Sozialpolitik I (Soziale Sicherung) Wintersemester 2005/06 11. Vorlesung Grundsicherung in Deutschland Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Strengmann@wiwi.uni-frankfurt.de www.wiwi.uni-frankfurt.de/~strengma
Gliederung 9. Grundsicherung in Deutschland 9.1 Allgemeines, Grundprinzipien 9.2 Hilfearten in der Sozialhilfe 9.3 Hilfe zum Lebensunterhalt und andere Grundsicherungen 9.4 Empirische Ergebnisse 9.5 Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
Allgemeines 1962: Einführung der Sozialhilfe durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Ersatz der Sozialfürsorge seit 2004, Inkrafttreten 1.1.2005: Integration des BSHG in das Sozialgesetzbuch als SGB XII Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Hilfe soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken. ( 1 SGB XII)
Allgemeines Im Grundsatz haben alle Bevölkerungsgruppen (auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft) Anspruch auf Sozialhilfe unabhängig davon, ob die Notlage selbst verschuldet ist oder nicht es besteht ein rechtlicher Anspruch Sozialhilfe wird nicht nur auf Antrag gewährt, sondern Sozialämter müssen aktiv werden, wenn sie von einer Notlage erfahren. Die Sozialhilfe wird nachrangig gewährt (Subsidiaritätsprinzip) letztes Netz, gedacht für (Ausnahme-)Fälle bei denen, die Absicherung durch vorgelagerte Sicherungssysteme nicht ausreicht
Allgemeines [Die Leistung orientiert sich an der individuellen Bedarfslage (Individualisierungsprinzip) ] Abdeckung eines sozio-kulturellen Existenzminimums ( Würde des Menschen ) Sozialhilfe setzt bei Beginn einer Notlage ein, keine rückwirkenden Zahlungen zeitlich unbefristeter Anspruch, aber Ziel: Hilfe zur Selbsthilfe Arbeitsmarkt-Bedingung, nur für Personen, die: dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen brauchen (Alte, Kinder, Alleinerziehende mit kleinen Kindern) oder dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen können (Erwerbsunfähige)
Hilfearten (SGB XII) a) Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) b) bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit c) Hilfen zur Gesundheit d) Eingliederungshilfe für behinderte Menschen e) Hilfe zur Pflege f) Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten g) Hilfe in anderen Lebenslagen (Altenhilfe, Blindenhilfe, Hilfe in sonstigen Lebenslagen, Bestattungskosten) c-g: bisherige Hilfe in besonderen Lebenslagen (HbL)
Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) eigentliche Grundsicherung bis Ende 2002 für alle Bevölkerungsgruppen (Ausnahme: Auszubildende und Studierende BAFöG und Ausbildungsbeihilfe) seit 1.1.2003: bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit (seit 1.1.2004 im SGB XII) seit 1.1.2005: Arbeitslosengeld 2 für Erwerbsfähige Sozialgeld für erwerbsunfähige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaften von Erwerbsfähigen, sofern sie keinen Anspruch auf bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei EU haben.
