MWST GEMEINWESEN Seminar für Mitglieder von Rechnungsprüfungskommissionen Kanton Schwyz MARIETTE VRANKEN 8. November 2016 EINFÜHRUNG / BEGRIFFLICHKEITEN Steuerobjekt Gemeinwesen Unternehmerische Tätigkeit Nicht unternehmerische Tätigkeit Hoheitliche Tätigkeiten Steuerbare und steuerbefreite Leistungen Von der Steuer ausgenommene Leistungen (Art. 21 Abs. 2 MWSTG) Hoheitliche Tätigkeiten Quelle: ESTV Seite 2 1
EINFÜHRUNG / BEGRIFFLICHKEITEN Steuerobjekt Arten von Entgelten Steuerbar Art. 18 MWSTG Von der Steuer befreit (echt befreit) Art. 23 MWSTG Von der Steuer ausgenommen (unecht befreit) Art. 21 MWSTG Nicht-Entgelte Art. 18 Abs. 2 MWSTG 8.0 % 3.8 % 2.5 % 0 %, sofern Steuerbefreiung nachweisbar 0 %, ev. Option oder freiwillige Versteuerung Unterliegen nicht der MWST Vorsteuerabzug Vorsteuerabzug Kein Vorsteuerabzug* Teilweise kein Vorsteuerabzug * Vorsteuerabzug bei Option nach Art. 22 MWSTG Seite 3 EINFÜHRUNG / BEGRIFFLICHKEITEN Steuerbare Entgelte Art. 14 MWSTV; Beispiele (nicht abschliessend) von steuerbaren Leistungen beim Gemeinwesen Lieferungen von Wasser, Gas, Elektrizität, thermischer Energie und ähnlichen Gegenständen Betrieb von Badeanstalten und Kunsteisbahnen Tätigkeiten auf dem Gebiet der Entsorgung Leistungen von Amtsnotaren (Beurkundungen, Beglaubigungen, Ausstellen von Erbbescheinigungen, Ausfertigung von Verträgen, Errichtung von Schuldbriefen, Vermögensverwaltung) usw. usf. Winterdienst Beförderung von Gegenständen und Personen Lieferungen von zum Verkauf bestimmten Fertigwaren Veranstaltungen von Messen und Ausstellungen mit gewerblichem Charakter Seite 4 2
EINFÜHRUNG / BEGRIFFLICHKEITEN Steuersubjekt (1/2) Nach Art. 10 MWSTG ist steuerpflichtig, wer unabhängig der Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und nicht von der Steuerpflicht befreit ist. Ein Unternehmen betreibt unternehmerisch tätig ist, wer: a. eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgenommene berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt; und b. unter eigenem Namen nach aussen auftritt. Seite 5 EINFÜHRUNG / BEGRIFFLICHKEITEN Steuersubjekt (2/2) Nach Art. 12 MWSTG sind Steuersubjekte der Gemeinwesen die autonomen Dienststellen von Bund, Kantonen und Gemeinden und die übrigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts. Übrige Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind: a) in- und ausländische öffentlich-rechtliche Körperschaften b) öffentlich-rechtliche Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit c) öffentlich-rechtliche Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit d) einfache Gesellschaften von Gemeinwesen Seite 6 3
STEUERPFLICHT VON GEMEINWESEN Autonome Dienststelle (DS) / Zusammenschluss von DS / übrige Einrichtungen des öffentlichen Rechts Steuerbare Leistungen im Inland = massgebender Umsatz Umsatz aus steuerbaren Leistungen an Nichtgemeinwesen > CHF 25'000? Umsatz aus steuerbaren Leistungen an Nichtgemeinwesen und an andere Gemeinwesen > CHF 100'000*? Ja Ja Ja Steuerpflicht gegeben Ja Nein Nein Nicht steuerbare Erträge u.a. aus: von der MWST ausgenommene Leistungen (z.b. Leistungen innerhalb des gleichen Gemeinwesens) hoheitliche Leistungen Erhalt von Subventionen Ja Verzicht auf Befreiung von der Steuerpflicht Nein Von der Steuerflicht befreit zu versteuern: Umsätze aus Leistungen an Nichtgemeinwesen Umsätze aus Leistungen an andere Gemeinwesen Umsätze aus Leistungen an Zweckverbände * Für Spitäler, Alters-und Pflegeheime, Sozialdienste, Kinder- und Jugendbetreuung sowie für Schulen, Museen und Theater gilt eine Umsatzlimite von CHF 150'000 Seite 7 STEUERAUSGENOMMENE ENTGELTE Typische Beispiele bei Gemeinwesen Art. 21 Abs. 2 Ziff. 26: Umsätze aus eigenen Erzeugnissen der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gärtnerei Ziff. 29: Ausübung von Funktionen der Schiedsgerichtsbarkeit Ziff. 28: Leistungen innerhalb eines Gemeinwesens respektive zwischen deren organisatorischen Einheiten Als gleiches Gemeinwesen gelten (Art. 38 Abs. 2 MWSTV): - Eigene Dienststellen sowie Zusammenschlüsse von eigenen Dienststellen - Eigene Anstalten sowie eigene Stiftungen ohne Rechtspersönlichkeit (Legate) - Nur dem Gemeinwesen zugehörende selbständige Anstalten - Nur dem Gemeinwesen zugehörende juristische Personen des privaten Rechts Seite 8 4
