Wirtschaftsstrafrecht SS 2014 PD Dr. Luís Greco Teil 5. Besonderer Teil. C. Untreue ( 266 StGB) als Wirtschaftsdelikt



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Transkript:

C. Untreue ( 266 StGB) als Wirtschaftsdelikt

Untreue ( 266 StGB) (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) 243 Abs. 2 sowie die 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

I. Einleitende Bemerkungen Vermögensdelikt reines Fremdschädigungsdelikt Wesen der Untreue: Schädigung des Vermögens von innen, durch denjenigen, der es zu betreuen hat. sehr lesenswert Schünemann, LK 266 Rn. 20 ff.: Die natürliche Folge einer Abwesenheit von Kontrolle ist die Treupflicht. (Rn. 21). teilw. Lückenfüllerfunktion problematisch ist im Wirtschaftsstrafrecht selten die Vermögensfürsorgepflicht, sondern eher die Pflichtverletzung und der Schaden.

I. Einleitende Bemerkungen Bestimmtheitsprobleme, Art. 103 II GG s. insb. BVerfGE 126, 170; bereits RGSt 69, 58, 62. Präzisierungsgebot, Gebot restriktiver Auslegung? dualistische vs. monistische Theorie (h.m.) s. insb. BGHSt 33, 244 (250 f.) Missbrauch von Krediktkarte. Missbrauch also lex specialis h.a. nicht unproblematisch, s. etwa Schünemann LK 266 Rn. 15: Die streng monistische Theorie missversteht deshalb den Missbrauchstatbestand als eine Art Standesdelikt von Geschäftsführern u.ä., verkennt die Schutzwürdigkeit des Vermögens gegenüber allen mit fürsorgerischer Rechtsmacht ausgestatten Intranei und will Einschränkungskriterien, die bei dem sonst uferlosen Treubruchtatbestand einen Sinn machen und deshalb auch speziell für diesen entwickelt worden sind, funktionswidrig auf den klar umrissenen Missbrauchstatbestand übertragen. Parallelfunktion zu 246 StGB zerstört (Rn. 16). Hinweis: Rspr. lässt häufig offen, um welche Var. es geht (etwa BGHSt 50, 3311, 341; BGH NJW 1983, 461; NStZ 2006, 221 Rn. 2); in der Fallbearbeitung soll man dies vermeiden.

II. Objektiver Tatbestand 1. Missbrauchstatbestand Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt nach h.m. zivilrechtsakzessorisch auszulegen.

a) durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis über fremdes Vermögen durch Gesetz : etwa Testamentsvollstrecker, 2205 BGB; Insolvenzverwalter, 80 InsO; Gerichtsvollzieher, 753 ZPO durch behördlichen Auftrag : Finanzbeamter; Bürgermeister; Landrat durch Rechtsgeschäft : Bevollmächtigte ( 166 II, 167 BGB); Handelsvertreter, 84 ff. HGB; Prokurist, 48 ff. HGB; Geschäftsführer ( 78 AktG; 35 GmbHG; 24 GenG) Abgrenzung i.e. str.; Überschneidungen möglich. eingeräumt : rechtswirksame Einräumung erforderlich. Anschein- und Duldungsvollmacht nach h.a. (-) and. wenn die Vollmacht im Innenverhältnis erloschen ist, im Außenverhältnis fortwirkt (gem. 170 ff. BGB), OLG Koblenz, NStZ 2012, 330. fremdes Vermögen : auch das Vermögen einer Ein-Mann-GmbH ist für den Alleingesellschafter fremd (BGHSt 34, 379, 385).

b) Missbrauch = Überschreitung des inneren Dürfens durch das äußere Können. aa) rechtsgeschäftliches (bzw. hoheitliches) und nach außen wirksames Handeln erforderlich. kollusives Zusammenwirken sittenwidrig, also nichtig gem. 138 BGB. Nach h.m. deshalb kein Missbrauch, s. BGHSt 50, 299, 313 f. and. Schünemann, ZIS 2012, S. 186 f.: gerade der schwerste Fall wird somit nicht erfasst.

