Forschung zur Medikationssicherheit

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Transkript:

Dr. Jochen Mack Stv. Leiter Pilotprogramme progress! Patientensicherheit Schweiz Stiftung für Patientensicherheit Forschung zur Medikationssicherheit Was sagt sie uns? Tagung «Patientensicherheit, von anderen lernen» vom 17. Januar 2013 in der EPI-Klinik Zürich 1

Medikationssicherheit - Schlagzeilen 10% of Hospital Admissions Are Associated With an Adverse Event TEH & Associates, February 21, 2010 50% of Adverse Events Are Preventable TEH & Associates, February 21, 2010 Commentary: Fifty percent, or one in every two, adverse events can be prevented. An adverse event is defined as an unintended injury or complication resulting in death, disability or prolonged hospital stay caused by healthcare management. Studies have shown that 37 70% of adverse events are preventable for the sake of simplicity, I have summarised the study results to one figure 50%.

Medikationssicherheit - Schlagzeilen Medical Errors Cost $19.5 Billion in USA TEH & Associates, August 19, 2010

Medikationssicherheit - Inhaltsverzeichnis 1. Schlagzeilen 2. Inhaltsverzeichnis 3. Risikoabschätzung 4. History 5. Findings 6. Lösungsansätze 7. Entwicklung 8. Messinstrumente 9. Interventionen 10. Schweiz 11. progress! 4

verlorene Leben/Jahr Medikationssicherheit - Risikoabschätzung Wie riskant ist das Gesundheitswesen? 100'000 Gefährlich (>1/1000) Gesundheitswesen Reguliert Auto Ultra-sicher (<1/100K) 10'000 1'000 100 10 1 Bungee Jumping chem. Industrie Charter Flüge Linienflüge Zug Bergsteigen Atom- Kraftwerke 1 10 100 1'000 10'000 100'000 1'000'000 10'000'000 5 Exponierte Personen bis 1 Schadenfall eintritt Lucian Leape, 2/2001

Medikationssicherheit - Risikoabschätzung Medikationssicherheit von 99,9% entspräche: 84 unsichere Landungen pro Tag 1 grosses Flugzeugunglück alle 3 Tage 16 000 Postsendungen verloren pro Stunde 37 000 fehlerhafte Banktransaktionen pro Stunde 12 Babies der falschen Mutter gegeben pro Tag Daten nach E. Martinelli, übernommen von S. Meisel, Institute for Healthcare Improvement, Massachusetts, 1987, und W.E. Deming in Error in Medecine, L. Leape, JAMA, 1994 6

Medikationssicherheit - History Über Jahrhunderte oberstes Ziel: keinen Schaden zufügen Primum non nocere Scribonius Largus, physician, 50 A.D. inspired by Hippocrates (ca. 460-ca.377 B.C.) "to help, or at least to do no harm," taken from Epidemics First, do no harm Florence Nightingale, Notes in Hospitals, 1863 7

Medikationssicherheit - History 1964 - E.M. Schimmel: 20% patients with iatrogenic injuries of which 20% serious or fatal 1974 - Mills et al.: Medical Insurance Feasibility Study 4.6% incidence for potentially compensable events 1981 - Steel et al.: 36% iatrogenic events of which 25% serious or life threatening >50% due to use of medication 1991 - Bedell et al.: 64% cardiac arrests in a teaching hospital preventable -> leading cause: inappropriate drug use 1991 - Brennan et al.: Havard Medical Practice Study I + II Leape et al.: 3.7% accidental injuries of which 27.6% preventable / due to negligence 1994 L.L. Leape: Error in Medecine 180 000 people possibly die each year partly as a result of iatrogenic injury

Medikationssicherheit - History 1999 - Kohn et al.: To Err Is Human Building A Safer Health System Report of the Institut of Medicine 44 000-98 000 people die each year from medical errors preventable adverse events are the 8th-leading cause of death Deaths due to preventable adverse events exceed deaths attributable to motor vehicle accidents 43 458 breast cancer 42 297 AIDS 16 516 17-29 billion $ annual costs for preventable adverse events about double that for all adverse events of which >50% healthcare costs

Medikationssicherheit - History Medline citations 1966-2005 Folie: Dr. Patrik Muff, Spitalnetz Bern 10

