Kurstag 8. Synthese eines Arzneimittels Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin )

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Transkript:

Kurstag 8 Synthese eines Arzneimittels Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin ) Stichworte zur Vorbereitung Partialladung, Mesomerie, Grundlagen der Nomenklatur organischer Verbindungen, funktionelle Gruppen, Phenole, Ester (Synthese und ydrolyse), Aufbau von Lipiden, Aspirin Ziel des Versuchstags Einführung in die Grundlagen der organischen Chemie, insbesondere die Eigenschaften und eaktionen der Carbonsäureester.

Theorie Bisher haben wir uns in der anorganischen Chemie damit beschäftigt, wie Ionen also Teilchen mit realer Ladung miteinander reagieren. Diese Ionenreaktionen laufen sehr rasch mit hoher Geschwindigkeit ab, der Gleichgewichtszustand stellt sich praktisch momentan ein. Anders liegen die Verhältnisse bei organischen eaktionen. Auch in der organischen Chemie laufen die meisten eaktionen über Ionen. Diese Ionen sind aber in den reagierenden Molekülen nicht vorgebildet, sondern entstehen erst während der eaktion unter dem Einfluss eines geeigneten eaktionspartners. Diese Bildung von Ionen verläuft in der egel relativ langsam. Daher verlaufen organische eaktionen oft langsam und setzen sich häufig aus mehreren Teilreaktionen zusammen. Verbindungen, die organische eaktionen eingehen, bestehen im einfachsten Fall aus kovalent verbundenen - und C-Atomen, zwischen denen die Bindungselektronen auf Grund ähnlicher Elektronegativität gleichmäßig verteilt sind. Ist ein C-Atom jedoch mit einem anderem Element wie N,, verbunden, so zieht dieses Atom die Bindungselektronen näher zu seinem Kern oder schiebt diese zum Kern des C-Atoms je nach Elektronegativitätsverhältnis. Die Ungleichverteilung von Elektronen führt zur Ausbildung von Partialladungen. Diese Partialladungen sind für das Zustandekommen von organischen eaktionen verantwortlich. Ganz allgemein verlaufen organische eaktionen an einem durch entsprechende benachbarte Gruppen aktivierten C-Atom: δ+ δ- δ- δ+ Abb.: Partialladungen Zieht der Substituent X Elektronen vom C-Atom ab, erhält das C-Atom eine partiell positive Ladung und wird dadurch zugänglich für eine eaktion mit einem elektronenreichen Teilchen, z. B. einem Anion ( - ). Das angreifende elektronenreiche Teilchen bezeichnet man als Nucleophil (kernliebendes Teilchen), die eaktion als nucleophilen Angriff. Solche eaktionen sind relativ häufig. Schiebt der Substituent X Elektronen zum C-Atom hin, erhält das C-Atom eine partiell negative Ladung und wird dadurch zugänglich für eine eaktion mit einem elektronenarmen Teilchen z.b. einem Kation (Br+). Das elektronenarme Teilchen 1

bezeichnet man als Elektrophil (elektronenliebendes Teilchen), die eaktion als einen elektrophilen Angriff. Funktionelle Gruppen Die Chemie organischer Verbindungen wird maßgeblich durch funktionelle Gruppen bestimmt. Je nach atomarer Zusammensetzung und Struktur der funktionellen Gruppe unterscheiden sich die Art und Lage der resultierenden Partialladungen und damit das eaktionsverhalten der Verbindung. Da die funktionellen Gruppen einen sehr großen Einfluss auf das eaktionsverhalten organischer Verbindungen haben, werden sie zur Klassifizierung der Verbindungen herangezogen. Beispiele einiger einfacher funktioneller Gruppen: Verbindungsklasse Funktionelle Gruppe Struktur Alkohol ydroxygruppe Ether Ethergruppe ' Aldehyd Carbonylgruppe Keton Carbonylgruppe ' Carbonsäure Carboxylgruppe Carbonsäureanhydrid ' Carbonsäurehalogenid Cl 2