HOHEITLICHE TÄTIGKEIT Definition: Tätigkeit eines Gemeinwesens, die nicht unternehmerischer Natur ist, namentlich nicht marktfähig ist und nicht im Wettbewerb mit Tätigkeiten privater Anbieter steht, selbst wenn dafür Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhoben werden (Art. 3 Bst. g MWSTG) Beispiele von hoheitlichen Tätigkeiten beim Gemeinwesen Ausstellen von Heimatscheinen, Identitätskarten, Pässen, Schriftenempfangsscheine, Wohnsitzbestätigungen, Einbürgerungen, Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen Handelsregistereinträge/-auszüge Grundbucheinträge/-auszüge Katasterauszüge Patenterteilung für Gaststätten, Offenausschank, Gewerbepatente, Viehhandelspatente Motorfahrzeuggebühren inkl. Spezialnummern Bussen der Polizei, Bewilligungen der Polizei Ausstellen von Baubewilligungen, Bauplatzkontrollen Schutzraumbewilligungen, Ersatzabgaben für die Nichterstellung von Schutzräumen, Parkplätzen Grabplatz- und Urnenwandgebühren usw. usf. Seite 9 VERMIETEN VON PARKPLÄTZEN (REGELUNG AB 1.1.2015) Vermietung von Parkplätzen im Gemeingebrauch ist von der MWST ausgenommen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 Bst. c MWSTG) (abschliessende Aufzählung): Parkplätze am Strassenrand, die nicht zu bestimmten Gebäuden beziehungsweise Einrichtungen gehören; Parkplätze auf öffentlichen Plätzen ohne Zugangssperre, die nicht zu bestimmten Gebäuden beziehungsweise Einrichtungen gehören. Als Zugangssperren gelten beispielsweise Barrieren, Poller oder Personen, die bei der Ein- oder Ausfahrt die Parkgebühr einkassieren. Nicht um Zugangssperren im vorgenannten Sinn handelt es sich bei sonstigen baulichen Massnahmen wie Bepflanzungen oder einer Ein- und Ausfahrt. Die Art und Weise, wie die Parkgebühr für solche Vermietungen erhoben wird (z.b. mit Parkingmeter, Ticketautomat oder durch Abgabe von Parkkarten an Anwohner für das Abstellen von Fahrzeugen in der blauen Zone), spielt keine Rolle. Seite 10 5
VERMIETEN VON PARKPLÄTZEN (REGELUNG AB 1.1.2015) Vermietung von nicht im Gemeingebrauch stehenden Parkplätzen ist steuerbar (Ausnahme: Vermietung von Parkplätzen als unselbstständige Nebenleistung zu einer von der Steuer ausgenommenen Immobilienvermietung). Nicht im Gemeingebrauch stehen namentlich Parkplätze in Parkhäusern, auf öffentlichen Plätzen, die durch eine Zugangssperre (z.b. Barriere oder Poller) vom Strassenbereich abgegrenzt sind; Parkplätze, die zu bestimmten Gebäuden beziehungsweise Einrichtungen wie Spitälern, Verwaltungsgebäuden, Schulen, Bahnhöfen gehören sowie Parkplätze auf zugemieteten Grundstücken. Seite 11 OPTION AUSGENOMMENER ENTGELTE Bei der Option wird die von der Steuer ausgenommene Leistung in eine steuerbare Leistung umgewandelt. Ziel: Ermöglichung Vorsteuerabzug Beispiele Optionsmöglichkeit im Gemeinwesen: Lieferung/Vermietung Liegenschaften, ausser privat genutzten Liegenschaften oder Teilen davon, d.h. für Wohnzwecke (Wohnsitz oder Wochenaufenthalt) Leistungen innerhalb des gleichen Gemeinwesens à Keine formelle Bewilligung notwendig à nur durch offenen Ausweis der MWST möglich Bei Abrechnung mit PSS, Option nur für Urprodukte (Art. 21 Abs. 2 Ziffer 26 MWSTG) und für Leistungen innerhalb des gleichen Gemeinwesens (Art. 21 Abs. 2 Ziffer 28 MWSTG) Seite 12 6
