Wirtschaftstrends Jahresmitte Türkei

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Transkript:

Wirtschaftstrends Jahresmitte 2016 - Türkei Inhalt 1 Gesamtwirtschaftlicher Ausblick Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Investitionen Konsum Außenhandel 2 Branchen im Überblick Maschinen- und Anlagenbau Kfz-Industrie Chemie Bauwirtschaft Elektrotechnik/Elektronik Informations- und Kommunikationstechnik Umwelttechnik Medizintechnik Energiewirtschaft Lebensmittel Tourismus Verfasser: Necip C. Bagoglu (Istanbul, Juni 2016) Istanbul (GTAI) - Dank einer starken Inlandsnachfrage erwartet die türkische Regierung für das Jahr 2016 ein Wirtschaftswachstum von über 4%. Im 1. Quartal 2016 stieg das Bruttoinlandsprodukt bereits um knapp 5%. Vor allem der private Verbrauch erweist sich als treibende Kraft. Private Investitionen dagegen stagnieren. Die Exporte bleiben ebenfalls schwach und der Außenhandel dürfte in diesem Jahr erneut schrumpfen. Der Handel mit Deutschland dagegen floriert. 1 Gesamtwirtschaftlicher Ausblick ENTWICKLUNG DES BRUTTOINLANDSPRODUKTS Die türkische Wirtschaft wuchs im 1. Quartal 2016 real um 4,8%. Für das Gesamtjahr rechnet die türkische Regierung mit einem realen Plus von 4,5%. Im Jahr 2017 soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sogar um 5,0% zulegen. 1 www.gtai.de

Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Kommission sind in ihren Prognosen vorsichtiger: Sie gehen für das laufende Jahr von einem Zuwachs zwischen 3,5 und 4,0% aus. Für das Wachstum ist vor allem der kräftige Privatkonsum verantwortlich. Die Nachfrage nach Investitionsgütern dagegen stagniert. Private Investitionen, die rund vier Fünftel der Gesamtinvestitionen ausmachen, waren in den ersten drei Monaten 2016 sogar rückläufig (real -0,3%). Da der inländische Wertschöpfungsanteil bei Produktion und Exporten niedrig ist, sollen neue Fördermaßnahmen dazu beitragen, die Importabhängigkeit der türkischen Industrie abzubauen. Um auch die hohe Auslandsabhängigkeit bei fossilen Energieträgern zu reduzieren, fördert die Regierung die Energiegewinnung aus erneuerbaren und lokal verfügbaren Quellen. Darüber hinaus werden Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz ergriffen, um den Energieverbrauch in der Industrie und den privaten Haushalten zu senken. Wachstumshemmende Defizite bestehen ferner in Forschung und Entwicklung sowie bei Bildung und Erziehung. Zu den strukturellen Problemen des Landes zählt darüber hinaus eine niedrige Sparquote, die eine massive Abhängigkeit von Kapitalimporten schafft. Auch wenn ein BIP-Wachstum von rund 4,0% im Vergleich zu westlichen Industriestaaten als hoch erscheint, so ist es für eine nachhaltige Reduzierung der Arbeitslosenquote von rund 10% und für die langfristigen Wachstumsziele nicht ausreichend. Nach den Prognosen der Regierung soll die Türkei bis 2023, dem hundertjährigen Jubiläum der Republik, zu einer der größten Volkswirtschaften der Welt aufsteigen. Ziel ist es, ein BIP von 2.000 Mrd. US$ und ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen von 25.000 $ zu erreichen. Das Exportvolumen soll auf 500 Mrd. $ steigen. Wirtschaftsvertreter fordern jedoch immer stärker, dass diese Wachstumsziele, die in den Boomjahren 2010 und 2011 erstellt wurden, revidiert werden. MKT201606298031.14 2 www.gtai.de

