Steuerpflicht und Besteuerungsverfahren für im Ausland ansässige Künstler



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Transkript:

Künstlerbesteuerung Steuerpflicht und Besteuerungsverfahren für im Ausland ansässige Künstler von RAin Kornelia Reinke*, Bonn, und Dipl.- Finanzw. Paul Noel, Bonn Viele Konzertveranstalter haben ausländische Künstler im Programm. Die dabei auftretenden Fragen der Besteuerung sind Veranstaltern und Künstlern gleichermaßen nicht immer geläufig. So berücksichtigen gerade Veranstalter bei der Kalkulation der Kosten oft nur das zu zahlende Künstlerhonorar, bedenken dabei aber nicht die mit der Konzertveranstaltung anfallenden Steuern. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die bestehenden Steuerpflichten von Veranstalter und Künstler geben und auf bestimmte Konstellationen hinweisen, in denen insbesondere die Veranstalter haftungsrechtlichen Risiken ausgesetzt sind. 1. Beschränkte Steuerpflicht von Künstlern Personen, die im Inland weder ihren Wohnsitz ( 8 AO) noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt ( 9 AO) haben, sind gemäß 1 Abs. 4 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte i.s. des 49 EStG haben. Dazu gehören grundsätzlich auch Einkünfte, die ein ausländischer Künstler im Inland erzielt, 49 EStG. Weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland Praxishinweis Die beschränkte Steuerpflicht nach 1 Abs. 4 EStG knüpft im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht nicht an die Person an, sondern vielmehr an die Einkünfte, die der Künstler bezieht. 2. Einkunftsart bei beschränkter Steuerpflicht Künstler können verschiedene Einkunftsarten erzielen und dadurch den Tatbestand der beschränkten Steuerpflicht i.s. des 49 EStG verwirklichen. Die Abgrenzung welche Einkunftsart verwirklicht wird, ist im Einzelnen schwierig, da die Vergütung des Künstlers sich häufig aus mehreren Leistungen zusammensetzt. So ist es vor allem bei kulturellen Großereignissen nicht unüblich, dass neben einer Vergütung für den Auftritt auch Zahlungen für die Nutzungsüberlassung von Rechten geleistet werden (wie z.b. Mitschnitte des Auftritts, des Konzerts, etc.). Erfolgt die Vergütung im Wege einer einheitlichen Zahlung, so muss die Vergütung für Zwecke der Einkunftsqualifikation und evtl. sogar der Steuererhebung aufgeteilt werden. Mehrere Einkunftsarten können betroffen sein 2.1 Einkünfte aus Darbietungen Einkünfte aus Darbietung können sowohl gewerblicher als auch freiberuflicher oder nichtselbstständiger Natur sein. * www.künstler-recht.de Praxis Freiberufler-Beratung 10 2010 274

Grundsätzlich erzielt ein Künstler Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß 18 EStG. Bei grenzüberschreitenden Auftritten auslandsansässiger Künstler unterliegen diese der beschränkten Steuerpflicht nach 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Von einer künstlerischen Tätigkeit i.s. des 18 EStG spricht man allerdings nur dann, wenn der Künstler eine eigenschöpferische Leistung erbringt, in der seiner persönliche Anschauungsweise und Gestaltungsweise zum Ausdruck kommt und die durch die hinreichende Beherrschung der Technik der betreffenden Kunstart eine künstlerische Leistungshöhe erreicht (BFH 12.04.84, IV R 97/81, BStBl II 84, 491). Liegen keine freiberuflichen Einkünfte vor, weil es z.b. an der erforderlichen künstlerischen Leistungshöhe fehlt, sind die Einkünfte in der Regel als gewerblich i.s. des 15 EStG zu klassifizieren. Diese unterliegen dann gemäß 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) EStG der beschränkten Steuerpflicht. Freiberufliche Einkünfte Gewerbliche Einkünfte Praxishinweis: Abgrenzung zum Kunsthandwerk Die Finanzgerichte haben im Steuerrecht keinen allgemeinen verbindlichen Kunstbegriff zur Hand (Wacker in Schmidt, EStG, 