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Transkript:

Mathematik für Ingenieure I Wintersemester 203/4 W. Ebeling

2 c Wolfgang Ebeling Institut für Algebraische Geometrie Leibniz Universität Hannover Postfach 6009 30060 Hannover E-mail: ebeling@math.uni-hannover.de Literatur Es gibt sehr viele Bücher zur Mathematik für Ingenieure. Hier eine Auswahl: [] G. Merziger, Th. Wirth: Repetitorium der höheren Mathematik. Binomi Verlag, Springe. ISBN 3-923 923-33-3 [2] G. Merziger et al.: Formeln + Hilfen zur höheren Mathematik. Binomi Verlag, Springe. ISBN 3-923 923-35-X [3] K. Meyberg, P. Vachenauer: Höhere Mathematik. 6., korr.aufl. 200. Springer-Verlag. ISBN 978-3-540-4850-4. [4] L. Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. Vieweg Verlag, Band ISBN 3-528-94236-3, Band 2 ISBN 3-528-94237-, Anwendungsbeispiele ISBN 3-528-44355-3, Klausur- und Übungsaufgaben ISBN 3-528-03208-. [5] L. Papula: Mathematische Formelsammlung. Vieweg Verlag ISBN 3-528-74442-

Kapitel Lineare Algebra I. Zahlen Zum Abzählen bedient man sich der natürlichen Zahlen: N = {0,, 2,...} bezeichnet die Menge der natürlichen Zahlen. (Man beachte, dass wir die Null mit hinzunehmen!) Von L. Kronecker (823-89) stammt der Ausspruch: Die natürlichen Zahlen sind vom lieben Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk. Mit Z = {..., 2,, 0,, 2,...} bezeichnet man die Menge der ganzen Zahlen. Aus den ganzen Zahlen lassen sich die rationalen Zahlen konstruieren: { } p Q = q p, q Z, q 0 ist die Menge der rationalen Zahlen. Schließlich hat man noch die Menge der reellen Zahlen R, deren Elemente in eineindeutiger Weise den Punkten einer Geraden entsprechen. Wie erhält man nun die eineindeutige Korrespondenz zwischen den reellen Zahlen R und einer Geraden? Dazu wählen wir zunächst zwei Punkte 0 und auf der Geraden und tragen dann äquidistant die übrigen ganzen Zahlen ab. 0 4 3 2 2 3 4 3

4 Kapitel. Lineare Algebra I Um nun einen Punkt für die rationale Zahl p, p, q Z, q > 0, festzulegen, q teilt man die Strecke 0p auf der Geraden in q gleiche Teile. Der am dichtesten bei 0 gelegene Teilpunkt steht dann für p. q q = 5 gleiche Teile p = 4 p q = 4 5 0 Man sieht dann ein, dass die rationalen Zahlen dicht auf der Geraden liegen. Das heißt, in jeder noch so kleinen Umgebung eines jeden Punktes der Geraden findet man eine rationale Zahl (genauer gesagt, einen Punkt, der eine rationale Zahl repräsentiert). Um einen solchen Punkt zu finden, muss man q genügend groß und p passend wählen. Allerdings hat man bisher keineswegs alle Punkte der Geraden erwischt. Die Diagonale des Einheitsquadrats hat die Länge 2. 0 2 2 Satz.. Die Zahl 2 ist irrational (d.h. nicht rational). Beweis. Dieser Beweis ist ein Beispiel für einen indirekten Beweis. Wir nehmen an, dass 2 rational ist, und leiten daraus einen Widerspruch her. Wir nehmen also an p 2 =, p, q Z, q 0. q Ohne Einschränkung können wir zusätzlich annehmen, dass dieser Bruch bereits gekürzt ist. Insbesondere können wir annehmen, dass p und q nicht beide gerade sind. Aus 2 = p q folgt aber 2q 2 = p 2. Daraus folgt p 2 gerade. Da aber Quadrate ungerader Zahlen wieder ungerade sind, muss also schon p gerade sein, d.h. p = 2p für ein p Z. Setzen wir dies für p in die obige Gleichung ein, so folgt 2q 2 = 4(p ) 2. Teilen wir beide Seiten der Gleichung durch 2, so erhalten wir q 2 = 2(p ) 2. Daraus folgt nun aber, dass auch q 2 und damit q gerade sein muss. Dies ist aber ein Widerspruch zu unserer Annahme. Also war unsere Annahme, dass 2 rational ist, falsch.

.2 Der Vektorraum R n 5 Zwischen den bisher genannten Mengen hat man die folgenden Teilmengenbeziehungen: N Z Q R..2 Der Vektorraum R n Wir stellen uns die reellen Zahlen als Zahlengerade vor. Jedem Punkt der Geraden entspricht eine reelle Zahl. Jedem Punkt der Ebene entspricht ein Paar (x, y), jedem Punkt des Raumes ein Tripel (x, y, z) von reellen Zahlen. Allgemein nennt man (x, x 2,..., x n ), wobei x,..., x n reelle Zahlen sind, ein n-tupel (n ist hierbei eine beliebige natürliche Zahl). Wir setzen R n := { x = (x,..., x n ) x,..., x n R}. Man beachte, dass bei einem n-tupel die Reihenfolge wichtig ist, d.h. zwei Tupel (x,..., x n ) und (y,..., y n ) sind genau dann gleich, wenn x = y,..., x n = y n. Man nennt den R n auch den reellen Standardvektorraum der Dimension n und ein Element dieses Raumes auch einen Vektor. Die Zahlen x,..., x n heissen die Komponenten von x. Der R ist die Zahlengerade, R 2 entspricht der Ebene, R 3 dem Raum. Für größere n hat man keine geometrische Vorstellung mehr. Mit den reellen Zahlen kann man rechnen, man kann sie nach den üblichen Regeln addieren und multiplizieren. Auch mit n-tupeln kann man rechnen. Für (x,..., x n ) R n und (y,..., y n ) R n definieren wir eine Addition (x,..., x n ) + (y,..., y n ) := (x + y,..., x n + y n ) und für (x,..., x n ) R n eine Multiplikation mit einer Zahl λ R Wir setzen ausserdem: λ(x,..., x n ) := (λx,..., λx n ). 0 := (0,..., 0) x := ( x,..., x n ). Statt x + ( y) schreibt man kürzer x y. Man kann diese Operationen geometrisch deuten: Dazu sehen wir ein n- Tupel x = (x,..., x n ) als Vektor an, d.h. als einen Pfeil mit Fußpunkt in

6 Kapitel. Lineare Algebra I x 2 + y 2 y 2 x 2 0 y x x + y Abbildung.: Addition zweier Vektoren (n = 2) 0 := (0,..., 0) und Spitze in x. Zwei Vektoren x und y spannen dann ein Parallelogramm auf (siehe Abbildung. für n = 2) und dem Vektor x + y entspricht dann der Pfeil, der auf der Diagonale mit dem Fußpunkt 0 liegt und als Spitze den anderen Eckpunkt hat. Der Multiplikation mit der Zahl λ entspricht die Streckung des Vektors x um den Faktor λ. Satz.2. (Vektorraumaxiome) Es seien x, y, z R n und a, b, c R. Dann gilt: (V) x + ( y + z) = ( x + y) + z. (V2) x + 0 = 0 + x = x. (V3) x + ( x) = ( x) + x = 0. (V4) x + y = y + x. (V5) (a + b) x = a x + b x. (V6) a( x + y) = a x + a y. (V7) (ab) x = a(b x). (V8) x = x..3 Das Skalarprodukt im R n Wir wollen nun auch Längen und Winkel definieren. Deswegen führen wir das Skalarprodukt im R n ein.

.3 Das Skalarprodukt im R n 7 Definition Für Vektoren x = (x,..., x n ) und y = (y,..., y n ) des R n ist das Skalarprodukt x y definiert als x y := x y + x 2 y 2 + + x n y n. Man beachte, dass x y eine reelle Zahl ist. Bei der Multiplikation eines Vektors x mit einem Skalar λ erhält man dagegen einen Vektor λ x R n. Satz.3. (Eigenschaften des Skalarprodukts) (a) Für alle x R n gilt x x 0 und es gilt x x = 0 genau dann, wenn x = 0. (Das Skalarprodukt ist positiv definit.) (b) Für alle x, y R n gilt x y = y x. (Das Skalarprodukt ist symmetrisch.) (c) Für alle x, y, z R n und λ R gilt: (Das Skalarprodukt ist bilinear.) Beweis. (a) Für x = (x,..., x n ) gilt ( x + z) y = x y + z y, (λ x) y = λ( x y), x ( y + z) = x y + x z, x (λ y) = λ( x y). x x = x 2 + + x 2 n 0. Daran sieht man auch, dass x x genau dann gleich 0 ist, wenn x =... = x n = 0, also x = 0 gilt. Die Formeln von (b) und (c) rechnet man einfach nach. Die Länge oder Norm eines Vektors x = (x,..., x n ) ist defi- Definition niert durch x := x x = x 2 + + x 2 n. Nach Satz.3. (a) folgt x = 0 x = 0.

