DIE VIELFALT DES LERNENS Lehren im Format der Forschung

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Transkript:

DIE VIELFALT DES LERNENS Lehren im Format der Forschung Forum Hochschuldidaktik 2014 Ralf Schneider

Inhalt Was war und ist Forschendes Lernen? Eine neue Lehrhaltung Lernen als zirkulärer Prozess Forschendes Lernen: ein didaktischer Diskurs Gelingensmerkmale Differenz Lehren und Lernen aus der Perspektive Lernender Forschendes Lernen Kompetenzentwicklung Employability Lehr-Lernforschung Situiertes Lernen Student Engagement Motivationsforschung Lerneffektivitätsforschung Hochschuldidaktische Forschung 2

Geschichte Universitäten zu Humboldts Zeiten Lernzirkel lehrendes Forschen an Forschung beteiligen forschendes Lernen Massenuniversität. 3

Humboldt Es ist ferner eine Eigentümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie Wissenschaft immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln und daher immer im Forschen bleiben, da Schule es nur mit Fertigem und abgemachten Kenntnissen zu tun hat und lernt. Das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein anderes als vorher. Beide sind für die Wissenschaft da; Wilhelm von Humboldt Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin (hrsg. K. Püllen, 1964, S. 30f) (H.d.d.V. 4

Forschendes Lernen Lernen im Format der Forschung Studierende erfahren, gestalten und reflektieren den Prozess eines Forschungsvorhabens Entwicklung der Fragen und Hypothesen Wahl und Ausführung der Methoden Prüfung und Darstellung der Ergebnisse Auf die Gewinnung von neuen Erkenntnissen ausgerichtet Selbstständige Arbeit oder aktive Mitarbeit in einem übergreifenden Projekt Gelernt wird disziplinäres Wissen ebenso wie Forschungshandwerk Eingeübt wird eine Haltung, welche wissenschaftliches Tun auszeichnet: etwas wissen wollen, mit kritischer Distanz einen Sachverhalt und eigene Anschauungen infrage stellen Ausgestaltungsvarianten Forschenden Lernens unterscheiden sich u.a. in Abhängigkeit der jeweiligen Fachdisziplin, der Institutionalisierungsform, der Praxisintegration und der Komplexität Huber 2009; Reinmann 2009; Schneider/Wildt 2009 5

Lernen vom Lehren aus gedacht Villemard, 1910 Chromolithographie Paris 6

Lehren auf dem Weg zum Lernen Christian Heinrich Wolke: Denklehrzimmer (Leipzig 1805) 7

Lehren vom Lernen her gedacht 8

The Shift from teaching to learning Wie bringe ich den Inhalt zu den Studierenden? Wie gestalte und fördere ich die Lernprozesse der Studierenden und gestalte Lernsituationen so, dass sich die Studierenden mit den Inhalten auseinandersetzen? 9

The Shift from Teaching to Learning forschend konstruktiv deep approach autonomes Lernen rekonstruktiv reflexiv Lernen aktives Lernen Handlungskompetenz Wissenserwerb surface approach heteronomes Lernen Hochschulbildung rezeptives Lernen Lehren Wildt 2011 10

Lehr-Lern-Formate und Lernaufgaben selbstgesteuert einfach komplex angeleitet 11

Kompetenzdefinition Kompetenz ist als Fähigkeit definiert, in einem gegebenen Kontext verantwortlich und angemessen zu handeln und dabei komplexes Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen zu integrieren. (van der Blij u.a. 2002) 12

Lehren segmentiert Lernen integriert 5 1 5 1 6 6 3 2 4 3 2 4 13

Kompetenzfelder Fachkompetenz Methodenkompetenz Handlungskompetenz Sozialkompetenz Selbstkompetenz Kompetenz verstanden als Handlungsfähigkeit in komplexen, dynamischen Situationen 14

What ist teaching? The best way to learn is to do to ask and to do. The best way to teach is to make students ask, and do. Don t preach facts stimulate acts. "It is security. Certainty. Truth. Beauty. Insight. Structure. Architecture. I see mathematics, the part of human knowledge that I call mathematics, as one thing one great, glorious thing." Paul Halmos (1994): What is teaching? Mathematiker 15