Carbonsäureester ' Carbonsäureamid Säureamidgruppe N 2 Amin Aminogruppe N 2 Thiol Thiolgruppe S Funktionelle Gruppen sind keine unveränderlichen Charakteristika von organischen Verbindungen, sondern können durch bestimmte eaktionen in andere umgewandelt werden. Ein klassisches Beispiel für eine eihe von Umwandlungen ist die xidation von Alkoholen: zunehmende xidation primärer Alkohol sekundärer Alkohol tertiärer Alkohol Aldehyd Keton keine weitere Carbonsäure keine weitere xidation möglich xidation möglich Die Chemie der funktionellen Gruppen hängt also auch von der Struktur des restlichen Molekülkörpers ab! Primär, sekundär bzw. tertiär beschreibt im Fall der Alkohole, wie viele weitere C- Atome mit dem C-Atom, das die funktionelle Gruppe trägt, verbunden sind. Wie man sieht kann nur ein weiteres C-Atom ( primärer Alkohol) oder mehrere C-Atome ( sekundär, tertiär) an das C-Atom mit der funktionellen Gruppe gebunden sein. Carbonsäuren Zum Verständnis dieses Versuchstages spielen die Carbonsäuren als Ausgangsverbindungen der Estersynthese eine besondere olle. Generell haben Carbonsäuren folgende eaktionsmöglichkeiten mit anderen funktionellen Gruppen: 3

Achtung: Diese Abbildung ist nicht vollständig! Es sind weitere eaktionswege möglich, zudem treten immer Nebenprodukte auf. Allgemein werden zur Estersynthese Carbonsäuren und Alkohole benötigt. Je nach eingesetzter Carbonsäure und eingesetztem Alkohol erhält man Produkte mit unterschiedlichen Eigenschaften, z.b. Geruch. saure Estersynthese Die eaktionsgleichung der Estersynthese sollte also folgendermaßen aussehen: Gibt man jedoch im Versuch eine Carbonsäure und einen Alkohol zusammen, so entsteht nur sehr langsam Produkt, d.h. die Gleichgewichtseinstellung zwischen Edukten und Produkten dauert lange. Gibt man jedoch eine katalytische Menge mineralische Säure wie Salz- oder Schwefelsäure hinzu, so erhält man schneller messbare Mengen an Produkt. Diese Beobachtung lässt sich durch den genauen eaktionsmechanismus erklären: 1. Schritt: Das C-Atom in einer Carboxylgruppe ist auf Grund des doppelt gebundenen - Atoms und der ydroxygruppe schon stark positiv polarisiert, d.h. es trägt eine große positive Partialladung und ist ein Elektrophil. Dennoch läuft die eaktion nur sehr langsam ab. Durch Protonierung der Carboxylgruppe wird eine reale positive Ladung erzeugt. Diese kann entweder am - oder C-Atom lokalisiert sein und führt zu einer 4

drastischen Erhöhung der Elektrophilie des C-Atoms und daraus resultierenden Erhöhung der Geschwindigkeit der Gleichgewichtseinstellung. Dieser Schritt ist der entscheidende zur Erhöhung der Geschwindigkeit! 2. Schritt: Die reale positive Ladung am C-Atom führt dazu, dass es sehr leicht von einem Nucleophil in diesem Fall dem -Atom des Alkohols angegriffen werden kann. Das tetraedrische Zwischenprodukt ist nicht stabil. 3. Schritt: Es kommt zu einer intramolekularen Protonenumlagerung. Dabei wird eine ydroxylgruppe protoniert, was die Abspaltung von Wasser und Stabilisierung des Produkts erleichtert. 4. Schritt: Abspaltung von Wasser: Dehydratisierung. 5.Schritt: Deprotonierung d.h. Freisetzung des Katalysators + und Entstehung des Esters. 5