Medikationssicherheit - Findings Forschungsergebnisse aus dem Spitalbereich an Hand einiger beispielhafter Studien: De Vries et al. The incidence and nature of in-hospital adverse events: a systematic review Qual Saf Health Care 2008;17:216-223

Medikationssicherheit - Findings 9.2% patients with adverse events of which 43.5% preventable De Vries et al. The incidence and nature of in-hospital adverse events: a systematic review Qual Saf Health Care 2008;17:216-223

Medikationssicherheit - Findings Zegers et al. Adverse events and potentially preventable deaths in Dutch hospitals: Results of a retrospective patient record review study Qual Saf Health Care 2009;18:297-302

Medikationssicherheit - Findings Chirurgie weist die höchsten adverse event-raten auf De Vries et al. The incidence and nature of in-hospital adverse events: a systematic review Qual Saf Health Care 2008;17:216-223

Medikationssicherheit - Findings Zegers et al. Adverse events and potentially preventable deaths in Dutch hospitals: Results of a retrospective patient record review study Qual Saf Health Care 2009;18:297-302

Medikationssicherheit - Findings OP weist die höchsten adverse event-raten auf De Vries et al. The incidence and nature of in-hospital adverse events: a systematic review Qual Saf Health Care 2008;17:216-223

Medikationssicherheit - Findings Medikation weist höchste adverse event-rate abgesehen von Chirurgie auf De Vries et al. The incidence and nature of in-hospital adverse events: a systematic review Qual Saf Health Care 2008;17:216-223

Medikationssicherheit - Findings Zegers et al. Adverse events and potentially preventable deaths in Dutch hospitals: Results of a retrospective patient record review study Qual Saf Health Care 2009;18:297-302

Medikationssicherheit - Findings Adverse event-rate in verschiedenen Spital-Typen Zegers et al. Adverse events and potentially preventable deaths in Dutch hospitals: Results of a retrospective patient record review study Qual Saf Health Care 2009;18:297-302

Medikationssicherheit - Findings Adverse events und Alter: je älter desto höheres Risiko Zegers et al. Adverse events and potentially preventable deaths in Dutch hospitals: Results of a retrospective patient record review study Qual Saf Health Care 2009;18:297-302

Medikationssicherheit - Findings Mögliche Risikofaktoren für unerwünschte Ereignisse: Chirurgische Eingriffe (speziell bei Routineeingriffen) Zunehmendes Alter Komorbidität Polymedikation (speziell mit Risiko-Medikamenten) Kinder (empfindlicher, komplexer) Längere Spitalaufenthaltsdauer Schlechtere Dokumentation Spitaltyp (Universitätsspital eher mehr und ernstere AE, einfacheres Spital eher mehr verhinderbare AE) Ev. Departement, Abteilung, leitende Person

Medikationssicherheit - Findings ADE s sind häufiger als nosokomiale Infekte Leape LL, Brennan TA, Laird N et al. The nature of adverse events in hospitalized patients. Results of the Harvard Medical Practice Study II. N Engl J Med 1991 Feb 7;324(6):377-84 Drug errors not only increase costs, but also significantly prolong hospital stays and increase the risk of death almost 2-fold. Classen DC; Pestotnik SL; Evans RS; Lloyd JF; Burke JP; Adverse drug events in hospitalized patients. Excess length of stay, extra costs, and attributable mortality JAMA 1997; 277(4):301-6 Preventable adverse events led to a mean increased length of stay of 6 days. Soop M; Fryksmark U; Köster M; Haglund B; The incidence of adverse events in Swedish hospitals: a retrospective medical record review study Qual Health Care 2009;21(4):285-291 Drug complications were the most common type of adverse event (19%), followed by wound infections (14%) and technical complications (13%). Nearly half the adverse events (48%) were associated with an operation. Adverse events during surgery were less likely to be caused by negligence (17%) than nonsurgical ones (37%). Leape LL, Brennan TA, Laird N et al. The nature of adverse events in hospitalized patients. Results of the Harvard Medical Practice Study II. N Engl J Med 1991 Feb 7;324(6):377-84 Errors occurred in about half of the intravenous drug doses observed. Errors were potentially harmful in about a third of cases. The most common errors were giving bolus doses too quickly and mistakes in preparing drugs that required multiple steps. 22 Taxis K; Barber N; Ethnographic study of incidence and severity of intavenous drug errors BMJ 2003;326