Berechtigung, Arten der Grundsicherung bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei EU ab 65. Lebensjahr oder ab 18, voll erwerbsgemindert im Sinne des 43 SGB 6 und unwahrscheinlich, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann Arbeitslosengeld 2 ab 15, voll erwerbsfähig Sozialgeld nicht erwerbsfähig, Mitglied der Bedarfsgemeinschaft eines Erwerbsfähigen und kein Anspruch auf Bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter oder bei EU Sozialhilfe sonstige (außer Studierende und Personen in Ausbildung)
Arten der Grundsicherung Bedarfsgemeinschaft unter 15 Jahre 15-64, erwerbsfähig 15-64, nicht erwerbsfähig aber kein Anspruch auf BG mit Erwerbsfähigen Sozialgeld Arbeitslosengeld 2 Sozialgeld ohne Erwerbsfähige Sozialhilfe - Sozialhilfe 18-64, Anspruch auf BG ab 65 bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit (BG)
Berechtigung geringes Einkommen und Vermögen Einkommen unterhalb dem notwendigen Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft Vermögen unterhalb bestimmter Grenzen wessen Einkommen und Vermögen? das eigene plus das der Partnerin bzw. des Partners (auch bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften) plus bei Minderjährigen das Einkommen der Eltern, wenn sie mit ihnen zusammenleben (demnächst auch bei bis zu 25-Jährigen)
Einkommen Nachrangigkeitsprinzip grundsätzlich werden alle Einkommen der Bedarfsgemeinschaft auf die Sozialhilfe angerechnet Nettoeinkommen abzüglich Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und Werbungskosten Ausnahmen: Erziehungsgeld Grundrente aus der Kriegsopferversorgung Freibetrag beim Erwerbseinkommen
Vermögensgrenzen Sozialhilfe bzw. bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit (SGB XII) im Grunde das gesamte Vermögen, außer Altersvorsorgevermögen (Riesterrente) angemessener eigener Wohnraum besondere Familien- und Erbstücke kleinere Barbeträge und sonstige Geldwerte (1.600 bzw. 2.600 für Personen über 60 J., 614 für die Partnerin bzw. den Partner) Arbeitslosengeld 2/ Sozialgeld (SGB II) 200 pro Lebensjahr Ausnahmen ähnlich wie bei Sozialhilfe ein Unterschied: ein KFZ pro erwerbsfähigem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wird nicht berücksichtigt
Höhe Regelbedarf/ Regelleistung Mehrbedarf Wohnkosten einmalige Bedarfe Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zusätzliche Leistungen beim Arbeitslosengeld 2: Beiträge zur Rentenversicherung befristeter Zuschlag nach Auslaufen des Arbeitslosengelds Kindergeldzuschlag
Höhe Regelbedarf/ Regelleistung (Sozialhilfe, bis 31.12.2004) Einpersonenhaushalt Eckregelsatz für jede weitere erwachsene Person: 80% davon für Kinder unter 7 Jahren: 50% des Eckregelsatzes Kinder von Alleinerziehenden unter 7 Jahren: 55% des Eckregelsatzes Kinder von 7 bis unter 14 Jahren: 65% Kinder über 14 Jahre: 90%
Höhe Regelbedarf/ Regelleistung (Arbeitslosengeld 2) Einpersonenhaushalt 345 Eckregelsatz zwei erwachsene Personen: je 90% davon erwerbsfähige Person unter 18 Jahre: 80% des Eckregelsatzes Sozialgeld: unter 14 Jahre: 60 % ab 14 Jahre: 80% Sozialhilfe, bedarfsorientierte Grundsicherung: identische Höhe (Regelsatzverordnung)
