Gesundheitliche Veränderungen des alternden Menschen mit Auswirkungen auf die häusliche Selbständigkeit

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Transkript:

Neuburg / Donau Ingolstadt Gesundheitliche Veränderungen des alternden Menschen mit Auswirkungen auf die häusliche Selbständigkeit Dr. med. Not-Rupprecht Siegel, München, 06.05.2015 N. R. Siegel

Lebenserwartung eines neugeborenen Mädchens 2005 79,98 Jahre 2015 82,80Jahre Lebenserwartung eines neugeborenen Buben 2005 73,62 Jahre 2008 78,60 Jahre Lebenserwartung eines 90 - jährigen: 4,65 Jahre 2

Die prozentual am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe ist derzeit die der ÜBER-100-jährigen! Die absolut am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe ist derzeit die der ÜBER-90-jährigen! 3

1964 lebten in Deutschland 420 ÜBER - 100 - jährige Derzeit leben in Deutschland mehr als 17.000 ÜBER - 100 - jährige 4

Die geriatrischen Riesen Immobilität Instabilität Intellektueller Abbau Inkontinenz Inkompetenz 5

Die geriatrische Dreifaltigkeit GO - GO Slow - GO NO - GO 6

Altersbedingte Veränderungen Allgemeine Veränderungen Körperstruktur Organfunktionen Stoffwechsel Hormonhaushalt Individuelle Veränderungen Vielfacherkrankung Darstellung von Krankheit Seele Kognitive Leistungsfähigkeit Soziales Umfeld 7

Veränderte Körperstruktur Verminderung der Schleimhautfläche Verminderte Anzahl von Nierenzellen Abnahme funktionsfähiger Leberzellen Erhöhter Anteil des Körperfettes Verminderter Anteil der Körperflüssigkeit Verminderte Menge von Hormonempfängern Verminderter Durstantrieb Abnahme der Muskelmasse Abnahme elastischer Fasern Abnahme funktionsfähiger Nervenzellen Abnahme der Bluteiweisse 8

Altersbedingte Veränderungen der Körperstruktur und Organfunktion des 75-80 Jährigen gegenüber dem 30-jährigen Gehirngewicht 56% Zahl Nervenfasern 63% Zahl Geschmacksknospen 35% Mineralgehalt der Knochen bei Frauen 70% Hirndurchblutung 80% Max. Pulsfrequenz 75% Herzleistung 70% Lungenvolumen 56% Maximale Sauerstoff-Aufnahme im Blut 40% Nierenleistung 69% Handmuskelkraft 55% 9

Kognitive Veränderungen Verlangsamte Informationsaufnahme Verlangsamte Informationsverarbeitung Fehlende Flexibilität Gedächtnisstörung Konzentrationsschwäche Ablenkbarkeit Rasche Ermüdbarkeit 10

Seelische Veränderungen Negatives Altersbild ( Defizitmodell ) Gesteigerte Anpassungsbereitschaft Neigung zur Depression Häufig vorhandenes Misstrauen Angst vor fremder Einmischung Angst vor Verlust der Selbständigkeit Scham vor der Bitte um Hilfe 11

Soziale Veränderungen Vereinsamung Abhängigkeit Fehlende Helferkette Gefährliche Häuslichkeit 12

Behinderungsprofil älterer Patienten Bewegungseinschränkungen Gefühlseinschränkungen Funktionseinschränkungen Kognitive Einschränkungen Soziale Einschränkungen 13

Altersbedingte Einschränkungen sind gegenüber dem Ausgangszustand letztlich Behinderungen und führen zu Beeinträchtigungen Schaden = Impairment Altersveränderungen Funktionelle Beeinträchtigung =Disability Psychosoziale Beeinträchtigung =Handicap 14

Die organischen, funktionellen, psychischen und sozialen Veränderungen bedrohen in zunehmendem Maße Die Soziale Kompetenz der Menschen 15

Verminderung der Schleimhautfläche Verminderte Anzahl von Nierenzellen Abnahme funktionsfähiger Leberzellen Erhöhter Anteil des Körperfettes Verminderter Anteil der Körperflüssigkeit Verminderte Menge von Hormonrezeptoren Altersveränderungen Folgezustände Abnahme der Muskelmasse Abnahme elastischer Fasern Abnahme funktionsfähiger Nervenzellen Abnahme der Bluteiweisse = Verminderte Kraft, schlechtere Gelenkführung, Gangunsicherheit, Sturzgefahr 16