Medikationssicherheit - Findings 23

Medikationssicherheit - Findings Wo geschehen die Fehler im Medikationsprozess? Verschreibung (handschriftlich) 39% Verabreichung 38% Übertragung / Dokumentation 12% Dispensation 11% Quelle: Bates et al., JAMA 1995, 274 24

25 Medikationssicherheit - Findings

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Auszug aus den Forderungen des IOM-Reports* bezüglich Medication safety System-orientierter Approach Standards setzen für Dosis, Timing, Dosislimiten pro Abteilung Elektronische Verschreibung Verfügbarmachen der Patientendaten am Patientenbett Gebrauch pharmazeutischer Software Unit-dosing Zentrale Zubereitung von Hoch-Risiko Medikamenten in der Spitalapotheke 26 *Kohn L. et al. Committee on Quality of Health Care in America, To Err is Human: building a safer health system Institute of Medicine, National Academy Press 2000

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Strategien um Medikationsfehler zu reduzieren Human factors principles (Leape et al., 2000) Reduce reliance on memory Simplify Standardize Use constraints* and forcing functions* Use protocols and checklists wisely Improve information access Decrease reliance on vigilance Reduce hand-offs Increase feedback Decrease multiple entry and look-alikes Automate carefully 27 * Design to make incorrect use difficult (constraint) or impossible (forcing function)

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Ziel muss es sein, den Prozess zu vereinfachen und sicherer und effizienter zu machen Das bedingt eine grundlegende Diskussion über alle Abläufe in diesem Prozess und evidenzbasierte Veränderungen 28

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Technologie und Verhinderung von Medikationsfehlern Phase des Medikationsprozesses (Bates et al., 2000) Technologie Verschreibung Elektronische Verordnung : (Computerized physician order entry (CPOE)), Elektronische Untersützung klinischer Entscheide (clinical decision support system (CDSS)) Übertragung/Übermittlung Verteilung Elektronische Bestellungsübermittlung Roboter, Bar-code, automatisierte Verteilsysteme 29 Verabreichung Monitoring Bar-code, Automatisierte Verteilung, elektronische Aufzeichnung der Verabreichung (computerized medication administration records (MARs) Elektronische Meldung von Adverse Drug events

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Verordnung State of the Art 2004! 30

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Computerized Physician Order Entry Reduces: Serious medication errors 55% Prescribing errors 19% Transcription errors 84% Dispensing errors 68% Administration errors 59% Preventable ADE s 17% Non-intercepted potential ADE s 84% Bates DW. JAMA 1998;280:1311-16 31

Medikationssicherheit - Lösungsansätze CPOE + CDSS (8 Studies) Bates et al., 1998, 1999: 55 to 86% decrease in rate of non-intercepted serious medication errors 17 to 62% reduction in rate of preventable adverse drug events Others: Dosing errors: 89% reduction in doses exceeding usual maximum, 30% reduction in dose/frequency errors in patients with renal insufficiency Utilization: 70% reduction in inappropriate thromboprophylaxis drug regimens 32

Medikationssicherheit - Lösungsansätze CDSS (8 Studies) (6 on anti-infectives from the LDS Hospital, Utah) 30 to 85% reduction in rate of antibiotic-associated adverse events (LDS Hospital) 92% reduction in wrong timing of pre-operative antibiotic prophylaxis (LDS Hospital) 55% reduction in rate of patients developing drug-induced renal impairment 100% reduction in rate of dosing errors in NICU 33

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Computerized MARs (3 Studien) 39% reduction in rate of overall medication errors 54% reduction in rate of missed doses 80% reduction in unavailability of medications 100% reduction in rate of transcription errors 34

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Fehlerreduktion durch automatisierte Dispensarien Pyxis Medstation Rx (3 Studien): 28 bis 38% Abnahme der Verteilungsfehler (jetzt noch v.a. Zeit oder vergessene Dosis) 70% Zunahme der Rate der Verteilungsfehler in einer Abteilung ( nurses overused override function ) Baxter s ATC 212 (2 Studien): 23 bis 99% Fehlerreduktion bei der Bereitstellung (v.a Dosierungsstärken) Bar coding bei der Verteilung (1 Studie): 100% Fehlerreduktion bei der Bereitstellung 35

