Abklärung erhöhter Leberwerte



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Transkript:

Klinfor WS 45 11.11.2011 Abklärung erhöhter Leberwerte Dr. med. et phil.-nat. David Semela Fachbereich für Gastroenterologie & Hepatologie Kantonsspital St. Gallen

Welches sind Leberwerte / Liver function tests? Ausmass der Hepatozytenschädigung ( Hepatitis ): Serum Aminotransferasen: Alanin-Amino-Transferase (ALAT) (Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT)) Aspartat-Amino-Transferase (ASAT) (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT)) Cholestaseparameter: Bilirubin, alkalische Phosphatase, gamma Glutamyl-Transferase (gamma GT) Lebersynthesefunktion: Albumin, Quick/INR (Vit K abhängig), Faktor V (Vit K unabhängig) (Ferritin, Coeruloplasmin, alpha1-antitrypsin, Lipoproteine) Lebertumor Marker: Alpha-Fetoprotein (AFP), Ca19-9

Wozu dienen Leberwerte / Liver function tests? Nicht-invasive Methode um nach Leberpathologien zu suchen Werden zur Verlaufsbeobachtung von Hepatopathien genutzt Können der Schweregrad der Leberinsuffizienz bei Leberzirrhose und akutem Leberversagen anzeigen Dienen als Marker für Therapieansprechen

Fall 1: 48jähriger Informa1ker, fühlt sich gesund, keine Medikamente, trinkt gelegentlich Wein, beim Check- up mehrfach leicht erhöhte Leberwerte : ALAT 53 IU/ml (<36), ASAT 47 IU/ml (<37) ggt 43 IU/ml (<49), alk. Phosph. 50 IU/ml (<108), Bilirubin 8 umol/l (<18) Albumin 42 g/l (35-48), INR 1.0 Abdomensonographie normal Was gehen Sie weiter vor? Was klären Sie ab?

Screening bei chronischer Hepatopathie (>6 Monate) Hepatitis-Serologien (HAV-Ak, HBs-Ag, HBs-AK, HBc-Ak, HCV-Ak) Eisenstatus (Transferrin-Sättigung >45%, Ferritin) alpha-1-antitrypsin Serum Coeruloplasmin Auto-Antikörper (ANA, ASMA, LKM, AMA, ANCA) Serumeiweisselektrophorese, IgG, IgM Sprue-Serologie (Anti-Tissue Transglutaminase-Ak IgA) TSH Abdomensonographie, Leberelastographie, allenfalls Leberbiopsie

Serum Aminotransferasen ( Transaminasen ) Die intrazellulären Enzyme ALAT/ASAT sind sensitive Marker für Hepatozytenuntergang ALAT ist spezifischer wie ASAT für Hepatopathien ALAT ist 3 000x höher konzentriert in der Leber als im Serum ASAT findet sich auch in anderen Organen (Leber > Herz > Muskel > Niere > Hirn > Pankreas > Lunge > Leukos und EC) Keine gewebespezifischen Isoenzyme

Serum Aminotransferasen ( Transaminasen ) ALAT ist höher bei Männern und bei steigendem BMI Konsum von Kaffee/Koffein senkt ALAT via unklaren Mechanismus ALAT Normbereich am KSSG bis 55 IU/ml (zu hoch!) Internationale Diskussion einer Senkung der Normwerte auf ALAT < 30 IU/ml (m) und < 19 IU/ml (f)

Serum Aminotransferasen ( Transaminasen ) ALAT/ASAT Erhöhungen bis 300 IU/ml (10xULN) sind unspezifisch ALAT/ASAT > 1 000 IU/ml (>30xULN) weisen in der Regel auf eine akute virale Hepatitis, Schockleber oder akute medikamentös-toxische Hepatopathie hin (z.b. Paracetamol Intoxikation) ALAT/ASAT können erhöht sein obwohl keine Hepatopathie vorliegt: Myopathien, Hypo- oder Hyperthyreose, Nebenniereninsuffizienz Andererseits können Patienten mit chronischer Hepatopathie normale Aminotransferasen haben (z.b. NASH, Hepatitis C, Leberzirrhose)