28. Aufl. 09, 18 Rz. 66). Der BFH geht seit dem Jahre 1991 vielmehr dann von einer künstlerischen Tätigkeit aus, wenn die Arbeiten des Steuerpflichtigen nach ihrem Gesamtbild eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen (BFH 11.7.91, IV R 33/90, BStBl II 92, 353). Das Merkmal der über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinausgehenden Gestaltungshöhe zeigt, dass es die Finanzgerichte in der Regel mit der Frage zu tun haben, ob es sich bei der jeweils zu beurteilenden Tätigkeit schon um Kunst handelt oder eben noch um Kunsthandwerk. Erfolgt der Auftritt oder die Darbietung des Künstlers in einer abhängigen Beschäftigung erzielt der Künstler Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit ( 19 EStG), die für den Künstler über 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG zur beschränkten Steuerpflicht führen, wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Voraussetzung dafür ist ein inländischer Arbeitgeber i.s. des 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG. 2.2 Einkünfte aus der Nutzungsüberlassung von Rechten Neben der eigentlichen Darbietung werden im Vorfeld der Veranstaltung häufig auch die Rechte am Auftritt vertraglich zur Nutzung überlassen. Das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang von der Verwertung der Darbietung, die sowohl den gewerblichen als auch den freiberuflichen Einkünften hinzugerechnet werden. Unter Verwertung wird jegliche finanzielle Ausnutzung des Wertes der Darbietung verstanden, wobei es nicht entscheidend ist, ob die Nutzbarmachung durch den Veranstalter oder einen Dritten erfolgt (Schauhoff/Cordewener/Schlotter in: Besteuerung ausländischer Künstler und Sportler in der EU, S. 10). Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit Rechte am Auftritt Von der einzelnen Verwertung des Auftritts ist die Veräußerung von Rechten abzugrenzen (dazu im Einzelnen: BMF 9.1.09, IV C 3 - S 2300/07/1000, BStBl I 09, 362 und OFD Karlsruhe 5.8.09, S 2303/41-St111/St142). Praxis Freiberufler-Beratung 10 2010 275

3. Erhebungsform bei beschränkter Steuerpflicht Bedeutung erlangt die Unterscheidung der Einkunftsart bei der Frage, wie die entstandene Einkommensteuer erhoben wird. Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten der Steuererhebung: Veranlagung oder Steuerabzug. Beim Steuerabzug muss zusätzlich unterschieden werden, ob ein Abzug nach 50a EStG oder nach 38 EStG (Lohnsteuerabzug) erfolgt. Lohnsteuerabzug oder Steuerabzug nach 50a EStG Während ausländische Künstler, die freiberuflich oder gewerblich tätig sind, in der Regel dem Steuerabzug nach 50a EStG unterliegen, erfolgt für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ein Steuerabzug vom Arbeitslohn gemäß 38 Abs. 1 EStG. Grundsätzlich dient das Steuerabzugsverfahren nach 50a und 38 Abs. 1 EStG der Absicherung der Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger (Schmidt/Loschelder, EStG 29. Auflage 2010 50a Rd. 1). Denn Künstler mit Wohnsitz im Ausland halten sich regelmäßig nur kurz im Inland auf und könnten sich somit schon aus rein praktischen Gründen der Besteuerung entziehen. Das soll durch den Steuerabzug und die Haftung (vgl. unten) des Veranstalters vermieden werden. Von der Regelung zum Steuerabzug nach 50a EStG ausgenommen sind seit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2009 die werkschaffenden Künstler, wie z.b. Maler, Bühnenbildner, Licht-Designer, Schriftsteller, Regisseure, d.h. alle Personen, die regelmäßig nicht vor Publikum auftreten. Auch die Einkünfte aus der Veräußerung von Rechten unterliegen ab 2009 nicht mehr dem Steuerabzug. 