Wirtschaftliche Eckdaten Indikator 2014 2015 Vergleichsdaten Deutschland 2015 BIP (nominal, Mrd. US$) 799,4 720,0 3.025,9 BIP pro Kopf (US$) 10.395 9.261 37.099 Bevölkerung (Mio.) 76,9 78,7 81,6 Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = Türkische Lira) 2,19 2,73 Quellen: Statistikamt TÜIK, Statistisches Bundesamt INVESTITIONEN Die Bruttoanlageinvestitionen sollen 2016 wie im Vorjahr real zwischen 2,5 und 4,0% zunehmen, prognostizieren die türkische Regierung und verschiedene internationale Wirtschaftsanalysten. Allerdings gingen die Gesamtinvestitionen im 1. Quartal 2016 real um 0,1% zurück; im Privatsektor gab es ein Minus von 0,3%. Die Anschaffungen von Maschinen und Anlagen bei privaten Unternehmen schrumpften sogar um 4,7%. Die Investitionen im privaten Bausektor stiegen dagegen in den ersten drei Monaten um 8,2%. Zur Finanzierung ihrer ehrgeizigen Wachstumsziele ist die Türkei in hohem Maße auf Kapitalimporte angewiesen. Für mehr Direktinvestitionen bedarf es politischer Stabilität und verlässlicher sowie transparenter Rahmenbedingungen. Die innenpolitischen Spannungen, die fortschreitende gesellschaftliche Polarisierung, die geopolitischen Risiken und die zunehmenden Sicherheitsprobleme gefährden jedoch das Geschäfts- und Investitionsklima. Die ausländischen Direktinvestitionen gingen nach Angaben des türkischen Wirtschaftsministeriums im 1. Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um über 50% auf 2,0 Mrd. $ zurück. Immobilienkäufe machten allein 1,1 Mrd. $ aus. Insgesamt flossen im Jahr 2015 rund 16,6 Mrd. $. an ausländischen Direktinvestitionen in die Türkei, davon knapp ein Viertel in Immobilien. Ohne Berücksichtigung des Immobiliensektors kamen 58% aus der EU, mit den Niederlanden an der Spitze, gefolgt vom Vereinigten Königreich und Deutschland. Knapp 35% der Investitionen gingen in die verarbeitende Industrie und 30% in den Finanzsektor. 3 www.gtai.de

Ausgewählte Großprojekte Projektbezeichn Investitio Projektstand Anmerkung ung nssumme (Mrd. Euro) Kernkraftwerk Akkuyu (Akkuyu Nükleer A. S.) Kernkraftwerk Sinop, EÜAS 20,0 Projektdurchführung durch das russische Unternehmen Rosatom, Fertigstellung bis 2022 vorgesehen, Ungewissheiten wegen politischer Spannungen 20,0 Auftragsvergabe an japanisch-französisches Konsortium Mitsubishi, Areva und GDF Suez 2013; Bau hat noch nicht begonnen Bau eines Kernkraftwerkes mit 4.800 MW an der Mittelmeerküste in der Provinz Mersin Bau eines Kernkraftwerkes mit 4.400 MW an der Schwarzmeerküste in der Provinz Sinop Kanal Istanbul 13,0 In Planung Bau eines 44 km langen, 25 m tiefen Kanals mit elf Brücken parallel zum Bosporus westlich von Istanbul zur Verbindung des Schwarzen Meers mit dem Marmarameer Dritter internationaler Flughafen Istanbul 10,3 Bau durch das türkische Konsortium Limak, Kalyon, Mapa, Cengiz, Kolin, Fertigstellung des ersten Abschnitts für 2018 geplant Flughafen entsteht in Istanbul/Kemerburgaz auf einer Fläche von 77 Mio. qm für jährlich zunächst 90 Mio., bis 2028 für 150 Mio. Passagiere nach dem BOT- Modell (Laufzeit 25 Jahre) Trans-Anatolian Natural Gas Pipeline Project (TANAP) 8,7 Im Bau, Fertigstellung bis 2018 geplant Pipeline für die Durchfuhr von Erdgas aus Aserbaidschan über die Türkei nach Europa mit einer Jahreskapazität von 16 Mrd. cbm durch die Ölgesellschaften TPAO (Türkei) und SOCAR (Aserbaidschan) Autobahn Istanbul-Izmir, einschließlich Hängebrücke bei Izmit Nord-Marmara- Autobahn, einschließlich dritter Hängebrücke über dem Bosporus 5,9 Laufende Bauarbeiten durch das Konsortium Nurol, Özaltin, Makyol, Astaldi, Yüksel, Göcay sowie IHI und Itochu (Japan); Fertigstellung bis 2019 geplant; Hängebrücke Mitte 2016 fertig 4,6 Bauarbeiten durch IC Ictas und Astaldi SpA (Italien) laufen; Fertigstellung der gesamten Autobahn bis Ende 2016, Brücke ist bereits fertig Bau einer 377 km langen Autobahn, 44 km Verbindungsstraßen und einer 2.688 m langen Hängebrücke über der Bucht von Izmit Projektträger Generaldirektion für Straßenbau KGM 4 www.gtai.de

