Die Bürger haben ein Anrecht auf eine effiziente Verwaltung Christoph Verenkotte im Dialog mit Jürgen Weber

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Transkript:

Die Bürger haben ein Anrecht auf eine effiziente Verwaltung Christoph Verenkotte im Dialog mit Jürgen Weber (Controlling & Management Review Sonderheft 3 / 2014) Nicht das Bildungsministerium, sondern das Bundesverwaltungsamt übernimmt in Deutschland die Aufgabe, als Dienstleister BAföG-Darlehen abzuwickeln. Der Präsident des Bundesverwaltungsamtes Christoph Verenkotte erläutert im Gespräch mit Jürgen Weber, Mitherausgeber der Controlling & Management Review, wie die Behörde gesteuert wird, damit sie wirtschaftlich arbeiten kann. Christoph Verenkotte, geboren 1958, verbrachte seine Schulzeit im Rheinland und Hessen. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie an der Universität Bonn. Nach dem Ersten (1984) und Zweiten (1987) Juristischen Staatsex-amen sowie der Zulassung zum Rechtsanwalt startete er seine Karriere 1988 beim Bundesverwaltungsamt. Ab 1990 arbeitete er im Bundesministerium des Innern als Referent der Polizeiabteilung, anschließend als persönlicher Referent des Parlamentarischen Staatssekretärs sowie als Referatsleiter Verwaltungshilfe für osteuropäische Staaten. 1996 wurde Christoph Verenkotte zum Abteilungsleiter Aussiedleraufnahme, Integrationsprojekte im Bundesverwaltungsamt berufen. Von 2000 ab leitete er die Referate EU- Angelegenheiten Polizei, IT-Stab sowie Sicherheit in der IT im Bundesministerium des Innern. Ab April 2006 führte er zunächst als Unterabteilungsleiter, ab Mai 2008 als Abteilungsleiter die Abteilung Bundespolizei, bevor er am1. März 2010 das Amt des Präsidenten des Bundesverwaltungsamtes übernahm. Herr Verenkotte, darf ich Sie bitten, zum Einstieg einen kurzen Überblick über das Bundesverwaltungsamt zu geben? Das Bundesverwaltungsamt ist der zentrale Dienstleister des Bundes. Wir sind eine Bundesoberbehörde, die formal zum Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums gehört, aber auch für alle Ministerien der Bundesregierung arbeitet. Das BVA ist dadurch viel breiter aufgestellt als die meisten Einrichtungen auf Bundesebene. Die Geschichte des Bundesverwaltungsamtes begann vor über 50 Jahren. Damals entstand die Idee, dass nicht-ministerielle Aufgaben, die einen hohen Verwaltungsaufwand verursachen, ausgelagert werden in eine eigens dafür zuständige Einrichtung. So wurde das Bundesverwaltungsamt geschaffen. Viele haben Gefallen an dieser Idee gefunden, so z. B. das Auswärtige Amt mit dem Auslandsschulwesen oder das Bildungsministerium mit den BAföG-Darlehen. Heute beschäftigen wir über 4.000 Mitarbeiter und verfügen über einen Etat von 220 Millionen Euro. Wir verwalten Gelder aus allen Ressorts in einer Größenordnung von acht Milliarden Euro - das ist mehr, als die meisten Ressorts verantworten. Seit der Gründung unserer Behörde wurde der Dienstleistungsgedanke immer stärker ausgebaut. Grundlage dafür war, dass in vielen Bereichen Zentralisierungen durchgeführt wurden, beispielsweise bei Personalmanagementaufgaben. Wir wickeln heute Besoldungsangelegenheiten für eine Vielzahl von Bundeseinrichtungen, Bundesbehörden und Bundesministerien ab. Dazu gehören alle Themen wie Zuschüsse im Krankheitsfall, Beihilfen oder auch das gesamte Reise-Management.