Lernen Lernformate Entdeckendes Lernen Fallorientiertes Lernen Projektorientiertes Lernen Problembasiertes Lernen Service learning Fallorientiertes Lernen Forschendes Lernen Reflexives Lernen 16

Lernen ist ein zyklischer Prozess Erfahrung Aktives Experimentieren Reflexion Beobachtung Konzeption Abstraktion Modellbildung Kolb 1984 17

Experiment Synchronisation von Lern- und Forschungszyklus Anwendung/ Vermittlung Eintauchen in die Praxis Auswertung Erfahrung Themenfindung und -aushandlung Reflexion Durchführung Konzeption Formulieren von Fragestellungen bzw. Hypothesen Entwurf eines Forschungsdesigns Untersuchungskonzept 18

19

Forschen lernen Einsozialisation in das Berufsfeld Wissenschaft Wissen Methoden Theorien Forschung 20

Forschendes Lernen: Ein didaktischer Diskurs Wissen Methoden Theorien Forschung Aufbau einer zugleich wissenschafts- wie handlungsorientierten Wissensbasis 21

Forschendes Lernen: Ein didaktischer Diskurs Wissen Methoden eigene Rolle Lernumgebungen Theorien? Kompetenzerwerb Methoden Forschung Aufgabenformate Vorwissen 22

Forschendes Lernen: Ein didaktischer Diskurs LEHREN Vorwissen mobilisieren aktivierende Methoden Kontakte unter Studierenden Sozialer Austausch authentische Situationen Gelerntes und Lernprozesse artikulieren, strukturieren und reflektieren Unterschiedliche Lernwege und Fähigkeiten beachten Unmittelbares Feedback Autonomie fördern Wissen Methoden Theorien Forschung 23

Forschendes Lernen: Ein didaktischer Diskurs LERNEN Bezüge zur Alltagswelt in Relationen zu Wissenschaftswelt Zusammenhänge erkennen Selbstbestimmtheit Kognitive maps entstehen lassen persönlich bedeutsam Wissen Methoden Theorien Forschung Kooperativ als ForscherInnengemeinschaft bewältigen (Team) Kompetenzerwerb Vielfältige Lösungswege und -strategien subjektive Urteile prüfbare Erkenntnisse Staunen, Irritation Kognitiv herausfordernd andocken an Vorwissen 24

Differente Modi der Wissenskonstruktion und -rekonstruktion? Makrokosmos der Wissensmöglichkeiten Mikrokosmos der Wissensrekonstruktion und -nutzung 25

erfordern didaktische Transformationsprozesse Komplexität Erhöhung von Komplexität Reduktion von Komplexität diffus spezifisch 26

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Big Picture StrömungsphysikerIn StadtgeographIn SoziologIn Bau einer Brücke über einen Fluss in einer Großstadt in Deutschland BauingenieurIn ArchäologIn HydrologIn StadthistorikerIn BiologIn 29

im Fach Big Picture spezifischer Gegenstandsbereich 30

Kompetenzmodellierung: Kompetenzstufen Forschenden Lernens 31

32

Kompetenzen - Employability Schlüsselkompetenzen: die 25 häufigsten Nennungen in der (berufs-)pädagogischen Literatur in einer Metaanalyse (von insgesamt 654 Begriffen) 1. Kommunikationsfähigkeit 14. Lernfähigkeit 2. Kooperationsfähigkeit 15. Konzentrationsfähigkeit 3. Denken in Zusammenhängen 16. Ausdauer 4. Flexibilität 17. Genauigkeit 5. Selbstständigkeit 18. analytisches Denken 6. Kreativität 19. logisches Denken 7. Problemlösefähigkeit 20. abstraktes Denken 8. Transferfähigkeit 21. selbständiges Lernen 9. Lernbereitschaft 22. Leistungsbereitschaft 10. Durchsetzungsvermögen 23. Kritikfähigkeit 11. Entscheidungsfähigkeit 24. Urteilsfähigkeit 12. Zuverlässigkeit 25. Fremdsprachenkenntnisse 13. Verantwortungsgefühl Quelle: Didi et al. 1993, zit. nach Weinert 1998: 24 f. 33

Forschendes Lehren vom Forschenden Lernen her gedacht Vielen Dank für Interesse und Aufmerksamkeit! 34