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (1) allgemeine Bemerkungen nicht jede missglückte Unternehmensentscheidung ist strafbare Untreue. Handlungsfreiheit des Unternehmers, Ermessen, business judgement rule. z.b. BGH NStZ 2006, 221 Rn. 4 ff. (Kino-Welt). (2) vermögensschützender Zweck der verletzten Norm erforderlich Pflichtwidrig im Sinne dieser Vorschrift sind nur Verstöße gegen vermögensschützende Normen. (BGHSt 56, 203, 211) - BGHSt 55, 288, 299 ff. (Siemens/AUB): Verletzung von 119 I Nr. 1 BetrVG keine vermögensschützende Norm. Mit Freiheitsstrafe wird bestraft, wer 1. eine Wahl des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats oder der in 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder 5 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (2) vermögensschützender Zweck der verletzten Norm erforderlich - BGHSt 56, 203, 211: Verstoß gegen Vorschriften des Parteigesetzes, die in erster Linie der Sicherstellung und Transparenz staatlicher Parteifinanzierung dienen. Dies ändere sich nicht dadurch, dass dieser Verstoß eine sich auf das Vermögen des Opfers auswirkende Folge hat (hier: die Kürzung der staatlichen Parteifinanzierung, S. 211), sondern erst dann, wenn durch eine interne (satzungsmäßige) Bestimmung die Pflicht, derartige Folgen nicht auszulösen, zur Hauptpflicht gemacht wird. überzeugende Krit. b. Saliger, ZIS 2011, 911.

(3) gravierende Pflichtverletzung? Insb. Entscheidungen des 1. Strafsenats BGHSt 47, 148, 150, 152 f. Kreditvergabe II; 47, 187, 197 SSV Reutlingen, Sponsoring. Abl. 3. Strafsenat, BGHSt 50, 331, 343 ff. Mannesmann/Vodafone (and. LG Düsseldorf NJW 2004, 3275). (a) Was heißt das überhaupt? (aa) 2-Stufen Modell? d.h.: zuerst Bejahung einer außerstrafrechtlichen, danach einer spezifisch strafrechtlichen Pflichtwidrigkeit. asymmetrische Akzessorietät, s.o. Präsentation 01. so etwa BGHSt 47, 187, 195 ff.; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 357 f.; Beulke, FS Eisenberg, 2009, S. 244, 267. abl. Schünemann, LK-StGB 266 Rn. 94 ff.; ders. ZIS 2012, 189 ff., 191 ff. (bb) evidente Pflichtverletzung? so etwa BGHSt 55, 288, 300, 302; Saliger, ZIS 2011, 906. abl. Schünemann LK-StGB 266 Rn. 100: nicht mehr als ein intuitiver Eindruck, der ohne analytische Klärung des als evident empfundenen Objekts nur eine Scheinlösung liefert.

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (3) gravierende Pflichtverletzung?... (b) gem. BVerfGE 126, 170 verfassungsrechtlich geboten? so etwa OLG Hamm, NStZ-RR 2012, 374. m.e. fraglich. (c) Schlussfolgerungen m.e. überzeugend BGHSt 50, 331, 343 ff. gravierend ist nicht die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht, sondern anderer Pflichten, etwa einer Informations- und Prüfungspflicht. ansonsten ist die Wendung nur ein (missverständlicher) Ausdruck des weiten Ermessensspielraums des Vorstands.

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (4) Einverständnis der Gesellschafter bei einer GmbH (a) strenge Körperschaftstheorie (RG). Einverständnis unwirksam. Arg.: die Gesellschaft besitzt eigene Rechtspersönlichkeit; willkürliche Preisgabe des Gesellschaftsvermögens unzulässig (BGHSt 3, 32, 40). (b) strenge Gesellschaftertheorie jedes Einverständnis schließt die Pflichtverletzung aus (etwa Kasiske, wistra 2005, 85). Arg.: Gesellschaft wird nicht gegenüber den Gesellschaftern geschützt. 30 GmbHG sei eine gläubigerschützende Vorschrift.

