Aktuelle strategien bei Patienten mit multiplem Myelom Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig I. Medizinische Abteilung Zentrum für Onkologie und Hämatologie Wilhelminenspital Wer benötigt eine Behandlung? Patienten mit aktiver Erkrankung Komplikationen durch Skelettbefall Zunehmende Verschlechterung der Nierenfunktion (myelom-bedingt) Anstieg des Calciumspiegels im Blut Abfall des Hämoglobins Keine Behandlung MGUS Asymptomatisches Myelom (mouldering myeloma) Was soll durch die Behandlung erreicht werden? Wovon hängt die Wahl der Behandlung für einen individuellen Patienten ab? Bei beginn 0.3 x 10 12 bis 10 13 Myelomzellen Entspricht 0.3 10 kg Elimination möglichst aller Myelomzellen Normalisierung myelombedingter Beschwerden Schmerzen Müdigkeit Infektionsanfälligkeit Verbesserung von Blutbildung Nierenfunktion Stärkung des Skelettsystems Verlängerung Zeit ohne Krankheitsprogression Gesamtüberleben Patienten-spezifische Faktoren Alter Allgemeinzustand Organfunktion Begleiterkrankungen Präferenzen Emotionales Wohlbefinden Sozioekonomische Faktoren Tumor-spezifische Faktoren Stadium Zytogenetik Wachstumsgeschwindigkeit Medikamentenresistenz Immunglobulin Isotype (IgA) Verhältnis: normale/klonale Plasmazellen Krankheitsverlauf beim multiplen Myelom algorithmus Erhaltung 10 Asymptomatisch Symptomatisch 5 2 MGUS oder smouldering Myelom Aktives Myelom Plateau Remission Rezidiv ~ 31.500 Fälle/Jahr in Europa refraktäres Rezidiv ~21.500 Todesfälle/Jahr in Europa Transplantation Alter bis 70+ Normale Organfunktion Erfolgreiche Stammzellsammlung Präferenz des Patienten Patienten mit aktivem Myelom Konventionelle Alter > 65 Multimorbidität Keine Stammzellen verfügbar Präferenz des Patienten 1
Standardvorgehen und ziele Optionen nach ASZT Ziele Hohe CR-Rate Induktionstherapie (3-4 Zyklen) Wait & See Schnelles Ansprechen Geringe Nebenwirkungen ASZT (Mel-200, 1-2 x) Tandemtransplantation bei < VGPR Konsolidierung Erhaltungstherapie Offene Fragen: Konsolidierung? Derzeit kein etablierter Behandlungsstandard Erhaltungstherapie? Ziele von Konsolidierung und Erhaltungstherapie Behandlung von Patienten mit Rezidiv oder primär resistenter Erkrankung Konsolidierung Verbesserung der Ansprechqualität Erhaltungstherapie Verlängerung der Dauer des Ansprechens, PFS, OS Welche Alternativen bestehen? Wiederholung der Erstlinientherapie Wahl eines Zweitlinienprotokolls durch zeitlich begrenzte durch länger anhaltende Welche Faktoren beeinflussen die wahl? Grundlagen für die wahl Beispiele für wahl Komponenten der Erstlinientherapie Alkylantien Dexamethason Charakteristika des Rezidivs - Aggressives vs. nicht-aggressives Rezidiv Patienten Charakteristika Neuropathie Nicht empfehlenswert Thalidomid, Bortezomib Empfehlenswert Lenalidomid Thalidomid/Lenalidomid Bortezomib Wirksamkeit der Erstlinientherapie Qualität des Ansprechens Zeitfaktoren Zeit bis zur Remission Dauer der Remission -freies Intervall Situation des Patienten - Alter, Allgemeinzustand - Knochenmarkreserve - Nierenfunktion - Präexistente Neuropathie - Nähe zum Behandlungszentrum - Diabetiker, ja/nein Diabetes Entfernt vom Behandlungszentrum Hohes Alter Tumor Charakteristika Zytogenetische Risikofaktoren Hochdosiertes Dexamethason Bortezomib Volle Dosierung Thalidomid Prednison, zb täglich selbe Dosis Orale, MPT, Lenalidomid Dosisreduktion Bortezomib (Lenalidomid) IMiD, immunomodulatory derivative; MM, multiple myeloma Aggressives Rezidiv MP (T) Bortezomib-basiert Lenalidomid-basierte 2