Mehrbedarfszuschläge (in % des Regelsatzes) Alleinerziehende ein Kind unter 7 zwei Kinder unter 16 oder: pro Kind über 65 oder EU und gehbehindert werdende Mütter ab der 12. Schwangerschaftswoche Behinderte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und Eingliederungshilfe zur Schul-, Aus-oder Fortbildung beziehen Kranke, Genesende, Behinderte oder von einer Krankheit oder Behinderung Bedrohte, die einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen alt neu 40% 36% 40% 36% - 12% 20% 17% 20% 17% 40% 35% in angemessener Höhe
Einmalige Bedarfe seit dem 1.1.2005: Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt mehrtägige Klassenfahrten bisher: sämtliche unregelmäßigen Bedarfe nicht genannte Bedarfe müssen ab 1.1.2005 aus den Regelleistungen gedeckt werden! deshalb Erhöhung der Regelleistungen um ca. 16% (bisheriger Durchschnittsbetrag der einmaligen Leistungen)
Modellberechnung der Bedarfsniveaus von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld nach Haushaltstypen, alte Bundesländer Regelsätze Mehrbedarf Brutto- Warmmiete Gesamtbedarf Kaltmiete 2) 3) Alleinlebende/r 345 248 298 643 Ehepaar ohne Kinder 621 328 394 1.015 Ehepaar mit - 1 Kind 1) 863 384 461 1.324-2 Kindern 1) 1.104 443 532 1.636-3 Kindern 1) 1.346 451 541 1.887-4 Kindern 1) 1.587 492 590 2.177 Alleinerziehende mit - 1 Kind, 6 Jahre 552 124 333 400 1.076-2 Kindern, 10 und 15 Jahre 828 124 405 486 1.438 1) Berechnet mit dem Mittelwert bei der Alterszusammensetzung, das entspricht einem Regelsatzanteil/einer Äquivalenzquote je Kind von 70 %. 2) Durchschnittlich anerkannte Bruttokaltmiete (in NRW), nach: Statistisches Bundesamt, Statistik der Sozialhilfe: Fachserie 13, Reihe 2.1, Wiesbaden 2003. 3) Kaltmiete zuzüglich Heizkostenaufschlag von 20 %. Quelle: Bäcker, Gerhard: Arbeitslosengeld II-Grundsicherung für Arbeitsuchende, www.sozialpolitik-aktuell.de
Einige empirische Daten Ausgabenentwicklung Sozialhilfe Entwicklung der Anzahl der EmpfängerInnen und der Sozialhilfequoten Struktur der SozialhilfeempfängerInnen nach Alter und Haushaltstyp durchschnittliche Dauer der Sozialhilfe Erwerbsstatus der SozialhilfeempfängerInnen
Dunkelziffer, verdeckte Armut, non-take-up nicht alle, die berechtigt sind Sozialhilfe zu beziehen, erhalten auch Sozialhilfe verdeckte Armut Dunkelziffer = verdeckt Arme/ Personen mit Sozialhilfebezug neuere Untersuchungen: Neumann/Hertz (1998) Riphahn (2000) Kayser/Frick (2000) Strengmann-Kuhn (2003) Hauser et al. (2005) Dunkelziffer 110% 168% 170% 146% 50%-200% Datenbasis SOEP 1995 EVS 1993 SOEP 1996 SOEP 1998 SOEP, EVS, NIEP 1998
Ursachen für Nicht-Inanspruchnahme Inanspruchnahme von Sozialleistungen mehrstufiger Prozess 1. (subjektive) Bedürftigkeit 2. grundsätzliche Information 3. wenn Information vorhanden Kosten/Nutzen-Abwägung Kosten: monetäre Kosten (Fahrtkosten, Informationsmaterial) Zeitkosten (für Beratung/ Informationsbeschaffung, Wartezeiten) nicht-materielle Kosten (Stigmatisierung, Scham, Stolz, Ärger mit dem Sozialamt) (erwarteter) Sozialhilfebetrag 4. wenn Sozialhilfe beantragt wird Ablehnung des Sozialamts trotz Berechtigung möglich 5. eventuell Neubeantragung bzw. Beschwerde 3.