8 Kapitel. Lineare Algebra I Satz.3.2 (Cauchy-Schwarzsche Ungleichung) Für x, y R n gilt x y x y. Für y 0 gilt x y = x y genau dann, wenn es ein λ R gibt, so dass x = λ y. Die Norm hat die folgenden Eigenschaften. Satz.3.3 (Eigenschaften der Norm) (a) Für x R n gilt (b) Für x R n und λ R gilt x 0 und x = 0 x = 0. λ x = λ x. (c) (Dreiecksungleichung) Für x, y R n gilt Beweis. (a) folgt aus Satz.3. (a). (b) folgt aus Satz.3. (c). Zu (c): Es gilt x + y x + y. x + y 2 = ( x + y) ( x + y) = ( x x) + 2( x y) + ( y y) x 2 + 2 x y + y 2 nach Satz.3.2 = ( x + y ) 2. Zieht man auf beiden Seiten die Wurzel, so erhält man x + y x + y. Mit Hilfe der Norm kann man zwischen zwei Punkten x, y R n einen Abstand erklären: Definition Der Abstand zwischen zwei Punkten x = (x,..., x n ) und y = (y,..., y n ) ist definiert durch d( x, y) := y x = (y x ) 2 + + (y n x n ) 2. Aus den Eigenschaften der Norm folgt:

.3 Das Skalarprodukt im R n 9 Satz.3.4 (Eigenschaften des Abstands) (a) Für alle x, y R n gilt d( x, y) 0 und d( x, y) = 0 x = y. (b) Für alle x, y R n gilt d( x, y) = d( y, x). (c) (Dreiecksungleichung) Für alle u, v, w R n gilt d( u, w) d( u, v) + d( v, w). Beweis. (a) und (b) folgen direkt aus Satz.3.3 (a). (c) folgt aus Satz.3.3 (c) mit x := v u und y := w v, also x + y = w u. Definition Zwei Vektoren x, y R n heißen orthogonal, in Zeichen x y, genau dann, wenn x y = 0 gilt. Der Nullvektor ist orthogonal zu jedem Vektor. Definition Ein Vektor x R n mit x = heißt Einheitsvektor. Ist x R n mit x 0 beliebig, so ist x x ein Einheitsvektor: x x = x x = x x = x =. x Nun wollen wir auch Winkel zwischen zwei Vektoren x, y R n mit x 0 und y 0 erklären. Dazu erinnern wir zunächst an die Definition von sin α und cos α für einen Winkel α. Ist x das Bogenmaß des Winkels α, so gilt: x 2π = Es gilt folgende Umrechnungstabelle: α 360. Gradmaß 30 45 60 90 80 360 π π π π Bogenmaß π 2π 6 4 3 2

0 Kapitel. Lineare Algebra I Mit einem Winkel wird in Zukunft immer der Winkel im Bogenmaß gemeint sein. Dann sind sin α und cos α anhand der folgenden Zeichnung definiert: sin α α cos α x Es gilt sin α, cos α. Ist ein Wert y R, y, vorgegeben, so gibt es genau einen Winkel α mit 0 α π mit cos α = y. Es gilt sin 2 α + cos 2 α =. Nun betrachten wir zwei Vektoren x, y R n mit x 0 und y 0. Aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung folgt dann Es gibt also ein α [0, π], so dass cos α = x y x y. x y x y. Definition Der Winkel zwischen x und y, in Zeichen ( x, y), ist definiert als diejenige Zahl α mit 0 α π, so dass cos α = x y x y. Satz.3.5 (Eigenschaften des Winkels) (a) Für x, y R n mit x 0 und y 0 gilt x y = x y cos ( x, y).

.3 Das Skalarprodukt im R n (b) Für x, y R n mit x 0 und y 0 gilt ( x, y) = ( y, x). (c) Für x, y R n mit x 0 und y 0 und λ, µ R mit λµ > 0 gilt (λ x, µ y) = ( x, y). (d) Für x, y R n mit x 0 und y 0 gilt ( x, y) = 0 oder ( x, y) = π genau dann, wenn es ein λ R mit y = λ x gibt. Beweis. Diese Eigenschaften folgen unmittelbar aus der Definition und der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung. Wir wollen nun zeigen, dass die Definition des Winkels mit der anschaulichen Definition übereinstimmt. Dazu beschränken wir uns auf den Fall n = 2. Es seien also x, y R 2 von Null verschiedene Vektoren und x := x x, y := y y. Da x = y =, gibt es 0 α, β π, so dass x = (cos α, sin α), y = (cos β, sin β). Aus Satz.3.5 (iii) und der Definition des Winkels folgt Es gilt cos ( x, y) = cos ( x, y ) = x y. x y = cos α cos β + sin α sin β = cos(α β) = cos(β α), also ( x, y) = β α. Es seien a, b R n mit b 0. Definition Mit a b bezeichnen wir die orthogonale Projektion von a auf b (siehe Abbildung).

2 Kapitel. Lineare Algebra I a a b a b Zur Berechnung von a b bemerken wir: Also gilt: Es sei a b a b a b = a cos α = a a b := a a b. Dann gilt a b = = a b b ( a b ) b b b b = a b b. a b = a a b b 2 b Zum Abschluss geben wir noch eine Anwendung. Übungsaufgabe.3. Wir wollen die Entfernung zwischen zwei Orten A und B bestimmen. Wir kennen nur die Entfernung zu einem dritten Ort C und den Winkel α, den die Verbindungsgeraden AC und BC bilden. Lösung: Wir legen den Ursprung unseres Koordinatensystems in den Punkt C. Es sei x = A C und y = B C. Dann ist gesucht: Nun rechnen wir: d( x, y) = y x. y x 2 = ( y x) ( y x) Wir haben damit auch bewiesen: = y y 2 x y + x x = y 2 2 x y cos α + x 2. Satz.3.6 (Kosinussatz) Für zwei Vektoren x, y R n gilt: y x 2 = y 2 2 x y cos ( x, y) + x 2

.4 Das Vektorprodukt im R 3 3.4 Das Vektorprodukt im R 3 Wir wollen nun das Vektorprodukt einführen. Dies ist aber nur für Vektoren aus dem R 3 definiert. Definition Für Vektoren x = (x, x 2, x 3 ) und y = (y, y 2, y 3 ) aus R 3 ist das Vektorprodukt x y definiert durch x y := (x 2 y 3 x 3 y 2, x 3 y x y 3, x y 2 x 2 y ). Man beachte, dass x y wieder ein Vektor des R 3 ist. Um sich diese Definition leichter merken zu können, geben wir noch eine Merkregel an. Wir schreiben die Vektoren als Spaltenvektoren: x y = x x 2 x 3 y y 2 y 3 = x 2 y 3 x 3 y 2 x 3 y x y 3 x y 2 x 2 y Wir erhalten die erste Komponente (Zeile) des Vektors x y, indem wir die erste Zeile abdecken und die Determinante x 2 y 2 x 3 y 3 = x 2y 3 x 3 y 2 berechnen. Entsprechend ist die zweite Komponente gleich minus (!) der Determinante, die man erhält, wenn man die zweite Zeile streicht. Schließlich erhält man die dritte Komponente, indem man die dritte Zeile streicht und die verbleibende Determinante ausrechnet. Wir notieren nun einige Eigenschaften des Vektorprodukts. Satz.4. (Eigenschaften des Vektorprodukts) (a) Für x, y, z R 3 und λ R gilt (b) Für x, y R 3 gilt (c) Für x, y R 3 gilt (d) Für x, y R 3 gilt ( x + y) z = x z + y z, x ( y + z) = x y + x z, (λ x) y = λ( x y) = x (λ y). ( x y) x = ( x y) y = 0. x y 2 = x 2 y 2 ( x y) 2. x y = y x und x x = 0..