Am Anfang handelte es sich nur um Reisekostenabrechnungen. Heute bieten wir in einem Travel Management Center, ein Angebot, das den gesamten Reiseprozess erfasst, mit dem wir uns z.b. auch um Reisevorbereitungen kümmern. Wir können Einsparungen im deutlich zweistelligen Prozentbereich nachweisen. Welche Rolle spielen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen in Ihrer Behörde? Dienstleistungen anzubieten, so wie wir es tun, ist für den Bund und damit für den Steuerzahler nur sinnvoll, wenn die Bearbeitung wirtschaftlich erfolgt. Um eine wirtschaftliche Bearbeitung zu erreichen, muss mehr getan werden, als Dienstleistungen zu zentralisieren. Deswegen legen wir großen Wert darauf, unsere Arbeit wirtschaftlich zu betrachten und diese Wirtschaftlichkeit auch nachweisen zu können. Dafür haben wir im BVA betriebswirtschaftliche Instrumente eingeführt. Seit über 15 Jahren ist eine Kosten- und Leistungsrechnung im Einsatz. Damals wurde viel Zeit investiert, um z.b. unsere einzelnen Produkte zu beschreiben und die Arbeitszeiten zu erfassen, die auf ein Produkt entfallen. Durch konsequenten IT-Einsatz sowie die Schaffung effizienter Abläufe sind beachtliche Skaleneffekte festzustellen. Häufig lässt sich der tatsächliche Aufwand im Vorfeld einer Aufgabenverlagerung nicht komplett abbilden. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Anhand unserer Steuerungsinstrumente können wir aber danach messen, mit welchem Aufwand wir eine Aufgabe erledigen, und ausrechnen, welche Einsparungen wir dabei er wirtschaften. Wir können Einsparungen im deutlich zweistelligen Prozentbereich nachweisen. Effizienz kann insbesondere durch Rationalisierung gesteigert werden. Enthalten Ihre Verträge Zielvereinbarungen mit entsprechenden Prozentsätzen pro Jahr? Nein, Zielvereinbarungen mit einer Rationalisierungsvorgabe gibt es bei uns nicht. Ein Grund liegt darin, dass nicht alle Ministerien betriebswirtschaftliche Steuerungen, in einer Qualität nutzen, die Vergleichbarkeit ermöglicht. Sicherlich gibt es Projekte, bei denen bestimmte Erwartungen geäußert werden. Bis Mitte dieses Jahres wurden die Besoldungs- und Dienstleistungsaufgaben aus der gesamten Wehrbereichsverwaltung auf uns verlagert. Aber es gibt keine konkreten Vorgaben im Detail. Das entspricht der Aufgabenteilung: Verwaltungsdurchführung und konkrete Umsetzung von Gesetzen ist dabei unsere und nicht Aufgabe der Ministerien. Möchten Sie an dieser Situation etwas ändern, indem Sie Ihre Kunden dazu bringen, präziser auszuschreiben? An dieser Stelle zögere ich etwas. Das eigentliche Problem ist, dass der Anreiz fehlt, die Beziehung zwischen Ressourcen und Arbeitsleistung zu schärfen. Wir haben dafür geworben, dass wir wenigstens mit den Partnern, die ein ähnliches oder vergleichbares Instrumentarium haben, z. B. das Statistische Bundesamt, betriebswirtschaftliche Verrechnungsmodelle einführen können. Ein derartiges Abrechnungsmodell kam nur auf dem Papier, nicht aber praktisch zustande. Obwohl andere EU-Staaten sowie Länder und Kommunen in Deutschland damit bereits beachtliche und wirtschaftlich messbare Erfolge nachweisen können fehlt hier auf Bundesebene häufig noch das Interesse an betriebswirtschaftlicher Steuerung in der öffentlichen Verwaltung, das ist für mich unverständlich. Hier liegt meiner Meinung nach noch ein langer Weg vor uns. In diesem Punkt sind wir auf uns selbst und unsere Erfahrung gestellt. Wir müssen Preise definieren um die Messbarkeit der Dienstleistung zu ermöglichen. Schwierig wird es immer dann, wenn sich im Laufe eines Projektes