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (4) Einverständnis der Gesellschafter bei einer GmbH (c) eingeschränkte Gesellschaftertheorie (h.m.) etwa BGHSt 49, 147 (158 f.); 54, 52 (58). Einverständnis der Gesellschaft grds. beachtich, es sei denn: Verstoß gegen 30 GmbHG, d.h. Eingriff in das Stammkapital; Existenzgefährdung (wegen Liquiditätsgefährdung oder Entziehung der Produktionsgrundlagen). (d) Stellungnahme Gläubigerschutz ist Aufgabe des Bankrotttatbestands, 283 StGB, nicht der Untreue. Nach Aufgabe der Interessenstheorie (s.u.) nicht einmal ein Bedürfnis für die eingeschränkte Gesellschaftstheorie.

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (4) Einverständnis der Gesellschafter bei einer GmbH e) weitere Fragen Wann liegt ein Einverständnis vor: bei Mehrheit (Arg. 47 I GmbHG) oder Einstimmigkeit (BGHSt 55, 266, 279 Rn. 36)? Einverständnis bei AG: vergleichbare Grundsätze, Einzelheiten aber umstr. s. etwa BGHSt 50, 331, 342 f.: Zustimmung aller Anteilseigner oder der diese repräsentierenden Hauptversammlung erforderlich. Einverständnis bei Personengesellschaften (z.b. OHG, KG): unproblematisch, allgemeine Regeln..

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (5) Einzelne Konstellationen (a) Risikogeschäft BGHSt 46, 30, 33 f.: Gesamtwürdigung aller Umstände erforderlich, insbesondere, ob die Informationspflichten vernachlässigt wurden; die Entscheidungsträger nicht die erforderliche Befugnis besaßen; im Zusammenhang mit der Kreditgewährung unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht befugten oder berechtigten Personen gemacht werden; die vorgegebenen Zwecke nicht eingehalten wurden; die Höchstkreditgrenzen überschritten wurden; die Entscheidungsträger eigennützig handelten. (S. 34).

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (5) Einzelne Konstellationen (a) Risikogeschäft Missachtung von 18 KWG zwar nicht ausreichend für eine Pflichtverletzung, aber ein Anhaltspunkt (BGHSt 46, 30, 31 f.; 47, 147, 150 ff.). 18 KWG: (1) Ein Kreditinstitut darf einen Kredit, der insgesamt 750 000 Euro oder 10 vom Hundert des nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 71 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 anrechenbaren Eigenkapitals des Instituts überschreitet, nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt. () m.e. zutreffend: denn dieses Gesetz dient dem Schutz des Bankwesens, und nicht des Vermögens der einzelnen Banken, s. Perron, GA 2009, 226.

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (5) Einzelne Konstellationen (a) Risikogeschäft Missachtung von 18 KWG zwar nicht ausreichend für eine Pflichtverletzung, aber ein Anhaltspunkt (BGHSt 46, 30, 31 f.; 47, 147, 150 ff.). 18 KWG: (1) Ein Kreditinstitut darf einen Kredit, der insgesamt 750 000 Euro oder 10 vom Hundert des nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 71 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 anrechenbaren Eigenkapitals des Instituts überschreitet, nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt. () m.e. zutreffend: denn dieses Gesetz dient dem Schutz des Bankwesens, und nicht des Vermögens der einzelnen Banken, s. Perron, GA 2009, 226.

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (b) Sponsoring BGHSt 47, 187, 195 ff. argumentiert i.s.d. 2-Stufen-Theorie, s.o., zuerst gesellschaftsrechtlich (BGHSt 47, 187, 195 ff.): unentgeltliche Zuwendungen dienen indirekt dem wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens ( good corporate citizen ), 93 I AktG (S. 195). bei Zweifeln darf der Vorstand die Entscheidung nicht mehr allein treffen, auch dann, wenn er intern zu dieser Entscheidung allein berufen ist; Gebot der Transparenz ggü. anderen Gesellschaftsorganen (S. 196). Spendevolumen steht unter einem Gebot der Angemessenheit (S. 197).

