Das psychologische Gutachten in der Vorbereitung auf die Lebendnierentransplantation

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Transkript:

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Medizinische Psychologie Das psychologische Gutachten in der Vorbereitung auf die Lebendnierentransplantation Prof. Dr. Friedrich Balck Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie 28. AfnP-Symposium Fulda 28.-29.10.2006 29.10.2006

Fragestellungen 1. Wie sind die Fragen an den Gutachter? 2. Was passiert im Gutachtenverfahren? 3. Auf welche psychologischen Aspekte stützt sich das Gutachten? 4. Welche Gründe führen zur Nicht-Transplantation? 5. Schlussfolgerungen

Transplantationsgesetz 8, Abs. 1 und 2 von 1997

Fragen an das Gutachten Auf Grund der Vorgaben des Transplantationsgesetzes 8, Abs. 1 und 2 soll zu folgenden Fragen Stellung genommen werden: 1. der Einwilligungsfähigkeit der Personen 2. der Aufgeklärtheit der/s Nierenspenderin/s über die Risiken des Eingriffes 3. die Freiwilligkeit und Tragfähigkeit der Entscheidung zur Organspende 4. über die Art der Beziehung zwischen Spender und Empfänger, soweit es sich nicht um Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte handelt. 5. die Eignung zum Organspender im Hinblick auf die möglichen psychologischen Beeinträchtigungen nach der Organspende.

Einwilligungsfähigkeit Fähigkeit einzuwilligen in die Lebendspende? -Orientiertheit -ausreichende kognitive Fähigkeiten -Überschauen der langfristigen Konsequenzen -Abwägen des Für und Wider -Familienkonstellation

Aufgeklärtheit der/s Nierenspenderin/s über die Risiken des Eingriffes Aufgeklärtheit über die Risiken? -wer hat aufgeklärt? -wie umfänglich wurde aufgeklärt? -wurden die Informationen verstanden? -gibt es weiterhin noch Fragen an den Arzt? -Erfahrungen mit der Dialyse -Erfahrungen mit Operationen / Krankheiten

Freiwilligkeit und Tragfähigkeit der Entscheidung I wie ist die Motivation des Spender? intrinsisch -extrinsisch? Hängt die Entscheidung mit früheren Erlebnissen zwischen Spender und Empfänger zusammen?

Aspekte der Zustimmungshaltung zur Organspende positive, ethische Werte für das persönliche Handeln: -Nächstenliebe -Hilfsbereitschaft Gefühl des Stolzes und der Genugtuung nach derentscheidung altruistische Grundeinstellung Unsterblichkeitsphantasien (partielles Weiterleben einzelner Organe) positive Erfahrungen im privaten oder beruflichen Umfeld mit Organspenden

Freiwilligkeit und Tragfähigkeit der Entscheidung II wie kam die Entscheidung beim Spender zustande? Wer wirkte an der Entscheidung mit? Warum wurde diese Person gewählt und nicht eine andere? Kam die Entscheidung in s Wanken? Wodurch? Ist die Entscheidung an Bedingungen geknüpft? Unter welchen Bedingungen tritt der Empfänger / Spender zurück?

Art der Beziehung zwischen Spender und Empfänger Geschichte der Beziehung? Art der Beziehung? Umgang mit Krisen in der Beziehung?

Art der Beziehung zwischen Spender und Empfänger II Ressourcen bei Belastungen? Konflikthaftigkeit der Beziehung? Bindungsart in der Beziehung? (sicher -unsicher) emotionale und instrumentelle Unterstützung? -in der Beziehung -von außen

Mögliche psychologischen Beeinträchtigungen nach der Organspende Anzeichen von Depressivität: z. B. Rückzug, weniger Antrieb, weniger Interessen Anzeichen von Angst: z. B. vegetative Zeichen, Berichte von Vermeidungsverhalten Anzeichen von sozialen Schwierigkeiten: z. B. Eheprobleme, Verluste, wenig soziale Unterstützung Anzeichen von psychischen Problemen (früher): z. B. Suizidalität, Abhängigkeit (Alkohol), Persönlichkeitsstörungen

Mögliche psychologischen Beeinträchtigungen nach der Organspende Erwartungen an die Transplantation: Wie realistisch - übersteigert sind die Erwartungen? Stimmen die Erwartungen von Spender und Empfänger überein? Wie reagieren Spender und Empfänger wenn die Erwartungen nicht eintreffen?

Aspekte des Interviews in Lübeck und Dresden I * Biographische Anamnese beider Personen * Krankengeschichten * Beziehungsgeschichte des Paares und momentane Beziehung (Krisen, Krisenmanagement) * Geschichte des Entscheidungsprozesses * negative und positive Veränderungserwartungen * Kenntnisse über Risiken

Aspekte des Interviews in Lübeck und Dresden II * Funktion der Transplantation für die Beziehung * Reaktionen auf belastende Situationen: schlechter Ausgang 2 Szenarien: -Scheitern der Transplantation -chronische Abstoßung psychopathologischer Befund Fragebögen

Die Lebenszufriedenheit nach der Transplantation während der Dialyse: Patienten: 69,5 (SD: 14,6) Nach einem halben Jahr: Spender: 83,3 (SD: 13,3) Empfänger: 78,6 (SD: 18,2)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit