Gerinnungsmanagement und perioperative Verweildauer
Themen Thromboseprophylaxe Plättchenfunktionshemmer Vitamin-K-Antagonisten Gerinnung peri-op SLÄK 2.12.2009 Seite 2
S3-Leitlinie VTE-Prophylaxe 2009 27 Fachgesellschaften und Organisationen Alle operativen und konservativen Fachgebiete sowie deren entsprechende Berufsverbände Stationäre und ambulante Prophylaxe Allgemeine Empfehlungen Spezielle Empfehlungen der einzelnen Fachgebiete Spezielle Situationen Forensische Gesichtspunkte Gerinnung peri-op SLÄK 2.12.2009 Seite 3
Beginn der medikamentösen VTE-Prophylaxe Die medikamentöse VTE-Prophylaxe sollte zeitnah zur risikoverursachenden Situation begonnen werden.
Medikamentöse VTE-Prophylaxe Rückenmarknahe Anästhesie Die Applikation einer medikamentösen VTE- Prophylaxe soll nur in sicherem zeitlichen Abstand zur Regionalanästhesieeinleitung und Katheterentfernung erfolgen.
Zeitintervalle zwischen rückenmarknaher Punktion/ Katheterentfernung und medikamentöser Prophylaxe Medikament Letzte Medikamentengabe vor Punktion/Katheterentfernung* Nächste Medikamentengabe nach Punktion/Katheterentfernung* UFH (Proph.) 4h 1h UFH (Ther.) 4-6 h 1 h NMH (Proph.) 12 h 2 4 h NMH (Ther.) 24 h 2 4 h Danaparoid Mögl. keine rückenmarknahe Anästhesie Fondaparinux 36-42 h 6 12 h Hirudine 8 10 h 2 4 h Argatroban** 4 h 2 h ASS (100 mg) *** keine keine Vit.-K-Antagon. INR < 1,4 nach Katheterentfernung * alle Zeitangaben beziehen sich auf eine normale Nierenfunktion ** verlängertes Zeitintervall bei Leberinsuffizienz ***NMH einmalig pausieren, kein NMH 36-42 h vor der Punktion oder vor der geplanten Katheterentfernung
Hüftgelenkendoprothetik, Hüftgelenknahe Frakturen und Osteotomien Patienten mit großen orthopädischen oder unfallchirurgischen Eingriffen an der Hüfte sollen neben Basismaßnahmen eine medikamentöse VTE-Prophylaxe erhalten. Die medikamentöse Prophylaxe soll mit niedermolekularen Heparinen (NMH) oder Fondaparinux erfolgen.
Hüftgelenkendoprothetik, Hüftgelenknahe Frakturen und Osteotomien Zusätzlich zur medikamentösen Prophylaxe können medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe (MTPS) eingesetzt werden. Bei Kontraindikationen gegen eine medikamentöse Prophylaxe soll eine intermittierende pneumatische Kompression (Fuß, Wade, Oberschenkel) eingesetzt werden.
Hüftgelenkendoprothetik, Hüftgelenknahe Frakturen und Osteotomien Die medikamentöse Prophylaxe mit NMH kann bei elektiven Patienten am Vorabend der Operation begonnen werden. Die Erstgabe von Fondaparinux soll frühestens 6 Stunden postoperativ erfolgen. Bei Patienten mit Frakturen, welche konservativ frühfunktionell behandelt werden, kann aufgrund fehlender Daten keine generelle Empfehlung zur VTE-Prophylaxe gegeben werden. Bei Immobilisation soll eine medikamentöse VTE-Prophylaxe erfolgen. Die medikamentöse Prophylaxe soll 28-35 Tage durchgeführt werden.