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Pharmacist participation on medical rounds: Leape et al., 1999: 66% reduction in rate of preventable adverse drug events in ICU Scarsi et al., 2002: 51% reduction in rate of medication errors in general medicine Kucukarslan et al., 2003: 78% reduction in rate of adverse drug events in general medicine Bates et al., 1998: No difference between CPOE alone and CPOE + team intervention (including pharmacist attending internal medicine rounds) 36

Medikationssicherheit - Lösungsansätze Fazit CPOE und CDSS sind die effizientesten Massnahmen zur Fehlerreduktion (wenn richtig implementiert). Die Apotheker auf der Station können einen wesentlichen Beitrag leisten. Das Re-Engineering des Medikationsprozesses hängt ab vom Willen der Beteiligten, das System ohne Vorurteile und Vorbehalte neu und evidenzbasiert logisch aufzubauen. Die Wahl des Medikamentenverteilsystems ist abhängig von der lokalen Situation. 37

Medikationssicherheit - Entwicklung Entwicklung der Medikationssicherheit kaum Besserung! Nach wie vor häufigste Gründe für unerwünschte Zwischenfälle: 1. operative Eingriffe 2. Medikamente Präventabilität: 63.1% Landrigan CP et al. Temporal Trends in Rates of Patient Harm Resulting from Medical Care NEJM 2010;363:2124-34 38

Medikationssicherheit - Entwicklung Entwicklung der Medikationssicherheit kaum Besserung! Bericht des Inspector General, US Department of Health and Human Services, 2010: 13.5% adverse events without 13.5% adverse events with harm 44% preventable 1.5% adverse events contributing to death -> projecting to 15 000 patient deaths in one month 324 million $ additional costs in one month Levinson DR Adverse Events in Hospitals: National Incidence Among Medicare Beneficiaries Nov 2010 OEI-06-09-00090 39

Medikationssicherheit - Entwicklung Kaum Besserung warum? Umgang mit Fehlern und Fehlbaren (Kultur) Kommunikation zwischen allen Beteiligten Technische Defizite Komplexizität der Problematik Fehlende Routine-Messungen und Feedbacks (von sehr lokal bis ganz breit) Fehlende laufende Monitoring-, Alarm- und Auffangsysteme Fehlende Publicity Fehlende Verantwortlichkeiten Patienten- und Personalsituation Fehlende Kenntnis Liste nicht abschliessend

Medikationssicherheit - Messinstrumente Messinstrumente Um die Situation zu verbessern, muss man sie kennen: Analyse der Prozesse in der EIGENEN Institution Anforderungen an eine Methode zur Messung der Medikationssicherheit - effizient - einfach - reproduzierbar - fähig, die Situation prä- und post-intervention zu messen Interdisziplinäre Organisation 41

Medikationssicherheit - Messinstrumente Vergleich von 4 häufig verwendeten Methoden zur Beurteilung der Medikationssicherheit im stationären Bereich: Incident Reporting Analyse Direkte Beobachtung Chart Review Indikator-Technologie (Trigger Tool) bezüglich Genauigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit. 42

Medikationssicherheit - Messinstrumente Ergebnisse: Einschluss von 28 Studien, die mindestens 2 der 4 Methoden vergleichen. Alle 4 Methoden haben verschiedene Stärken und Schwächen. Überschneidungen in der Entdeckung von medikamentenassoziierten Problemen sind minimal. Incident Report Review deckt vor allem schwerwiegende medikamentenassoziierte Probleme auf. Trigger Tool war am effizientesten und wirtschaftlichsten, aber nur 10% der 333 gefundenen Indikatoren zum Thema Medikationssicherheit sind validiert! 43

Medikationssicherheit - Interventionen Kriterien für Interventionen - effektiv («evidence-based») - realisierbar - interdisziplinär 44

