Erwerbstätigkeit LEIHARBEIT 1991-2015 Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Sandra Horvath Leiharbeit ist männlich dominiert aber der Frauenanteil wächst Grafik ET 11.1 Leiharbeitnehmer/innen in Deutschland (1991 2015), in Tausend 1000 900 882 865 952 DEUTSCHLAND 800 700 600 500 400 300 200 100 0 131 106 26 92 114 201 166 162 135 23 31 39 276 217 58 341 330 264 253 77 77 444 334 110 715 625 529 439 186 187 637 245 598 267 664 288 Alle Leiharbeitnehmer/innen Männer Frauen 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmerüberlassungsstatistik, eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2016 www.wsi.de/genderdatenportal WSI GENDERDATENPORTAL
Grafik ET 11.2 Frauen- und Männeranteil an den Leiharbeitnehmer/innen in Deutschland (1991 2015), in Prozent 100 90 80 70 60 50 40 80,4 80,2 81,2 80,6 78,8 77,4 76,7 75,1 73,9 70,2 72,2 69,1 69,7 DEUTSCHLAND Männer Frauen 30 20 10 19,6 19,8 18,8 19,4 21,2 22,6 23,3 24,9 26,1 29,8 27,8 30,9 30,3 0 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmerüberlassungsstatistik, eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2016 Leiharbeit ist in Deutschland immer noch männlich dominiert, allerdings ist der Frauenanteil im Zeitverlauf stark angewachsen. Im Jahr 2015 sind 30 Prozent aller Leiharbeitnehmer/innen weiblich. Leiharbeit hat seit Beginn der 1990er Jahren und besonders in den letzten 10 Jahren an Bedeutung gewonnen. In nur 24 Jahren ist die Zahl der Leiharbeitnehmer/innen auf mehr als das Siebenfache angewachsen. Noch im Jahr 1991 waren in Deutschland nur 131.000 Beschäftigte in der Leiharbeitsbranche tätig. Im Jahr 2015 erreichte die Zahl der Leiharbeitnehmer/innen mit 952.000 Beschäftigten ihren bisherigen Höchststand. Unter Frauen hat Leiharbeit über den gesamten Beobachtungszeitraum sogar etwas stärker zugenommen als unter Männern: Im Jahr 1991 waren nur 26.000 Frauen als Leiharbeitnehmerinnen tätig, im Jahr 2015 aber schon 288.000. Damit stieg die Zahl der Leiharbeiternehmerinnen in 24 Jahren auf mehr als das Zehnfache an. Bei den Männern fand im gleichen Zeitraum ein Anstieg von 106.000 auf 664.000 statt; die Zahl der Leiharbeiternehmer hat sich damit innerhalb des Beobachtungszeitraums versechsfacht. Im Zeitverlauf ist für beide Geschlechter ein besonders starker Anstieg der Leiharbeit in den Jahren nach 2004 festzustellen. Bis 2008 also innerhalb von nur 4 Jahren Seite 2
verdoppelte sich die Zahl der Leiharbeitnehmer/innen. 1 Im Jahr 2009 ist die Beschäftigtenzahl in der Leiharbeit infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise stark eingebrochen. Hiervon waren Männer in stärkerem Maße betroffen, sodass der Frauenanteil an allen Leiharbeitnehmer/innen in diesem Jahr zum ersten Mal auf 30 Prozent angestiegen ist. Seit 2013 liegt der Frauenanteil an den Leiharbeitnehmer/innen durchgehend über 30 Prozent. Bei der Interpretation der Zeitreihe ist zu beachten, dass die Ergebnisse ab 2013 auf einer neuen Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung basieren. Infolge der Umstellung werden Leiharbeitnehmer/innen nun besser erfasst, dadurch liegt ihre Zahl nun etwas höher als in den Jahren bis 2012 (siehe methodische Anmerkungen). Mit der neuen Statistik kann nun auch der Anteil der Leiharbeitnehmer/innen an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland direkt bestimmt werden: Bezogen auf die Jahresdurchschnittswerte waren im Jahr 2015 2,6 Prozent der abhängig Beschäftigten als Leiharbeitnehmer/in tätig. Bei Männern (3,6 Prozent) spielt die Leiharbeit dabei eine größere Rolle als bei Frauen (1,6 Prozent). Glossar Leiharbeitnehmer/innen: Bei der Arbeitnehmerüberlassung wird ein Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) von seinem Arbeitgeber (Verleiher) einem Dritten (Entleiher) zur Arbeitsleistung überlassen zumeist gegen ein Entgelt. Der Vertrag zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher ist ein Arbeitsvertrag mit allen Rechten und Pflichten, wie in jedem Arbeitsverhältnis üblich. Der Unterschied besteht nur darin, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, den Arbeitnehmer einem Dritten zu überlassen. 