Gesundheitsförderung in der Falle

Ähnliche Dokumente
Eigenverantwortung für eine aktivierende Sozial- und Gesundheitspolitik. 1. Das Prinzip Hoffnung: Mehr Eigenverantwortung bitte

Wozu brauchen wir ein Präventionsgesetz? Prof. Dr. Rolf Rosenbrock Sachverständigenrat Gesundheit

Fachtagung des Caritasverbands in Frankfurt

Empowerment in der Gesundheitsförderung

lche Ansätze der Gesundheitsförderung

Theoretische Rahmenkonzepte

Was bedeutet das neue Präventionsgesetz für die Bundes-, Landes- und kommunale Ebene?

DER ÖGD ALS KOORDINIERENDER AKTEUR? Möglichkeiten und Grenzen bei der Gestaltung kommunaler (Inklusions-) Strategien

Eigenverantwortung und Unternehmensverantwortung für die Mitarbeitergesundheit

Das Präventionsgesetz. Kritik des Referentenentwurfs

Das Präventionsgesetz 2015: Alte Defizite Neue Chancen. Prof. Dr. Rolf Rosenbrock. Universität Bielefeld Forum Offene Wissenschaft 21.

Impulsvortrag in der Arbeitsgruppe. Gesunde Stadtteile

Bewegung in Lebenswelten. Prof. Dr. Rolf Rosenbrock. Forum Sport und Gesundheit BARMER GEK/LSV Schleswig-Holstein Landeshaus Kiel, 25.

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg

Selbsthilfe und Gesundheitsförderung

KOMMUNALE RESILIENZ SCHUTZFAKTOREN UND STRUKTUREN

Gesundheitsstrategie Baden-Württemberg- Generierung und Umsetzung von Gesundheitszielen im Rahmen einer Public Health Initiative

Inhalt. Gesundheit und Gesundheitsförderung Mehrebenenmodell der WHO Kommune als Ort der Gesundheitsförderung

Die Wirksamkeit von Verhaltens- und Verhältnisprävention in verschiedenen Settings

Gesund alt werden im Quartier

Ringvorlesung Eröffnungsveranstaltung Stendal, 15. Oktober 2013

Gesundheitsthemen der Zukunft (neue) Felder der Sozialen Arbeit

Die Kommune als Akteur und Setting im Präventionsgesetz Chancen und Herausforderungen in NRW.

Gesundheitsförderung im Setting Krankenhaus unterstützen: Der Kooperationsverbund Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten

Jahrestagungen Netzwerkkoordinierende Frühe Hilfen 2016

Hochschule für Gesundheit Hochschule für Gesundheit

Komplexe Interventionsansätze für Gesundheitsförderung und Prävention im sozialen Raum

Gesundheitsökonomie vs. Sozialmedizin Perspektive Gesundheitsökonomie

Rede von Ulrike Flach Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit Mitglied des Deutschen Bundestages Grußwort

Prävention und Gesundheitsförderung: Kompetenzentwicklung in Gesundheitsberufen

Gesundheitsziel Alkoholkonsum reduzieren : Welche Chancen bietet das neue Präventionsgesetz?

Gesundheitsförderung eine neue Herausforderung. Herbert Friesenbichler GPA August 2006

Highlights aus der Arbeitsgruppe Gesundheitsförderung und Prävention mit Fokus auf Personen mit Migrationshintergrund - überarbeitet nach Protokoll

Das WHO - Konzept der Gesundheitsförderung. Theoretische Grundlagen

Vom UN-Gipfel zu einem Nationalen Aktionsplan gegen NCDs. Dietrich Garlichs

Gesundheitsförderung in der Sozialversicherung

Guter Start ins Kinderleben. 4. Netzwerktreffen

Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention. (Präventionsgesetz PrävG)

Eine Einführung für soziale Berufe

DAS TEAM RUND UM DIE PATIENTINNEN UND PATIENTEN

Nationaler Aktionsplan

Klinische Sozialarbeit

Gesundheitsförderung und Primärprävention Erfahrungen aus Deutschland

Möglichkeiten und Grenzen für Gesundheitsförderung und Prävention an Hochschulen aus Sicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

Gesundheitsmanagement im demographischen Wandel Forum Gesundheit und Sport am 6. Februar 2012 in der Stadt Bocholt

Das Präventionsgesetz

Public Health Mehr Gesundheit für alle

Das Präventionsgesetz

Wieviel Gesundheitsförderung macht das Präventionsgesetz möglich?