Wie durch die Gleichgewichtspfeile schon angedeutet, ist jede Einzelreaktion reversibel. D.h. eine Esterverbindung lässt sich in wässriger Lösung durch Zugabe von +, also Säuren, wieder in Carbonsäure und Alkohol spalten. Diesen Vorgang bezeichnet man als saure ydrolyse, da wieder ein Proton zur eaktivitätssteigerung führt und ein Wassermolekül als Nucleophil das positiv geladene C-Atom angreift. An dieser eaktion zeigt sich beispielhaft, dass man organische eaktionen anders als anorganische in mehrere Einzelschritte zerlegen kann, um den eaktionsmechanismus zu verdeutlichen. Die dabei auftretenden Zwischenprodukte ( Intermediate ) können häufig anders als bei anorganischen eaktionen, bei denen die Zwischenprodukte zu instabil und damit kurzlebig, isoliert und untersucht werden, um so den eaktionsmechanismus aufzuklären. alkalische Esterhydrolyse (basische Verseifung) Ester lassen sich nicht nur im Sauren hydrolysieren. Gibt man zu einer wässrigen Esterlösung eine Base hinzu, so wird der Ester wie auch im Sauren in eine Carbonsäure und einen Alkohol gespalten. Auch diese eaktion lässt sich in Einzelschritte aufteilen: 1. Schritt: Das Carbonyl-C-Atom des Esters trägt wegen der beiden daran gebundenen - Atome eine starke positive Partialladung. Das Nucleophil ist in dieser eaktion ein negativ geladenes ydroxid-ion, das das Carbonyl-C-Atom mit einem freien Elektronenpaar direkt angreift. Man beachte den Unterschied zur sauren ydrolyse (Schritt 4 von rechts nach links gelesen)! In dieser eaktion trägt das Nucleophil 2 keine Ladung und kann deshalb das Carbonyl-C-Atom des Esters in neutraler Lösung nicht ohne weiteres angreifen. Damit die eaktion dennoch ablaufen kann, wird Säure zugegeben, sodass am Carbonyl-C-Atom durch Protonierung des doppelt gebundenen -Atoms eine positive Ladung entsteht. 6

2. Schritt: Das entstandene tetraedrische, negativ geladene Zwischenprodukt ist äußerst instabil, da die negative Ladung nicht durch Mesomerie stabilisiert werden kann. Es zerfällt in die freie Carbonsäure und das Alkoholat-Ion. 3. Schritt: Da das Alkoholat-Ion eine sehr viel stärkere Base als das Carboxylat-Ion (deprotonierte Säure) ist, findet ein Protonentransfer von der Säure zum Alkoholat- Ion statt. Die negative Ladung des Carboxylat-Ions ist im Gegensatz zum tetraedrischen Zwischenprodukt mesomeriestabilisiert: Das entstandene Carboxylat-Ion kann auf Grund der über die gesamte funktionelle Gruppe verteilten negativen Ladung (siehe Mesomeriestrukturen) nicht mehr von einem Nucleophil angegriffen werden. Dieser eaktionsschritt macht die gesamte eaktion irreversibel. Ein weiterer Unterschied zur sauren ydrolyse besteht darin, dass die ydroxid- Ionen im Gegensatz zu den Protonen verbraucht werden, d.h. sie sind keine Katalysatorteilchen. 7

Synthese von Acetylsalicylsäure Salicylsäure reagiert mit Essigsäureanhydrid in einer säurekatalysierten eaktion zu Acetylsalicylsäure nach folgender Gleichung: Die eaktion läuft analog zur oben beschriebenen sauren Estersynthese ab, mit dem Unterschied, dass statt eines Moleküls Wasser ein Molekül Essigsäure entsteht. Essigsäureanhydrid ist ein sehr gutes Acetylierungsmittel und überträgt den C 3 C- est auf -Gruppen oder auch auf N 2 -Gruppen. Als Essigsäureester ist Acetylsalicylsäure natürlich sowohl gegen Lauge als auch gegen wässrige Säure empfindlich (Esterhydrolyse). Die (saure) ydrolyse an der Luft kann u.u. durch Essigsäuregeruch nachgewiesen werden. Andererseits kann Acetylsalicylsäure noch mit Alkoholen zum Ester umgesetzt werden. Beispielsweise entsteht aus der Umsetzung mit Ethanol der Ethylester (sog. Wintergrünöl, enthalten in der amerikanischen Teebeere, ebenfalls fiebersenkend). eaktion von Salicylsäure mit Fe 3+ -Ionen Alkohole mit der Gruppierung -C=C reagieren mit Fe³+ zu einer blauvioletten Verbindung. Fe³ + ist also auch ein empfindlicher Nachweis für Phenole. Salicylsäure (nicht die acetylierte Form, warum?) reagiert mit Fe 3+ in einer Komplexbildungsreaktion zwischen Fe 3+ und dem Salicylsäure-Anion, wobei die Fe 3+ -Ionen über die Koordinationszahl 6 mit drei Salicylsäure-Anionen als zweizähnige Liganden rot-violette Chelatkomlexe ausbilden. Fe 3+ + 3 Salicylat-Anionen Tris-salicylat-eisen(III)-Komplex gelb blauviolett Der Komplex ist ein oktaedrisch aufgebauter Chelatkomplex, der in neutraler, wässriger Lösung außerordentlich stabil ist, in stark saurer Lösung und alkalischer Lösung zerfällt. 8