2 Im AÜG [Arbeitnehmerüberlassungsgesetz] wird die Tätigkeit von überlassenen Arbeitnehmern als Leiharbeit bezeichnet. In der Öffentlichkeit wird anstelle der Begriffe Arbeitnehmerüberlassung und Leiharbeit häufig auch der Begriff Zeitarbeit verwendet. 3 In Anlehnung an das AÜG werden die betroffenen Arbeitnehmer/innen hier als Leiharbeitnehmer/innen bezeichnet. 1 Als Ursache dieses Anstiegs gelten die umfassenden Veränderungen im Zuge der Hartz-Reformen (Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt): Zum Januar 2003 wurde die zuvor geltende Begrenzung der Überlassungsdauer abgeschafft. Aufgehoben wurde auch das Verbot der wiederholten Befristung (Synchronisationsverbot), das eine Begrenzung des Arbeitsvertrages auf die Einsatzdauer bei einem Entleihunternehmen untersagte. Zudem entfiel das Wiedereinstellungsverbot, das ausschließen sollte, dass das Zeitarbeitsunternehmen kündigt und die ehemaligen Leiharbeitnehmer/innen dann innerhalb von drei Monaten erneut einstellt. 2 Bundesagentur für Arbeit (2015a): Methodenbericht Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung auf Basis des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung, S. 5. 3 a. a. O. Seite 3
Datentabelle zu den Grafiken Tabelle ET 11 Leiharbeitnehmer/innen in Deutschland (1991 2015), in Tausend und in Prozent Jahr Insgesamt Frauen Männer Frauenanteil Männeranteil in Tausend 1) in Prozent 1991 131 26 106 19,6 80,4 1992 128 25 103 19,5 80,5 1993 114 23 92 19,8 80,2 1994 134 25 110 18,5 81,5 1995 166 31 135 18,8 81,2 1996 176 33 143 18,8 81,2 1997 201 39 162 19,4 80,6 1998 246 50 196 20,1 79,9 1999 276 58 217 21,2 78,8 2000 328 76 252 23,1 76,9 2001 341 77 264 22,6 77,4 2002 318 74 244 23,3 76,7 2003 330 77 253 23,3 76,7 2004 385 93 292 24,1 75,9 2005 444 110 334 24,9 75,1 2006 580 147 432 25,4 74,6 2007 715 186 529 26,1 73,9 2008 761 205 556 26,9 73,1 2009 625 187 439 29,8 70,2 2010 776 224 552 28,8 71,2 2011 882 245 637 27,8 72,2 2012 878 254 624 29,0 71,0 2013 2) 865 267 598 30,9 69,1 2014 899 273 626 30,4 69,6 2015 952 288 664 30,3 69,7 1) Für die einzelnen Jahre wird jeweils der Jahresdurchschnitt angegeben, der auf Basis der Monatsangaben berechnet wurde. 2) Infolge der Umstellung der Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) seit 2013 ist die Vergleichbarkeit in der Zeitreihe eingeschränkt (vgl. Methodische Anmerkungen). Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmerüberlassungsstatistik, eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2016 Seite 4
Methodische Anmerkungen Bis Ende 2015 wurden Angaben zu den Leiharbeitnehmer/innen in Deutschland als eigene Statistik erhoben: Die Statistik über Leiharbeitnehmer und Verleihbetriebe basiert auf Meldungen der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer überlassen dürfen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) haben Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer AÜG-Erlaubnis. Liegt eine AÜG-Erlaubnis vor, so hat der Verleiher halbjährlich der Bundesagentur für Arbeit statistische Meldungen auf Vordruck zu erstatten. 4 Seit Januar 2015 wurde die Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) auf eine andere Datenquelle umgestellt: Die ANÜ ist seither in die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit integriert. Die Voraussetzung [dafür] wurde durch die Einführung eines gesonderten personenbezogenen Kennzeichens der Arbeitnehmerüberlassung in das Meldeverfahren zur Sozialversicherung geschaffen. Datenbasis für die neue Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung sind nun somit die laufenden Meldungen der Arbeitgeber im Rahmen des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung ( ). 