KOESLING ANDERSON Nutzung der Bodenrichtwerte als Information in der landwirtschaftlichen Bewertungspraxis Andreas Gottensträter Koesling Anderson GmbH www.koesling-anderson.de
Inhalt 1. Kennzeichen und Anwendungsbereiche von BRW 2. Bestimmungsfaktoren für den Bodenwert und Möglichkeiten der Anpassung von Bodenrichtwerten an die Grundstücksmerkmale 3. Nutzung und Eignung der Bodenrichtwerte in der Praxis 2
Kennzeichen von Bodenrichtwerten (BRW) BRW sind gemäß 10 ImmoWertVvorrangig über das Vergleichswertverfahren ( 15) zu ermitteln. BRW stellen einen Durchschnittswert aus einer Vielzahl von Transaktionen dar. BRW werden als durchschnittliche Lagewerte des Bodens gemäß BauGB in Bodenrichtwertzonen angegeben. Eine Bodenrichtwertzone ist ein räumlich begrenztes Gebiet mit Grundstücken, die nach ihren Grundstücksmerkmalen, insbesondere nach Art und Maß der Nutzbarkeit weitgehend übereinstimmen und für die im Wesentlichen gleiche allgemeine Wertverhältnisse vorliegen. Gemäß Bodenrichtwertrichtlinie (BRW-RL) tragen Bodenrichtwerte zur Transparenz auf dem Immobilienmarkt bei. Sie dienen in besonderem Maße der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Situation am Immobilienmarkt, darüber hinaus sind sie eine Grundlage zur Ermittlung des Bodenwerts ( 16 Absatz 1 Satz 2 ImmoWertV) und dienen der steuerlichen Bewertung. 3
rechtliche Grundlage für die Ermittlung von Bodenrichtwerten BauGB 196 Bodenrichtwerte (1) Auf Grund der Kaufpreissammlung sind flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Es sind Richtwertzonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Die wertbeeinflussenden Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind darzustellen. Die Bodenrichtwerte sind jeweils zum Ende jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln, wenn nicht eine häufigere Ermittlung bestimmt ist. Für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sind Bodenrichtwerte nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt oder sonstigen Feststellungszeitpunkt zu ermitteln. Auf Antrag der für den Vollzug dieses Gesetzbuchs zuständigen Behörden sind Bodenrichtwerte für einzelne Gebiete bezogen auf einen abweichenden Zeitpunkt zu ermitteln. 4
rechtliche Grundlage zur Anwendung des BRW bei der Wertermittlung ImmoWertV: 15 Ermittlung des Vergleichswerts (1) Im Vergleichswertverfahren wird der Vergleichswert aus einer ausreichenden Zahl von Vergleichspreisen ermittelt. Für die Ableitung der Vergleichspreise sind die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmaleaufweisen. Finden sich in dem Gebiet, in dem das Grundstück gelegen ist, nicht genügend Vergleichspreise, können auch Vergleichspreise aus anderen vergleichbaren Gebietenherangezogen werden. Änderungen der allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt oderabweichungen einzelner Grundstücksmerkmale sind in der Regel auf der Grundlage von Indexreihen oder Umrechnungskoeffizienten zu berücksichtigen. 16 Ermittlung des Bodenwerts (1) Der Wert des Bodensistvorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 ohne Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Grundstück vorrangig im Vergleichswertverfahren ( 15) zu ermitteln. Dabei kann der Bodenwert auchauf der Grundlage geeigneter Bodenrichtwerteermittelt werden. Bodenrichtwerte sind geeignet, wenndiemerkmaledes zugrunde gelegten Richtwertgrundstücks hinreichend mit den Grundstücksmerkmalendes zu bewertenden Grundstücks übereinstimmen. 15 Absatz 1 Satz 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden. 5
Berücksichtigung von abweichenden Grundstücksmerkmalen bei Anwendung des BRW BRWbeziehen sich auf landwirtschaftlich genutzte Grundstücke von regelmäßiger Form in normalem Kulturzustand ohne Aufwuchs die den ortsüblichen Bewirtschaftungsgrundsätzen entsprechen und sind standardisiert hinsichtlich o o typischer Ackerzahl in der Region Flächengröße (4 ha) o Zeitpunkt (zum 31.12.) o pachtrechtliche Bindung (Restpachtlaufzeit 0 2 Jahre) 6
Auszug aus der Bodenrichtwerkarte des LVermGeo Quelle: www.lvermgeo.sachsenanhalt.de 7