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (b) Sponsoring Anschließend strafrechtliche Argumentation: 266 StGB liege erst bei einer gravierenden Pflichtverletzung vor (S. 197). Kriterien: Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich auf Grund einer Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen. Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, liegt eine Pflichtverletzung i.s. des 266 StGB vor. (S. 197). (unklar, ob gravierend = schwerwiegend oder = eindeutig).

bb) Überschreitung der Innenberechtigung (= Pflichtwidrigkeit) (c) Appreciation-awards BGHSt 50, 331, 336 f. Mannesmann/Vodafone. BGH unterscheidet drei Konstellationen von nachträglichen Sonderzahlungen: - im Dienstvertrag als variable Vergütungsbestandteile vereinbarte Zahlungen: erlaubt, wenn angemessenes Verhältnis gem. 87 I 1 AktG. - im Dienstvertrag nicht vorgesehene Sonderzahlungen: erlaubt, wenn Anreizwirkung vorliegt. - Eine im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung für eine geschuldete Leistung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und der Gesellschaft keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen kann (kompensationslose Anerkennungsprämie), ist demgegenüber als treupflichtwidrige Verschwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens zu bewerten (S. 337). Figur der gravierenden Pflichtverletzung wird abgelehnt (S. 343 ff.), s.o.

d) Vermögensbetreuungspflicht aa) Allgemeine Bemerkungen Grdl. RGSt 69, 58, insb. S. 60 ff. (nur zu 266 I Var. 2 StGB): es gehe zu weit, auch den Überbringer einer Quittung, den Kellner, Lohnkutscher, Hausverwalter, Milchmann sowie den Bäckerjungen, die für ihren Geschäftsherrn Gelder einnehmen und sie rechtzeitig abzuliefern versäumen, wegen Untreue zu bestrafen (S. 60). Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, gibt es nur, wenn ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit besteht (S. 61 f.); rein mechanische Tätigkeiten, insb. die Botentätigkeit oder die Erledigung untergeordneter Einzelaufträge, nicht genügend (S. 62). Handlangerdienste bzw. Hantieren mit Sachen nicht erfasst. Nach Schünemann, LK-StGB 266 Rn. 21, 86: beruht die Vermögensbetreuungspflicht in erster Linie auf der Abwesenheit von Kontrolle. Treue ist nur die normative Konsequenz aus der vom Gesetz für maßgeblich erklärten sachlogischen Struktur der Herrschaft. (Rn. 83). Hinweis: Beim Missbrauchstatbestand (and. bei Treubruchtatbestand, s.u.) gibt es keinen eigenständigen Prüfungspunkt Pflichtverletzung, weil er sich bereits mit dem Missbrauch deckt.

d) Vermögensbetreuungspflicht aa) Allgemeine Bemerkungen Prototyp: Geschäftsbesorgung, Auftrag; es geht also um die Frage, die Pflicht einen auftragsähnlichen Inhalt hat (BGHSt 1, 186, 190) bzw. ob Inhalt und Bedeutung der Pflicht sie in den Rang selbständiger Geschäftsbesorgung erheben (BGH NJW 1983, 461). Erteilung einer Quittung bzw. eigene Abrechnungskompetenz als Mindestvoraussetzung (Schünemann, LK-StGB 266 Rn. 83, 88). Besonderes persönliches Merkmal i.s.v. 28 I StGB. Gehilfe: nur eine Strafmilderung, wenn seine Gehilfenstellung allein auf dem Fehlen der Vermögensfürsorgepflicht beruht, s. BGH NStZ 2012, 630. Unterlassen: an sich wäre die Heranziehung von 13 nicht erforderlich; die Rspr. tut es trotzdem, Abs. 1 und 2.