4 Kapitel. Lineare Algebra I Beweis. Alle Eigenschaften kann man einfach nachrechnen. Wir führen den Beweis von (c) vor. Es sei x = (x, x 2, x 3 ) und y = (y, y 2, y 3 ). Dann gilt x y 2 = (x 2 y 3 x 3 y 2 ) 2 + (x 3 y x y 3 ) 2 + (x y 2 x 2 y ) 2 = (x y 2 ) 2 + (x 2 y ) 2 + (x 3 y ) 2 + (x y 3 ) 2 + (x 2 y 3 ) 2 + (x 3 y 2 ) 2 2x x 2 y y 2 2x x 3 y y 3 2x 2 x 3 y 2 y 3 = (x 2 + x 2 2 + x 2 3)(y 2 + y 2 2 + y 2 3) (x y + x 2 y 2 + x 3 y 3 ) 2 = x 2 y 2 ( x y) 2. Korollar.4. Für vom Nullvektor verschiedene x, y R 3 gilt x y = x y sin ( x, y). Beweis. Es sei θ = ( x, y). Nach Satz.3.5 (a) gilt Nach Satz.4. (c) folgt also x y = x y cos θ. x y 2 = x 2 y 2 ( x y) 2 = x 2 y 2 ( cos 2 θ) = x 2 y 2 sin 2 θ. Wegen θ [0, π] ist sin θ 0. Also können wir auf beiden Seiten die Quadratwurzel ziehen und die Behauptung folgt. Wir erhalten damit die übliche geometrische Beschreibung des Vektorprodukts. Nach Satz.4. (a),(ii) steht der Vektor x y senkrecht auf der von den Vektoren x und y aufgespannten Ebene. Seine Länge ist nach der Formel von Korollar.4. gleich dem Flächeninhalt des von x und y aufgespannten Parallelogramms. Nun gibt es, wenn x y 0, genau zwei Vektoren mit diesen Eigenschaften. Der Vektor x y berechnet sich nach der Rechte-Hand- Regel: Zeigt der Daumen der rechten Hand in die Richtung von x und der Zeigefinger in die Richtung von y, so zeigt der Mittelfinger in die Richtung von x y. Definition Zwei Vektoren x und y des R n heißen linear unabhängig genau dann, wenn für alle λ, µ R mit der Eigenschaft, dass λ x + µ y = 0 gilt, notwendigerweise λ = µ = 0 folgt. Die Vektoren x und y heißen linear abhängig genau dann, wenn sie nicht linear unabhängig sind, d.h. wenn es λ, µ R mit λ 0 oder µ 0 gibt, so dass λ x + µ y = 0.

.4 Das Vektorprodukt im R 3 5 Der folgende Satz macht diese Definition etwas verständlicher. Satz.4.2 Für x, y R n sind folgende Bedingungen gleichwertig: (a) x, y sind linear abhängig. (b) x = 0 oder es gibt ein ρ R, so dass y = ρ x. (c) y = 0 oder es gibt ein ρ R, so dass x = ρ y. Beweis. (a) (b): Sind x, y linear abhängig, so gibt es λ, µ R mit λ 0 oder µ 0, so dass λ x + µ y = 0. Ist µ = 0, so muss λ 0 sein. Aus λ x = 0 folgt dann aber x = 0. Ist µ 0, dann gilt y = λ µ x, also y = ρ x mit ρ := λ/µ. (b) (a): Ist x = 0, so gilt x + 0 y = 0. Ist y = ρ x, so gilt ρ x + y = 0. In beiden Fällen sind also x, y linear abhängig. Der Beweis von (a) (c) geht analog. Satz.4.3 Zwei Vektoren x, y R 3 sind genau dann linear abhängig, wenn x y = 0 gilt. Beweis. : Die Vektoren x, y R 3 seien linear abhängig. Aus Satz.4.2 folgt, dass dann x = 0 gilt oder es ein ρ R gibt, so dass y = ρ x. Ist x = 0, so gilt Ist y = ρ x, so gilt nach Satz.4. x y = 0 y = 0. x y = (ρ y) y = ρ( y y) = 0. : Es sei x y = 0. Ist x = 0 oder y = 0, so sind x, y nach Satz.4.2 linear abhängig. Es sei also x 0 und y 0. Nach Korollar.4. gilt 0 = x y = x y sin ( x, y). Ist θ := ( x, y), so folgt sin θ = 0, also θ = 0 oder θ = π. Das bedeutet aber, dass es ein ρ R gibt, so dass y = ρ x. Nach Satz.4.2 sind x, y daher linear abhängig. Das Spatprodukt [ a, b, c] der drei Vektoren a, b, c R 3 ist defi- Definition niert durch [ a, b, c] := a ( b c).

6 Kapitel. Lineare Algebra I Der Betrag des Spatprodukts [ a, b, c] ist das Volumen V des von den Vektoren a, b, c aufgespannten Spats: V = Grundfläche Höhe = b c a b c = a ( b c b c) b c b c 2 = a ( b c). b c a c b Für a = (a, a 2, a 3 ), b = (b, b 2, b 3 ), c = (c, c 2, c 3 ) rechnen wir aus: [ a, b, c] = a ( b c) = a (b 2 c 3 b 3 c 2 ) + a 2 (b 3 c b c 3 ) + a 3 (b c 2 b 2 c ) = a b 2 c 3 a b 3 c 2 + a 2 b 3 c a 2 b c 3 + a 3 b c 2 a 3 b 2 c. Den letzten Ausdruck kürzen wir ab durch a b c a 2 b 2 c 2 a 3 b 3 c 3 := a b 2 c 2 b 3 c 3 a 2 b c b 3 c 3 Merkregel: + + + a b c a b a 2 b 2 c 2 a 2 b 2 a 3 b 3 c 3 a 3 b 3.5 Geraden und Ebenen Wir betrachten zunächst Geraden im R 2. + a 3 b c b 2 c 2.

.5 Geraden und Ebenen 7 Definition Eine Teilmenge L R 2 heißt Gerade (in Koordinatenform), wenn es a, a 2, b R mit (a, a 2 ) (0, 0) gibt, so dass L = {(x, x 2 ) R 2 a x + a 2 x 2 = b}. Definition Für v, w R 2 mit w 0 definieren wir v + R w := { x = v + λ w λ R}. Diese Menge heißt Gerade (in Parameterform). Der Vektor v heißt Ortsvektor und w Richtungsvektor der Geraden L = v + R w. Umrechnung Koordinatenform in Parameterform Es sei L := {(x, x 2 ) R 2 a x + a 2 x 2 = b} mit (a, a 2 ) (0, 0). Wir betrachten den Fall a 2 0, der Fall a 0 geht analog. Wir lösen die Gleichung nach x 2 auf: x 2 = a 2 (b a x ). Wir setzen Dann gilt v := w := (0, ba2 ) (, a ) a 2 (x = 0 gesetzt), (x =, b = 0 gesetzt). L = v + R w. Umrechnung Parameterform in Koordinatenform Es sei nun L = v + R w gegeben. Wir müssen eine Gleichung finden. Ist v = (v, v 2 ) und w = (w, w 2 ) mit w 0, so überlegt man sich leicht, dass folgende Gleichung gilt Wir definieren daher x 2 v 2 = w 2 x v w w 2 x w x 2 = w 2 v w v 2. a := w 2, a 2 := w, b := w 2 v w v 2.

8 Kapitel. Lineare Algebra I Dann gilt: L = {(x, x 2 ) R 2 a x + a 2 x 2 = b}. Nun betrachten wir den R 3, den dreidimensionalen Anschauungsraum. Dann definiert eine lineare Gleichung der Form a x + a 2 x 2 + a 3 x 3 = b mit (a, a 2, a 3 ) (0, 0, 0) keine Gerade mehr, sondern eine Ebene. denn ist zum Beispiel a 3 0, so können wir die Gleichung nach x 3 auflösen x 3 = a 3 (b a x a 2 x 2 ), und wir sehen, dass dies eine Ebene definiert. Definition Eine Teilmenge E R 3 heißt Ebene (in Koordinatenform), wenn es a, a 2, a 3, b R mit (a, a 2, a 3 ) (0, 0, 0) gibt, so dass E = {(x, x 2, x 3 ) R 3 a x + a 2 x 2 + a 3 x 3 = b}. Definition Es seien u, v, w R 3 und die Vektoren v und w seien linear unabhängig. Dann heißt u + R v + R w := { x = u + λ v + λ 2 w λ, λ 2 R} eine Ebene (in Parameterform). Der Vektor u heißt Ortsvektor, die Vektoren v und w heißen die Richtungsvektoren der Ebene. Umrechnung Koordinatenform in Parameterform Es sei E = {(x, x 2, x 3 ) R 3 a x + a 2 x 2 + a 3 x 3 = b} und o.b.d.a. (ohne Beschränkung der Allgemeinheit) a 3 0. Setzt man x = λ und x 2 = λ 2 in die Ebenengleichung ein, so erhält man Wir setzen x 3 = a 3 (b a λ a 2 λ 2 ). u := (0, 0, b a 3 ) (λ = λ 2 = 0 gesetzt), Dann gilt v := (, 0, a a 3 ) w := (0,, a 2 a 3 ) (λ =, λ 2 = 0, b = 0 gesetzt), (λ = 0, λ 2 =, b = 0 gesetzt). E = u + R v + R w.