Petkim STAR-Erdölraffinerie (Socar Turkey Aegean Refinery) Dreistöckiger Tunnel unter dem Bosporus Eurasia-Tunnel für Kfz 4,0 Laufende Bauarbeiten, Fertigstellung bis 2018 geplant 3,2 In Planung; Fertigstellung bis 2020 vorgesehen 1,0 Bauarbeiten laufen; Fertigstellung durch Yapi Merkezi, SK E&C und Hanshin (beide Südkorea) bis 2017 geplant Ölraffinerie im Rahmen des Petrochemiekomplexes Aliaga/Izmir für die Verarbeitung von 10 Mio. t Rohöl pro Jahr Tunnel mit zwei Etagen für Kfz und einer Etage für die Stadtbahn Bau eines 14,6 km langen Tunnels (2 Röhren) für Kfz unter dem Bosporus durch das türkisch-koreanische Joint Venture ATAS Quelle: Germany Trade & Invest; Pressemeldungen Potenzielle Investoren und Unternehmen, die in die Türkei exportieren wollen, sollten bei ihrer Entscheidung über den Markteintritt das Stärken-Schwächen-Profil des Standorts und die damit verbundenen Chancen und Risiken (SWOT-Analyse) berücksichtigen: MKT201606298031.15 5 www.gtai.de

KONSUM Der private Verbrauch wird nach einem realen Plus von 4,5% im vergangenen Jahr im laufenden Jahr wohl erneut in dieser Größenordnung zunehmen. Die knapp 3 Mio. Flüchtlinge aus den Nachbarländern Syrien und Irak leisten einen wichtigen Beitrag zur Verbrauchskonjunktur. Die starken Gehaltserhöhungen im Inland mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1.1.16 um 30%, die rückläufige Inflation und die Zinssenkungstendenzen stützen die Nachfrage zusätzlich. Negativ auf den Konsum könnte sich dagegen eine weiterhin schwache Lira auswirken. Denn ein Währungsverlust führt zu höheren Importkosten und mindert so die Kaufkraft der Verbraucher. Zurzeit wächst der Abwertungsdruck auf die lokale Währung. Die mittel- und langfristigen Aussichten für den privaten Konsum bleiben günstig: In der Türkei leben knapp 79 Mio. Menschen und jedes Jahr werden es 1,3% mehr. Das Durchschnittsalter liegt bei 31 Jahren. Die junge Bevölkerung ist gegenüber neuen Produkten und Technologien besonders aufgeschlossen. Auch die fortschreitende Urbanisierung fördert den Verbrauch. Mit der Ausweitung des modernen Einzelhandels und der Erhöhung des Verbraucherbewusstseins für Gesundheit und Umwelt entstehen in den Städten neue Käuferschichten mit westlichen Konsumgewohnheiten. AUSSENHANDEL Nach einem Einbruch im Jahr 2015 war der Außenhandel auch im 1. Quartal 2016 rückläufig. Die Importe gingen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 11% auf 46,8 Mrd. $ zurück. Das geringere Einfuhrvolumen ist allerdings in erster Linie mit dem niedrigen Ölpreis zu erklären, der zu einem wertmäßigen Rückgang bei mineralischen Brennstoffen um über 40% führte. Maschinen und Anlagen wurden dagegen stärker nachgefragt als im Vorjahresvergleich: Die Einfuhren stiegen in den ersten drei Monaten 2016 um 3,3% auf 6,3 Mrd. $. Auch die Importe von elektrischer Ausrüstung erhöhten sich um 2,9% auf 4,6 Mrd. $. Während die Einfuhren aus den meisten Ländern deutlich rückläufig waren, stiegen die Lieferungen aus Deutschland um 5,5% auf knapp 5,0 Mrd. $. Deutschland war nach der VR China zweitgrößtes Lieferland. Die Exporte haben ihre einstige Rolle als Wachstumstreiber inzwischen eingebüßt. Sie gingen im 1. Quartal 2016 um 6,2% auf 34,7 Mrd. $ zurück. Die Textil- und Bekleidungsindustrie nimmt laut TÜIK mit allen ihren Produktionssparten unter den gesamten türkischen Ausfuhren den ersten Platz ein (1. Quartal 2016: 6,5 Mrd. $), gefolgt von der Automobil- und -zulieferindustrie (4,4 Mrd. $) und der Lebensmittelindustrie (4,3 Mrd. $). Größter Abnehmer türkischer Exporte blieb Deutschland mit knapp 3,5 Mrd. $ (+8,1%). Außenhandel der Türkei (in Mio. US$; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %) 2014 2015 Veränderung 2015/2014 Importe 242.177,1 207.203,4-14,4 Exporte 157.610,2 143.935,0-8,7 Handelsbilanzsaldo -84.566,9-63.268,4 Quelle: Statistikamt TÜIK 6 www.gtai.de