verdeckte Armut und Sozialhilfebezug nach Erwerbsbeteiligung des Haushalte Nichterwerbshaushalte Erwerbs- Arbeits- alle im alle tätigen- haushalte haushalte 60 und losen- HH insgesamt sonstige älter insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 HLU-BezieherInnen 3,3 1,6 17,2 4,9 1,2 15,1 verdeckt arm I (HLU-berechtigt) 4,8 3,6 20,5 4,5 4,7 3,9 verdeckt arm II (nur Einmalhilfen) 2,8 2,9 6,0 2,0 2,0 2,0 Nicht berechtigt, weil Studierendenhaushalt 0,4 0,2 0,1 1,0-3,7 Nicht berechtigt wegen Vermögen 0,9 0,7 1,3 1,3 1,0 2,0 Einkommen über der Sozialhilfegrenze 87,8 91,0 55,0 86,4 91,1 73,3 Dunkelziffer I (HLU-berechtigt) 146 229 120 92 382 26 Dunkelziffer II (nur Einmalhilfen) 87 185 35 41 163 13 Dunkelziffer (gesamt) 234 414 155 132 545 39 Fallzahl 13.801 10.579 835 2.387 1.517 870 Quelle: Strengmann-Kuhn (2003), Datenbasis: SOEP 1998
Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe grundsätzliche Unterschiede einzelne Änderungen gegenüber der Sozialhilfe Zuschlag nach auslaufendem Arbeitslosengeld 2 Anrechnung von Erwerbseinkommen Kindergeldzuschlag Finanzielle Auswirkungen für bisherige Arbeitslosenhilfebezieher und bezieherinnen Literatur: Bäcker, Gerhard: Arbeitslosengeld II Grundsicherung für Arbeitssuchende. Zusammenfassende Darstellung. www.sozialpolitik-aktuell.de/docs/baeckeralgii.pdf Strengmann-Kuhn, Wolfgang (2003): Die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe finanzielle Auswirkungen für die Betroffenen und ein Gegenvorschlag. Sozialer Fortschritt, 11-12/2003.
Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld 2 Arbeitslosenhilfe Sozialhilfe Arbeitslosengeld 2 Subjekt Individuum Bedarfsgemeinschaft Bedarfsgemeinschaft Höhe 57% bzw. 53% des vorherigen Arbeitseinkommen Abhängig vom Bedarf der Bedarfsgemeinschaft Abhängig vom Bedarf der Bedarfsgemeinschaft Bedürftigkeitsprüfung - Vermögen oberhalb altersabhängiger Freibeträge - Eigenes Einkommen - Einkommen des Partners oberhalb eines bestimmten Freibetrags - gesamtes Vermögen (außer Schonvermögen und angemessener eigener Wohnraum) - Gesamtes Einkommen der Bedarfsgemeinschaft (Freibeträge beim Erwerbseinkommen) - Vermögen oberhalb altersabhängiger Freibeträge - Gesamtes Einkommen der Bedarfsgemeinschaft (Freibeträge beim Erwerbseinkommen)
Eine Alternative zur tatsächlichen Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe Arbeitslosenhilfe Sozialhilfe Arbeitslosengeld 2 (Alternativ-Vorschlag) Subjekt Individuum Bedarfsgemeinschaft Individuum Höhe 57% bzw. 53% des vorherigen Arbeitseinkommen Abhängig vom Bedarf der Bedarfsgemeinschaft Existenzminimum eines Alleinstehenden (645 ) Bedürftigkeitsprüfung - Vermögen oberhalb altersabhängiger Freibeträge - Eigenes Einkommen - Einkommen des Partners oberhalb eines bestimmten Freibetrags - gesamtes Vermögen (außer Schonvermögen und angemessener eigener Wohnraum) - Gesamtes Einkommen der Bedarfsgemeinschaft (Freibeträge beim Erwerbseinkommen) - Vermögen oberhalb altersabhängiger Freibeträge (- Eigenes Einkommen) (- Einkommen des Partners oberhalb eines bestimmten Freibetrags)