Folgezustände Verminderung der Schleimhautfläche Verminderte Anzahl von Nierenzellen Abnahme funktionsfähiger Leberzellen Erhöhter Anteil des Körperfettes Verminderter Anteil der Körperflüssigkeit Abnahme der Muskelmasse Abnahme elastischer Fasern Abnahme funktionsfähiger Nervenzellen Abnahme der Bluteiweisse = geringere Aufnahme und Einbau von Calcium und Vitamin-D in den Knochen verminderte Knochenfestigkeit Osteopenie Frakturgefahr 17

Verminderung der Schleimhautfläche Verminderte Anzahl von Nierenzellen Abnahme funktionsfähiger Leberzellen Erhöhter Anteil des Körperfettes Verminderter Anteil der Körperflüssigkeit Altersveränderungen Folgezustände Abnahme der Muskelmasse Abnahme elastischer Fasern Abnahme des Kalkanteils der Knochen Abnahme funktionsfähiger Nervenzellen Abnahme der Bluteiweisse Austrocknung der Schleimhäute = Verminderte Auswurfleistung des Herzens (Herzminutenvolumen) Kraftminderung 18

Folgezustände Verminderung der Schleimhautfläche Verminderte Anzahl von Nierenzellen Abnahme funktionsfähiger Leberzellen Erhöhter Anteil des Körperfettes Verminderter Anteil der Körperflüssigkeit Abnahme der Muskelmasse Abnahme elastischer Fasern Abnahme des Kalkanteils der Knochen Abnahme funktionsfähiger Nervenzellen Abnahme der Bluteiweisse Austrocknung der Schleimhäute = Veränderte Aufnahme, Verarbeitung und Ausscheidung von Medikamenten 19

Oberster Grundsatz: Wenn der Mensch nicht mehr in der Lage ist, sich seiner Umgebung anzupassen, muß sich die Umgebung an den Menschen anpassen 20

Bewegungseinschränkungen Sicherheit herstellen Stolperfallen entfernen Sturzgefahr mindern Begehbarkeit herstellen Grundbedürfnisse erreichbar machen 21

22

Installation einer Hebebühne Vorher Nachher 23

Einbau eines Treppensitzliftes 24

FUNKTIONELLE Einschränkungen Funktionshindernisse beseitigen Betthöhe anpassen Toilettensitzhöhe anpassen Dusche befahrbar machen Küchengeräte erreichbar machen Fernsehsofa erhöhen Lichtschalter anpassen Schwer gängige Türen entschärfen Technik nutzen 25

Badumbau Vorher Nachher 26

Badumbau Vorher Nachher 27

SENSORISCHE Einschränkungen Erkennbarkeit herstellen Feste Fußböden anbringen Schräge Böden ausgleichen Ausreichend dicke Handläufe verwenden Zu kleine Schalter und Armaturen ersetzen Auf gute Beleuchtung achten Helligkeit Nachtlicht Schlagschatten vermeiden Tiefe und weiche Polster ersetzen 28

KOGNITIVE Einschränkungen Tägliche Anforderungen erleichtern Kräftige Farben verwenden Starke Farbkontraste vermeiden Funktionsbereiche farblich kennzeichnen Aufgabenbereiche kennzeichnen Gefährliche Bereiche unerreichbar machen Türschlösser zweiseitig schließbar machen Nachtlicht automatisieren Wege automatisch beleuchten 29

Altersphysiologische Veränderungen Wohnraumanpassung Einen alten Baum verpflanzt man nicht 30

Altersphysiologische Veränderungen Im hohen Alter, wo uns die Jahre nach und nach wieder entziehen, was sie uns früher so freundlich und reichlich gebracht haben, halte ich für die erste Pflicht gegen uns selbst und gegen die Welt, genau zu bemerken und zu schätzen, was uns noch übrigbleibt. Johann Wolfgang von Goethe 31

Neuburg / Donau Ingolstadt Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. med. Not-Rupprecht Siegel, München, 06.05.2015 N. R. Siegel

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit N. R. Siegel 33