Rolle der Physiotherapie in der Behandlung von chronischen Schmerzen Daniela Benz, Chefphyisotherapeutin Lory-Haus, KAIM, Inselspital
Inhalt 1. Einführung 2. Braucht es hands on? 3. Alltagsverhalten und Gedanken, die Einfluss auf die Schmerzen haben? 4. Rolle der Physiotherapie wenn keine Veränderungen möglich sind 5. Umgang der Physiotherapeutin mit sich selbst
1. Einführung Physiotherapie Ärztliche Überweisung mit Diagnose und Zielen Befunderhebung Hypothese Behandlung Wiederbefund Ev. Neue Hypothese
ICF
Physiotherapie bei chronischen Schmerzen und BPS-Konzept
2 Welten PATIENT PHYSIOTHERAPEUTIN Krankheitskonzept Erwartungen an die Physiotherapeutin Krankheitskonzept Hintergrundwissen Ziele, Massnahmen
Wie kommen diese 2 Welten zusammen?
Wie bringe ich diese 2 Welten zusammen? Arbeitsbündnis Gut zuhören Patient Nachfragen Erklären Verhandeln Interesse an der individuellen Geschichte Therapeutin
2. Braucht es hands on?
2. Braucht es hands on? Gründe dagegen: Patient erwartet Hilfe von Aussen. Bei akuten Schmerzen kann dies angebracht sein. (Spritze, Medikamente, Chiropraktor etc). Bei chronischen Schmerzen braucht es ein Umdenken. Tiefe Selbstwirksamkeitserwartung, selfefficacy (= Überzeugung von der eigenen Handlungskompetenz).
2. Braucht es hands on? Gründe dafür: Angenehme Empfindung für Patienten Veränderte Empfindung für den Patienten Optimalere muskuloskeletale Belastung!!! immer verbunden mit dem Einbezug der Wahrnehmung, dem Alltagsverhalten und der Selbstverantwortung des Patienten
2. Braucht es hands on? Alternativen: Selbstmassage mit Ball, Igelball, Softball Aktive Übungen Entspannungsübungen mit verbaler Anleitung Für Lagerungen holt Patient Material selbst, Wahrnehmung ansprechen (braucht es noch eine Veränderung?)
3. Alltagsverhal ten und Gedanken, die Einfluss auf die Schmerzen haben?
der Schmerz soll weg, und dann will ich wieder so leben wie früher Kampf gegen den Schmerz steht im Zentrum Psychosoziale Faktoren begünstigen Chronifizierung (yellow flags) Schmerzfreiheit ist kein Ziel Suchen von Zielen auf der Aktivitäts- und Partizipationsebene. Jetzt. Ziel Physiotherapie: Erhöhen der Alltagsaktivität
ich bin nicht psychisch krank Patient befindet sich im dualen Modell (Körper und Psyche sind zwei separate Dinge) Psychische Krankheiten sind stigmatisiert Patienten mit dem BPS-Modell bekannt machen Langanhaltende Schmerzen bilden sich im Körper ab, verändern den Körper. Es gibt Gedanken und Verhaltensweisen, die diesen Prozess unterhalten. (Katastrophisieren, Angst, Depression) Information des Patienten (Buch Schmerzen verstehen, D. Butler, L. Moseley)?? Haben Hausarzt und Physiotherapeutin ( und weitere Betreuer) das gleiche Krankheitskonzept????Sind die Betreuer (Physiotherapie/Psychologie) im dualen Modell? Ziel: Information des Patienten über chronifizierende Faktoren Erarbeiten eines bio-psycho-sozialen Modelles
Helfen sie mir Benennen der Hilflosigkeit des Patienten ( sie haben hohe Erwartungen an mich ) Klären, welche Hilfe PT geben kann. Aktivitäten unterstützen, die der Patient (noch) gut machen kann (z.b. spazieren, kochen) Wie kann der Patient selber sein Wohlbefinden verbessern (z. B. Selbstmassage, Atemübungen, Wärme/Kälte??) Eher Hands off Ziel: Aktivitäten unterstützen Eigenbehandlungen instruieren
das einzige was hilft ist ruhig liegen Alltagsverhalten erfragen (Haushalt, Gehstrecke, Arbeit) fear-avoidance? Hat der Patient Angst, dass etwas kaputt geht, wenn er bewegt? Nachfragen. Schützt der Rückzug auch vor belastenden Situationen am Arbeitsplatz oder in der Familie? (yellow flags) Wie viel Gesunderhaltendes (Salutogenese) entfällt durch den Rückzug? (Ablenkung, soziale Kontakte, emotionaler Ausgleich?)
das einzige was hilft ist ruhig liegen Langsamer Aufbau der Aktivität (graded activity, pacing) Ziel: Dosierte Belastungssteigerung (graded activity) Pausenmanagement gehört dazu (endurance) Gehen, Nordic Walking (Aktivität, wo man sich tätig erlebt, Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Umwelt, weg vom Schmerz) Ziel: Verminderung des Rückzug- Vermeidungsverhaltens
das einzige was hilft ist ruhig liegen Beim Rückzug im Liegen ist die ganze Aufmerksamkeit beim Schmerz. Ablenkung als positive Strategie einführen (Scheinwerferbild). Ziel: Erlernen von Strategien zur Ablenkung von den Schmerzen
früher war alles tip top, jetzt geht nichts mehr Aufmerksam sein auf geäusserte Gefühle (Angst, Misstrauen, Überforderung, Trauer) Andeutung von Gefühlen unterstützen - willkommen heissen - Raum geben - Spiegeln - Wie spürt sich das im Körper an? Ziel: Gefühlen Raum geben Verbindung von Körper und Gefühlen erleben
Arbeit am Alltagsverhalten braucht Zeit! Tarife Physiotherapie sind Diagnosenabhängig: einfache Behandlung/aufwändige Behandlung Relevante Diagnosen auf der Verordnung notieren! Angst/Vermeidungsverhalten,Symptomausweitung, reduzierter Allgemeinzustand, komplexe chronische Schmerzen, Fibromyalgie (im PT- Tarif unter schwere funktionelle Störungen ) Schwierige psychosoziale Begleitumstände, Schmerz kombiniert mit Lähmung oder Krampfzuständen (im PT-Tarif unter erschwerte Umstände )
4. Rolle der Physiotherapie wenn kaum Veränderungen möglich sind? Gruppentherapien mit ausgebildeter Leitung Badgruppe Bewegungsgruppe Badgruppe Rheumaliga Langzeitverordnungen
4. Rolle der Physiotherapie wenn kaum Veränderungen möglich sind? Fixe Termine, die nicht von Schmerzzunahme abhängig sind Entlastung des Umfeldes Entlastung der Hausärzte? Wirtschaftlich
Ziele in den Gruppentherapien Vermindern des Rückzug/Vermeidungsverhaltens Erleben von Selbstwirksamkeit Zugang zu Gefühlen fördern Aktivität trotz Schmerzen erhöhen Integration von Übungen im Alltag
5. Umgang der Physiotherapeutin mit sich selbst
Im Gleichgewicht bleiben! Umgang PT mit Patient Umgang PT mit sich selber Anforderungen
5. Umgang der Physiotherapeutin mit sich selbst Wahrnehmung eigener Gefühle für sich selber schauen Unterstützung durch MA Unterstützung durch Supervision Unterstützung durch Arbeit im interdisziplinären Team
Vielen Dank!