.5 Geraden und Ebenen 9 Umrechnung Parameterform in Koordinatenform Es seien v und w linear unabhängig und E = u + R v + R w. Wir betrachten den Vektor a = (a, a 2, a 3 ) := v w. Nach Satz.4.3 gilt (a, a 2, a 3 ) (0, 0, 0). Es sei x = (x, x 2, x 3 ) E, x = u + λ v + µ w. Dann gilt a x = a x + a 2 x 2 + a 3 x 3 = a u. und E = { x R 3 a x + a 2 x 2 + a 3 x 3 = a u}. Definition Es sei E = u + R v + R w eine Ebene. Ein Vektor n mit n = und n ( x u) für alle x E heißt ein Einheitsnormalenvektor von E. Nach Satz.4. ist der Vektor v w v w = v w v w ein Einheitsnormalenvektor der Ebene E = u + R v + R w. Wir können nun auch Geraden im R 3 betrachten. Definition Für v, w R 3 mit w 0 definieren wir v + R w := { x = v + λ w λ R}. Diese Menge heißt Gerade (in Parameterform) im R 3. Warnung Um eine Gerade im R 3 in Koordinatenform zu beschreiben, benötigt man zwei Gleichungen, denn eine Gerade im R 3 ist der Schnitt von zwei Ebenen. Wir betrachten nun den Abstand eines Punktes von einer Geraden oder einer Ebene. Ist L = v + R w und y R 3, so definieren wir d( y, L) = min d( y, x). x L Dann gilt d( y, L) = ( v y) w w

20 Kapitel. Lineare Algebra I Es sei E = u + R v + R w mit linear unabhängigen Vektoren v und w und y R 3. Dann definieren wir d( y, E) = min d( y, x). x E Es sei n ein Einheitsnormalenvektor von E. Dann gilt d( y, E) = ( u y) n Es sei d := d( 0, E). Ist 0 ( u, n) π/2, so gilt bereits d = u n. Damit erhalten wir die Hessesche Normalform der Ebenengleichung.6 Komplexe Zahlen E = { x R 3 x n = d}. Definition Die Menge der komplexen Zahlen ist die Menge mit der Addition und Multiplikation C := {x + iy x, y R} (x + iy) + (x + iy ) := (x + x ) + i(y + y ) (x + iy) (x + iy ) := (xx yy ) + i(xy + x y) (Diese Formeln kann man sich so merken: Man rechnet wie mit Zahlen unter Beachtung der Regel i 2 =.) Die komplexe Zahl a + bi C kann man mit dem Vektor (a, b) R 2 identifizieren. Dies führt zu der Darstellung der komplexen Zahlen in der Gaußschen Zahlenebene. Der Addition von komplexen Zahlen entspricht die Addition der entsprechenden Vektoren. Die Multiplikation deuten wir später geometrisch. Ist z C mit z 0, so bestimmen wir die Zahl : Es sei z = x+iy. Dann z gilt Also gilt x + iy = x iy (x + iy)(x iy) = x iy x 2 + y. 2 x + iy = x iy x 2 + y 2

.6 Komplexe Zahlen 2 Definition Es sei z = x + iy. Re(z) := x heißt Realteil von z. Im(z) := y heißt Imaginärteil von z. z := x iy heißt die zu z konjugiert komplexe Zahl. z := x 2 + y 2 = z z heißt der Betrag von z. Zwei komplexe Zahlen z und z sind also genau dann gleich, wenn Re(z) = Re(z ) und Im(z) = Im(z ) gilt. In der Gaußschen Zahlenebene entspricht die x-achse der reellen Achse und die y-achse der imaginären Achse. In der Gaußschen Zahlenebene entsteht z aus z durch Spiegelung an der reellen Achse. Aus der Definition folgt Re(z) = (z + z), 2 Im(z) = (z z). 2i Einfach nachzurechnen sind folgende Rechenregeln für die Konjugation: Satz.6. Für alle z, z, z 2 C gilt (a) z = z. (b) z + z 2 = z + z 2. (c) z z 2 = z z 2. Für z R stimmt der Betrag mit dem Absolutbetrag für reelle Zahlen überein. Für alle z C gilt z = z. Satz.6.2 Für alle z, z, z 2 C gilt (a) z 0; z = 0 z = 0. (b) z z 2 = z z 2. (c) z + z 2 z + z 2 (Dreiecksungleichung). Beweis. (a) ist klar. Zu (b): Nach Definition des Betrags ist z z 2 2 = (z z 2 )(z z 2 ) = z z 2 z z 2 = (z z )(z 2 z 2 ) = z 2 z 2 2. Wurzelziehen liefert die Behauptung. Zu (c): Für jede komplexe Zahl z gilt Re(z) z.

22 Kapitel. Lineare Algebra I Daraus folgt Also gilt Re(z z 2 ) z z 2 = z z 2 = z z 2. z + z 2 2 = (z + z 2 )(z + z 2 ) = z z + z z 2 + z 2 z + z 2 z 2 = z 2 + 2Re(z z 2 ) + z 2 2 z 2 + 2 z z 2 + z 2 2 = ( z + z 2 ) 2. Wurzelziehen liefert wieder die Behauptung. Definition Es sei z = x + iy, r := z und ϕ der Winkel von z mit der positiven x-achse. Dann nennt man ϕ das Argument der komplexen Zahl z und z = r(cos ϕ + i sin ϕ) die Darstellung der Zahl in Polarkoordinaten. Es seien z = r (cos ϕ + i sin ϕ ), z 2 = r 2 (cos ϕ 2 + i sin ϕ 2 ). Aus den Additionstheoremen für sin und cos folgt: z z 2 = r r 2 (cos ϕ + i sin ϕ )(cos ϕ 2 + i sin ϕ 2 ) Also gilt: = r r 2 [(cos ϕ cos ϕ 2 sin ϕ sin ϕ 2 ) + i(cos ϕ sin ϕ 2 + sin ϕ cos ϕ 2 )] = r r 2 (cos(ϕ + ϕ 2 ) + i sin(ϕ + ϕ 2 )) z z 2 = r r 2 (cos(ϕ + ϕ 2 ) + i sin(ϕ + ϕ 2 )) Zwei komplexe Zahlen werden multipliziert, indem man ihre Beträge multipliziert und und ihre Argumente addiert. Es gilt: z = (cos( ϕ) + i sin( ϕ)), z 0 r z z 2 = r r 2 (cos(ϕ ϕ 2 ) + i sin(ϕ ϕ 2 )), z 2 0 Satz.6.3 (Formel von Moivre) z n = r n (cos nϕ + i sin nϕ), n N Definition (Eulerformel) e iϕ := cos ϕ + i sin ϕ

.7 Lineare Gleichungssysteme 23 Damit haben wir die folgenden Darstellungen einer komplexen Zahl: Darstellung in kartesischen Koordinaten: z = x + iy Darstellung in Polarkoordinaten: z = r(cos ϕ + i sin ϕ) Eulersche Darstellung: z = re iϕ Beispiel.6. Die verschiedenen Darstellungen der Zahl z = + i: + i = ( 2 cos π 4 + i sin π ) = 2e i π 4. 4 Definition Es sei b 0 eine komplexe Zahl. Unter einer n-ten Wurzel von b versteht man eine Lösung z der Gleichung z n = b. Ist b = re iϕ mit r > 0, so sind alle n-ten Wurzeln von b. a k = n re i ϕ+2πk n, k = 0,,..., n,.7 Lineare Gleichungssysteme Definition Ein lineares Gleichungssystem ist ein Gleichungssystem der Form a x + a 2 x 2 + + a n x n = b a 2 x + a 22 x 2 + + a 2n x n = b 2 a m x + a m2 x 2 + + a mn x n = b m. Dabei sind die a ij und die b i reelle Zahlen und gesucht ist die Menge der (x,..., x n ) R n, die alle Gleichungen erfüllen. Dieses System wollen wir nun zunächst übersichtlicher aufschreiben. Die Koeffizienten a ij schreibt man in einem rechteckigen Schema A := a a 2 a n a 2 a 22 a 2n....... a m a m2 a mn...