Fall 1: 48jähriger Informa1ker, fühlt sich gesund, keine Medikamente, trinkt gelegentlich Wein, beim Check- up mehrfach leicht erhöhte Leberwerte ALAT 53 IU/ml (<36), ASAT 47 IU/ml (<37) ggt 43 IU/ml, alkalische Phosphatase 50 IU/ml, Bilirubin 8 umol/l Albumin 42 g/l, INR 1.0 Abdomensonographie normal Hepatopathie- Screening zeigt einen posiwven anw- HCV AnWkörper HCV RNA 3.2x 10 5 IU/ml, Genotyp 1b Leberelastographie (Fibroscan): 7.7 kpa (Norm < 5.0kPa)

Leberelastographie (FibroScan ) Castera et al. J Hepatol 2008

Leberelastographie (FibroScan ) Castera et al., Gastroenterology, 2005 & Ziol et al., Hepatology, 2005

Fall 1: 48jähriger Informa1ker, fühlt sich gesund, keine Medikamente, trinkt gelegentlich Wein, beim Check- up mehrfach leicht erhöhte Leberwerte ALAT 53 IU/ml (<36), ASAT 47 IU/ml (<37) ggt 43 IU/ml, alkalische Phosphatase 50 IU/ml, Bilirubin 8 umol/l Albumin 42 g/l, INR 1.0 Abdomensonographie normal Hepatopathie- Screening zeigt einen posiwven anw- HCV AnWkörper HCV RNA 3.2x 10 5 IU/ml, Genotyp 1b Leberelastographie (Fibroscan): 7.7 kpa (Norm < 5.0kPa) Ist eine Leberbiopsie für den Entscheid einer allfälligen Therapie nöwg?

Natürlicher Verlauf der Hepatitis C HCV Infektion 70-80% 20-30% Chronische Infektion Spontane Ausheilung 20-30% 10-40 Jahre Leberzirrhose 3 % pro Jahr Dekompensation 1-4 % pro Jahr Hepatozelluläres Karzinom

Weshalb soll eine chronische HepaWWs C therapiert werden? Eine erfolgreich behandelte chronische Hepatitis C (=SVR, sustained virological response) führt zu einer kompletten und anhaltenden Viruselimierung Die Heilung der chronischen Hepatitis C führt zu: - Verminderung von Leberdekompensationen - Verhindert die Bildung von de novo Oesophagusvarizen - Reduziert das Risiko an einem HCC zu erkranken - Vermindert die Mortalität Bruno S, et al. Hepatology. 2010;51:2069-2076. Veldt BJ, et al. Ann Intern Med. 2007;147:677-684. Maylin S, et al. Gastroenterology. 2008;135:821-829.

Mit zunehmendem klinischem Zirrhose Stadium nimmt die 1- Jahres Mortalität zu Kompensierte Zirrhose Dekompensierte Zirrhose Stage 1 Kein Aszites Keine Varizen Stage 2 Kein Aszites Varizen 1% Stage 3 Aszites ± Varizen 3.4% 20% Stage 4 Aszites Blutung 57% D Amico G et al., J Hepatol, 2006

The Global Burden of HepaWWs C 170 Mio. Infizierte Menschen (~2.5% der Weltbevölkerung) 3-4x häufiger als HIV Infektion 3-4 Mio. neue HCV Infektionen pro Jahr

Epidemiologie der HepaWWs C HepaWWs C ist die häufigste Blut- übertragene InfekWon in der Schweiz ~ 50 000-70 000 Personen leben mit einer chronischen HCV InfekWon (ca. 1% der Bevölkerung, d.h. 1/100) 3x mehr als HIV- Infizierte In der Schweiz weiss nur die Hälke der Betroffenen über ihre HCV InfekWon Geschätzte NeuinfekWonen: 500-1 000/Jahr Meldungen beim BAG: ca. 1 600/Jahr HCV ist die häufigste Ursache für Zirrhose, HCC und LebertransplantaWon in der westlichen Welt Maximale Morbidität und Mortalität für 2020 erwartet

Übertragungswege der HepaWWs C Meist kontaminiertes Blut: intravenöser Drogenkonsum (in der Schweiz bei 2/3 der Infizierten) Vor 1990 ok durch Transfusion von Blut, Blutprodukte und bei Hämodialyse Sehr selten Geschlechtsverkehr: HCV- Prävalenz bei langjährigen Partnern ohne analen Geschlechtsverkehr 0.5-3.0% Selten verwkale Uebertragung: Prävalenz bei Neugeborenen <5% Fast 1/3 unklare Ansteckungsroute

