Physik für Erdwissenschaften 6. 12. 2005 (VO 18++) Emmerich Kneringer Schwingungen und Wellen Schwebungen, Wellenphänomene, Erdbebenwellen, Wasserwellen
Was versteht man unter Physik Naturvorgänge erklären? Die Naturvorgänge mit Formeln beschreiben? Gleichungen lösen und Aufgaben rechnen? Morgen Mittwoch 12:45 Uhr: Fragestunde Nächste Woche Donnerstag: Test 2
Wiederholung: Schwingungen Freie harmonische Schwingung ma = kx Schwingt mit der Eigenfrequenz ω 0 = (k/m) Gedämpfte Schwingung ma = kx bv Amplitude nimmt exponentiell ab Erzwungene Schwingung ma + bv + kx = F extern = F 0 cos Ωt Homogene lineare Differentialgleichung 2.Ordnung 2 && x + δ x& + x = A cosωt 2 ω 0 0 Nach dem Einschwingvorgang schwingt das System mit der externen Frequenz Ω, und zwar mit einer von Ω abhängigen stationären Amplitude Resonanzkurve Lösung der Gleichungen immer: x = A sin(ωt + ϕ) 3
Schwebung Überlagerung von 2 Schwingungen mit ähnlichen Frequenzen Versuch mit 2 Stimmgabeln Die Frequenz einer der beiden identischen Stimmgabeln wird durch Anbringen einer Klemme leicht verändert. Schlägt man beide Stimmgabeln an, so hört man Schwebungen (= periodische Lautstärkenänderungen). + = Die Amplidtude entspricht der Lautstärke des Tons. 4
Schwingungen und Wellen Schwingung lokal Welle global Welle Räumlich verteilte Schwingungen An jedem Ort findet eine Schwingung um die Ruhelage statt Kopplung zwischen benachbarten Schwingungen Experiment: gekoppelte Pendel Energie wird von einem Pendel langsam auf das ander Pendel übertragen (und wieder zurück) Physlet Vergleiche: auch die beiden Stimmgabeln sind durch das dazwischenliegende Medium (=Luft) gekoppelt. Versuch: eine Stimmgabel anschlagen auch die zweite beginnt zu schwingen! 5
Wellen in der Physik Wellen spielen in allen Gebieten der Physik eine grosse Rolle! In der Mechanik Bsp: Schall, Wasser In der Elektrodynamik / Optik Bsp: Elektromagnetische Wellen (Radiowellen, Licht, Röntgenstrahlung) In der Quantenmechanik Bsp: Teilchen werden als Welle beschrieben 6
Eigenschaften von Wellen Transversale Wellen (shear, sekunda) In Festkörpern (Bsp: Seil, Licht, auch Wasser!) Longitudinale Wellen (pressure, prima) In Flüssigkeiten und Gasen (Bsp: Wasser, Schall) Laufende Wellen Def: Wellengeschwindigkeit v = λ/t (oder: c = λf) Stehende Wellen Schwingungsbäuche, Schwingungsknoten Superposition, Interferenz konstruktiv, destruktiv Nur Energietransport, kein Massentransport 7
A. Stehende Wellen Die Überlagerung (=Superposition) von zwei in entgegengesetzter Richtung laufenden Wellen ergibt eine stehende Welle. Meist wird nur eine in einer Richtung laufende Welle angeregt. Die entgegengesetzt laufende Welle entsteht automatisch durch Reflexion der Welle an einem festen oder offenen Ende. Beispiele 1-dimensional: Seil (Simulation und Videoexp.) Vgl. auch einfaches Handexperiment: 2 Personen halten an je einem Ende ein Seil und schwingen es herum (zuerst langsam, dann schneller) 2-dimensional: Chladni sche Klangfiguren 8
Stehende Welle: 1-dimensional Versuch: Nur bei bestimmten Frequenzen bildet sich eine (resonante) stehende Welle aus. Parameter für eine stehende Welle: A0 = 0.002, b = 0.01, f = 0.1 n, #T ~ 1000, dt = 0.1, Sinus-Anregung; Physlet f=0.2 Hier passt genau eine Wellenlänge rein. f=0.15 Bei 0.75 Wellenlängen kann die Amplitude der Wellenberge nicht grösser als die Amplitude der Anregeung sein. Stehende Wellen bilden sich aus, falls ein ganzzahliges Vielfaches von λ/2 reinpasst! Andernfalls löschen sich hin- und herlaufende Wellen weitgehend aus. Details: L = n λ/2, λ = v/f f = n v/2l, n N hier: L = 12 cm, v = 2.5 cm/s f n = n 2.5/24 0.1 n 9
2-dim: Chladni sche Klangfiguren Genauso wie linienförmige Körper können auch Flächen schwingen. Daher können sich auch stehende Wellen auf solchen Körpern bilden, da diese Wellen am Rand der Körper sowie an festgestellten Punkten (z.b. Aufhängung) reflektiert werden. An Stellen mit Schwingungsbäuchen wird viel Schall abgestrahlt, während an Stellen mit Schwindungsknoten keine Abstrahlung vorkommt. Der experimentelle Nachweis wurde erstmals 1787 von Chladni durchgeführt. Er hat feinen Sand auf Metallplatte gestreut und diese dann mit einem Geigenbogen zum Schwingen angeregt. An den Stellen mit Schwingungsbäuchen bewegt sich der Sand relativ stark, während er an den Stellen mit