Einfuhr nach Warengruppen (in Mio. US$; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %) SITC Warengruppe 2014 2015 Veränderung 2015/2014 0 Nahrungsmittel/lebende Tiere 6.970 6.509-6,6 5 Chemische Erzeugnisse 33.211 28.960-12,8.51 Organische Chemikalien 5.729 4.574-20,2.54 Arzneimittel 4.735 4.613-2,6.57 Kunststoffe in Primärformen 11.064 9.396-15,1 6 Vorerzeugnisse 38.447 35.607-7,4.67 Eisen/Stahl 11.302 11.394 0,8 7 Maschinen und Fahrzeuge 65.809 65.430-0,6.71 Kraftmaschinen 6.998 7.154 2,2.72 Arbeitsmaschinen 7.644 6.379-16,5.74 Maschinen für verschiedene Zwecke 9.671 9.306-3,8.77 Elektrische Maschinen 8.832 8.574-2,9.78 Kraftfahrzeuge 15.401 17.065 10,8 8 Fertigerzeugnisse 15.498 13.922-10,2.87 Mess-, Prüf- und Kontroll-instrumente, -apparate und -geräte 3.512 3.382-3,7 Quelle: Statistikamt TÜIK 2 Branchen im Überblick Die Produktion in der verarbeitenden Industrie stieg im Jahr 2015 um 3,6% und erhöhte sich im 1. Quartal 2016 um weitere 5,1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum, gemessen am kalenderbereinigten Produktionsindex. Im Rahmen der staatlichen Investitionsförderung erhalten strategisch wichtige Großvorhaben und Projekte, die die Wertschöpfung steigern und Arbeitsplätze schaffen, finanzielle Vergünstigungen. Gefördert werden vor allem Industriezweige mit hoher Importabhängigkeit wie die Automobil- und die Chemiebranche. Damit sollen die Strukturschwäche der Industrie mittelfristig behoben, die Leistungsbilanz entlastet und die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum verbessert werden. MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Die Nachfrage nach Investitionsgütern, die insbesondere beim Privatsektor in den vergangenen Jahren relativ schwach war, steigt seit Ende 2015 wieder langsam. Nachdem die Umsätze bei den Maschinenproduzenten im letzten Jahr um 11,3% eingebrochen waren, erwartet der Verband der Maschinenhersteller MIB für das Jahr 2016 ein Plus von etwa 5%. Die tendenziell sinkenden Zinsen und die Stabilisierung des Wechselkurses stützen die Maschinenkonjunktur. Der kalenderbereinigte Produktionsindex im Maschinenbau erhöhte sich laut Statistikamt TÜIK im 1. Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,5%. Der Umsatzindex verzeichnete sogar einen Zuwachs von 16,2%, was unter anderem auf die höheren Importkosten infolge der Währungsabwertung zurückzuführen sein dürfte. 7 www.gtai.de