Therapie wie? Bisheriger HCV Standard: Indikation: HCV-RNA positiv, Fibrosestadium (Metavir) F2 Therapie mit pegyliertem Interferon α2 (s.c. 1x pro Woche) und Ribavirin 600-1200 mg pro Tag p.o. Genotyp 1 und 4: 48 Wochen (mit week 12 stopping rule ) Genotyp 2 und 3: 24 Wochen Heilungschancen: Genotyp 1: 40-50 % Genotyp 2 und 3: 80-90 % Genotyp 4: 60-70 %

Direct-Acting Antiviral Therapies (DAAs) 1991: Interferon alpha 1998: Interferon alpha + Ribavirin 2001: Pegyliertes Interferon + Ribavirin 2011: Pegyliertes Interferion + Ribavirin + Protease Inhibitor NEJM 2011

Boceprevir und Telaprevir Beides sind potente, reversible Hemmer der NS3/4A Protease des HCV Virus vom Genotyp 1 Beide wurden in KombinaWon mit der Standardtherapie mit pegyliertem Interferon alfa- 2 und Ribavirin in fünf Phase III Studien bei chronischer HepaWWs C getestet: Boceprevir (Victrelis, MSD) SPRINT- 2 Studie: Behandlungs- naive HCV PaWenten RESPOND- 2 Studie: HCV Non- Responder und Relapser PaWenten Telaprevir (Incivo, Vertex PharmaceuWcals) ADVANCE Studie: Behandlungs- naïve HCV PaWenten ILLUMINATE Studie: Response- guided Therapie in naiven PaWenten REALIZE Studie: HCV Non- Responder (Null Responder, ParWal Non- Responder, Relapser)

Wie sieht die HCV Therapie mit Telaprevir resp. Boceprevir aus? Welche Ansprechraten (SVR) können bei diesen Tripple-Therapien erwartet werden?

Vorraussichtliche Therapie mit Telaprevir bei Therapie-naiven HCV Patienten (Genotyp 1) Initial Tripple-Therapie über 12 Wochen: - Telaprevir 750 mg p.o. alle 8 Stunden - Pegyliertes IFN-α2a s.c. 180 µg/woche - Ribavirin 1.0-1.2 g/tag gemäss Körpergewicht Danach response-guided Therapie mit pegifn & Ribavirin: - 12 Wochen falls ervr (d.h. total 24 Wochen): SVR 89-92% - 36 Wochen falls keine ervr (d.h. total 48 Wochen): SVR 54-64% vs. SVR in 48 Wochen SOC controls 44% Jacobson et al., ADVANCE Study. NEJM 2011. Sherman et al., ILLUMINATE Study. NEJM 2011.

Proteaseinhibitoren: Probleme & Herausforderungen Compliance (z.b. Boceprevir = 12 Tabletten/Tag zusätzlich für bis zu 44 Wochen; zeitlich korrekt eingenommen) Zusätzliche Kosten von ca. 30 000 CHF pro HCV Therapie Arzneimittelinteraktionen mit Proteaseinhibitoren (via CYP3A, Antidepressiva, Methadon, Statine, ART Therapie) Resistenzentwicklung Nebenwirkungen

Fall 2: 19jährige Musikerin, aus China, seit 1995 in CH, vermehrt müde seit 6 Monaten, gelegentlich Druckgefühl im rechten Oberbauch ALAT 102 IU/ml (<36), ASAT 98 IU/ml (<37) ggt 47 IU/ml (<49), alk. Phos. 65 IU/ml (<108), Bilirubin 8 umol/l (<18) Abdomensonographie normal Sie machen ein Hepatopathie Screening und möchten auch eine HepaWWs B ausschliessen. Welche serologischen Tests bestellen Sie?

Hepatitis B Serologie HBsAg = akute oder chronische Hepatitis B HBsAK = geheilt oder geimpft HBcAK = St.n. Hepatitis B oder chronische Hepatitis B HBcAK IgM = Akute Hepatitis B HBeAg = aktiv replizierend HBeAK = nicht replizierend oder Mutante HBV DNA = aktiv replizierend, infektiös Immer auch Hepatitis A, C und D sowie HIV Serologien abnehmen!

