit geringem Risiko für eine lokoregionäre Progression im Stadium I/II ist die VBT zur Prophylaxe vaginaler Rezidive ausreichend. Patientinnen mit hohem Progressionsrisiko (G3, MI > 50%, FIGO IIIC, ungünstige Histologie) profitieren am ehesten von einer multimodalen adjuvanten Therapie. Die optimale Sequenz zwischen Strahlentherapie und Chemotherapie, die zu verwendende Technik, das Chemotherapeutikum und dessen Dosierung sind jedoch derzeit noch unklar. Literatur bei der Autorin. Korrespondenz PD Dr. Simone Marnitz-Schulze Charité, Klinik für Radioonkologie Simone.Marnitz@charite.de