KFZ-INDUSTRIE Bis Ende 2016 wollen lokale Kfz-Hersteller wie Fiat, Renault und Toyota ihre Kapazitäten auf insgesamt 1,9 Mio. Fahrzeuge ausweiten (ausgehend von über 1,7 Mio. im Jahr 2015). Der Produktionsausbau begünstigt Investitionen in die Zulieferindustrie. Nach dem kräftigen Anstieg des Inlandsabsatzes und der Produktion im vergangenen Jahr ist für 2016 jedoch mit einer schwächeren Marktentwicklung zu rechnen. Viele Käufe wurden 2015 wegen befürchteter Preisanhebungen infolge der Währungsabwertung vorgezogen. Laut Automobilverband OSD erhöhte sich die Kfz-Fertigung in den ersten vier Monaten 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3% auf 469.115 Fahrzeuge. Die Importe sanken um 2% auf 172.446 Stück, der Inlandsabsatz verringerte sich um 7% auf 260.218 Fahrzeuge. CHEMIE Die chemische Industrie befindet sich weiter auf Wachstumskurs. In den ersten drei Monaten 2016 stieg die Fertigung um 12% (gemessen am kalenderbereinigten Produktionsindex). Für die steigende Nachfrage ist in erster Linie die expandierende lokale Kunststoffproduktion verantwortlich. Der Großteil der für die Kunststofferzeugung notwendigen petrochemischen Grundstoffe muss jedoch wegen kaum vorhandener lokaler Fertigung importiert werden. Zum Abbau der hohen Importabhängigkeit bedarf es umfangreicher Investitionen in die Petrochemie. Größtes Projekt ist zurzeit der Bau der STAR-Erdölraffinerie durch das Unternehmen Petkim, die 2018 in Betrieb gehen soll. Die Pharmaindustrie wächst ebenfalls kräftig. Nach einem Produktionsanstieg von 21,8% im Jahr 2015 gab es im 1. Quartal 2016 ein Plus von 24,2%. BAUWIRTSCHAFT Die Bauwirtschaft erwartet für 2016 nach einem relativ schwachen Wachstum im Jahr 2015 eine Produktionssteigerung von 2,5 bis 3,0%. Die tendenziell sinkenden Zinsen stützen die Baukonjunktur. Im Hochbau stehen zahlreiche Projekte zur Errichtung von Wohnungen, Bürokomplexen, Einkaufszentren und Krankenhäusern an. Allerdings sind im oberen Segment des Wohnungsbaus gewisse Sättigungstendenzen zu erkennen. Die Gesamtzahl der verkauften Wohnungen sank in den ersten vier Monaten 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2,4% auf 409.812. Grüne und intelligente Gebäudelösungen erfreuen sich steigender Nachfrage. Gleichzeitig werden große Infrastrukturvorhaben im Energie- und Verkehrssektor vorangetrieben. ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK Die Fertigung elektrischer Anlagen und Ausrüstungen erhöhte sich im 1. Quartal 2016 um 2,6%. Die Herstellung elektronischer Konsumgüter nahm sogar um 14,5% zu. Der türkische Markt für Haushaltselektronik verspricht auch in den kommenden Jahren ordentliche Umsatzzuwächse, denn durch die zunehmende Zahl privater Haushalte und Wohnungen wächst der Bedarf an Haushaltsgeräten sowie Unterhaltungselektronik. Davon profitieren auch ausländische Lieferanten. Aufgrund der positiven Erwartungen investieren große lokale Hersteller wie Arcelik, Vestel und BSH in den Ausbau ihrer Produktion und Vertriebsnetze. INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK Die Nachfrage nach funkgesteuerten Anwendungen wächst kräftig in Anbetracht der zunehmenden Mobilität. Der Boom bei Surfsticks, Tablets und Smartphones lässt den Bedarf an mobilen Datentransporten weiterhin stark ansteigen. Mit der Einführung des 4G/LTE-Standards zum 1.4.16 erreichten die türkische Mobilfunkbranche und das mobile Internet einen wichtigen neuen Entwicklungsstand mit höheren Übertragungsgeschwindigkeiten. Die Mobilfunkunternehmen investieren zurzeit massiv in die Errichtung neuer Basisstationen. Der gesamte IKT-Markt wuchs 2015 um 18% auf 83,1 Mrd. TL, so die Angaben des Fachverbandes Tübisad. Der Bereich IT hatte einen Anteil von 27,4 Mrd. TL und der Bereich KT 55,7 Mrd. TL. 8 www.gtai.de