Startveranstaltung Aktionsprogramm "Gesundes Körpergewicht"

Mehr Gesundheitskompetenz durch Nachhaltige Sensibilisierung

Nutzenstiftende Anwendungen

5. Grundlegende Arbeitsprinzipien

Inhaltsübersicht. Gesundheitsförderung und BNE in der LehrerInnebildung Chancen und Herausforderungen. BNE Übersicht.

Leitlinien für eine gelungene Prävention Prof. Dr. Udo Rudolph Professur Allgemeine und Biopsychologie, TU Chemnitz

voja Projekt ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung

Gesund älter werden in Deutschland

die im Dunkeln sieht man nicht Prof. Dr. Rolf Rosenbrock 29. DGVT-Kongress Freie Universität Berlin 25. Februar 2016

Eröffnungsrede. 1. Botschaft Prävention und Gesundheitsförderung in allen Lebensbereichen als zentrale Aufgabe des Gesundheitsdialogs

MIT HIV KANN MAN FLIEGEN.

GESUNDHEITSZIELE FÜR KÄRNTEN

Pflege.Macht.Politik! Herausforderungen und Wege. Referent: Univ.-Prof. Dr. Frank Weidner

Das Deutsche Netz Gesundheitsfördernder Krankenhäuser Mehr für den Menschen

Hintergrund. Die Anzahl gesundheitsfördernder und präventiver Projekte und Aktivitäten in Hamburg ist beachtlich.

Hauptsache gesund!? Gesundheitliche Entwicklung von Jungen und jungenbezogene Gesundheitsbildung in Kitas

Umfrage zum Thema Cholesterin

Nationaler Aktionsplan Ernährung NAP.e

Betriebliche Gesundheitskompetenz in der Praxis. E. Höltl Gesundheitszentrum Erste Bank

Die Bedeutung der Public Health Perspektive in der gesetzlichen Krankenversicherung

GUT DRAUF eine Jugendaktion der BZgA

Wie viel Gesundheitskompetenz brauchen Gesundheitsberufe?

Migranten-Communities besser kennen lernen durch Community Mapping

Building Policy Capacities for Health Promotion through Physical Activity among Sedentary Older People. PASEO Bewegtes Altern in Wien

Empfehlungen über die konkreten Voraussetzungen, Ziele, Inhalte und Durchführung der Modellvorhaben nach 123 Absatz 4 SGB XI

im Kfz-Handwerk Azubifit Gesundheitsförderung in der überbetrieblichen Ausbildung Innung des Kfz-Gewerbes IKK Baden-Württemberg Main-Taunus-Kreis

Prävention in der Hausarztpraxis

Alter(n) und das Risiko Pflegebedürftigkeit

Was ist der Fonds Gesundes Österreich (FGÖ)? Was ist Gesundheitsförderung? Warum eine Kooperation zwischen Jugendhilfe und Gesundheitsförderung?

mit alkoholbelasteten Menschen und ihren Angehörigen Das Blaue Kreuz braucht Ihre Mithilfe

Gunter Neubauer und Reinhard Winter. Jungengesundheit in. Themen Praxis Probleme

1765: James Watt erfindet den Cappuccino. Quelle: Perscheid / Bulls

Landesbericht zum 13. Kinder- und Jugendbericht

Armut und Gesundheit. Zur Diskussionsveranstaltung Arm = Krank? Gesundheitliche Ungleichheit im Land Bremen

Städtische Gesundheitsdienste. Leitbild der Städtischen Gesundheitsdienste

Warum müssen das Gesundheitssystem und die Kinder- und Jugendhilfe zusammenarbeiten?

Arbeit und Gesundheit welchen Beitrag kann

Welche Rolle spielt die Ergotherapie in Public Health? Julie Page & Birgit Stüve Zürcher Hochschule Winterthur Forschung & Entwicklung

Prävention und Gesundheitsförderung für das Grundschulalter. Bedarfe und Daten Möglichkeiten und aktuelle Ergebnisse der KiGGS-Studie

Gesundheits- und Bewegungsförderung für alle Generationen als Aufgabe der Kommune

Was können wir in der Adipositasprävention von der Tabakkontrolle lernen?