4. Steuerabzugsverfahren nach 50a EStG 4.1 Bruttobesteuerung Der Steuerabzugsbetrag beträgt gemäß 50a Abs. 2 S. 1 EStG für ausländische Künstler pauschal 15 % der Einnahmen. Liegt die Vergütung für den Auftritt unter 250 EUR, sind die Einnahmen steuerfrei ( 50a Abs. 2 S. 3 EStG). Es handelt sich dabei um eine echte Freigrenze, die sich auf jede Darbietung bezieht. Wird diese Grenze hingegen überschritten, wird der gesamte Betrag der Besteuerung unterworfen. Pauschal 15 % der Einnahmen Bemessungsgrundlage sind die vom Künstler eingenommenen Einnahmen i.s. des 8 EStG. Dazu gehören auch die vom Veranstalter übernommenen Aufwendungen. Werden vom Veranstalter auch Reisekosten getragen, gehören diese insoweit zur Bemessungsgrundlage als sie die tatsächlichen Kosten und die Pauschbeträge nach 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG übersteigen. Aufwendungen, die durch den Auftritt im Inland des Künstlers veranlasst sind, können im Rahmen der Brutto-Methode nicht geltend gemacht werden. Rechtfertigung erlangt diese Regelung durch den niedrigen und pauschalierten Steuersatz. Praxis Freiberufler-Beratung 10 2010 276

4.2 Nettobesteuerung Durch die Rechtsprechung des EuGH (12.6.03, C 234/01, BStBl II 03, 859, Gerritse; EuGH 3.10.06, C 290/04, BStBl II 07, 352, FKP Scorpio Konzertproduktion GmbH) zur Besteuerung von beschränkt steuerpflichtigen Künstlern war der deutsche Gesetzgeber gezwungen eine Regelung einzuführen, die auch den Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben zulässt. Dies geschah durch das JStG 2009, in dem die Abzugsbesteuerung und die Haftung nach 50, 50a EStG neu geregelt wurde. In 50a Abs. 3 EStG wurde nun normiert, dass ein Abzug von Betriebsausgaben zumindest dann möglich ist, wenn die Aufwendungen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zu der erhaltenen Vergütung stehen, 50a Abs. 3 S. 1 EStG. Diese Regelung gilt nach 50a Abs. 3 S. 2 EStG jedoch nur für Künstler, die in einem EU oder EWR-Staat ansässig sind. Maßgeblicher Anteil der EuGH- Rechtsprechung Bei der Nettobesteuerung findet auf die Bemessungsgrundlage (= Vergütung abzgl. Aufwendungen) ein Steuersatz von 30 % Anwendung, wenn der Gläubiger (hier der Künstler) eine natürliche Person ist ( 50a Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStG). Zahlungen an eine Körperschaft unterliegen (in Angleichung an den Körperschaftsteuer-Tarif) einem Steuersatz von 15 %. 4.3 Vereinbarung einer Nettovergütung Künstler haben in der Regel eine genaue Vorstellung über ihr Netto-Honorar und dementsprechend auch kein Interesse, sich um eine evtl. anfallende für sie ausländische Steuerbelastung zu kümmern. Die tatsächliche wirtschaftliche Belastung erfährt daher in der Regel der Veranstalter und nicht der steuerpflichtige Künstler. Für die Höhe der Belastung ist entscheidend, was zwischen dem Veranstalter und dem Künstler vereinbart wurde. Eine Nettovereinbarung liegt vor, wenn sich der Vergütungsschuldner (in der Regel der Veranstalter) gegenüber dem Künstler ausdrücklich im Vertrag zur Übernahme der Steuer verpflichtet hat (BFH 5.11.93, VI R 16/93, BStBl II 94, 557). Veranstalter übernimmt die Steuer Musterformulierung: Nettovergütung Der Veranstalter verpflichtet sich alle Steuern, die im Land der Veranstaltung anfallen, zu übernehmen. Liegt die Vereinbarung einer Nettovergütung vor, wird die Steuerschuld rein wirtschaftlich betrachtet vom Vergütungsschuldner übernommen. Die Steuer ist durch die Übernahme damit Teil des Entgelts des Künstlers und muss ebenfalls versteuert werden. 4.4 Vereinbarung einer Bruttovergütung Haben Künstler und Veranstalter eine Bruttovergütung vereinbart, trägt der Künstler als Vergütungsgläubiger die Steuer selbst, die der Veranstalter jedoch nicht an den Künstler ausbezahlt, sondern vom vereinbarten Honorar einbehält. Künstler trägt die Steuer selbst Praxis Freiberufler-Beratung 10 2010 277