zeigt, dass die entsprechend benötigten Ressourcen nicht zur Verfügung stehen. Inzwischen verhandeln wir nach. Wenn wir Aufgaben von Kundenbehörden haben, die sich dynamisch entwickeln, müssen wir auch mehr für unsere Leistung verlangen dürfen. Wenn Sie so wirtschaftlich sind machte es nicht Sinn, dass Ihnen noch mehr Dienstleistungsaufgaben übertragen werden? Ja, das wäre wünschenswert und wirtschaftlich überaus sinnvoll. Leider wurde in letzter Zeit der Dienstleistungsgedanke auch missbräuchlich verwandt: Man hat es in der letzten Legislaturperiode politisch gestattet, dass Überkapazitäten im Bundesbereich ohne Prüfung und ohne betriebswirtschaftliche Steuerung genutzt wurden, um in anderen Ressortbereichen neue Dienstleistungsstellen zu schaffen. Wirtschaftlich ist das nicht! Bundesverwaltungsamt Das Bundesverwaltungsamt (BVA) ist zentraler Dienstleister des Bundes. Mit rund 4.000 Beschäftigten arbeitet es für alle Ministerien, ist u.a. für das Auslandsschulwesen verantwortlich, organisiert das Zuwendungsmanagement der Sport-, Kultur-, Jugend- und Sozialförderung, zieht BAföG-Darlehen ein und ist Ausbildungsbehörde. Es betreibt das Ausländerzentralregister und ist für das Auswärtige Amt am Visaverfahren beteiligt. Für viele Behörden werden Querschnittsaufgaben erbracht (die Personalgewinnung, das Reise-Management und die Beihilfe- und Bezügebearbeitung, die Organisationsberatung). Die Bundesstelle für Informationstechnik (BIT) als Abteilung des BVA unterstützt andere zentral durch IT-Dienstleistungen. Die Bündelung der Aufgaben beim BVA konnte Kosten bei der Aufgabenwahrnehmung in vielen Bereichen senken. Das Ressortprinzip behindert also eine bessere Aufgabenverteilung? Das Ressortprinzip hat dazu geführt, dass Ressorts Personen beschäftigen, deren Aufgaben auch wir übernehmen könnten. Wenn diese Aufgaben nur für interne Zwecke erbracht werden, entsteht für uns keine Konkurrenz. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass Steuerung nicht nur eines technischen Instrumentariums, sondern auch eines Verständnisses hierfür bedarf. Von der oberen Führungsebene bis zu jedem einzelnen Mitarbeiter muss das Prinzip verstanden und akzeptiert werden. Besonders die Führungskräfte müssen die Steuerungsphilosophie annehmen, denn sie müssen den Weg bereiten und ihn möglich machen. Das Problem der inputorientierten Steuerung ist ihre Beliebigkeit. Verlassen wir die von Ihrer Behörde wahrgenommenen Aufgaben und kommen zu der Art, wie Sie das Bundesverwaltungsamt steuern. Auch bei Ihnen herrschte früher die klassische inputorientierte Steuerung vor. Was hat Sie dazu gebracht, sich von ihr zu trennen? Die inputorientierte Steuerung funktioniert im Prinzip so, dass Geld und Personal bereitgestellt werden und die Organisation damit arbeiten soll. Das Problem der inputorientierten Steuerung ist ihre Beliebigkeit. Das Gestaltungsmittel ist dann schnell das Bauchgefühl. Es wird dann so priorisiert, wie es die jeweiligen Führungskräfte für richtig halten, oder nach politischer Aktualität. Das führt weder zu einer gleichmäßigen Auslastung noch zu einer wirtschaftlichen Nutzung der Ressourcen oder zu einer kritischen Betrachtung der Aufgabenwahrnehmung, insbesondere der Prozesse. Im Prinzip ist die inputorientierte Steuerung gar keine Steuerung.

Wie steuern Sie denn heute? Zur wirkungs- und zielorientierten Steuerung gehört eine Vielzahl von aufeinander abgestimmten Teilelementen. Zielvereinbarungen sind die Grundlage. Diese werden zwischen Behörden- und Abteilungsleitung und zwischen Abteilungsleitungen und den Referatsleitungen des Hauses geschlossen. Sie haben drei Elemente. Dazu gehören erstens die operativen Ziele. Diese werden auf die Produkte des Hauses bezogen, deren quantitative und qualitative Verwirklichung in einem Berichtsjahr anhand von Kennzahlen gemessen wird. Für die Bemessung der Kennzahlen werden die Ressourcen zugrunde gelegt, damit die Zielerreichung auch realistisch bleibt. Bei den Zielen sind neben den Produktkosten, also der Wirtschaftlichkeit, auch die Wirkungen auf Kunden und Mitarbeiter zu berücksichtigen. Zweitens werden die fachstrategischen Ziele einbezogen, dass heißt, wohin soll sich die Fachaufgabe einer Abteilung, eines Referates in einem Jahr entwickeln. Drittens sind auch die hausstrategischen Ziele von Bedeutung, das heißt, welchen Beitrag leistet die Abteilung für die Erreichung der Ziele des Hauses gemessen an der Gesamtstrategie des Bundesverwaltungsamtes. Die Kennzahlen für Teil zwei und drei zu bestimmen, ist dabei nicht einfach. Ein regelmäßiges