24 Kapitel. Lineare Algebra I Ein solches Schema nennt man eine m n-matrix. Wir schreiben auch zur Abkürzung A = (a ij ). Die Matrix A heißt die Koeffizientenmatrix des linearen Gleichungssystems. Die Unbekannten x,..., x n schreiben wir als Spaltenvektor x := x x 2. x n. Die Multiplikation einer Matrix A mit dem Vektor x erklären wir durch a a 2 a n x a 2 a 22 a 2n x 2 A x =....... a m a m2 a mn x n a x + a 2 x 2 + + a n x n a 2 x + a 22 x 2 + + a 2n x n :=.. a m x + a m2 x 2 + + a mn x n Anschaulich gesprochen bedeutet dies Zeile mal Spalte. Schreiben wir nun auch noch b b 2 b :=., b m so wird unser Gleichungssystem zu a a 2 a n a 2 a 22 a 2n...... a m a m2 a mn oder kurz A x = b. x x 2. x n = Wir sehen, dass es vorteilhaft ist, Vektoren als Spaltenvektoren aufzufassen. Das werden wir in Zukunft tun. Wir werden von nun an Vektoren als Spaltenvektoren schreiben. b b 2. b m

.7 Lineare Gleichungssysteme 25 Wir wollen uns nun mit der Lösung eines solchen Gleichungssystems befassen. Die Lösungsmenge ist gleich L(A b) := { x R n A x = b}. Man kann diese Lösungsmenge mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus ermitteln. Dieses Verfahren wollen wir nun darstellen. Gaußscher Algorithmus Anstelle der Koeffizientenmatrix A betrachtet man die erweiterte Koeffizientenmatrix a a 2 a n b (A a 2 a 22 a 2n b 2 b) :=........ a m a m2 a mn b m Der Gaußsche Algorithmus basiert darauf, dass die folgenden Umformungen nichts an der Lösungsmenge eines Gleichungssystems ändern:. Vertauschung zweier Gleichungen. 2. Multiplikation einer Gleichung mit einer Zahl λ 0. 3. Addition (bzw. Subtraktion) des Vielfachen einer Gleichung zu (bzw. von) einer anderen. Diesen Gleichungsumformungen entsprechen die folgenden elementaren Zeilenumformungen der Matrix (A b):. Vertauschung zweier Zeilen 2. Multiplikation einer Zeile mit einer Zahl λ 0. 3. Addition (bzw. Subtraktion) des λ-fachen einer Zeile zu (bzw. von) einer anderen. Das Gauß-Verfahren besteht aus drei Teilen: I. Vorwärtselimination. II. Lösbarkeitsentscheidung (nur für b 0) III. Rückwärtssubstitution

26 Kapitel. Lineare Algebra I I. Vorwärtselimination. Eliminationsschritt Ist a 0? Wenn nein: Suche in der. Spalte von A ein Element a k 0 und vertausche die k-te Zeile mit der ersten. (Sind alle Elemente der. Spalte gleich 0, so beginne man statt mit der ersten Spalte mit der ersten anderen Spalte, die nicht nur lauter Nullen enthält.) Wenn ja: Subtrahiere das a i a -fache der. Zeile von der i-ten Zeile (i = 2,..., m) Ergebnis: 0 0 0 0 0 0 0................. 0 0 0 0 0 = 0 = beliebig 2. Eliminationsschritt Wende das gleiche Verfahren auf die eingezeichnete Restmatrix an. usw.. Verfahren bricht ab, wenn folgende Matrix erreicht ist (Zeilenstufenform): 0 0 b 0 0 0 0 0 b2 0 0 0 0 0 0 0 0 b3.............. 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 br 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 b r+.............. 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 bm

.7 Lineare Gleichungssysteme 27 Beispiel.7. (A b) = 0 0 2 2 2 3 4 2 2 2 4 8 9 0 3 2 5 6 5 4 2 3 4 2 2 0 0 2 2 2 4 8 9 0 3 2 5 6 5 4 2 3 4 2 2 0 0 2 2 0 0 2 4 0 0 2 2 7 6 2 3 4 2 2 0 0 2 2 0 0 0 2 6 2 0 0 0 3 9 7 2 3 4 2 2 0 0 2 2 0 0 0 2 6 2 0 0 0 0 0 4 Zeile und Zeile 2 vertauschen 2 Zeile +Zeile Zeile 2 +Zeile 2 + 3 2 Zeile 3 II. Lösbarkeitsentscheidung (entfällt für b = 0) Ist eine der Zahlen b r+,..., b m von Null verschieden, etwa nach Zeilenvertauschung b r+ 0, dann ist das Gleichungssystem nicht lösbar. Denn die (r + )-te Gleichung ergibt den Widerspruch 0x +... + 0x n = b r+ 0. Beispiel.7.2 Das angebene Gleichungssystem ist nicht lösbar. Ersetzen wir allerdings b 4 = 4 durch b 4 = 0, so ist das Gleichungssystem lösbar. 0 0 2 2 2 3 4 2 2 2 3 4 2 2 2 4 8 9 0 3 0 0 2 2 0 0 0 2 6 2 2 5 6 5 0 0 0 0 0 0 0 III. Rückwärtssubstitution Dazu betrachten wir zunächst wieder das

28 Kapitel. Lineare Algebra I Beispiel.7.3 Das Gleichungssystem lautet explizit: 2 3 4 2 2 0 0 2 2 0 0 0 2 6 2 0 0 0 0 0 0 x 2x 2 +3x 3 +4x 4 +2x 5 = 2 2x 3 x 4 +2x 5 = 2x 4 6x 5 = 2 Es beschreibt die Abhängigkeit der zu den -Stellen gehörigen Variablen x, x 3, x 4 (abhängige Variable) von x 2, x 5 (unabhängige Variable oder freie Parameter). Setze x 2 = λ, x 5 = λ 2 (λ, λ 2 R variabel) und bringe die freien Variablen auf die rechte Seite: x + 3x 3 + 4x 4 = 2 + 2λ 2λ 2 2x 3 x 4 = 2λ 2 2x 4 = 2 + 6λ 2 Daraus berechne man (von unten nach oben, daher Rückwärtssubstitution) der Reihe nach x 4, x 3, x in Abhängigkeit von λ, λ 2 : x 4 = + 3λ 2, x 3 = 2 x 4 + 2 λ 2 = 2 λ 2, x = 3x 3 4x 4 + 2 + 2λ 2λ 2 = 3 2 λ 2 + 4 2λ 2 + 2 + 2λ 2λ 2 = 6 + 2λ 3 2 λ 2. Damit sieht die allgemeine Lösung wie folgt aus: x 6 + 2λ 3 x 2 λ 2 2 6 x 3 x 4 = λ 2 λ 2 + 3λ 2 = 0 0 + λ x 5 λ 2 0 2 0 0 0 + λ 2 3 2 0 2 3

.7 Lineare Gleichungssysteme 29 Allgemein: Die zu Spalten ohne -Stelle gehörenden Unbekannten sind die freien Variablen, sie werden der Reihe nach gleich λ, λ 2,..., λ n r gesetzt. Gleichungssystem nach den zu -Stellen gehörenden abhängigen Variablen auflösen und der Reihe nach (von unten nach oben) diese Variablen in Abhängigkeit von λ,..., λ n r berechnen. Definition Das lineare Gleichungssystem A x = b heißt homogen, wenn b = 0 ist, andernfalls inhomogen. Definition Die Zahl r bezeichnen wir als den Rang der Matrix A. Satz.7. (a) Das lineare Gleichungssystem A x = b besitzt genau dann eine Lösung, wenn gilt Rang (A b) = Rang A. (b) Das homogene lineare Gleichungssystem A x = 0 hat genau dann nur x = 0 (triviale Lösung) als einzige Lösung, wenn Rang A = n gilt (n = Anzahl der Unbekannten). (c) Ist die Anzahl der Gleichungen kleiner als die Anzahl der Unbekannten (m < n), dann besitzt A x = 0 stets nichttriviale Lösungen. (d) Gilt m = n, so ist das inhomogene lineare Gleichungssystem A x = b genau dann eindeutig lösbar, wenn Rang A = n gilt. Beispiel.7.4 Gegeben seien die Ebenen E = {(x, x 2, x 3 ) R 3 x + x 2 + x 3 = 2}, E 2 = {(x, x 2, x 3 ) R 3 x x 2 + 2x 3 = 4}. Aufgabe: Bestimmen Sie den Durchschnitt der beiden Ebenen! Lösung: Zu lösen ist das lineare Gleichungssystem ( ) x ( ) x 2 2 2 =. 4 x 3 Eine Umformung ergibt ( 2 ) 2 4 ( ) 2 0 2 2

30 Kapitel. Lineare Algebra I Das bedeutet: x 3 ist eine freie Variable. Wir setzen x 3 = λ. Wir lösen das Gleichungssystem nach x 2 und x auf: Wir setzen v = Dann ist der Lösungsvektor x = x x 2 x 3 x 2 = 2 λ +, x = 3 2 λ 3. 3 0 =, w = 3 0 + λ 3 2 2 3 2 2. = v + λ w. Der Schnitt der beiden Ebenen E und E 2 ist also die Gerade L = v + R w..8 Basis und Dimension Definition Eine nichtleere Teilmenge U R n heißt Unter(vektor)raum von R n, wenn gilt (U) x, y U x + y U. (U2) x U, λ R λ x U. Bemerkung.8. Jeder Unterraum von R n enthält den Nullvektor 0. Denn mit x U ist nach (U2) auch 0 = 0 x U. Beispiel.8. (a) { 0}, R n sind Unterräume des R n. (b) Geraden und Ebenen in R 3 durch den Ursprung sind Unterräume von R 3. (c) Die Lösungsmenge L(A, 0) eines homogenen Gleichungssystems in n Unbekannten ist ein Unterraum von R n. Die Lösungsmenge eines inhomogenen Gleichungssystems L(A, b) mit b 0 in n Unbekannten ist kein Unterraum des R n.