5 Die Integration in die Beschäftigungsstatistik bringt einige Vorteile für die ANÜ mit sich: Für die Leiharbeitnehmer/innen werden nun mehr Merkmale und differenzierter als bisher erhoben. Die Daten sind insgesamt genauer und verlässlicher, weil sie nicht mehr in einer (zeitaufwändigen und fehleranfälligen) zusätzlichen Erhebung erfragt werden müssen. Das neue Merkmal Zeitarbeit in den Meldungen der Arbeitgeber zur Sozialversicherung bietet nun die Möglichkeit, die Beschäftigten einzelfallbezogen als Leiharbeitnehmer zu identifizieren und statistisch auszuwerten. 6 Zudem erlaubt die neue Statistik einen direkten Vergleich zwischen den Strukturen bei Leiharbeitnehmern und den Strukturen bei allen Beschäftigten ( ). 7 Daher kann nun auch der Anteil der Leiharbeitnehmer/innen an allen (abhängig) Beschäftigten in Deutschland genau berechnet werden. Für die Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die Leiharbeitnehmer/innen in der neuen Statistik nach dem Konzept der Hauptbeschäftigung von Personen bestimmt werden, sodass alle Arbeitnehmer/innen, die ausschließlich in der Nebenbeschäftigung als Leiharbeitnehmer/in tätig sind, in der ANÜ nicht erfasst werden. 8 Bis einschließlich 2015 wurde Zahl der Leiharbeitnehmer/innen parallel nach dem alten und neuen Verfahren erfasst, sodass die Ergebnisse beider Statistiken miteinander verglichen werden können. Im Juni 2015 lag die nach der neuen Statistik der ANÜ ermittelte Zahl der Leiharbeitnehmer/innen um etwa 3,5 Prozent über der Zahl, 4 Bundesagentur für Arbeit (2015b): Arbeitsmarktberichterstattung : Der Arbeitsmarkt in Deutschland Zeitarbeit Aktuelle Entwicklungen, S. 26. 5 Bundesagentur für Arbeit (2015a): Methodenbericht Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung auf Basis des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung, S. 4. 6 a. a. O. S. 13 7 Bundesagentur für Arbeit (2016): Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung: Der Arbeitsmarkt in Deutschland Zeitarbeit Aktuelle Entwicklungen, S.6. 8 Bundesagentur für Arbeit (2015a): Methodenbericht Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung auf Basis des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung, S. 11f. Seite 5
die sich nach der alten Statistik ergeben hätte. 9 Für die Zeitreihe wurden die von der Bundesagentur für Arbeit bis einschließlich 2013 rückwärts revidierten Daten der ANÜ genutzt, sodass der Bruch in der vorliegenden Zeitreihe zwischen den Jahren 2012 und 2013 liegt. Die Arbeitnehmerüberlassungsstatistik weist die Zahlen der Leiharbeitnehmer/innen auf Monatsbasis aus. Für die vorliegenden Analysen wurden die Jahresdurchschnittswerte auf der Basis der Monatsangaben berechnet. Auf die weit verbreitete alternative Nutzung der Angaben des zweiten Quartals (Stichtag: 30. Juni) wurde hier verzichtet. Eigene Analysen haben ergeben, dass die Quartalsangaben in manchen Jahren erheblich von den echten Jahresdurchschnittswerten abweichen. Zudem fallen diese Abweichungen für Frauen und Männer in der Höhe sehr unterschiedlich aus. Literatur Bundesagentur für Arbeit (2016): Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung: Der Arbeitsmarkt in Deutschland Zeitarbeit Aktuelle Entwicklungen, Nürnberg Juli 2016. Bundesagentur für Arbeit (2015a): Methodenbericht Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung auf Basis des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung, Nürnberg Dezember 2015. Bundesagentur für Arbeit (2015b): Arbeitsmarktberichterstattung : Der Arbeitsmarkt in Deutschland Zeitarbeit Aktuelle Entwicklungen, Nürnberg Juli 2015. www.wsi.de/genderdatenportal 9 Bundesagentur für Arbeit (2015a): Methodenbericht Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung auf Basis des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung, S. 4. Seite 6