und weitgehend standardisiertes Berichtswesen ermöglicht ein transparentes Controlling. Vierteljährlich führe ich Feedback-Gespräche mit den Abteilungsleitungen zur unterjährigen Steuerung. Diese Ergebnisse dienen auch als Grundlage für die Anpassung der Zielvereinbarungen im nächsten Zyklus. Die Nachhaltigkeit sicherzustellen, ist für eine wirksame Steuerung unentbehrlich. Professionelles Controlling ist dafür die Grundlage, aber ohne ein Mittun der Führungskräfte geht es nicht. Welche Rolle spielt denn das Controlling bei der zielorientierten Steuerung Ihrer Behörde? Schon als die Kosten-Leistungs-Rechnung eingeführt wurde, wurden die Mitarbeiter einbezogen, um die Produkte sehr genau zu betrachten. KLR und Zeitaufschreibung sind die Grundlage für die Erfassung produktbezogener Kosten. Daraus können operative Kennzahlen entwickelt werden, die die Grundlage des operativen Controllings bilden. Um den operativen Kennzahlen Bodenhaftung und Nachvollziehbarkeit für die Umsetzungsebene zu geben, haben wir schon vor etlichen Jahren beschlossen, dezentrale Controllingstellen einzurichten. Jede Abteilung besitzt seitdem eine dezentrale Controllingstelle, die dafür zuständig ist, die in der jeweiligen Fachabteilung auflaufenden Controllingdaten auf Plausibilität oder Fristeinhaltung zu überprüfen und das Berichtswesen zu organisieren. Diese Stellen sind direkt bei der Abteilungsleiterin oder dem Abteilungsleiter eingesetzt. Es ist von großem Vorteil, wenn das Controlling an die Führungsebene angebunden ist, denn so finden die Botschaften der Controller auch schneller Gehör. In den letzten Jahren haben wir zusätzlich das zentrale Controlling gestärkt. Der dezentrale Controller steht im laufenden Dialog mit der zentralen Controllingabteilung. Das zentrale Controlling haben wir direkt auf der Leitungsebene angesiedelt. Hinter dieser Entscheidung stand bewusst der Gedanke, nicht nur den Stellenwert des zentralen Controllings zu erhöhen, sondern auch für mehr Einfluss zu sorgen. Wenn es Diskussionen über Erkenntnisse des Controllings gibt, ist nun immer sofort klar, dass es sich um eine Führungsdiskussion handelt. Ohne Andocken an die Führungsebene bliebe die Diskussion rein technisch und würde versanden. Das zentrale Controlling habe ich direkt an der Leitung angesiedelt. Sie sagten zu Beginn, dass im Laufe der Jahre der Dienstleistungsgedanke immer stärker ausgebaut wurde. Was sind Ihre strategischen Ziele und wie verbinden Sie diese mit Ihrem Steuerungssystem?

Seinerzeit ist man bei der Einführung der Steuerungsinstrumente davon ausgegangen, dass ein Dienstleister unterschiedliche Zielrichtungen in Gleichklang bringen muss, z. B. mitarbeiterorientierte, kundenorientierte und gesellschaftliche Auswirkungen. Ein Teil der Grundphilosophie war, Dienstleistung günstig zu erbringen und das Profil als zentraler Dienstleister zu schärfen. Dafür bedurfte es eines Instrumentariums, woraufhin der Startschuss zur Einführung einer Steuerung nach einer Balanced Scorecard fiel. Die Balanced Scorecard war die Überschrift, die die unterschiedlichen Auswirkungen von Dienstleistungen ins Blickfeld rücken sollte. Seither haben wir die Strategie noch einmal erneuert und sind gerade damit beschäftigt, diese nach und nach in die internen Zielvereinbarungen aufzunehmen. Als ich vor vier Jahren das Amt des Präsidenten des Bundesverwaltungsamtes übernahm, verfügte das operative Controlling über ein großes Instrumentarium, das sich sehr gut bewährt hatte. Allerdings war das System nicht stringent im Hinblick auf die Gesamtsicht des Hauses. Wir haben uns gefragt, was aus den operativen Fachaufgaben sinnvoll und notwendig für die Leitung des Hauses ist. Diese Elemente haben wir angereichert um die Fachstrategie. In den internen Zielvereinbarungen musste neben den Fragen zur Vereinbarung von Kennzahlen und operativen Zielen implementiert werden, wie sich die Fachaufgabe zukünftig entwickeln soll und was dafür in diesem Jahr erforderlich ist. Dies haben wir nun umgesetzt; die Zielvereinbarungen für 2014 enthalten bereits