.8 Basis und Dimension 3 Definition Die Vektoren a,..., a k R n heißen linear unabhängig, falls für alle reellen Zahlen x,..., x k R gilt: Das bedeutet also: Ist a i = x a +... + x k a k = 0 x = = x k = 0. a i. a ni, A = a a k..... a n a nk, x = x. x k, so hat das lineare Gleichungssystem A x = 0 nur die triviale Lösung x = 0. Sind a,..., a k R n nicht linear unabhängig, so heißen sie linear abhängig. Definition Ein Vektor x R n ist eine Linearkombination der Vektoren a,..., a k R n, falls reelle Zahlen λ,..., λ k existieren mit x = λ a +... + λ k a k. Die Menge aller Linearkombinationen von a,..., a k Spann( a,..., a k ) := {λ a +... + λ k a k λ,..., λ k R} heißt der Spann (oder die lineare Hülle) von a,..., a k. Satz.8. Der Spann Spann( a,..., a k ) von Vektoren a,..., a k R n ist ein Unterraum von R n. Definition Es sei U ein Unterraum des R n, b,..., b k U. Dann heißt ( b,..., b k ) Basis von U, falls folgendes gilt: (B) b,..., b k sind linear unabhängig. (B2) U = Spann( b,..., b k ). Eine Basis hat folgende fundamentale Eigenschaft: Satz.8.2 Ist ( b,..., b k ) eine Basis des Unterraums U R n, so lässt sich jeder Vektor x U in eindeutiger Weise als Linearkombination der b i schreiben, d.h. zu x U gibt es eindeutig bestimmte Zahlen λ,..., λ k R mit x = λ b +... + λ k bk.

32 Kapitel. Lineare Algebra I Beispiel.8.2 Die Vektoren e = 0.,..., e n = 0 bilden eine Basis ( e,..., e n ) des R n. Diese Basis heißt Standardbasis des R n. Beispiel.8.3 Wir betrachten wieder das lineare Gleichungssystem A x = b aus Beispiel.7.3. Setze 2 3 2 v := 0 0, v 0 2 := 2 3. 0 Die Vektoren v und v 2 sind linear unabhängig und sind Lösungen des homogenen Gleichungssystems A x = 0. Es gilt L(A 0) = Spann( v, v 2 ) und ( v, v 2 ) ist eine Basis von L(A 0). Satz.8.3 (Allgemeines Lösungsprinzip von LGS) (a) Die Lösungen x h des homogenen linearen Gleichungssystems A x = 0 bilden einen Unterraum L(A 0) des R n. Ist ( v,..., v k ) eine Basis dieses Unterraums, so lautet die allgemeine Lösung des homogenen Systems 0. 0 x h = λ v +... + λ k v k, λ j R. (b) Ist x s eine Lösung des inhomogenen linearen Gleichungssystems A x = b (spezielle Lösung), so lautet die allgemeine Lösung des inhomogenen Systems: x = x s + x h = x s + λ v +... + λ k v k. Je zwei Basen eines Unterraums U des R n haben gleich viele Elemente. Definition Die Anzahl der Elemente einer Basis von U heißt die Dimension von U, in Zeichen dim U. Satz.8.4 (Dimensionsformel) Für jede m n-matrix A gilt: dim L(A 0) = n Rang A.

.9 Matrizen 33.9 Matrizen Wir behandeln nun allgemein Matrizen. Wir legen zunächst einige Bezeichnungen fest. Definition Eine m n-matrix ist ein rechteckiges Zahlenschema A := a a 2 a n a 2 a 22 a 2n...... a m a m2 a mn. Die Zahlen a ij bezeichnet man als die Einträge oder die Elemente der Matrix. Eine m -Matrix bezeichnet man auch als Spaltenvektor und eine n- Matrix als einen Zeilenvektor. Eine n n-matrix nennt man eine quadratische Matrix. In diesem Fall heißen die Elemente a,..., a nn die Diagonalelemente von A. Wir definieren nun Rechenoperationen mit Matrizen. Es seien A = (a ij ) und B = (b ij ) zwei m n-matrizen. Dann ist ihre Summe A + B wie folgt definiert: A + B = := a a n b b n..... +..... a m a mn b m b mn a + b a n + b n...... a m + b m a mn + b mn Ist A eine m n-matrix und λ R, so ist das Produkt λa definiert durch λa = λ a a n..... a m a mn := λa λa n..... λa m λa mn.

34 Kapitel. Lineare Algebra I Das Produkt AB einer m r-matrix A = (a ij ) mit einer r n-matrix B = (b ij ) ist definiert durch b j... b 2j AB = a i a i2 a ir.... b rj. = a i b j + a i2 b 2j + + a ir b rj Das bedeutet, AB = C = (c ij ) und c ij erhält man, indem man paarweise die Einträge der i-ten Zeile von A und der j-ten Spalte von B multipliziert und die entstehenden Produkte addiert, also c ij = a i b j + a i2 b 2j + + a ir b rj. Sind a, a 2,... a n beliebige Zahlen, so schreibt man abkürzend für die Summe dieser Zahlen n a k := a + a 2 + + a n. k= Also können wir abkürzend schreiben r c ij = a ik b kj. k= Die neue Matrix C ist eine m n-matrix. Man merke sich: AB ist nur erklärt, wenn die Spaltenzahl von A gleich der Zeilenzahl von B ist. Es gilt die folgende Merkregel: m r mal r n ergibt m n. Die Multiplikation einer Matrix mit einem Vektor ist der Spezialfall r =. Beispiel.9. 5 0 0 3 2 0 4 0. 2 0 3 4 0 = 4 8 3 5.

.9 Matrizen 35 Eine besondere Rolle spielen die n n-nullmatrix 0 0 0 0 0 0 0 = 0 n :=....... 0 0 0 und die n n-einheitsmatrix E = E n := 0 0 0 0...... 0 0. Satz.9. (Rechenregeln) Es seien alle Matrizen so gewählt, dass die Operationen definiert sind. Dann gelten die folgenden Rechenregeln (a) A + B = B + A (Kommutativgesetz der Addition) (b) A + (B + C) = (A + B) + C (Assoziativgesetz der Addition) (c) A + 0 = 0 + A = A (neutrales Element der Addition) (d) (AB)C = A(BC) (Assoziativgesetz der Multiplikation) (e) AE = EA = A (neutrales Element der Multiplikation) (f) A(B + C) = AB + AC (linkes Distributivgesetz) (g) (A + B)C = AC + BC (rechtes Distributivgesetz) Beweis. Alle Aussagen betreffen die Gleichheit von Matrizen und werden bewiesen, indem man beide Seiten ausrechnet und zeigt, dass die einander entsprechenden Einträge übereinstimmen. Wir führen dies nur für die Aussage (d) vor. Es sei A = (a ij ) eine m r-matrix, B = (b ij ) eine r s-matrix und C = (c ij ) eine s n-matrix. Es gilt r AB = (α il ) mit α il = a ik b kl, also mit d ij = s α il c lj = l= (AB)C = (d ij ) k= ( s r ) a ik b kl c lj = l= k= r k= l= s a ik b kl c lj.

36 Kapitel. Lineare Algebra I Auf der anderen Seite gilt s BC = (β kj ) mit β kj = b kl c lj, l= also mit A(BC) = (d ij) ) r r r s d ij = a ik β kj = b kl c lj = a ik b kl c lj. k= k= a ik ( s l= k= l= Die Matrizenmultiplikation ist nicht kommutativ, wie das folgende Beispiel zeigt. Beispiel.9.2 Es sei A := ( ) (, B := 2 2 ). Dann gilt also AB BA. AB = ( ) ( 0 0, BA = 0 0 ), Definition Es sei A eine quadratische Matrix. Die Matrix A heißt invertierbar genau dann, wenn es eine Matrix B mit AB = BA = E gibt. In diesem Fall heißt B eine inverse Matrix zu A. Beispiel.9.3 Es sei ( 2 A := 3 5 ) ( 5 2, B := 3 ). Dann ist A invertierbar und B ist eine inverse Matrix zu A, da ( ) ( ) ( ) 2 5 2 0 AB = = = E 3 5 3 0 und ( 5 2 BA = 3 ) ( 2 3 5 ) = ( 0 0 ) = E.