Fall 2: 19jährige Musikerin, aus China, seit 1995 in CH, vermehrt müde seit 2 Monaten, gelegentlich Druckgefühl im rechten Oberbauch ALAT 102 IU/ml (<36), ASAT 98 IU/ml (<37) ggt 97 IU/ml, alkalische Phosphatase 65 IU/ml, Bilirubin 8 umol/l Abdomensonographie normal HBsAg+, anw- HBs-, anw- HBc+, anw- HBc IgM-, HCV-, HDV-, HIV- HBV DNA 8.2x10 6 IU/ml Leberbiopsie: Staging A2, Grading F2 nach Metavir Ist eine Therapie der HepaWWs B indiziert?

Therapie- IndikaWonen bei chronischer HepaWWs B Ueber die Norm erhöhte ALAT HBV Viruslast > 2 000 IU/ml (~10 000 copies/ml) Nekroinflammatorische AkWvität A2 nach METAVIR Fibrosierung F2 nach METAVIR EASL, Clinical PracWce Guidelines, 2009

Verfügbare HBV TherapeuWka 2011 in CH First Line Therapie KonvenWonelles und pegyliertes Interferon- alpha (Pegasys) Tenofovir (Viread) Entecavir (Baraclude) Telbivudine (Sebivo) Lamivudine (Zeffix) Second Line Therapie Adefovir (Hepsera) Zugelassen für HIV in CH, aber auch gegen HBV wirksam Emtricitabine (Emtriva) Tenofovir + Emtricitabine (Truvada)

Fall 2: 19jährige Musikerin, aus China, seit 1995 in CH, vermehrt müde seit 2 Monaten, gelegentlich Druckgefühl im rechten Oberbauch Bei St.n. Episoden schwerer Depressionen Entscheid gegen eine Therapie mit pegyliertem Interferon Beginn mit dem NucleoWd- Analog Tenofovir (1-0- 0) mit ausgezeichneter Verträglichkeit Darunter innert 9 Monaten persiswerend negawve HepaWWs B Viruslast und Normalisierung der Transaminasen

Gemeldete Fälle akuter HepaWWs B in der Schweiz HBV Rückgang bei Drogenkonsumenten durch Spritzenprogramme N = Number of cases Total Number Drug Use Sexual Contact Foreign Travel Other Unknown/ No information Einführung der generellen HBV Impfung bei Adoleszenten Jahr 2007: 106 Fälle Jahr 2008: 78 Fälle Jahr 2009: 74 Fälle Bundesamt für Gesundheit (BAG)

HBV PrävenWon HBV Impfung seit 1992 erhältlich Seit 1998 Impfung aller 11-15 Jährigen durch BAG empfohlen Impfung besteht aus biotechnologisch hergestelltem HBsAg Auch schon bei Neugeborenen möglich: i.m. InjekWon bei 0, 1 und 6 Monate (z.b. Engerix B, HBVAXPRO, Gen- H- B- Vax, Heprecomb, Twinrix) Wahrscheinlich lebenslanger Schutz gegen HBV und HDV Seit Einführung in der Schweiz bereits eine RedukWon der gemeldeten akuten HepaWWs B Fälle von 80%

IndikaWonen zur HepaWWs B Impfung Alle Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren Neugeborene von HBsAg posiwven Müwern PaWenten mit chronischer Hepatopathie PaWenten mit Hämophilie, DialysepaWenten Menschen mit engem Kontakt zu HBV PaWenten IVDU, PaWenten mit Immunschwäche Impfkosten bei allen Indikationen durch Grundversicherung übernommen

Fall 3: 69j Patientin mit neuentdecktem NSCLC Stadium Ia Mit Thoraxchirurgie ist Lungenresektion Unterlappen links geplant PA: Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) - Leberbiopsie 2006: NASH mit zirrhotischem Umbau - Portale Hypertonie mit Grad II Oesophagusvarizen, St.n. Aszites Status: Spider naevi, klinisch kein Aszites, kein Flapping Tremor Labor: ALAT 33 U/l (<36), ASAT 31 U/l (<37) totales Bilirubin 116 umol/l (Norm 5-18 umol/l) INR 1.2, Quick 74%, Albumin 32 g/l (35-52) Kreatinin 52 umol/l, Na 134 mmol/l, K 3.8 mmol/l Wie können Sie die Leberfunktion abschätzen? Ist das OP Risiko erhöht?