Schwingungsknoten ruhig liegen bleibt und sich dort sammelt. Da es sich hierbei jedoch nicht um einzelne Punkte sondern um Linien handelt, spricht man auch von Knotenlinien. Beeinflußt wird das entstehende Muster vor allem von der Erregerfrequenz, denn nur bei bestimmten Frequenzen bilden sich stehende Wellen, durch die Form der Platte, die die Symmetrie des Systems beeinflußt, sowie durch den oder die Punkte, an denen die Platte eingespannt ist. Denn an diesen Stellen werden Schwingungsknoten erzwungen. Es genügt bereits, die Platte an verschiedenen Stellen festzuhalten. selbst gedrehtes Video http://homepages.compuserve.de/ agaumann/stehende_wellen/node8.html 10
Chladni sche Klangfiguren: Rechteckplatte 11
Chladni sche Klangfiguren: Kreisplatte 12
B. Weitere Wellenphänomene Vergleich: Theorie - Simulation 1. Reflexion einer Welle 2. Phasengeschwindigkeit v ϕ und Gruppengeschwindigkeit v g 3. Dopplereffekt Die Simulation erhält man, wenn man auf die jeweilige Überschrift klickt (Voraussetzung: Internetanschluss). 13
Exemplarisch: Reflexion einer Welle Was passiert? am festen Ende? am losen (freien) Ende? Gibt es auch keine Reflexion? Auf der nächsten Seite wird die Antwort gegeben. Man kann sich die Antwort aber auch mit Hilfe der Simulation erarbeiten. 14
1. Effekte bei Reflexion: Phasensprung 15
2. Phasengeschw. Gruppengeschw. v ϕ = 2v g Wähle in der Simulation: f(x,t) = 2.2*sin(8*x 8*t) g(x,t) = 2.2*sin(8.84*x 9.68*t) 16
3. Dopplereffekt - qualitativ 17
Dopplereffekt - quantitativ 18
Motivation C. Seismische Wellen Die einzige Möglichkeit, Information über das Erdinnere zu erhalten Theorie Typen von Wellen Longitudinale und transversale Wellen Ebene Wellen und Kugelwellen Charakteristika einer Welle Amplitude, Frequenz und Wellenlänge Phasengeschwindigkeit und Gruppengeschwindigkeit Interpretation der Messungen Politischer Aspekt Möchte Ursache der seismischen Wellen unterscheiden können: natürlich oder Atombombenexplosion? 19
Aufgabe Erdbeben erzeugen im Erdinneren Schallwellen Anders als bei Gasen können dabei sowohl transversale (S) als auch longitudinale (P) Schallwellen auftreten. Typischerweise beträgt die Geschwindigkeit von S- Wellen rund 4.5 km/s und die von P-Wellen 8 km/s. Ein Seismograph registriert sowohl P- als auch S- Wellen von einem Erdbeben. Die erste P-Welle erreicht den Seismographen 3 min vor der ersten S-Welle. Angenommen, die Wellen breiten sich entlang gerader Linien aus. Welche Entfernung hat das Erdbeben? Antwort: 1850 km 20
Seismogramm zur Übungsaufgabe 21
Mehr dazu Raumwellen breiten sich radial vom unterirdischen Zentrum des Erdbebens aus. Das Epizentrum, das sich direkt über dem Erdbebenzentrum in der Erdkruste befindet, liegt im Mittelpunkt der von dort ausgehenden Oberflächenwellen. Aus einem Laufzeigdiagramm kann die Entfernung der Erdbebenstation zum Epizentrum des Erdbebens abgelesen werden. Typisches Seismogramm 22
Stärke von Erdbeben 23
Aufbau der Erde 4 Zonen Kruste Mantel Äusserer Kern Innerer Kern 24
Kompressions- und Scherwellen 25
Geschwindigkeiten von Erdbebenwellen 26
D. Wasserwellen Ursache: Wind! Kapillarwellen Rücktreibende Kräfte Wollen die Oberfläche wieder gerade biegen. angetrieben durch die Oberflächenspannung Schwerewellen angetrieben durch die Gravitation Tiefwasserwellen Wellenlänge λ klein im Vergleich zur Gleichgewichtstiefe h des Wassers (tanh 1) Seichtwasserwellen / Flutwellen Tiefe des Wassers klein im Vergleich zu λ (tanh x x) 27
Dispersionsrelation ω(k), Phasengeschwindigkeit v ϕ Tiefwasser ω 2 = gk k=λ/2π v ϕ = ω/k v ϕ = (g λ/2π) dispersionsbehaftet Seichtwasser ω 2 = gk(2πh/λ) v ϕ = (g h) dispersionsfrei (da v ϕ unabhängig von ω), aber Auflaufen von nachkommenden Wellen bei Verringerung der Wassertiefe führt zum Brechen der Welle Rechenbeispiel: Seitwasserwelle im tiefen Ozean h = 5 km (mittlere Tiefe der Ozeane) v ϕ = 50000 220 m/s 800 km/h 28
Stehende Wasserwellen Niedrigste sinusförmige Eigenschwingung in einem rechteckigen Aquariumbehälter Eine Wasserwelle ist keine reine Transversalwelle. Betrachtet man nur eine Hälfte des Behälters, dann erkennt man, dass Wasser von der anderen Hälfte zu- und wieder abfliessen muss, das Wasser sich also auch longitudinal bewegt. 29
Bewegung des Wassers Wellenbrecher Animation 30
Tsunami (26.12.2004) siehe Video home page Animation 31