.9 Matrizen 37 Beispiel.9.4 Die Matrix A := ( 2 0 0 ) ist nicht invertierbar. Denn ist ( b b B = 2 b 2 b 22 ) eine beliebige 2 2-Matrix, so gilt ( ) ( ) 2 b b AB = 2 = 0 0 b 2 b 22 ( b + 2b 2 b 2 + 2b 22 0 0 ) E. Es ist zunächst ja nicht ausgeschlossen, dass es zu einer Matrix zwei inverse Matrizen geben kann. Der folgende Satz zeigt, dass das aber nicht möglich ist. Satz.9.2 Sind B und C inverse Matrizen zu A, so ist B = C. Beweis. Nach Voraussetzung gilt AB = BA = E und AC = CA = E. Also gilt einerseits und andererseits Also folgt B = C. (BA)C = EC = C (BA)C = B(AC) = BE = B. Also ist die inverse Matrix zu einer Matrix A eindeutig bestimmt und wir bezeichnen sie mit A. Es gilt also AA = A A = E. Beispiel.9.5 Die Matrix ( a b A = c d ) ist für ad bc 0 invertierbar und in diesem Fall gilt ( ) A d b =. ad bc c a

38 Kapitel. Lineare Algebra I Satz.9.3 (a) Für zwei invertierbare n n-matrizen A und B ist auch das Produkt AB invertierbar und es gilt (AB) = B A. (b) Mit A ist auch A invertierbar und es gilt (A ) = A. Beweis. (a) Es gilt (AB)(B A ) = A(BB )A = AEA = AA = E. Entsprechend zeigt man (B A )(AB) = E. Daraus folgt, dass AB invertierbar ist und (AB) = B A gilt. (b) Wegen A A = AA = E folgt, dass A invertierbar mit (A ) = A ist. Satz.9.4 Eine n n-matrix A ist genau dann invertierbar, wenn ihr Rang gleich n ist. Berechnung der inversen Matrix Es sei A eine invertierbare n n-matrix. Wir betrachten die erweiterte Matrix 0 (A E) = A.... 0 Zunächst wird diese Matrix durch Vorwärtselimination nach dem Gaußschen Algorithmus in eine Matrix in Zeilenstufenform verwandelt:........ 0 (Wegen Rang A = n sind alle Diagonalelemente von Null verschieden, vgl. Satz.9.4.) Sodann wenden wir Rückwärtselimination (von unten nach oben) im ersten Block an. Ergebnis: 0........ 0 Auf der Diagonalen im ersten Block stehen von Null verschiedene Zahlen. Durch geeignete Multiplikation der Zeilen mit Skalaren können wir diese Elemente zu machen. Damit erreichen wir: 0... A 0 = (E A ).

.9 Matrizen 39 Beispiel.9.6 2 3 0 0 2 0 0 0 0 2 0 0 2 3 0 0 0 3 6 2 0 0 2 0 2 3 0 0 0 3 6 2 0 0 0 3 3 2 3 2 2 0 3 0 3 0 4 2 3 3 0 0 3 2 3 3 2 Zeile Zeile 2 3 0 0 2 4 9 9 3 0 3 0 4 2 3 3 0 0 3 2 3 3 0 0 2 9 4 0 0 9 0 0 2 9 9 4 9 3 2 9 3 3 2 Zeile 2 3 Zeile 3 +2 Zeile 3 3 + 2 3 Zeile 2 3 Definition Jeder m n-matrix A zugeordnet ist die transponierte Matrix A T, die sich aus A durch Vertauschen von Zeilen und Spalten ergibt, d.h. A T ist die n m-matrix, deren i-te Spalte für i =, 2,..., m die i-te Zeile von A ist: a a 2 a n a a 2 a m a 2 a 22 a 2n A =...... a 2 a 22 a m2 AT =....... a m a m2 a mn a n a 2n a mn Die transponierte Matrix A T an der Hauptdiagonale. entsteht durch eine Spiegelung der Matrix A Beispiel.9.7 A = 2 3, AT = ( 2 3 ),

40 Kapitel. Lineare Algebra I A = 2 3 4 5 6 7 8 9, A T = 4 7 2 5 8 3 6 9 Satz.9.5 (Rechenregeln für die transponierte Matrix) Es seien alle Matrizen so gewählt, dass die Operationen definiert sind. Dann gelten die folgenden Rechenregeln (a) (A + B) T = A T + B T. (b) (λa) T = λa T für jedes λ R. (c) (A T ) T = A. (d) (AB) T = B T A T. (e) Mit A ist auch A T invertierbar und es gilt (A T ) = (A ) T. Beweis. Die Aussagen (a)-(c) sind leicht nachzurechnen. (d) Es sei A = (a ij ) eine m r-matrix und B = (b ij ) eine r n-matrix. Dann gilt AB = (c ij ) mit c ij = r a ik b kj, k=. also Auf der anderen Seite gilt r (AB) T = (c ji ) = ( a jk b ki ). k= r B T A T = (d ij ) mit d ij = b ki a jk, k= also (AB) T = B T A T. (e) Es gilt nach (d) A T (A ) T = (A A) T = E T = E, (A ) T A T = (AA ) T = E T = E. Daraus folgt die Behauptung..0 Determinanten In.4 haben wir bereits Determinanten von 2 2- und 3 3-Matrizen betrachtet. Wir wollen nun die Definition der Determinante einer n n- Matrix geben.

.0 Determinanten 4 Definition Es sei A eine n n-matrix. Die Matrix A ij entstehe aus A durch Streichen der i-ten Zeile und j-ten Spalte von A, d.h. a a,j a j a,j+ a n..... a i, a i,j a i,j a i,j+ a i,n A ij = a i a i,j a ij a i,j+ a in a i+, a i+,j a i+,j a i+,j+ a i+,n..... a n a n,j a nj a n,j+ a nn Definition Es sei A eine n n-matrix. n = : Ist A = (a ), so sei det A = a. n = 2: Ist ( a a A = 2 a 2 a 22 so sei n = 3: Ist so sei ), det A = a a 22 a 2 a 2. A = a a 2 a 3 a 2 a 22 a 23 a 3 a 32 a 33, det A = a det A a 2 det A 2 + a 3 det A 3. n n + : Ist det B für jede n n-matrix B bereits definiert, so sei für eine (n + ) (n + )-Matrix A n+ det A = ( ) i+ a i det A i i= Für det A ist auch die Notation A üblich. (Entwicklung nach der ersten Spalte) Die Berechnung der Determinante einer 3 3-Matrix merkt man sich mit Hilfe der folgenden Regel: Regel von Sarrus: Man schreibe die ersten beiden Spalten der Matrix noch einmal hinter die Matrix und multipliziere entlang der angedeuteten Pfeile, wobei die elementaren Produkte längs der nach oben gerichteten Pfeile mit dem Vorzeichen zu versehen sind: a a 2 a 3 a a 2 a 2 a 22 a 23 a 2 a 22 a 3 a 32 a 33 a 3 a 32

42 Kapitel. Lineare Algebra I Beispiel.0. Die Determinante der Matrix 0 2 A := 3 2 2 lautet det A = 2 + 0 + ( 6) ( 4) 0 =. Warnung Die Regel von Sarrus funktioniert nur für 3 3-Matrizen, nicht für größere Matrizen! Beispiel.0.2 Die Determinante der Matrix 0 2 A = 0 2 0 0 0 ist: det A = 2 0 0 2 0 2 0 = 0 3 = 3. Satz.0. (Rechenregeln für Determinanten) Es sei A eine n n- Matrix.. det ist linear in jeder Zeile (oder Spalte), d.h. es gilt (a) Ist B die Matrix, die durch Multiplikation einer Zeile (oder Spalte) von A mit einer Konstanten λ entsteht, so ist det B = λ det A. (b) Es seien a,..., a n die Zeilenvektoren von A und b R n (als Zeilenvektor aufgefasst). Dann gilt det a. a k + b. a n a a.. = det a k + det ḅ... a n a n (Eine entsprechende Aussage gilt auch für Spaltenvektoren.) 2. det ist alternierend, d.h.

.0 Determinanten 43 (a) Ist B die Matrix, die aus A durch Vertauschung zweier Zeilen (oder Spalten) entsteht, so ist det B = det A. (b) Kommt in A eine Zeile (oder Spalte) doppelt vor, so gilt det A = 0. 3. Änderung bei elementaren Zeilenumformungen: Ist B die Matrix, die aus A durch Addition eines Vielfachen einer Zeile (oder Spalte) zu einer anderen entsteht, so gilt det B = det A. 4. Symmetrie 5. Für λ R gilt det A T = det A. det(λa) = λ n det A. 6. Multiplikationssatz Für zwei n n-matrizen A und B gilt: det(ab) = det A det B. 7. Invertierbarkeitstest A ist genau dann invertierbar, wenn det A 0 gilt. In diesem Fall gilt det(a ) = det A. 8. Kästchensatz Hat A die Gestalt ( ) ( B C B 0 A = bzw. A = 0 D C D ) mit quadratischen Kästchen B und D, so gilt det A = (det B)(det D). Satz.0.2 (Laplacescher Entwicklungssatz) Es sei A eine n n-matrix, k n. Dann gilt und det A = det A = n ( ) i+k a ik det A ik i= n ( ) k+j a kj det A kj j= (Entwicklung nach der k-ten Spalte) (Entwicklung nach der k-ten Zeile).