Vergleich Arbeitslosengeld 2 und EU-Armutsgrenze 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Single Paar ohne K. Paar, 1K. Paar 2K. ALG 2 662 1033 1310 1573 EU-Armutsgrenze 938 1407 1688 1970
Zuschlag zum Arbeitslosengeld 2 nach Auslaufen des Arbeitslosengeld 1 in den ersten zwei Jahren nach Auslaufen des Arbeitslosengeld 1 im ersten Jahr 2 Drittel der Differenz aus Arbeitslosengeld 1 plus Wohngeld und Arbeitslosengeld 2 (maximal 160 für Alleinstehende und 320 für Paare) im zweiten Jahr die Hälfte des Zuschusses im ersten Jahr wenn es wegen fehlender Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld 2 gibt, entfällt auch die Berechtigung für den Zuschlag
Zuschlag zum Kindergeld Ziel: Verhinderung, dass Bedarfsgemeinschaften nur aufgrund von Kindern Anspruch auf Arbeitslosengeld 2 haben Zuschlag zum Kindergeld von maximal 140 Erwerbseinkommen der Eltern, das deren Existenzminimum übersteigt, wird zu 70% auf diesen Zuschlag angerechnet Berechtigt sind Personen und Paare, bei denen das eigene Einkommen über deren Existenzminimum, aber das gesamte Einkommen inkl. Kindergeld unter dem Existenzminimum der Familie liegt Der Zuschlag wird nur befristet für maximal 36 Monate gezahlt Der befristete Zuschuss nach Auslaufen des Arbeitslosengelds entfällt
Auswirkungen Arbeitslose Erwerbstätige
Wirkungen des Arbeitslosengeld 2 für bisherige ArbeitslosenhilfebezieherInnen Sozialhilfemodell ohne Zuschlag Sozialhilfemodell mit Zuschlag Arbeitslosenhilfe Arbeitslosenhilfe Alle unter 600 Euro 600 Euro und mehr Alle Unter 600 Euro 600 Euro und mehr Gewinn 12,6 16,9 [3,9] 18,0 23,7 6,5 Gleich 6,2 8,0 [2,6] 5,2 7,0 [1,5] Verlust 81,1 75,0 93,5 76,7 69,3 92,0 geringere Leistung 48,6 40,4 65,3 57,7 49,1 75,2 keine Leistung mehr 32,5 34,6 28,2 19,0 20,2 16,8 Datenbasis: SOEP 2001, BezieherInnen von Arbeitslosenhilfe, eigene Berechnungen, [ ]: Fallzahl unter 10
Auswirkungen der Einführung des ALG 2 für alle Arbeitslose Verschlechterung keine Änderung bzw. max. +/- 10% Verbesserung gesamt Arbeitslosenhilfe 48,1% 26,4% 25,5% 34,8% 860 Tsd. 470 Tsd. 460 Tsd. 1.790 Tsd. Arbeitslosengeld - 91,0% 9,0% 38,2% - 1.800 Tsd. 180 Tsd. 1.980 Tsd. weder noch 100% (?) 27,0% -? 1.400 Tsd. 1.400 Tsd. gesamt 16,7% 71,0% 12,3% 100,0% Quelle: SOEP 2003, eigene Berechnungen 860 Tsd. 3.670 Tsd. 640 Tsd. 5.170 Tsd.
Arbeitslose Für ca. 900.000 Arbeitslose sinkt das Einkommen im Vergleich zu vorher, vermutlich zu einem großen Teil unter die Armutsgrenze Abmilderung durch Zuschlag nach Auslaufen des Arbeitslosengeld I, allerdings höchstens 160 (Alleinstehende) bzw. 320 (Paare) im ersten Jahr im zweiten Jahr die Hälfte verdeckte Armut von Arbeitlosen: - sinkt, aber Verbesserungen unterhalb der EU-Armutsgrenze - Verringerung der Armutslücke (poverty gap) Kinder- und Familienarmut bei Arbeitslosigkeit: erhöht sich vermutlich der Kinderzuschlags hilft nur einer Teilgruppe Armut von Arbeitslosen steigt wahrscheinlich an