Leberzirrhose und OP- Risiko: Was trifft zu? 1) Aszites und Encephalopathie sind keine Prädiktoren für perioperawve Mortalität und Morbidität. 2) KreaWnin, INR und Bilirubin sagen die postoperawve Mortalität am besten voraus. 3) Die postoperawve Mortalität ist nur bei PaWenten mit CHILD Score C erhöht, aber auch bei CHILD A und B. 4) PaWenten mit einer Leberzirrhose CHILD B haben ohne OperaWon eine 1- Jahresüberlebensrate von 62%.

CHILD KlassifikaWon der Leberzirrhose A B C Bilirubin (umol/l) <34 34-51 >51 Albumin (g/l) >35 28-35 <28 INR <1.7 1.7-2.2 >2.2 Aszites - + ++ Enzephalopathie - + ++ Punkte 1 2 3 9 Punkte = CHILD Score B = ca. 30% periopera1ve Mortalität

MELD: Model of End Stage Liver Disease Bilirubin, Kreatinin und INR (MELD) reflektieren Schweregrad einer Leberzirrhose (Malinchoc and Kamath, Hepatology 2000): MELD Score = 9.57 ln (Kreat) + 3.78 ln (Bili) + 11.20 ln (INR) + 6.43 Aszites und Enzephalopathie sind nicht integriert im MELD da diese keine Prädiktoren fuer Mortalität sind bei Leberzirrhose Vorteile des MELD gegenueber CHILD Score: objektiv, kontinuierlich, d.h. numerische Skala mit 6 bis 40 Punkten versus CHILD A, B oder C Organvergabe bei Lebertransplantation gemäss MELD Score (USA seit 2002, Schweiz seit 2007)

70 4 6.8 0.67 1.2 12.2 41.4 57.8 68.6 95.9 www.sasl.ch www.mayoclinic.org/meld/mayomodel9.html

Mobile MELD Calculators z.b. Mediquations, MedCalc, GI Calc

Postoperative Mortalität in Abhängigkeit des präoperativen MELD Scores 30 Tage 90 Tage Teh S. et al., Gastroenterology, 2007.

Fall 3: 69j Patientin mit neuentdecktem NSCLC Stadium Ia Lungenresektion Unterlappen links wurde durchgeführt Postoperativ Tag 5: Entwicklung eines hepatorenalen Syndroms mit Oligurie, Hypotonie Tag 8: Oesophagusvarizenblutung Tag 10: Zunahme Aszites und hepawsche Encephalopathie Tag 11: IntubaWon bei ARDS Tag 20: Beginn Dialyse bei Anurie Tag 25: Erneute obere GI- Blutung Tag 29: Protrahierter Verlauf, Gespraeche mit PaWenWn/Familie Tag 30: ExtubaWon, Exitus

Key Messages Akute und chronische Hepatopathien stellen in der Praxis häufige Probleme dar Die Konstellation der Leberwerte gibt Hinweise auf die zugrundeliegende Erkrankung Erweiterte Abklärungen (Anamnese, Status, Laborscreening, Abdomensonographie) führen in den meisten Fällen zur Diagnose Bei unklaren Fällen und zum Staging der Fibrosierung von chronischen Hepatopathien ist eine Leberbiopsie angezeigt

Literatur und Links Labor und Diagnose Lothar Thomas. 7. Auflage (2007). ISBN: 978-3-9805215-6-7. Empfehlenswertes Referenzwerk zur Interpretation von Laborbefunden. Neues aus der Hepatologie Therapeutische Umschau (04/2011). Huber Verlag. ISBN: 978-3-456-84932-4. Aktuelle Übersichtsarbeiten zu praxis-relevanten Problemen in der Hepatologie. EASL Clinical Practice Guidelines (www.easl.eu). Sammlung von Europäischen Richtlinien in der Hepatologie. AASLD Practice Guidelines (www.aasld.org). Sammlung von Amerikanischen Richtlinien in der Hepatologie.

Fortbildungen & Kontact Do 17.11.2011, 14.30-16.30: Fortbildung HepaWWs B & C Therapie SASL Tag der Leber am KSSG: Do 13.09.2012 Hepatologie Kolloquium alle 2 Monate: Mo 28.11.2011 17.30-18.30 Hepatologie Sprechstunde: Fax 071 494 28 62 david.semela@kssg.ch