Medikationssicherheit - Interventionen Interventionen International empfohlene und evidenz-basierte Strategien zur Verbesserung der Medikationssicherheit Fokussierung auf Hochrisiko-Medikamente Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit z.b. Klinische Pharmazie Verbesserung der Kommunikation z.b. Einbezug von Patienten Optimierung / Standardisierung der Prozesse Erhöhung des Informatisierungsgrads [Liste nicht vollständig] 45

Medikationssicherheit - Interventionen Interventionen Einbezug von Patienten Regelmässige Interviews während und nach der Hospitalisation, danach Beurteilung durch 2 unabhängige Kliniker % Patienten Unerwünschte Ereignisse mit Schaden 8 % Lebensbedrohlich (z.b. anaphylakt. Schock) 0 % Ernst (z.b. Grosser Abszess) 1 % Signifikant (z.b. Schmerzen) 5 % Leichter Schaden 2 % Vermeidbare unerwünschte Ereignisse 5 % Nur 55% der Ereignisse in KG dokumentiert, keines im internen CIRS registriert! Quelle: Weingart. J Gen Intern Med 2005, pp 830-836 Folie nach Prof. Dr. D. Schwappach 46

Medikationssicherheit - Interventionen Medication reconciliation Adäquate Medikation bei Austritt Standardisierung Medication Reconciliation bei Austritt - Frühzeitige Entlassungsplanung - Verwendung von Checklisten - Abgleich Eintritts- / Austrittsmedikation - (dokumentierte) Schulung Patient / Angehörige - Verwendung von Informationsmaterial (Schriftliche Medikamentenliste, individualisiertes Zusatzmaterial, Piktogramme) Involvierung von Patienten / Angehörigen Verwendung von Dosierhilfen Kontaktaufnahme mit Anschlussversorgern (Hausarzt, Spezialarzt, Heim, Spitex, Apotheke) 47

Medikationssicherheit - Interventionen Interventionen Voraussetzungen für Erfolg Infrastruktur (Hardware und Software) Identifikation und Unterstützung durch die betroffenen Akteure (Direktion, Mitarbeiter, Patienten) Akzeptanz (Direktion, Mitarbeiter, Patienten) Anpassung an die eigenen Prozesse Leadership Finanzen Aus- und Weiterbildung Prozessänderungen, wie ein neues Computersystem oder der Gebrauch einer Checkliste, können ein bisschen helfen; aber wenn sie nicht in ein System eingebettet sind, in welchem die Mitarbeiter in Sicherheitsbestrebungen involviert sind, geschult werden, wie Sicherheitslücken und Risiken identifiziert und behoben werden können, sowie eine starke Kommunikations- und Teamkultur haben, wird der Fortschritt schmerzhaft langsam sein. Dr. Robert M. Wachter, University of California San Francisco New York Times, 24. November 2010, Mistakes still prevalent in hospital care, study finds 48

Medikationssicherheit Schweiz Patientensicherheit in Schweizer Spitälern Umfrage 2006 Identifikation von 169 Hotspots: 1. Falsche Zubereitung von Medikamenten - Medikationssicherheit 2. Fehlerhafte Medikamenten-Abgabe - falscher Patient - falsches Medikament - fehlende Informationen bei Entlassung 3. A) Ungenügende Händehygiene B) Handling von Infusionspumpen C) Lesbarkeit von Medikamenten-Verordnungen D) Fehler bei der Dokumentation der Medikation [Quelle: Schweiz. Ärztezeitung, 2008,89:24] 49

Die aktuelle Situation in den Schweizer Spitälern: -> vergleichbare Zahlen! Medikationssicherheit Schweiz Medikationsfehler machen bis zu 30% aller unerwünschten Ereignisse aus. 1-3 7% der Hospitalisationen geschehen aufgrund von Medikationsproblemen mindestens 7,5% der Patienten erleben während ihres Spitalaufenthalts eine unerwünschte Arzneimittelwirkung oder einen Medikationsfehler. 4-7 Ein Medikamenten-bedingter Zwischenfall unter 20 ist das Resultat eines Behandlungfehlers. 7 Wirtschaftliche Konsequenzen: - Fallkosten von bis zu CHF 6650 - geschätzte jährliche Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe pro Kantons- oder Universitätsspital pro Jahr. Referenzen: 1. Landrigan et al. N Engl J Med. 2010 Nov 25 2. Classen et al. JAMA 1991;266:2847-51 und Qual Saf Health Care 2005;14:221-226 3. Soop et al. Qual Health Care 2009;21:285-291 4. Von Laue NC et al. Wien Klin Wochenschr. 2003 Jul 15;115(12):407-15. 5. Hardmeier B et al. Swiss Med Wkly. 2004 Nov 13;134(45-46):664-70. 6. Livio F et al. Rev Med Suisse. 2010 Jan 20;6(232):128-31. 7. Pirmohamed M. Wien Klin Wochenschr. 2010 Feb;122(3-4):62-4. 8. Lewi PJ et al. Drug Saf. 2009;32(5):379-89. 50 Folie nach: Dr. Carla Meyer-Massetti, Stiftung für Patientensicherheit, 2012