140 Einfluss der Bodenwertzahl auf den Kaufpreis 2,20 120 2,00 Umrechnungskoeffizient 100 80 60 40 Bodenrichtwert Alleringersleben: 1,50 /m² bei AZ 70 1,80 1,60 1,40 1,20 1,00 0,80 0,60 umgerechneter Bodenrichtwert in /m² 20 0,40 0,20 0 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 105 Ackerzahl 0,00 Quelle: abgeleitet aus Grundstücksmarktbericht 2012 8
150 Einfluss der Flächengröße auf den Kaufpreis 2,25 140 2,10 130 1,95 120 1,80 110 1,65 Umrechnungskoeffizient 100 90 80 70 60 50 Bodenrichtwert Alleringersleben: 1,50 /m² bei 4 ha 1,50 1,35 1,20 1,05 0,90 0,75 Preis in / m² 40 0,60 30 0,45 20 0,30 10 0,15 0 0,00 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Flächengröße in ha Quelle: abgeleitet aus Grundstücksmarktbericht 2012 9
Steigerung der Kaufpreise im Zeitablauf 2009 2010 2011 Durchschnitt 3 Jahre Harz-Börde 8,7% 6,0% 11,3% 8,7% Sachsen-Anhalt gesamt 11,3% 6,3% 10,7% 11,3% Quelle: abgeleitet aus Grundstücksmarktberichten S.-A. 2010-2012 Beispiel: Bodenrichtwert: 1,50 /m² zum 31.12.2011 (Alleringersleben) Bewertungsstichtag: 06.02.2012 = 1,1 Jahre nach BRW-Stichtag Annahme: jährliche Steigerungsrate: 10 % Korrektur: 1,1 Jahre x 10 % p.a. = 11 % +0,17 /m² BRW nach Korrektur um zeitlichen Faktor: 1,67 /m² 10
pachtvertragliche Bindung BRW geht von keiner oder einer nur kurzen Restpachtlaufzeit aus bei der Verkehrswertermittlung von Flächen mit relevanter pachtvertraglicher Bindung ist eine Korrektur notwendig für die Bewertung der pachtvertraglichen Bindung standen bisher keine belastbaren Marktdaten zur Verfügung somit erfolgte eine Anpassung über eine Kalkulation zum Reinertrag GMB 2013 weist Einfluss der Pachtlaufzeit auf den Kaufpreis aus 11
Beispiel für die Bewertung von 2 unterschiedlichen Ackerflächen in der gleichen Gemarkung anhand des Bodenrichtwertes Grundstücksmerkmale: Grundstück 1 Grundstück 2 Bonität: AZ: 60 AZ: 80 Größe: 0,7 ha 7 ha Bewertungszeitpunkt: 1. Jan. 12 1. Nov. 12 Restpachtlaufzeit: 5 Jahre 1 Jahr Wertermittlung: /m² /m² BRW: 1,50 1,50 Zuschlag für Bonität: -0,20 0,20 Zuschlag für Größe: -0,11 0,12 Zuschlag für zeitliche Preisentwicklung: 0,00 0,08 Abschlag für Restpachtlaufzeit: -0,20 0,00 angepasster BRW: 0,99 1,90 12
2,00 unterschiedliche Entwicklung von Bodenrichtwerten in 3 benachbarten Bodenrichtwertzonen Bodenrichtwert in /m² 1,90 1,80 1,70 1,60 1,50 1,40 1,30 1,20 1,10 1,00 0,90 0,80 0,70 0,60 Dez. 07 Dez. 08 Dez. 09 Dez. 10 Dez. 11 Rottmersleben/Dahlenwarsleben Wellen/Ochtmersleben Wanzleben/Niederndodeleben 13
beispielhafte Entwicklung von Kaufpreisen und Kaufpreisspannen anhand von Auszügen aus der Kaufpreissammlung Beispiel aus dem Saalekreis Jahr Anzahl Fälle durchschn. Größe AZ Kaufpreis von bis n ha /m² /m² /m² /m² Standardabweich. zum Durchsch. 2005 45 7,4 80 0,54 0,27 1,00 0,13 24,1% 2011 37 14,8 85 1,23 0,38 2,51 0,47 38,1% Beispiel aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld Jahr Anzahl Fälle durchschn. Größe AZ Durchschnitt Durchschnitt Kaufpreis von bis n ha /m² /m² /m² /m² Standardabweich. zum Durchsch. 2009 54 4,6 86 0,82 0,34 1,76 0,28 34,1% 2013 44 12,1 89 1,66 0,60 3,32 0,65 39,2% 14
Eignung der Bodenrichtwerte als Information für Verkäufer und Käufer: sehr bedeutende Orientierungsgröße bei undifferenzierter Anwendung (keine Berücksichtigung der abweichenden Grundstückseigenschaften) kann es zu deutlicher Fehleinschätzung kommen BRW spiegelt einen Durchschnittswert wider, es sind große Abweichungen vom Durchschnittswert zu beobachten, nicht nur aufgrund von großer Heterogenität bei Grundstückseigenschaften sondern auch bei Verkäufertyp/Vermarktungsform hat auch eine preisbildende Wirkung als Grundlage für die Wertermittlung durch den SV: abhängig von Art des Auftrags und Anlass der Wertermittlung für die Bewertung bei kleineren Aufträgen und als ergänzender Orientierungswert geeignet Einschränkungen bei Verkehrswertermittlung: feste Zonengrenzen keine eigene räumlich Selektion möglich keine weitergehende Analyse von Einzelkauffällen möglich (Art der Marktteilnehmer, preisliche Spanne/Ausreißer, Einfluss von Flächengröße, sonstige Einflussfaktoren) 15
KOESLING ANDERSON Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!