Musterformulierung: Bruttovergütung Der Künstler versteuert sein Einkommen selbst. Die Abführung der Steuer findet durch den Veranstalter statt. Zur Auszahlung kommt nur das Netto-Honorar. 4.5 Faktische Nettovereinbarung Im Rahmen einer Bruttovereinbarung trägt, wie gesehen, der Vergütungsgläubiger wirtschaftlich die Abzugsteuer und den Solidaritätszuschlag. Anders ist der Fall der sogenannten faktischen Nettovereinbarung. Eine solche liegt vor, wenn zwar ausdrücklich keine Nettovereinbarung vereinbart wurde, der Veranstalter aber mittels Haftungsbescheid in Anspruch genommen wird. In einem solchen Fall unterscheidet das Finanzamt, ob der Veranstalter auf den Erstattungsanspruch gegenüber dem Künstler verzichtet oder ihn zivilrechtlich geltend macht. Verzichtet der Veranstalter auf den Anspruch, erhebt das Finanzamt wie bei der Nettovereinbarung auch auf den Abzugsbetrag (als Einnahme des Künstlers) wiederum eine Abzugsteuer (vgl. Hensel, 50a EStG und Besteuerung von Künstlern und Sportlern, PIStB 09, 303). 4.6 Übernahme von Kosten Ab 2009 unterliegen übernommene Reisekosten nicht mehr dem Steuerabzug, soweit sie die tatsächlichen Reisekosten des Künstlers nicht übersteigen ( 50a Abs. 2 S. 2 EStG). Dazu gehören die Reisekosten, die gemäß 3 Nr. 13 und 16 EStG steuerfrei erstattet werden können. Das Gleiche gilt auch, wenn Kosten, die zunächst der Künstler selbst trägt, später vom Veranstalter in Geld erstattet werden (ausführlich zu den Reisekosten im Zusammenhang mit der Besteuerung von Künstlern: Holthaus, Praxisprobleme bei der ab 2009 geänderten Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Künstler und Sportler, IStR 10, 23). Veranstalter wird mit Haftungsbescheid in Anspruch genommen Reisekosten Beispiel Die Stadt Bonn engagiert den holländischen Pianisten P für einen Auftritt im Rahmen des Beethovenfestes 2010 und übernimmt die Kosten der Anreise in Höhe von 250 EUR und der Übernachtung von 150 EUR. Die Vergütung für den Auftritt beträgt 1.000 EUR. Die übernommenen Reisekosten in Höhe von 400 EUR sind steuerfrei und unterliegen nicht dem Steuerabzug. 5. Verfahren der Steueranmeldung Das Verfahren der Steueranmeldung erfolgt nach 50a Abs. 5 i.v. mit 73e EStDV. Demnach sind Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, bis zum 10. des Monats anzumelden, der auf das Kalendervierteljahr folgt, in dem der Steuerabzug durch die Tätigkeit ausgelöst wurde. Zuständig für die Anmeldung ist das Finanzamt des Vergütungsschuldners. An dieses hat neben der Anmeldung auch die Abführung der Steuer binnen gleicher Frist Bis zum 10. des Monats anzumelden Praxis Freiberufler-Beratung 10 2010 278

zu erfolgen. Ab dem Kalenderjahr 2010 muss die Anmeldung elektronisch übermittelt werden. Nach den allgemeinen Regelungen der Abgabenordnung steht die Anmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. 6. Risiken für Veranstalter Unterliegen Einkünfte dem Steuerabzug nach 50a EStG, so haftet gemäß 50a Abs. 5 S. 4 EStG, 73g Abs. 1 EStDV der Vergütungsschuldner für die Steuerschuld, wenn diese nicht ordnungsgemäß abgeführt wurde. Die Inanspruchnahme erfolgt entweder durch einen Haftungsbescheid nach 191 AO oder einen Nacherhebungsbescheid gemäß 167 Abs. 1 S. 1 AO. Zwar ist grundsätzlich das Finanzamt bzw. das BZSt nach dem Willen des Gesetzgebers angehalten, den Künstler in gleicher Weise wie den Veranstalter in Anspruch zu nehmen, jedoch ist das Ermessen des Finanzamtes (bzw. des BZSt) vom Einzelfall anhängig: Haftung des Veranstalters Praxishinweis Wurde die Einkommensteuer vom Künstlergehalt einbehalten (Nettovergütung), aber nicht an das Finanzamt weitergeleitet, so wird eine Inanspruchnahme des Künstlers, der schon wirtschaftlich belastet ist, den allgemeinen Regelungen zum Ermessen ( 5 AO) widersprechen. Gibt der Künstler hingegen an, unbeschränkt steuerpflichtig zu sein (Bruttovergütung), ist ein Steuerabzug nach 50a