Leibeslust Lebenslust an der Katharinenschule

Arbeitsgemeinschaft Gesundheitsförderung Kreis Herford e. V.

Bewährtes verbessern. Kooperationen gestalten: Sozialraumorientierung in der Wohnungslosenhilfe

Seniorengerechte Stadtentwicklung Bruchsal

Verknüpfung von Arbeitsschutzmanagementsystemen

CHEMSEX & MSM Ein neues Phänomen? von Mag. Thomas Baumgartner, MA. AIDS HILFE WIEN Mariahilfer Gürtel Wien

Prävention in Theorie und Praxis

Bundesrat Drucksache 428/08 (Beschluss) Beschluss des Bundesrates

Transkript:

Gesundheitsförderung in der Falle Professionalisierung zwischen normativen Erwartungen & transdisziplinären Herausforderungen Normativität in der Gesundheitsförderung Kennzeichen, Ursachen, Folgen 1.Gesundheitsförderung eine moderne Lichtgestalt 2.Gesundheitsförderung ihre Schattenseiten 3.Ursachen und Folgen dieser Schattenseiten 4.Gesundheitsförderung aus der Falle entlassen

Gesundheitsförderung Es werde Licht Bettina Schmidt, EFH Bochum

Gesundheitsförderung Mehr Gesundheit für alle

Gesundheitsförderung Weniger Kosten für alle

Gesundheitsförderung Anspruch und Wirklichkeit Gesundheitsförderung Gesundheitsförderliche Gesamtpolitik Gesundheitsförderliche Lebenswelten Gesundheitsförderliche Gemeinschaftsaktionen Gesundheitsdienste auf Gesundheitsförderung ausrichten Gesundheitskompetenzen stärken Prävention individuenzentriert verhaltensorientiert bschmidt@efh-bochum.de strukturgestaltend

Gesundheitsförderung Schattige Wirklichkeit: selektiv verhaltensorientiert

Gesundheitsförderung Schattige Wirklichkeit: selektiv individuenzentriert

Gesundheitsförderung Schattige Wirklichkeit: selektiv zielorientiert

Gesundheitsförderung Bestimmen & Bestimmt werden Wer legt eigentlich fest: wer verantwortlich ist für die Gesundheit der Bevölkerung? Die Solidargemeinschaft / das Individuum wofür jemand verantwortlich ist? Für Gesundheitsverhalten / für gesunde Verhältnisse was gutes Gesundheitsverhalten ist? Keine Macht den Drogen / Keine Macht den Autos was gute Gesundheitspolitik ist? Der Ausbau des ÖGD / der Abbau der PKV

Gesundheitsförderung Bestimmen Die sollen, Die können Weniger fernsehen Gesundheitsbewusst essen Ausreichend bewegen Safer Use betreiben Safer Sex betreiben Weniger rauchen Mehr schwimmen gehen Selbstbehalt bei Piercing Bettina Schmidt, EFH Bochum

Gesundheitsförderung dürfen nur Wenige Die sollen, Die können Wir nicht!...? Weniger fernsehen Gesundheitsbewusst essen Ausreichend bewegen Safer Use betreiben Safer Sex betreiben Weniger rauchen Mehr schwimmen gehen Selbstbehalt bei Piercing Weniger lesen Lebensmittel-Ampelkennung Autofreie Innenstädte Heroin verschreiben Safer Drive mit Tempo 100 Weniger fliegen Mehr Spenden für Schwimmbäder Freiwillig in der GKV bleiben Bettina Schmidt, EFH Bochum

Bestimmt werden immer die anderen Die Gebildeten bilden die Welt nach ihrem Bild (E. Pankoke)

Gesundheitsförderung Normierung & Normalisierung Normal Bettina Schmidt, EFH Bochum

Gesundheitsförderung Normierung & Normalisierung Nicht normal Bettina Schmidt, EFH Bochum