44 Kapitel. Lineare Algebra I Die Vorzeichen in Satz.0.2 sind gemäß eines Schachbrettmusters verteilt: + + + + + +. + +....... Wir betrachten nun Anwendungen von Determinanten auf lineare Gleichungssysteme. Satz.0.3 Ist A eine n n-matrix und b R n, so sind die folgenden Aussagen äquivalent: (a) A x = b besitzt genau eine Lösung. (b) Die Spalten von A sind linear unabhängig. (c) Der Rang von A ist n. (d) A ist invertierbar. (e) det A 0. Beispiel.0.3 Ein Anwendungsbeispiel: Aufgabe: Bilden die Vektoren 0 2 a :=, a 2 := 0, a 3 := 0 0 eine Basis des R 3? Lösung: Die Antwort ist ja: Es sei A := 0 2 5 0 7 0 0 3 Dann gilt det A = 6 0. Nach Satz.0.3(b) sind a, a 2, a 3 linear unabhängig. Es gilt Spann( a, a 2, a 3 ) = R 3, denn für jeden Vektor b R 3 hat nach Satz.0.3(a) das lineare Gleichungssystem eine Lösung.. x a + x 2 a 2 + x 3 a 3 = A x = b 5 7 3

Kapitel 2 Lineare Algebra II 2. Lineare Abbildungen Definition Eine Abbildung f : R n R m ist eine Vorschrift, die jedem Vektor x R n einen eindeutig bestimmten Vektor y = f( x) R m zuordnet. Eine Abbildung f : R n R m heißt linear, wenn gilt: (L) f( x + x ) = f( x) + f( x ) für alle x, x R n. (L2) f(λ x) = λf( x) für alle λ R, x R n. Beispiel 2.. Es sei f : R 2 R 2 die Abbildung, die jedem Vektor x R 2 sein Spiegelbild bezüglich der y-achse zuordnet. y f( x) x x Das Bild f( x) ist wieder ein Vektor. Wir bezeichnen die Komponenten dieses Vektors mit f ( x) und f 2 ( x). Es gilt ( ) ( ) ( ) f ( x) f (x, y) x = =. f 2 ( x) f 2 (x, y) y Dies können wir auch so ausdrücken: ( ) ( f (x, y) 0 = f 2 (x, y) 0 ) ( x y ). Statt f( x) = f((x,..., x n )) schreiben wir auch f(x,..., x n ). 45

46 Kapitel 2. Lineare Algebra II Beispiel 2..2 Wir betrachten nun die Abbildung f : R 2 R 2, die einen Vektor x um den Winkel θ dreht. Um eine Beschreibung für f (x, y) und f 2 (x, y) abzuleiten, betrachten wir eine Drehung um einen positiven Winkel θ. Es sei ϕ der Winkel zwischen dem Vektor x und der positiven x-achse und r die Länge von x. y f( x) θ ϕ x x Dann gilt und f( x) = x = ( x y ( f (x, y) f 2 (x, y) ) = ) = ( r cos ϕ r sin ϕ ) ( r cos(ϕ + θ) r sin(ϕ + θ) Durch Anwendung der Additionstheoreme von sin und cos ergibt sich hieraus und schließlich f (x, y) = r cos ϕ cos θ r sin ϕ sin θ f 2 (x, y) = r cos ϕ sin θ + r sin ϕ cos θ, f (x, y) = (cos θ)x (sin θ)y f 2 (x, y) = (sin θ)x + (cos θ)y. In Matrizenschreibweise lautet dies ( ) ( f (x, y) cos θ sin θ = f 2 (x, y) sin θ cos θ ) ( x y Beispiel 2..3 Nun betrachten wir auch Abbildungen des Raumes. Es sei f : R 3 R 3 eine Drehung um die x-achse um den Winkel θ. Wie im vorigen Beispiel leitet man her, dass diese Abbildung durch die folgende Vorschrift gegeben wird: f (x, y, z) f 2 (x, y, z) f 3 (x, y, z) = 0 0 0 cos θ sin θ 0 sin θ cos θ ). ). x y z.

2.2 Eigenwerte und Eigenvektoren 47 Beispiel 2..4 Die Beispiele von Abbildungen der Ebene und des Raumes sind Spezialfälle der folgenden Konstruktion. Einer m n-matrix a a 2 a n a 2 a 22 a 2n A =...... a m a m2 a mn kann man wie folgt eine Abbildung f : R n R m zuordnen: Wir definieren x a x + + a n x n f(. ) =., x n a m x + + a mn x n oder anders ausgedrückt f( x) = A x. Nach den Rechenregeln für Matrizen gilt A( x + x ) = A x + A x, A(λ x) = λa x. Also ist die Abbildung f : R n R m linear. Beispiel 2..5 Die Funktion f : R R, f(x) = x 2, ist nicht linear, denn es gilt f(λx) = (λx) 2 = λ 2 x 2 für alle λ R und etwa für λ = 2 ist λ 2 λ. 2.2 Eigenwerte und Eigenvektoren Definition Es sei A eine n n-matrix. Eine Zahl λ R heißt Eigenwert von A, wenn es wenigstens einen Vektor x R n, x 0, gibt mit A x = λ x. Jeder Vektor x 0, der diese Gleichung erfüllt, heißt Eigenvektor von A zum Eigenwert λ. Warnung Wichtig ist, dass x 0 gefordert wird. Denn für den Nullvektor gilt A 0 = λ 0 für jedes λ R!

48 Kapitel 2. Lineare Algebra II Beispiel 2.2. Es sei f : R 3 R 3 eine Drehung um die x-achse um den Winkel θ und A die Matrix 0 0 A = 0 cos θ sin θ. 0 sin θ cos θ Dann ist ein Eigenwert von A und der Vektor (, 0, 0) T R 3 ein Eigenvektor von A zum Eigenwert. Wie berechnet man nun die Eigenwerte und Eigenvektoren einer Matrix? Dazu betrachten wir das lineare Gleichungssystem A x = λ x (A λe) x = 0. Ein Eigenwert von A ist eine Zahl λ R, für die dieses Gleichungssystem eine nicht triviale Lösung besitzt. Nach Satz.0.3 ist dies genau dann der Fall, wenn det(a λe) = 0. Diesen Ausdruck fassen wir als eine Gleichung für unsere Unbekannte λ auf. Dieser Ausdruck ist ein Polynom in λ. Beispiel 2.2.2 Für eine 2 2-Matrix ( a b A = c d ) gilt: det(a λe) = a λ b c d λ = (a λ)(d λ) bc = λ 2 (a + d)λ + ad bc. Definition Die Gleichung (für die Unbekannte λ) det(a λe) = 0 heißt die charakteristische Gleichung von A und das Polynom (in der Variablen λ) P A (λ) := det(a λe) heißt das charakteristische Polynom von A.

2.2 Eigenwerte und Eigenvektoren 49 Berechnung der Eigenwerte und Eigenvektoren. Schritt Bestimme die Nullstellen des charakteristischen Polynoms P A (λ). Die Vielfachheit l einer Nullstelle λ = α heißt die algebraische Vielfachheit des Eigenwertes α. 2. Schritt Zu jedem Eigenwert α berechnet man den Lösungsraum des homogenen linearen Gleichungssystems (A αe) x = 0. Wir bezeichnen diesen Lösungsraum mit V (α) := { x R n (A αe) x = 0}. Jede Lösung x 0 ist ein Eigenvektor zu α. Definition Der Unterraum V (α) von R n heißt der Eigenraum von A zum Eigenwert α. Die Dimension dim V (α) heißt die geometrische Vielfachheit des Eigenwertes α. Beispiel 2.2.3 Gegeben sei die 2 2-Matrix ( ) a b A =. c d. Schritt: Charakteristisches Polynom: P A (λ) = λ 2 (a + d)λ + (ad bc) = (λ λ )(λ λ 2 ). Nullstellen: λ,2 = a + d ± (a + d)2 4(ad bc). 2 2 2. Schritt: Für λ i ( i =, 2) ist das Gleichungssystem ( ) ( ) ( ) a λi b x 0 = c d λ i y 0 zu lösen. Es gibt vier verschiedene Fälle: (a) λ λ 2, (b) λ = λ 2, geometrische Vielfachheit 2,