EStG nicht vorzunehmen. In Zweifelsfällen muss sich jedoch der Veranstalter als Vergütungsschuldner die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß 73e S. 6 EStG nachweisen lassen, damit von einem Steuerabzug abgesehen werden kann. Der Nachweis wird vom für die Veranlagung des Künstlers zuständigen Finanzamt in Form einer Bescheinigung erbracht. Veranstalter muss sich unbeschränkte Steuerpflicht des Künstlers nachweisen lassen 7. Erlass, Erstattung, Freistellung 7.1 Erlass der Einkommensteuer nach 50 Abs. 4 EStG Für Veranstaltungen im öffentlichen Bereich besteht nach 50 Abs. 4 EStG die Möglichkeit eines (Teil-)Erlasses der Einkommensteuer für beschränkt steuerpflichtige Künstler, wenn dies in einem besonderen öffentlichen Interesse liegt. Praxishinweis Von dieser Möglichkeit wurde im Rahmen der Veranstaltungen für die Kulturhauptstadt Ruhr2010 erstmals Gebrauch gemacht. Es bleibt abzuwarten, ob diese Regelung nur für Großveranstaltungen greift oder auch für kleinere regionale kulturelle Veranstaltungen Anwendung finden wird. Praxis Freiberufler-Beratung 10 2010 279

7.2 Erstattung bzw. Freistellung nach 50d Abs. 2 EStG In bestimmten Fällen ist das inländische Besteuerungsrecht durch ein DBA sachlich begrenzt. Ist dies der Fall, ist grundsätzlich zunächst vom Vergütungsschuldner der Steuerabzug mit entsprechender Anmeldung unabhängig von der Regelung des DBA vorzunehmen. Erst in einem zweiten Schritt kann der Vergütungsgläubiger beim BZSt die (evtl. teilweise) Erstattung der abgeführten Steuer beantragen. Um dieses, insbesondere für den Künstler, aufwendige Verfahren zu verkürzen, sieht 50d Abs. 2 EStG die Möglichkeit vor, im Vorfeld vom Steuerabzug abzusehen. Dafür ist jedoch eine Freistellungsbescheinigung des BZSt erforderlich. Die Freistellungsbescheinigung ist nach amtlichen Vordruck (siehe www.bzst.de) vom Vergütungsgläubiger vor Auszahlung der Vergütung zu beantragen (vgl. Schmidt/Loschelder EStG, 50d Rn. 17). Das BZSt prüft insbesondere die Ansässigkeit des Künstlers im Ausland, welche durch eine Ansässigkeitsbescheinigung der ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen werden muss. Freistellungsbescheinigung des BZSt Neben der Freistellungsbescheinigung kann das BZSt den Vergütungsschuldner auf Antrag auch dazu ermächtigen vom Steuerabzug abzusehen, wenn ein Fall von geringer steuerlicher Bedeutung vorliegt und sichergestellt ist, dass der BRD abkommensrechtlich nicht das Besteuerungsrecht zusteht, 50d Abs. 5 EStG. Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist jedoch sehr eng und gilt nur für Einkünfte i.s. des 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus Nutzungsüberlassung von Rechten; vgl. insofern auch BMF BStBl I 02, 1386). In beiden Fällen ist es erforderlich, dass die Anträge schon früh im Vorfeld der Veranstaltung gestellt werden, damit die entsprechenden Bescheinigungen vor Auszahlung der Vergütung vorliegen. 8. Fazit Die Besteuerung von ausländischen Künstlern bringt eine Fülle von steuerrechtlichen Fragen, die vor allem aufgrund des hohen Haftungsrisikos genau geprüft sein wollen. Die Komplexität der hier nur kurz dargestellten und nicht abschließenden Probleme im Zusammenhang mit der Besteuerung ausländischer Künstler macht deutlich, wie schwierig für einen Veranstalter die richtige steuerliche Einordnung ist. Um Haftungsrisiken und unvorhergesehene wirtschaftliche Belastungen zu vermeiden, ist eine umfangreiche Beratung häufig unumgänglich. Diese sollte auch schon frühzeitig vorgenommen werden, damit evtl. Möglichkeiten im Bereich der Freistellung ausgeschöpft werden können. Steuerfolgen rechtzeitig abklären Weiterführender Hinweis ÂÂ Zur Abgrenzung der Einkunftsarten bei künstlerischer Tätigkeit (Reinke/Pruns PFB 10, 33) Praxis Freiberufler-Beratung 10 2010 280