Das Berliner Eingewöhnungs-Modell 1

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Transkript:

Das Berliner Eingewöhnungs-Modell 1 elternbegleitet bezugspersonenorientiert abschiedsbewusst Das Berliner Modell wurde von Beate Andres (Erziehungswissenschaftlerin(, Hans Joachim Laewen (Soziologe) und Eva Hedevari-Heller (Erziehungswissenschaftlerin) im Rahmen des von ihnen 1988 gegründeten INFANS Institutes entwickelt. (INFANS = Institut für angewandte Sozialisationsforschung an der Freien Universität Berlin). Das Ziel der Eingewöhnung Das Modell orientiert sich an den Grundsätzen der Bindungstheorie und erkennt die große Herausforderung für Kinder, sich an eine neue Umgebung anzupassen. Dies soll mit Hilfe und Unterstützung der Bindungspersonen geschehen. In ihrem Beisein kann die Pädagogin beginnen, eine tragfähige Beziehung zum Kind aufzubauen. Das Eingewöhnungsmodell besteht aus sechs Schritten: 1. Informationen an die Eltern Über die Bedeutung und den Ablauf der Eingewöhnung rechtzeitig möglichst schriftlich UND mündlich Zeit einplanen für die Begleitung Andere Belastungssituationen vermeiden (Umzug, Trennung, Sauber werden, etc.) 1 Hans-Joachim Laewen, Beate Andres, Èva Hèdervàri-Heller: Die ersten Tage. Ein Modell zur Eingewöhnung in Krippe und Tagespflege, 8.Auflage 2013, Cornelsen Verlag 1

Beispiele von Informationsformen : Beim Informationsabend Beim Erstgespräch Beim Schnuppernachmittag (dieser kann nicht die Eingewöhnungszeit ersetzen) Schriftlich als Elternbrief, pädag. Konzept, Folder, auf der Homepage, etc. 2. Die dreitägige Grundphase 1 Stunde mit Bezugsperson Bezugsperson passiv im Hintergrund, aber sichere Basis Pädagogin: vorsichtige Kontaktaufnahme mit Kind mittels Spielangebot Pädagogin ist freigestellt für die Begleitung des Kindes/der Eltern Beobachtung der Interaktion zwischen Bezugsperson und Kind Kein Abschied. Kein Trennungsversuch in den ersten drei Tagen 3. 4. Tag: Erster Trennungsversuch (sofern kein Montag) Bindungsperson verlässt nach einiger Zeit nach Verabschiedung (kurz, freundlich und klar) zügig den Raum und bleibt vor der Türe. Pädagogin kümmert sich um das Kind. 2 Möglichkeiten: Kind gleichmütig oder lässt sich rasch beruhigen: Trennungsdauer max. 30 Minuten Kind verstört, weint, lässt sich nicht rasch beruhigen: Bindungsperson wird sofort zurückgeholt. Nun ist wichtig: Die Pädagogin beobachtet die Reaktion des Kindes. Das kindliche Verhalten in dieser Situation gibt der Pädagogin Anhaltspunkte über den weiteren Verlauf, z.b. die Länge der Eingewöhnung. 2

4. Die Länge der Eingewöhnung Die Pädagogin deutet aus ihren Beobachtungen das Bindungsmuster und entscheidet über eine kürzere oder längere Eingewöhnungszeit. Sicher gebundene Kinder (häufiger Blickkontakt zur Bezugsperson, heftiges Weinen beim Verlassen werden und offene Annäherung /Körperkontakt bei der Wiederkehr der Bezugsperson) brauchen eine längere Eingewöhnungszeit von zwei bis drei Wochen. Unsicher gebundene Kinder ( zeigen sich eher gleichgültig bei der Trennung und der Wiederkehr der Bezugsperson oder zeigen große Erregung bei der Trennung, aber ambivalentes Verhalten bei der Wiederkehr) benötigen eher eine kürzere Eingewöhnungszeit von ca. ein bis eineinhalb Wochen. 5. Die Stabilisierungsphase Die Stabilisierungsphase beginnt mit dem fünften Tag (am sechsten, wenn der fünfte ein Montag ist) Die Pädagogin übernimmt zunehmend die Versorgung des Kindes Sie bietet sich gezielt als Spielpartner an Sie reagiert auf die Signale des Kindes. Trennungszeiten werden verlängert auf die Signale des Kindes achten!! Akzeptiert das Kind die Trennung noch nicht, wird bis zur 2. Woche mit einer neuen Trennung gewartet. (Nie am Montag) Kürzere Eingewöhnung : Die Trennungszeit wird stetig ausgebaut. Am 6. Tag ist das Kind schon ohne Begleitung für mehrere Sunden in der Einrichtung. 3