Vorfragen 1. Woher kommt der Ausdruck basische Verseifung? 2. Sie haben einen Ester alkalisch hydrolysiert. Können Sie den Ester durch Ansäuern der Lösung wieder synthetisieren? 3. Wie wirkt Aspirin? (freiwillig, Biochemiestoff!) 4. Erklären Sie mit eigenen Worten den Unterschied zwischen Partialladung und Ionenladung. 5. Ermitteln Sie die Eigenschaften der verwendeten Chemikalien (Strukturformeln, Schmelzpunkt, Löslichkeit etc.). 6. Schreiben Sie die einfachen Monocarbonsäuren von C1 bis C4 auf. 7. Was versteht man unter einem Carbonsäureamid? Schreiben Sie folgende Amide: a) Essigsäureamid b) Benzoesäureamid 8. Versuchen Sie, möglichst alle Alkohole von C1 bis C4 zu formulieren. Benennen Sie diese Alkohole und geben Sie an, ob es sich um einen primären, sekundären oder tertiären Alkohol handelt. 9. Was versteht man unter einem Triglycerid? Um was handelt es sich bei diesen Verbindungen chemisch betrachtet? Zeichnen Sie die Alkoholkomponente eines Triglycerids. Finden Sie heraus, ob es sich um einen primären, sekundären oder tertiären Alkohol handelt. Übungsaufgaben 1. Woher kommt der Ausdruck basische Verseifung? 2. Formulieren Sie die eaktion der Acetyl-Salicylsäure-Synthese. 3. Wie reagiert ASS mit Ethanol? 4. Formulieren Sie die eaktion von Acetanhydrid (Essigsäureanhydrid) mit Ammoniak. Welche Verbindung entsteht dabei? 5. Paracetamol ist ebenfalls ein sehr häufig verwendetes fiebersenkendes und schmerzstillendes Arzneimittel. Es enthält ebenfalls eine Acetylgruppe (Name!). Geben Sie die Strukturformel an. Welche Gruppe ist hier acetyliert? Wie nennt man die so entstandende chemische Bindung? 9

Neue Geräte und Arbeitsweisen Schmelzpunktbestimmung Die fein pulverisierte, gut getrocknete Substanz wird in einer 2 bis 4 mm hohen Schicht in ein etwa 1 mm weites, einseitig zugeschmolzenes Kapillarröhrchen gebracht. Dazu taucht man die Kapillare in die Substanzprobe und klopft das Pulver vorsichtig auf den Kapillarboden. Das Schmelzpunktsröhrchen wird nun mit der zugeschmolzenen Seite nach unten in den Schmelzpunktbestimmungsapparat gestellt und der eizblock langsam aufgeheizt. Da jedes Thermometer eine gewisse Anzeigeverzögerung aufweist, wird der eizblock nur so schnell erhitzt, dass in der Nähe des Schmelzpunktes der Temperaturbereich etwa 1-2 C/min beträgt. Vorher, d.h. bis etwa 10 C unterhalb des Schmelzpunktes kan n selbstverständlich schneller erhitzt werden. Ist der Schmelzpunkt einer unbekannten Substanz zu ermitteln, ist es zweckmäßig, zwei Kapillaren zu füllen und den Schmelzpunkt zunächst mit einer Probe grob zu bestimmen, dann das Bad etwas abkühlen lassen, um anschließend eine exakte Schmelzpunktsbestimmung mit der zweiten Probe durchzuführen. Kurz vor Erreichen des Schmelzpunktes stellt man ein plötzliches Erweichen der Kristalle fest, wobei die Kristalle häufig zusammenfallen. Kurz darauf erfolgt völliges Aufschmelzen zu einer klaren Flüssigkeit. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Substanz nicht vor Erreichen des Schmelzpunktes oder beim Schmelzen zersetzt. 10

Durchführung Versuch 1: Vorversuche zur Esterverseifung 1ml livenöl (ca. 1cm Füllhöhe im eagenzglas werden mit 2ml Ethanol gelöst, mit 2 Stückchen K und 1-2 Siedesteine versetzt und vorsichtig zum schwachen Sieden erhitzt. Vorsicht Siedverzug möglich. Die Lösung wird heiß auf zwei eagenzgläser verteilt. Nach Abkühlen scheiden sich die Kaliumsalze der ab. Zum zweiten eagenzglas wird dasselbe Volumen an Wasser gegeben und danach mit verd. Schwefelsäure angesäuert. Beobachtung? Fragen: a) Woraus besteht der Niederschlag im zweiten eagenzglas? b) Was ist eine Seife? c) Warum wird die basische Esterhydrolyse auch als Verseifung bezeichnet? d) Wie könnte man das Vorhandensein einer ungesättigten Fettsäure nachweisen? e) Welche Fettsäure überwiegt mengenmäßig in natürlichen Fetten. 11