Medikationssicherheit Schweiz Qualitätsstrategie des Bundes Ziel: Planung und Umsetzung eines ersten nationalen Qualitäts- und Patientensicherheitsprojekts Hotspots im Aktionsfeld Direkte Interventionen : Sichere Chirurgie Medikationssicherheit Nosokomiale Infekte 51

Medikationssicherheit progress! progress! Pilotprogramme Patientensicherheit Schweiz progress! Sichere Chirurgie progress! Sichere Medikation an Schnittstellen im Rahmen der nationalen Qualitätsstrategie des Bundes im Gesundheitswesen 52

Medikationssicherheit progress! Absicht Pilotprogramme entwickeln, die: Modellcharakter haben für grössere Programme (Pilot) Effekt (Sensibilisierung, Wirkung) haben Visibilität haben dazu beitragen, dass in der Schweiz Know-How entsteht realistisch sind für die Schweiz Akzeptanz haben bei Gesundheitsorganisationen und Fachpersonen und einem Bedürfnis entsprechen von der Stiftung umsetzbar sind Umsetzungselemente und Messungen und Evaluationen beinhalten hinsichtlich spezifischer Fragestellungen wissenschaftlich untersucht werden 53

Medikationssicherheit progress! Ausrichtung der Pilotprogramme Abstützung auf evidenz-basierte Interventionen / Verbesserungskonzepte Direkte Einwirkung auf die Patientensicherheit Klare Vorgaben bzw. Empfehlungen betreffend Art der Interventionen (z.b. Einführung chirurgischer Checklisten) Unterstützende Begleitmassnahmen für die Umsetzung Flexibilität betreffend Umsetzung bei den Leistungserbringern gemäss deren individueller Ausgangs- und Problemlage (z.b. lokale Anpassung der Checkliste gemäss Fachgebieten und lokalen Gegebenheiten) Messung und Evaluation für das Monitoring der Wirksamkeit und des Projektkonzepts und wissenschaftliche Begleitforschung zu spezifischen Fragestellungen als Basis für die Weiterentwicklung 54

Medikationssicherheit progress! Grundmodell: 2 Interventionsachsen Stossrichtung Interventionsachse Achse 1 Flächendeckende Verbreitung; alle Betriebe Achse 2 Verbesserungsplattform; Pilotbetriebe Thematisierung Sensibilisierung Vermittlung neuer Normen Verstärkung Verbesserung Verstärkung

Medikationssicherheit progress! Elemente der Interventionsachsen Achse 1 Flächendeckende Verbreitung bzw. offen zugängliches Zur-Verfügung- Stellen der inhaltlichen Grundlagen Kommunikation und Marketing Verbreitungs-Kanäle Evaluation der Kampagnenverbreitung und der Sensibilisierung Eventuell breit zugängliche Veranstaltung Laufendes campaigning Achse 2 Rekrutierung Pilotbetriebe Ist-Zustandserhebung Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen (Workshops) Gemeinsame Definition von Verbesserungszielen für die ganze Gruppe Gemeinsamer Verbesserungsprozess Veränderungserhebung Mess- und Evaluationsergebnisse als Reflexions-Grundlage Kommunikation pot. Vergabe eines Labels 56

Medikationssicherheit progress! 2012 2013 2014 2015 Sichere Chirurgie Programmaufbau, Durchführung, Evaluation Sichere Medikation Entwicklung Grundlagen Programmaufbau, Durchführung, Evaluation