Armut und Gesundheit Was tut sich in Deutschland? Prof. Dr. Rolf Rosenbrock. Tagung Gesundheit und Armut Fachhochschule Bern 09.

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Transkript:

Armut und Gesundheit Was tut sich in Deutschland? Tagung Fachhochschule Bern 09. Mai 2014

Was tut sich? Gesundheitliche Lage Wahrnehmung Bearbeitung NGO Bearbeitung Staat 2

Gesundheit der Bevölkerung Drei Megatrends: steigende Lebenserwartung Dominanz chronischer Erkrankungen sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen 3

Herausforderung: ungleiche Gesundheitschancen 0-60% Netto Äquivalenzeinkommen 100 > 150% Netto Äquivalenzeinkommen 95 90 85 80 75 70 70 81 77 85 71 71 65 60 55 57 61 50 Lebenserwartung Männer Lebenserwartung Frauen Lebenserwartung i.g.g. Männer Lebenserwartung i.g.g. Frauen 4

Armut und Gesundheit öffentliche Wahrnehmung (1) Rudolf Virchow (1821 1902) Alfred Grotjahn (1869 1931) Nazi-Zeit (1933 1945) Nivellierung (bis 1970er) Gesundheitstag Berlin (1980) Studiengänge Public Health (seit 1990) Kongresse Armut und Gesundheit (seit 1995) Primärprävention durch GKV (seit 1999) 5

Armut und Gesundheit öffentliche Wahrnehmung (2) Zusammenhang zwischen sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit Quelle: nach Mielck (2000) 6

Einkommensungleichverteilung Quelle: Wilkinson/Pickett (2010), S. 102 7

Monoton gleich gerichtete Befunde zu sozialer Mobilität (-) Vertrauen (-) Ängsten (+) Menschen im Gefängnis (+) Drogenkonsum (+) Teenage Pregnancy (+) Übergewicht (+) 8

Gesundheitschancen Gesundheitsbelastungen physische psychische soziale Gesundheitsressourcen physische psychische soziale 9

Gesundheitsressourcen (objektiv) Bildung Einkommen Handlungsspielräume soziales Kapital 10

Gesundheitsressourcen (subjektiv) Selbstwertgefühl Selbstwirksamkeitsgefühl reziproke Einbindung Sinn 11

Interventionen nach dem,state of the art der Primärprävention zielen sowohl auf Belastungssenkung als auch auf Ressourcenförderung ab, nehmen sowohl krankheitsspezifische als auch unspezifische Belastungen und Ressourcen in den Blick, berücksichtigen gesundheitsrelevante Kontexte und versuchen sie zu verändern, beziehen in größtmöglichem Ausmaß die Zielgruppen der jeweiligen Intervention auf allen Stufen der Problembearbeitung ein, sind projektangemessen qualitätsgesichert. 12

Typen und Arten der Primärprävention 13

Prävention im Setting systemische und partizipative Intervention Identifikation von Zielen und Aktionen durch stakeholder Veränderung von Wahrnehmung, Verhalten und Strukturen Ziel: lernende Organisation 14

Public Health Action Circle Policy Formulation Assessment Assurance Evaluation Quelle: Institute of Medicine, The Future of Public Health, Washington, D.C., 1988 15

Das good practice Kriterium Partizipation Stufen der Partizipation 16

Gesundheitsförderung durch Prozess und Ergebnis 17

Setting-Interventionen von Knowledge Attitude Practice (KAP) zu Practice Attitude Knowledge (PAK) 18

Gesundheitsförderung im Setting gesundheitsförderliches Setting 19

Setting-Interventionen komplex konsensabhängig störanfällig langfristig 20

Armut und Gesundheit die Zivilgesellschaft Kongress Armut und Gesundheit Foto vom Kongress Armut und Gesundheit 21

Armut und Gesundheit die Zivilgesellschaft 10 Jahre Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit Bundesweites Verbundprojekt mit 60 Partnern Gründung 2003 auf Initiative der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Ziel: Förderung der gesundheitlichen Chancengleichheit zentrale Aktivität seit 2011: Kommunaler Partnerprozess Gesund aufwachsen für alle! Herstellung von Transparenz und Verbreitung von Wissen über die Praxis der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung (Praxisdatenbank) Unterstützung der Qualitätsentwicklung durch 12 Kriterien und 118 Beispiele guter Praxis (Good Practice) Koordinierungsstellen in allen Bundesländern 22

Armut und Gesundheit die Zivilgesellschaft Partner des Kooperationsverbundes 24

Armut und Gesundheit die Zivilgesellschaft Die Koordinierungsstellen GESUNDHEITLICHE CHANCENGLEICHHEIT in den Bundesländern... fördern landesweiten und regionalen Austausch... moderieren und koordinieren... bündeln Erkenntnisse, erstellen Handlungsleitfäden... qualifizieren, unterstützen die Qualitätsentwicklung... beraten und begleiten 25

Armut und Gesundheit die Zivilgesellschaft 26

Armut und Gesundheit die Zivilgesellschaft Gesundheitschancen von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen nachhaltig verbessern! 1. Beteiligung 2. Partnerschaftlich zusammen arbeiten 3. Niedrigschwellige Angebote schaffen 4. Ressourcenorientierung 5. Die Lebenswelt gestalten 6. Multiplikatoren/innen einbinden 7. Ehrenamtliche qualifizieren und unterstützen 27

Armut und Gesundheit die Zivilgesellschaft DIE KOMMUNE ALS SETTING FÜR ERFOLGREICHE GESUNDHEITSSTRATEGIEN Freie Träger Stadtentwicklung Soziales Freigemeinnützige Anbieter Wohlfahrt (Sport-) Vereine Bildung Öffentliche Angebote Familien Jugend Gesundheit Wirtschaft, Gewerbe (Nachbarschafts-) Netzwerke 28

Armut und Gesundheit der Staat Primärprävention durch GKV (seit 1989) GKV: insbesondere Verminderung sozial bedingter Ungleichheit (seit 1999) Forschungsförderung; Modellversuche; Programme; EU Vernetzung Präventionsgesetz: 2005, 2008, 2013, 2014 28

Armut und Gesundheit der Staat Präventionsgesetz: Regelungsbedarf Legitimation öffentlich geförderte Prävention Chancengleichheit Gesundheitsziele Interventionstypen Qualitätssicherung Ressourcenfluss 29

Armut und Gesundheit der Staat Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Max Weber (1919) 30