Problem überbrückende Antikoagulation Prozedurales Blutungsrisiko unter VKA als zu hoch eingeschätzt vs Thrombembolierisiko unter Auslassen von VKA als zu hoch eingeschätzt
Patienten Vorhofflimmern Z.n. Venöser Thromboembolie Mechanischer Klappenersatz Gerinnung peri-op SLÄK 2.12.2009 Seite 11
Eigenschaften NMH Geringeres Molekülgewicht verstärkte anti Xa-Aktivität vollständige Bioverfügbarkeit geringere PF-4 - Affinität feste Dosis-Wirkungsbeziehung renale Elimination verlängerte Halbwertszeit Therapeutische Antikoagulation - 1-2 x tgl s.c. - ohne Laborkontrolle CAVE Niereninsuffizienz
Prospektive Kohorte Canada 11 Zentren in Canada über 9 Monate; FU 3 Monate 224 Patienten (112 Mechan Klappenersatz, 112 Vorhofflimmern) Standardisiertes Vorgehen VKA Stop Tag -5 LMWH therapeutisch Tag -3, -2 LMWH halb-therapeutisch Tag -1 VKA Wiederbeginn Tag 0, LMWH nach persönlichem Eindruck Thrombembolische Komplikation n=8 (3.6% [1.8% 6.9%]) 2 davon kardioembolisch, 6 im Gefolge von Blutungen Blutungen 6.7% (4.1% -10.8%) Davon 8 intraop bzw früh postop Kovacs MJ et al. Circulation 110;2004:1658-1663
Register Hamilton Monozentrisches Register (Hamilton) über 4.5 Jahre, FU 14 d 650 Patienten (285 Mechan Klappenersatz, 365 Vorhofflimmern) Standardisiertes Vorgehen VKA Stop Tag -5 LMWH therapeutisch Tag -3, -2 LMWH halb-therapeutisch Tag -1 VKA Wiederbeginn Tag 0, LMWH nach Blutungsrisiko (high/non high) 542 non high bleeding risk 0.4% thrombembol Kompl, 0.7% major bleeds 108 high bleeding risk 2 Todesfälle (1.8%), wohl thrombembol; 1.8% major bleeds Douketis JD et al. Arch Int Med 164;2004:1319-1326
Notfall-Bridging INR messen Zeitintervall zur OP einschätzen Wenn 24 h Zeit: Vit K 2 Amp, ggf ergänzen Wenn keine Zeit: Prothrombin-Komplex nach Dosiervorschrift Gerinnung peri-op SLÄK 2.12.2009 Seite 15
Plättchenfunktionshemmer Einfache Plättchenhemmung KHK stabil Z.n. cerebrovaskulärem Ereignis AVK Duale Plättchenhemmung Z.n. akutem coronarem Ereignis (12 mo) Z.n. bare metal stent (4-6 Wochen) Z.n. drug eluting stent (12 mo) Gerinnung peri-op SLÄK 2.12.2009 Seite 16
ASS / Clopidogrel / Operation Das Blutungsrisiko unter Thrombocytenfunktionshemmung ist erhöht. Das coronare Risiko unter Operationen ist erhöht. Das coronare Risiko unter Weglassen einer Thrombocytenfunktionshemmung ist erhöht. Das coronare Risiko sinkt mit zunehmendem Abstand vom letzten Ereignis (Infarkt, ACS, Angina, Eingriff). Viele Operationen können unter Fortführung der Thrombocytenfunktionshemmung durchgeführt werden, wenn lokale Blutstillung möglich ist. Bei Proceduren nach Absetzen von ASS blutet es nicht weniger als ohne Absetzen.
ASS / Clopidogrel / Stent Nach bare metal stent Implantation ist eine doppelte Thrombocytenfunktionshemmung für 4 6 Wochen notwendig. Nach drug eluting stent ist eine doppelte Thrombocytenfunktionshemmung für (6-) 12 Monate notwendig. Die akute Stentthrombose ist häufig tödlich. Ein Thrombocytenfunktionshemmer ist schlechter als zwei, aber besser als keiner.
Entscheidungsgrundsätze Wenn ASS oder Clopidogrel abgesetzt werden sollen, ist die Funktion der Thrombocyten frühestens nach 5 (-10) Tagen wiederhergestellt. Während doppelter Thrombocytenfunktionshemmung sollten Operationen grundsätzlich vermieden werden. Wenn vital indiziert: nicht absetzen, da Zeit ohnedies zu kurz. Doppelte Thrombocytenfunktionshemmung nach Stent niemals vollständig absetzen, höchstens Clopidogrel 5(-10) Tage vorher herausnehmen. Alle anderen Entscheidungen sind nach individueller Risiko- Nutzen-Abwägung zwischen Operateur und Kardiologe zu treffen. Nach Möglichkeit Patient mit einbeziehen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Gerinnung peri-op SLÄK 2.12.2009 Seite 20