Längere Eingewöhnung : Ein erneuter Trennungsversuch erst nach 2-3 Tagen Die Eingewöhnung wird um eine weitere Woche verlängert, wenn das Kind am zehnten Tag noch deutliche Verunsicherungen zeigt Erste Schlafversuche erfolgen für diese Kinder nicht vor dem neunten Tag und werden entsprechend in Begleitung der Mutter/des Vaters gestaltet. Alle Pflegeaktivitäten sollten von der Bezugsbetreuerin mindestens einmal gemeinsam mit der Mutter/dem Vater zusammen durchgeführt werden. Auf diesem Weg erfährt das Kind, dass diese Situationen auch zum Alltag in der Einrichtung gehören. Eine Entscheidung fällen Ist das Kind nach ca. drei Wochen der Eingewöhnung noch immer untröstlich und lässt sich nicht von der Betreuerin beruhigen, wenn die Mutter den Raum verlässt, ist gemeinsam mit den Eltern zu überlegen, ob eine Fremdbetreuung in der Kindergruppe zu diesem Zeitpunkt für das Kind geeignet ist 6. Die Schlussphase Kind spielt aktiv und konzentriert, zeigt Neugierde am Spielangebot Zeigt Bezug zur Pädagogin (sichere Basis) (offenen, vertrauensvollen Umgang, lässt sich trösten) Bindungsperson ist nicht mehr im Haus, jedoch telefonisch erreichbar. Wenn die Bindungsperson das Kind abholt, unterhält sie sich noch kurz mit der Betreuerin dann verabschieden sie sich. Abholsituation für das Kind erkennbar machen. 4

ACHTUNG - ACHTUNG ACHTUNG ACHTUNG ACHTUNG ACHTUNG Beachte! Der Trennungsschmerz am Morgen kann andauern. (Bindungsverhalten) Entscheidend ist, ob es sich rasch beruhigen lässt und sich danach interessiert und in guter Stimmung den angebotenen Aktivitäten zuwendet. Nicht jedes Kind, das sich leicht trennt, ist unsicher gebunden! Es hat vielleicht positive Vorerfahrungen gemacht Wir können und dürfen bezüglich der Bindungsqualität nur deuten, jedoch niemals eine Diagnose stellen und schon gar nicht Eltern damit konfrontieren. Mit unserer Einschätzung und beruflichen Erfahrung können wir den Verlauf der Eingewöhnung jedoch positiv beeinflussen. die Das Modell ist ein Wegweiser und Hilfsinstrument. Kein Rezept mit Allgemeingültigkeit Weshalb ist die Verabschiedung so wichtig? Wenn Eltern oder nahe Bindungspersonen das Kind ohne sich zu verabschieden zurücklassen, hat das Kind das Gefühl, vergessen und verlassen worden zu sein und das löst unvorstellbaren Stress beim Kind aus. Wenn die Eltern sich freundlich und bestimmt verabschieden, signalisieren sie dem Kind: Es ist für uns in Ordnung und du darfst es hier fein haben. Während der Eingewöhnungsphase sollten die Kinder nur halbtags in der Einrichtung sein Im Idealfall sollte maximal ein Kind pro Woche und immer nur ein Kind pro Pädagogin eingewöhnt werden. Dies ist manchmal organisatorisch 5

schwer zu bewerkstelligen. Um die Belastung für die Pädagogin relativ gering zu halten, sollte dafür gesorgt werden, dass sie sich in erster Linie um ihr Kind kümmern kann und nicht für die gesamte Gruppe verantwortlich ist. (Freistellung!) Das bedeutet, dass auf einen entsprechenden Personalschlüssel Wert gelegt werden muss. Wenn im Herbst mehrere Kinder neu in der Kindergruppe aufgenommen werden, ist es ratsam, einen Zeitplan zu machen. Dadurch können über den Tag hinweg mehrere Kinder eingewöhnt werden. Hilfreich während der Eingewöhnung: Der Beobachtungsbogen von Gabriele Haug-Schnabel 6

Literatur-Empfehlungen: Maywald, Jörg; Schön, Bernhard (Hrsg.) : Krippen Wie frühe Betreuung gelingt, Beltz Verlag Haug-Schnabel, Gabriele; Bensel, Joachim: Kinder unter drei ihre Entwicklung verstehen und begleiten, Verlag Herder Hans-Joachim Laewen, Beate Andres, Èva Hèdervàri-Heller: Die ersten Tage. Ein Modell zur Eingewöhnung in Krippe und Tagespflege, 8.Auflage 2013, Cornelsen Verlag 7