Freibetrag beim Erwerbseinkommen alte Regelung: 25% des Eckregelsatzes (ca. 75 Euro) 15% des darüber hinaus gehenden Betrages maximal 50% des Eckregelsatzes darüber hinaus gehendes Erwerbseinkommen wird vollständig auf die Sozialhilfe angerechnet seit 1.1.2005: Arbeitslosengeld 2 15% bis 400 (max. 60 ) zusätzlich 30% vom Lohn zwischen 400 und 900 (max. 150 ) zusätzlich 15% vom Lohn zwischen 900 und 1500 (max. 90 ) nochmal geändert: 100 bis 200 Lohn, +20% 200 bis 800, +10% 800 bis 1500 (max. 310 )
Freibetrag für Erwerbstätige 400 300 200 Sozialhilfe ALG2 ALG2 neu 100 0 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000
Auslaufender Anspruch auf Arbeitslosengeld II/Sozialgeld bei Erwerbstätigkeit, alte Bundesländer 2005, in Euro Single Paar ohne Kinde Paar Paar Paar 1 Kind 2 Kinder 3 Kinder Bruttoarbeitseinkommen 1.193 1.661 1.886 1.951 2.070 entspricht Entgeltsätzen je Stunde1) 7,47 10,40 9,59 11,82 12,31./. Lohnsteuer2) 48 0 24 32 50./. Sozialversicherungsbeiträge3) 249 347 393 407 432 = Nettoarbeitseinkommen 896 1.314 1.469 1.512 1.588 + Kindergeld - - 154 308 462 + Wohngeld4) 0 0 0 115 136 = verfügbares Einkommen 896 1.314 1.623 1.935 2.186./. Freibetrag vom Nettoarbeitseinkommen5) 254 300 300 300 300 = anzurechnendes Einkommen6) 642 1014 1.323 1.635 1.886 Grundsicherungsbedarfsniveau7) 643 1.015 1.324 1.636 1.887 Aufstockende Leistung ArbeitslosengeldII/ Sozialgeld 1 1 1 1 1 1) Bei einer 38-Stunden-Woche. 2) Lohnsteuer und ggf. Solidaritätszuschlag (Steuerklasse I und III). Ohne Berücksichtigung von Sonderausgaben, Werbungskosten und Kirchensteuer. 3) Arbeitnehmerbeiträge zur Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz von 41,7 %. 4) Berechnung nach der Wohngeldtabelle entsprechend den Kaltmieten vergleichbarer Sozialhilfe- /Grundsicherungshaushalte. Neubauwohnung, Mietenstufe IV. 5) Ohne Berücksichtigung von Werbungskosten. 6) Ohne Berücksichtigung von ggf. weiteren Einkommen oder von Vermögen. 7) Zur Berechnung des Gesamtbedarfs siehe Modellrechnung oben Quelle: Bäcker, Gerhard: Arbeitslosengeld II-Grundsicherung für Arbeitsuchende, www.sozialpolitik-aktuell.de
Höhe des Einkommens von Erwerbstätigen im Vergleich zum Arbeitslosengeld 2 (unter Berücksichtigung des Freibetrags) über ALG2 +/- 10% unter ALG2 gesamt Vollzeit 92,5 % 5,1% 2,4% 70,1% 22,0 Mio. 1,2 Mio. 570 Tsd. 23,8 Mio. sonstige 82,0% 8,9% 9,2 % 29,9% 8,3Mio. 0,9 Mio. 930 Tsd. 10,1 Mio. gesamt 89,4% 6,2% 4,4% 100,0% 30,4 Mio. 2,1 Mio. 1,5 Mio. 34,0 Mio. Quelle: SOEP 2003, eigene Berechnungen
Erwerbstätige mindestens 1,5 Millionen Erwerbstätige haben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld 2 durch den Freibetrag könnte die Differenz zwischen ALG2 und Armutsgrenze zu einem großen Teil überwunden werden werden gleichzeitiger Bezug des Kinderzuschlags möglich, wenn das Einkommen der Eltern knapp unter der ALG 2-Grenze liegt Arbeitslosengeld 2 könnte einen Beitrag zur Bekämpfung von Armut trotz Erwerbstätigkeit leisten aber: Inanspruchnahmequote dürfte gering sein