Gesundheitsförderung Normierung & Normalisierung Unsere Gesellschaft ist durch soziale Spaltung gekennzeichnet. Neu sind die Akteure der Spaltungsprozesse: Es sind die wissenschaftlichen und politischen Eliten, die die gesellschaftlichen Diskurse bestimmen. Eine rohe Bürgerlichkeit breitet sich aus, als Klassenkampf von oben: Rabiate Eliten normieren und diskriminieren statusniedere Gruppen und kündigen das Solidarprinzip auf. Wilhelm Heitmeyer Bettina Schmidt, EFH Bochum

Normativität in der Gesundheitsförderung Kennzeichen, Ursachen, Folgen Als normal gilt: Gesundheit als achtbaren Wert zu schätzen und selbstachtsam zu sein Gesundheit als Teil der Alltagsroutine täglich zu behandeln Gesundheit als Teil von machbarer Selbstverantwortung wahrzunehmen Gesundheit als Leistungsbereitschaft zu inszenieren Gesundheit als Zukunftsaufgabe inkl. Belohungsaufschub aufzufassen. Gesundheitsförderung als Teil des Lebensstils zu mögen Gesundheitsempfehlungen als hilfreiche Unterstützung zu erleben Als unnormal / unerwünscht gilt: Gesundheit klaglos nicht zu bemerken und Zipperlein unempfindlich zu ignorieren Gesundheit nur im Krankheitsfall als Handlungsauftrag zu verstehen Gesundheit als Reservoire zu verstehen: mit 50 Jahren aufgebraucht Verschleiß Gesundheit als widerstandfähige Robustheit zu inszenieren Gesundheit als begrenzte Ressource zu erleben, die man hier-und-jetzt nutzen muss Gesundheitsförderung als (eine weitere) Zumutung des Alltags zu erleben Empfehlungen als Herumkommandieren und Sozialignoranz wahrzunehmen

Real ist: Gesundheitsförderung ist schwierig

Real ist: II und für manche noch schwieriger GBE, 2006;

Real ist: III und ungerecht

Gesundheitsförderung sozial im systemischen Risikomanagement Man fällt nicht über seine Fehler, sondern über seine Feinde, die diese Fehler ausnutzen. Kurt Tucholsky Bettina Schmidt, EFH Bochum

Gesundheitsförderung sozialisiert im systemischen Risikomanagement Make the healthy choice the easy choice WHO bschmidt@efh-bochum.de

Gesundheitsförderung sozialisiert Beispiel Unfallprävention Risiko-Faktor Individuum: Führerschein, Alkoholkontrolle etc. Risiko-Faktor Auto: Sicherheitsgurt, Airbag, ABS, etc. Risiko-Faktor Straße: Asphalt, Beleuchtung, Leitplanken etc. Risiko-Faktor Verkehr: Verkehrsordnung, Ampeln, Tempolimit etc. Risiko-Faktor Umwelt: Stauwarnung, Streudienst, Sperren etc. Unfallhilfe: Notrufsäulen, ADAC-Hilfe, Rettungsdienst etc.

Gesundheitsförderung sozialisiert Beispiel Übergewichtsprävention Risiko-Faktor Individuum: Aufklärung, Erziehung, Befähigung, Beratung, Begleitung, Motivationstraining, Sanktionen, Anreize etc. Esst mehr Obst! Seht weniger fern! Hilfe bei Übergewicht: psychologische, pharmazeutische, chirurgische etc. Therapie

Gesundheitsförderung sozialisiert Beispiel Übergewichtsprävention Risiko-Faktor Individuum: Aufklärung, Erziehung, Befähigung, Beratung, Begleitung, Motivationstraining, Sanktionen, Anreize etc. Risiko-Faktor Kindliche Lebenswelt: Spielplätze statt Parkplätze Risiko-Faktor Berufstätigkeit: Arbeit bis zur Erschöpfungsgrenze Risiko-Faktor Auto-Konkurrenz: Tempo 30 & Fußgängerzonen Risiko-Faktor Umwelt: Radwege-Streudienst, beleuchtete Parks etc. Hilfe bei Übergewicht: psychologische, pharmazeutische, chirurgische etc. Therapie

Gesundheitsförderung, sozialsiert weniger ist mehr WENIGER Alleinverantwortung +

Gesundheitsförderung, sozialisiert weniger ist mehr WENIGER Alleinverantwortung + WENIGER Gesundheitsehrgeiz Gesundheitspolitik + Gesundheitsberufe + Eliten + Individuen

Wem das zu simpel war