UMWELTTECHNIK Im Umweltsektor besteht ein immenser Nachholbedarf. So landet ein Großteil des kommunalen Abfalls auf Deponien und dreistufige Kläranlagen sind noch nicht Standard in der Türkei. Um den EU-Anforderungen in den Bereichen Trink- und Abwasser sowie Abfall zu genügen, muss das Land bis 2023 über 80 Mrd. TL investieren. Der größte Teil, rund 63 Mrd.TL, ist für die Wasserwirtschaft vorgesehen. Bis 2023 sollen landesweit über 1.400 neue Kläranlagen und 30.000 km Kanalisationsleitungen gebaut beziehungsweise verlegt werden, wie im aktuellen "Waste Water Treatment Plan" der Regierung steht. Mehrere Städte, kommunale Gebietskörperschaften, öffentliche und private Unternehmen investieren zudem in die Abfall- und Wiedergewinnung. Viele Projekte werden von der EU und anderen internationalen Institutionen mitfinanziert. MEDIZINTECHNIK Das Marktvolumen für Medizintechnik soll bis 2018 nach Schätzungen des Gesundheitsministeriums um über ein Viertel zunehmen und rund 2,9 Mrd. $ erreichen, ausgehend von 2,3 Mrd. $ im Jahr 2015. Die Nachfrage nach Gesundheitsdiensten steigt infolge der höheren Einkommen und des zunehmenden Gesundheitsbewusstseins in der Bevölkerung. Während private Krankenhausketten wie Acibadem, Memorial und Medicana ihr Leistungsangebot laufend ausbauen, investiert das Gesundheitsministerium in die Modernisierung bestehender Hospitäler und errichtet in Partnerschaft mit privaten Investoren sogenannte Stadtkrankenhäuser. In den kommenden Jahren sollen in 22 Städten solche Hospitäler mit insgesamt 43.000 Betten entstehen, darunter in Istanbul, Ankara, Adana, Manisa, Kayseri und Elazig. ENERGIEWIRTSCHAFT Für 2016 erwarten Experten einen Anstieg der Energienachfrage von 3,5 bis 4,0%, während die Kapazitäten um 6,8% (4.500 bis 5.000 MW) auf circa 78.000 MW zunehmen werden. Unter Berücksichtigung der optimalen Reservekapazitäten von 15 bis 20% herrscht inzwischen ein Überangebot an Elektrizität, was die Projekttätigkeit verlangsamen lässt. Die Nutzung der einheimischen Braunkohle für die Energieproduktion wird von der Regierung vorangetrieben. Unter den erneuerbaren Energien macht vor allem die Windenergie Fortschritte. Das Interesse der Investoren an der lizenzfreien Energieerzeugung (Anlagen bis 1 MW) mittels Fotovoltaikanlagen ist groß. Die regionalen Stromversorger investieren in intelligente Lösungen (smart grids), um die Qualität ihrer Dienste zu erhöhen und die Leitungsverluste zu reduzieren. LEBENSMITTEL Der Lebensmittelmarkt mit einem geschätzten Jahresumsatz von 340 Mrd. TL (2015) wächst zurzeit langsam. In den ersten drei Monaten 2016 stieg die Produktion nur um 0,7%; die Erlöse nahmen um 5,4% zu. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 erzielten die Unternehmen ein Umsatzplus von 13,5%. Die steigende Bevölkerungszahl und das hohe Agrarpotenzial lassen für die kommenden Jahre jedoch ein höheres Wachstum erwarten. Bis 2023 will die Türkei Lebensmittel für 150 Mrd. $ produzieren und zum fünftgrößten Hersteller weltweit aufsteigen. Aktuell leiden die türkischen Lebensmittelexporte unter den politischen Spannungen mit Russland. TOURISMUS Der Fremdenverkehr, der in den letzten Jahren einen beeindruckenden Aufstieg durchlief, leidet unter den zunehmenden Sicherheitsproblemen und den politischen Spannungen mit Russland. Die Zahl der ausländischen Besucher ging in den ersten vier Monaten 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 17% auf knapp 7 Mio. zurück. Bei deutschen Touristen gab es einen Einbruch von 21%. Die Zahl der Gäste aus Russland fiel sogar um 68%. Vor allem die Mittelmeerprovinz Antalya leidet unter dem Schwund russischer Reisender. Nach Angaben von Branchenvertretern könnte sich der Einnahmeverlust im Tourismusgeschäft 2016 auf 10 Mrd. $ belaufen. Viele kleinere Hotelunternehmen sind in ihrer Existenz bedroht und stehen zum Verkauf an. Die Regierung hat den Touristikfirmen Hilfen zugesagt. 9 www.gtai.de

KONTAKT Sofia Pankratz 0228/24993-215 Ihre Frage an uns Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck auch teilweise nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. 2016 Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. 10 www.gtai.de