Schlussfolgerung Prinzipielle Entscheidung: autologe Transplantation vs. Konventionelle Sorgfältige Selektion der individuellen insbesondere nach Erstlinientherapie Patienten-Charakteristika Myelom-Charakteristika Teilnahme an klinischen Studien Danke für Ihre Aufmerksamkeit Lymphknotenschwellung - häufig am Hals sowie in den Achselhöhlen (weniger häufig in Leistenbeuge) - bei einem Drittel keine Lymphknotenschwellung Selten obere Einfluss-Stauung Symptome Diagnostische Abklärung Oft nur Lymphknotenschwellung Manchmal auch Milzvergrößerung Leistungsverlust, Müdigkeit bei etwa 20-60% Schwitzen, typischerweise Nachtschweiß Juckreiz Selten Gewichtsverlust, ganz selten Alkoholschmerz Gewebeprobe Computertomographie PET Scan (PET/CT) Immunphänotypisierung Genetische Analysen 3
Molekulare Signaturen führen zu einer genaueren Unterscheidung von genetischen Subtypen WHO Einteilung Morbus Hodgkin (Hodgkin Erkrankung) B-Zell Non-Hodgkin e Niedrig maligne e Hoch maligne e T-Zell Non-Hodkin e: seltener Hummel M et al., NEJM 2006 B-Zell-e Niedrig-maligne Hoch-maligne Niedrig-maligne 1. Follikuläres Grad I-II 1. Follikuläres Grad III 1. Peripheres T-NHL* 2. Chronisch lymphatische B-Zell- Leukämie 2. Diffuses großzelliges B-NHL* 2. Chronische lymphatische T-Zell- Leukämie 4. Lymphoplasmozytoides 3. Burkitt- 3. Mycosis fungoides 5. Marginalzonen- 4. Sezary Syndrom 6. Haarzell-Leukämie 7. Plasmozytom - Multiples Myelom 8. Mantelzell- 9. Maltom T-Zell-e 5. Angioimmunoblastisches T-NHL* 6. NK-Zell-Leukämie (natural killer cell) Hoch-maligne 1. Anaplastisches T- NHL* 2. Lymphoplastisches T- NHL* 3. Immunoblastisches T- NHL* 140 120 100 80 60 40 20 0 Altersverteilung in Österreich Neuerkrankungen 2004 M. Hodgkin: 155 Non Hodgkin : 908 0-4 10-14 20-24 30-34 40-44 50-54 60-64 70-74 80-84 Hodgkin Non-Hodgkin Behandlungsziel Überlebenszeit bei verschiedenen - Entitäten Heilung Diffus großzelliges B-Zelllymphom Burkitt Bestimmte e im Stadium I/II M. Hodgkin Lebensverlängerung Alle anderen -spezifisches Überleben 1.00 0.75 0.50 0.25 MALT Follikulär DLBCL CLL/SLL Mantelzell PTCL 0.00 0 10 20 30 Jahre seit Diagnose 4
Multiples Myelom Molekulare Pathogenese beim multiplen Myelom N MGUS MM Bösartig veränderte Plasmazellen (Myelomzellen) Bildung von abnormen Eiweißkörper (Paraprotein oder M-Komponente) Charakteristische Knochenläsionen (oft wie ausgestanzt erscheinende Destruktionen) UPREGULATED 91 GENES Oncogenes BCL2, LAF4 22 GENES Transcription FOXG1A, RING1 Transcription RING1 Development SHH, WNT Development - FRZB CELL PROLIFERATION DOWNREGULATED N MGUS MM PCL 172 GENES 52 GENES ADHESION Membrane CD38, CD27 Survival TNFSF7 DNA Tumour Suppressor RB, ARMETSignalling MD2, MACS REPAIR Transcription XBP-1, ZFP Death TAX1BP1, TXNL Structural ADD1, VCL Davies et al. Blood 2003;102:4504. Myelomzellen produzieren (Para)Proteine Myelomzellen bilden bei 15-20% der Patienten nur freie Leichtketten Elektropherese Immunfixation Freie Kappa Leichtketten Freie Lambda Leichtketten Komplikationen durch Paraproteine Myelomzellen führen zur Aktivierung von Zellen, die den Knochen abbauen (Osteoklasten) 1.Nierenschädigung 2. Amyloidose Abnahme der Knochendichte (Osteoporose) Knochendefekten (Osteolysen) Knochenbrüchen 3.Blutungsneigung 4. Dickes Blut Freisetzung von Calcium 5
Myelom-bedingte Skelettschäden Häufige Symptome, die zur Diagnose führen Besonders häufig Häufig Schmerzen, oft wandernd Müdigkeit, Schwäche Infektionen und Fieber Nierenschädigung bis zum Nierenversagen Knochenbrüche Kompression von Rückenmark oder anderen Nervenstrukturen Zu viel Eiweiß, welches zum Auftreten von Beschwerden führt Alter zum Zeitpunkt des Auftretens der Erkrankung Wer benötigt eine? Pro Jahr 20.000 Neuerkrankungen in Europa 400 Neuerkrankungen in Österreich <65 Jahre >65 Jahre < 65 years > 65 years Bei myelom-bedingten Schmerzen Knochenläsionen Blutarmut (Anämie) Nierenfunktionseinschränkung Hypercalzämie Drohenden Komplikationen Beim nicht-aktiven Myelom ist eine nicht erforderlich (SEER Data Base, 1992-2001) Überlebenszeit beim multiplen Myelom Konventionelle und Hochdosis - 6