diese Aspekte. Nachdem wir erst im letzten Jahr die Gesamtstrategie des Hauses fertiggestellt haben, binden wir in 2014 erste Elemente und in 2015 dann die kompletten hausstrategischen Ziele mit ein. Wie trägt die Fachabteilung zur Hausstrategie bei? Wie können wir als Dienstleister besser werden? Wie können wir diese und jene Aufgabe weiterentwickeln? Wie können wir unser Profil schärfen? Diese Fragen zu beantworten, ist nicht ganz einfach, weil diese Themen schwieriger zu fassen sind als Kennzahlen. Deswegen haben wir uns hier Zeit genommen und dies sorgfältig erarbeitet. Also sind nun auch die Fachabteilungen in die Entwicklung und Einhaltung der Gesamtstrategie eingebunden. Wie werden Sie diesen Aspekt nachhalten? Die neue Vorgehensweise bedeutet natürlich, dass diese Inhalte auch in die entsprechenden Feedbackgespräche eingehen. Feedbackgespräche führen wir vierteljährlich durch. In meinen Gesprächen mit den Abteilungsleitungen geht es heute um die Quartalsergebnisse. Bisher sind das die operativen Ergebnisse; die Fachstrategie ist also aktuell schon enthalten. Im nächsten Schritt wird zusätzlich die Umsetzung der Hausstrategie ein Thema sein. Das ist auch dringend erforderlich, gerade in einem Haus, das so vielfältig aufgestellt ist wie unseres. Zudem wird durch die Gespräche sicherlich auch deutlich, an welchen Stellen wir die Ziele noch nachbessern müssen. Etwas zu gestalten, das Auswirkungen auf die Bürger hat, reizt mich sehr. Lassen Sie mich noch eine etwas provokative Schlussfrage stellen: Was haben Sie eigentlich persönlich von dem Veränderungsprozess, der gerade läuft? Mich persönlich reizt es sehr, etwas zu gestalten, das positive Auswirkungen auf die Bürger hat. Das betrifft vor allem die Umsetzung von Gesetzen. Auch das ist für uns eine Baustelle, weil die Gesetze vielfach einfach nicht praxisgerecht sind. Deshalb haben wir einen Prozess aufgesetzt, bei dem jeder Mitarbeiter, der bei uns mit der Umsetzung eines Bundesgesetzes beschäftigt ist, halbjährlich gefragt wird, ob er Verbesserungsbedarf sieht. Alle Änderungsvorschläge werden bei uns zentral gesammelt und ausgewertet, durch das Controlling noch einmal gegengelesen und dann je nach Wertigkeit der Vorschläge auf unterschiedlichen Ministerialebenen eingebracht. Dieser Prozess läuft seit etwa zwei Jahren und wir sind gerade dabei, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen.

An eine materielle Belohnung denke ich dabei nicht, es geht mir in erster Linie, um den Wert, an der Gestaltung des Gemeinwohls mitzuwirken. Das ist für mich dabei mehr Anreiz als einen entsprechenden materiellen Ausgleich zu erhalten. Die Bürger haben ein Anrecht auf eine effiziente Verwaltung. Jeder Bürger hat einen Anspruch darauf, dass ein Gesetz auch wirtschaftlich umgesetzt wird. Es bedarf dafür einer größeren Anstrengung, das auch wirksam zu organisieren. Hier können wir viel von der Wirtschaft lernen. Man muss nicht alle Vorgehensweisen aus der Wirtschaft adaptieren, aber sich zumindest intensiv damit beschäftigen. Ohne wirkungsorientierte Steuerung geht es nicht hier haben wir gerade in der Bundesverwaltung noch einen weiten Weg vor uns. Hier voranzugehen ist mitunter nicht einfach, gibt aber das gute Gefühl, sehr unmittelbar etwas Positives zu bewegen. Wenn ich einen meiner Leute bei mir zu einem Spezialgesetz frage, kann es vorkommen, dass er mir Folgendes sagt: Wenn damals vor zwei Jahren im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses auch seine Erfahrungen in den Prozess eingeflossen wären, dann würden heute nur zwei statt zehn Mitarbeiter an der Umsetzung sitzen. Dass man dieses Einsparpotenzial nicht stärker nutzt, kann ich nicht nachvollziehen. Mögliche Einsparpotenziale sollten von Beginn an genutzt werden. Herr Verenkotte, herzlichen Dank für das Gespräch. Das Gespräch führte Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Weber, Direktor des Instituts für Management und Controlling (IMC) der WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar und Mitherausgeber der Controlling & Management Review.