d) Vermögensbetreuungspflicht bb) Kriterien Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessenspielraums verbleibt. (BGHSt 55, 288, 298 Siemens/AUB)

d) Vermögensbetreuungspflicht bb) Kriterien (1) Fremdnützigkeit instruktiv BGHSt 28, 21 Reiseunternehmer. gegenseitige Verträge sind grds. ausgeschlossen. (2) Hauptpflicht (keine Nebenpflicht) eher wenig aussagekräftig. etwa BGHSt 22, 190: Erlös bestimmter Geschäfte sollte dem Geschädigten sofort abgeführt oder getrennt vom weiteren Vermögen des Täters aufbewahrt werden, (-).

d) Vermögensbetreuungspflicht bb) Kriterien (3) Spielraum entscheidendes Kriterium. Die erforderliche Selbständigkeit ist zu verneinen, wenn die zu erfüllenden Pflichten in allen Einzelheiten vorgegeben sind und eine Dispositionsbefugnis nicht besteht. (BGH NStZ 1983, 455 Sortenkassierer bei einer Bank, [-]) Fängt erst an, wenn man die Aufgabe hat, über Einnahmen Bücher zu führen, Quittungen zu erteilen, s.o. Pflicht soll Charakter einer Geschäftsbesorgung haben, s.o.

d) Vermögensbetreuungspflicht cc) Kasuistik zu bejahen: Insolvenzverwalter, 56 ff. InsO; Liquidatoren und Abwickler, 48 f. BGB, 146 II, 161 II HGB, 66 GmbHG, 265 III AktG; Aufsichtsratsmitglieder einer AG, BGHSt 47, 187, 200 f.; Vorstand einer AG, BGHSt 47, 187, 192; 55, 288, 298; GmbH- Geschäftsführer, BGHSt 50, 299, 314; Vorsitzender eines Vereins und einer Partei, BGHSt 56, 203, 210; Vorstand der Konzernmutter gegenüber Tochtergesellschaft Anlageberater bzgl. Anleger; Steuerberater; Behördenleiter; Finanzbeamte ggü. dem Fiskus Filialleiter; Kassierer mit gewisser Selbständigkeit

d) Vermögensbetreuungspflicht cc) Kasuistik zu bejahen: Rechtsanwalt bzgl. Forderungen des Mandanten, die er durchzusetzen hat (BGH NJW 1983, 461); bzgl. Geldmittel des Mandanten, BGH NStZ-RR 2004, 54. Kassenärzte bzgl. der Krankenkassen bei der Medikamentenverschreibung, BGHSt 49, 147, 157; 54, 52, 58. (str.); Vermieter bzgl. Mietkaution (str.)

d) Vermögensbetreuungspflicht cc) Kasuistik abzulehnen: Aktionär ggü AG Arbeitgeber bzgl des Vermögens des Arbeitnehmers Subventionsempfänger (BGHSt 49, 147, 154 ff.) Begründung: Dieser wird nicht fremdnützig tätig. (S. 156). and. aber für den über die Subventionsgewährung entscheidenden Amtsträger (S. 156). Subventionsempfänger macht sich gem. 264 I Nr. 2 StGB strafbar!

2. Treubruch (1) Wer die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt a) Allgemeine Bemerkungen tatsächliche Verfügungsmacht maßgeblich, s. BGH NJW 1997, 66, 67. Erfasst also etwa: rechtlich unwirksame Verpflichtungs- oder Verfügungsbefugnis ( Treuverhältnisse ) insb. sog. Ganovenuntreue, BGHSt 8, 254, 256 faktischer Geschäftsführer, BGHSt 3, 33 (39); 34, 379 umstr. nicht rechtsgeschäftliche (= Realakte) oder rechtsgeschäftlich unwirksame (etwa 138 BGB) Verfügungen Unterlassene Obsorge oder Kontrolle b) Einzelne Voraussetzungen aa) Vermögensbetreuungspflicht, s.o. bb) Pflichtverletzung, s.o.