Versuch 2: Vorversuche zur Versterung /Verseifung Man vermischt in einem eagenzglas ca. 1 ml Ethanol und 2 Tropfen wasserfreier Essigsäure (Eisessig) und fügt dann vorsichtig 1 Tropfen Schwefelsäure (Vorsicht stark ätzend!!) zu und kocht kurz vorsichtig aus. Geruch? Versuch 3: Vorversuche zur Versterung a) Mischen Sie ca. 1ml Isobutanol (Formel?) mit der gleichen Menge konz. Essigsäure und erwärmen die Mischung vorsichtig. Prüfen Sie vorsichtig dengeruch. b) Kühlen Sie nun die Lösung durch Eintauchen in Eiswasser ab und geben 1-2 Tropfen konz. Schwefelsäure dazu und erwärmen wieder. Geruch? Worin besteht der Unterschied zu Versuch 3a? Welchen Mechanismus nimmt man für diese Veresterung an. Welche Funktion hat die Schwefelsäure? Wie könnte man die Ausbeute an Ester erhöhen? (MWG!) Versuch 4: Vorversuche Versterung 1 ml Isoamylalkohol und 1 ml konz. Essigsäure werden mit 2 Tropfen konz. Schwefelsäure vorsichtig erwärmt. Geruchsprobe. An was erinnert Sie der Geruch? Versuch 5: Synthese von Acetylsalicylsäure (Aspirin, ASS) Chemikalien: Salicylsäure, Essigsäureanhydrid (Acetanhydrid), Phosphorsäure (85%) ACTUNG!!!, Ethanol (vergällt) zum Umkristallisieren. 1g Salicylsäure wird in ein eagenzglas eingewogen und vorsichtig mit 2,5ml Essigsäureanhydrid versetzt. Leicht umschütteln. Danach gibt man ca. 4 Tropfen (ca. 120µl) Phosphorsäure dazu und erhitzt auf einem Wasserbad (250ml Becherglas ca. 1/3 füllen) bis auf 75 C. Immer wieder vorsichtig umschütteln bis sich alles klar gelöst hat. Man hält nun die Temperatur für ca. 15 min bei 70-80 C. 12

Man nimmt nun das eagenzglas heraus, lässt leicht abkühlen und gibt in die noch warme Lösung ca. 1ml Wasser (warum?). Achtung äußerste Vorsicht, Spritzgefahr, eagenzglas vom Gesicht und Nachbarn weg halten!!! Bei vorsichtigem iechen kann man Essigsäuregeruch wahrnehmen. Nach weiteren 5 min gibt man 10ml Wasser dazu, schüttelt gut durch und stellt das eagenzglas in Eiswasser. Nach ca. 5 min beginnt die Acetylsalicylsäure auszufallen. Nun wird mit einer Nutsche abfiltriert und mit Eiswasser gut nachgewaschen (warum?). Das Produkt riecht immer noch stark nach Essigsäure und muss daher nochmals umkristallisiert werden. Das eaktionsprodukt wird wiederum in das eagenzglas überführt (vorher einen kleinen Teil davon für die Dünnschichtchromatographie bzw. als Impfkristall abnehmen) und mit 1,0 ml Ethanol und 6 ml Wasser versetzt und wiederum durch Erhitzen auf ca. 60 C weitestgehend gelöst. (Wesha lb nicht zu lange und zu hoch erhitzen?) Nun kann man abkühlen lassen. a) durch Abkühlen am Wasserhahn b) Stehen lassen bei aumtemperatur c) Stehen lassen auf Eis. Langsames Abkühlen gibt sehr schöne, lange Kristallnadeln. Sie können an einem Mikroskop genauer betrachtet werden (steht am Tisch 16, Mikroskop sauber halten!). Auch hier gilt: Geduld bringt oft die besten Ergebnisse. Die Kristalle werden nun wieder abgesaugt und zwischen 2 Papierfiltern getrocknet. Anschließend wird der Schmelzpunkt bestimmt. einheitskontrolle A) Mit ilfe der Dünnschichtchromatographie Zur einheitskontrolle wird eine Dünnschichtchromatographie auf einer Kieselgelfolie (mit Fluoreszenzindikator) durchgeführt. Weiterhin werden zwei weitere Analgetika: Ibuprofen und Paracetamol aufgetragen Dafür wird je eine kleine Menge Salicylsäure, oh-acetylsalicylsäure und die gereinigte Acetylsalicylsäure sowie Ibiprofen und Paracetamol in Ethanol/Wasser 13