PAUSCHALSTEUERSÄTZE Grundlagen (1/2) Gesetzliche Grundlage Art. 37 MWSTG Anwendung durch Gemeinwesen - Autonome Dienststelle - Gruppe (Art. 12 Abs. 2 MWSTG) Anwendung weitere Kreise - z. B. Kirchgemeinden, Gemeindezweckverbände, private Schulen/Internate, private Spitäler/Gesundheitswesen, KTU- Unternehmen, subventionierte Waldkorporationen, subventionierte Sportanlagen, sozial tätige Organisationen, Stiftungen - Abschliessende Aufzählung der übrigen Steuerpflichtigen in MWST- Info Nr. 13 Pauschalsteuersätze, Ziff. 1.3 Seite 13 PAUSCHALSTEUERSÄTZE Grundlagen (2/2) Unterstellungserklärung spätestens 60 Tage nach Zustellung der MWST- Nummer Anwendungsdauer mindestens 3 ganze Kalenderjahre Bei Nichtunterstellung bzw. bei Wechsel auf effektive Abrechnung muss die effektive Methode 10 ganze Kalenderjahre beibehalten werden Kündigung bis spätestens 60 Tage nach Beginn der Steuerperiode auf Beginn der Steuerperiode, danach gilt Kündigung erst per Ende der laufenden Steuerperiode Bei Änderung einzelner Pauschalsteuersätze oder bei ordentlichen Steuersatzerhöhung Seite 14 7
HÄUFIGE FEHLER IN DER PRAXIS Umsatzsteuer/Bezugsteuer/Vorsteuer Nicht Erfassen von Verrechnungen Als Leistung (Umsatz) und als Gegenleistung (Aufwand) zu verbuchen und zu deklarieren (Bruttoprinzip) Bezugsteuer Von Unternehmen mit Sitz im Ausland bezogene Leistungen (Dienstleistungen und teilweise auch Lieferungen ) im Sinne von Art. 45 MWSTG nicht deklariert Vorsteuerkürzung/Vorsteuerkorrektur Bei ausgenommenen/hoheitlichen Umsätzen, nicht steuerbaren internen Leistungen an andere Dienststellen oder bei Subventionen nicht vorgenommen Prov. Vorsteuerkürzung 1.-3. Q. Seite 15 HÄUFIGE FEHLER IN DER PRAXIS Umsatzabstimmung (1/2) - Zweck Interne Kontrolle - Vollständigkeit der MWST-Abrechnung - Verhältnis Umsatz / Aufwendungen - Sicherstellung der Periodizität Externe Kontrolle - Kontrollinstrument ESTV - Bedeutung für die Revisionsstelle - Bedeutung im Rahmen von Spezialprüfungen (MWST-Check u.ä.) Seite 16 8
HÄUFIGE FEHLER IN DER PRAXIS Umsatzabstimmung (2/2) - Zeitpunkt Abstimmung von Umsatz und Vorsteuer Mindestens einmal jährlich Bilanzstichtag zweckmässig In grösseren Unternehmen pro Abrechnungsperiode sinnvoll Gesetzliche Pflicht (Art. 128 Abs. 2 + 3 MWSTV) Seite 17 SPEZIALFINANZIERUNG Definition Zuordnung von Einnahmen zu bestimmten Aufgaben Direkter Zusammenhang zwischen erbrachter Aufgabe und dem bezahlten Entgelt Aufgabe ist mit Zweckgebühren zu finanzieren Zweckgebühren dürfen nur für diese Aufgabe verwendet werden Basiert auf gesetzlicher Grundlage Grundsatz: Keine Steuergelder zur Finanzierung dieser Aufgabe Seite 18 9
VORSTEUERABZUG BEI DIENSTSTELLE MIT SPEZIALFINANZIERUNG Grundsatz: Abzug Vorsteuer, sofern Aufwand durch unternehmerische Tätigkeiten finanziert Vorsteuerkorrektur resp. -kürzungen notwendig, wenn der Aufwand teilweise finanziert durch: - Subventionen Dritter - Ausgenommene Umsätze - Hoheitliche Umsätze - Beiträge des eigenen Gemeinwesens Seite 19 VORSTEUERABZUG BEI DIENSTSTELLE MIT SPEZIALFINANZIERUNG Annäherungsweise Ermittlung des Vorsteuerabzugs in der Investitionsrechnung: 1. Schritt: Vollumfänglicher Vorsteuerabzug 2. Schritt: Kürzung/Korrektur bei Erhalt der Subvention resp. Rechnungsstellung der ausgenommenen Umsätze 3. Schritt: Bereinigung der Vorsteuerabzugskürzung nach Vollendung der Investition Seite 20 10
TEILREVISION MWSTG (PER 1.1.2018) Aufhebung der Umsatzgrenze von CHF 25 000 für Umsätze an Nichtgemeinwesen Þ Es gilt die Umsatzgrenze von CHF 100 000 für Umsätze an Nichtgemeinwesen Zusammenarbeit zwischen Gemeinwesen wird erleichtert Þ Gründen mehrere Gemeinwesen eine Gesellschaft, um eine Leistung gemeinsam zu erbringen, sind neu die Leistungen der Gesellschaft an die beteiligten Gemeinwesen und umgekehrt von der MWST ausgenommen (gilt nicht für nicht beteiligte Gemeinwesen). Personalverleih zwischen Gemeinwesen neu von der MWST ausgenommen Keine Änderung bei der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Vermietung von Parkplätzen Seite 21 IHRE MWST-ANSPRECHPARTNER IN DEN REGIONEN Regionaldirektion Zentralschweiz Roland Stüdle, Luzern Betriebsökonom FH dipl. Steuerexperte MAS ECI Tax Director Leiter Steuern Luzern roland.stuedle@bdo.ch Mariette Vranken, Zug Lic. iur. MWST-Spezialistin mariette.vranken@bdo.ch Seite 22 11