gelöst und mittels Kapillare aufgetragen und im Laufmittel entwickelt. Nach dem Trocknen wird die DC-Platte mit UV-Licht bei 254 nm bestrahlt (Assistent, nicht direkt in die Lampe sehen!) und die nun sichtbaren Flecken mit einem Bleistift vorsichtig markiert. Enthält die Acetylsalicylsäure noch freie Salicylsäure? Formeln von Ibuprofen und Paracetamol? Können Sie die Grundkörper angeben? ptional: Schließlich wird die Folie mit einem Sprühreagenz (1% FeCl3) besprüht. Was können Sie damit nachweisen? B) eaktion mit Eisen(III)Chlorid War die Synthese nicht vollständig, ist noch freie Salicylsäure vorhanden. Diese bildet mit Fe3+-Ionen einen dunkelblauen Komplex. Das Synthesepodukt Acetylsalicylsäure bildet hingegen keinen blauen Komplex mit den Eisenionen aus. Daher kann die Menge an nicht reagiertem Ausgangsprodukt anhand der Blaufärbung bestimmt werden. Folgende Lösungen/Chemikalien stehen aus: 0.1% (w/v) Salicylsäure 0.1% (w/v) Acetylsalicylsäure 1% (w/v) FeCl 3 -Lösung (Eisen(III)chloridlösung) 50 % (v/v) Ethanol) ASS-Tablette der Fa. atiopharm (muss im Mörser zuvor zerrieben werden) Folgende Ansätze werden in einem eagenzglas hergestellt. Sie dienen als Positiv- bzw. als Negativkontrolle sowie zur Abschätzung der Verunreinigung der Probe mit Salicylsäure. Nr.1 1000 µl 0.1% Salicylsäurelösung 3 Tropfen FeCl 3 Nr.2 1000 µl 0.1% ASS-Lösung 3 Tropfen FeCl 3 14

Nr.3 Spatelspitze Tablette in 1000 µl Ethanol/Wasser (1:1) Nr.4 Spatelspitze eigenes Produkt in 1000 µl Ethanol/Wasser (1:1) Nr.5 Wie Nr.4, Lsg. aber vorher ca. 5min im Wasserbad auf 70 o C erhitzen 3 Tropfen FeCl 3 3 Tropfen FeCl 3 3 Tropfen FeCl 3 Der Versuch Nr.5 soll zeigen, dass Arzneimittel eine begrenzte Stabilität ( altbarkeit ) aufweisen und oft temperaturempfindlich sind. Weshalb kann man bei sehr alten, schlecht gelagerten ASS-Tabletten einen schwachen Essigsäuregeruch wahrnehmen? Auf der Fensterbank stehen bereits 4 Lösungen zum Abschätzen Ihrer Verunreinigungen (müssen nicht selbst hergestellt werden) 1% 1000 µl 0.1% ASS-Lösung + 1% Verunreinigung an Salicylsäure 2.5% 1000 µl 0.1% ASS-Lösung + 2.5% Verunreinigung an Salicylsäure 5% 1000 µl 0.1% ASS-Lösung + 5% Verunreinigung an Salicylsäure 10% 1000 µl 0.1% ASS-Lösung + 10% Verunreinigung an Salicylsäure 3 Tropfen FeCl 3 3 Tropfen FeCl 3 3 Tropfen FeCl 3 3 Tropfen FeCl 3 Ergebnis: Die von mir hergestellte Acetylsalicylsäure hat eine Verunreinigung von ca..%. Evt. gibt es einen kleinen Wettbewerb. Je 2 Proben eines Tisches werden in unserem Labor mittels einer modernen Trenntechnik (PLC, high performance liquid chromatography) untersucht. ier kann die einheit ganz genau bestimmt werden. Die Ergebnisse werden am nächsten Donnerstag gezeigt. 15

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