Verminderung des Antibiotikaverbrauchs in der tierärztlichen Praxis

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Transkript:

Verminderung des Antibiotikaverbrauchs in der tierärztlichen Praxis 1. Tierarzneimittelmarkt in Deutschland 2. Kontamination der Umwelt mit Veterinärantibiotika (Stoffströme) 3. Folgen der Umweltkontamination und Schlussfolgerungen 4. Beispiele zur Reduzierung des Antibiotikaverbrauches in der tierärztlichen Praxis 1. Schweinepraxis 2. Rinderpraxis 5. Zusammenfassung

1. Tierarzneimittelmarkt in Deutschland 688 Mill. Wachstum 4,2% 1. Antiinfektiva 29% 198 Mill. 2,5% (über 700 t pro Jahr, Humanmedizin 2004 ca. 1600 t) 2. Pharmazeutische Spezialitäten 27% 184 Mill. +6,1% 3. Biologika 27% 185 Mill. +12,1% 4. Antiparasitika 17% 121 Mill. +1,6%

2. Kontamination der Umwelt mit Veterinärantibiotika (Stoffströme) 2.1. Stoffströme 2.2. Iatrogene Umweltkontaminanten

3. Kontaminanten der Umwelt (Wasser, Pflanzen, menschliche Nahrungskette) mit Antibiotika 1. Gesundheitsgefährdung für den Menschen 2. Resistenzentwicklung Schlussfolgerung: Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Veterinärmedizin

Antibiotika-Leitlinien 2010 Leitlinien (mit Erläuterungen) für den sorgfältigen Umgang mit antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln erarbeitet von der Bundestierärztekammer und der Arbeitsgruppe Tierarzneimittel (AGTAM) der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz Einsatz nur bei bakteriellen Infektionen, Indikation sichern, Nachweis über Wirksamkeit führen Die Therapiedauer ist so kurz wie möglich, jedoch ausreichend lange zur Bekämpfung der Infektion Die Dosierung ist ausreichen hoch zu dosieren (mindestens laut Packungsbeilage) sog. antibiotische Reservemittel dürfen nur unter strenger Indikationsstellung zur Therapie von Einzeltieren und erkrankten Tiergruppen angewendet werden; Ein Antibiotikum darf niemals eingesetzt werden, um Haltungsund Hygienemängel zu kompensieren!

4. Beispiele zur Reduzierung des Antibiotikaverbrauches in der tierärztlichen Praxis 4.1. Schweinepraxis: Aufbau eines Schweinebestandes mit Hochgesundheitsstatus frei von: PRRS M. hyo. R.a. APP Sarcoptesräude

Antibiotikaeinsatz in einem Schweinebestand (geschlossenes System 500 Sauen mit Ferkeln und 4000 Mastplätzen 2006 2010 Differenz Nuflor a 100ml 144 2 144 Oxipra a 250ml 174 10 163 Baytril 5% a 100ml 328 328 Aciphen a 5kg 6 2 4 Klatoprim a 25kg CTC Pulver 100% a 25kg 5 5 17 17

Produktionsergebnisse und Tierarztkosten 2006 2010 Abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr 22 28 Tageszunahmen in g 550 880 Mastschweineverluste in % Tierarztkosten pro Sau und Jahr (incl. Aufzucht und Mastbereich in ) 5 1,3 232 42

Praxiseigene Hygienerichtlinien in der Schweinehaltung: www.tierarzt ee.de (unter Schweine)

4. Beispiele zur Reduzierung des Antibiotikaverbrauches in der tierärztlichen Praxis 4.2. Rinderpraxis: infektiöse Durchfallerkrankungen beim Kalb (Rota und Coronavirus, E. coli, Kokzidien, Kryptosporidien) infektiöse Atemwegserkrankungen beim Kalb (BRSV, PI3, Past. Haem.) Kontrollpunkte zur Beurteilung von Risikofaktoren der Kälbergesundheit tägliche Gesundheitskontrollen (Nahrungsaufnahme, Enteritiden, Lungenerkrankungen, Nabelentzündungen) und evtl. Behandlung dach abgesprochenen Behandlungsregimen Kontrolle der Kolostrumaufnahme über Totalproteinbestimmungen (TP) im Serum der Kälber (2. 10. Lebenstag), Wenn <55g/l TP erhöhtes Erkrankungsrisiko Kontrolle der Eisenversorgung der Kälber (2. 10. Lebenstag) über Hämoglobinbestimmung (Hb) im Blut, Soll: Hb > 6,0 mmol/l (Wachstumsstörungen, erhöhte Infektanfälligkeit)

Beispiel zur Kälbererstversorgung 3l Kolostrum innerhalb von 3 Stunden Weitere 2l Kolostrum bis zur 6. Lebensstunde Weitere 2l Kolostrum bis zur 12. Lebensstunde Insgesamt 7l Kolostrum innerhalb von 12 Lebensstunden

Entwicklung des Antibiotikaverbrauches zur Behandlung infektiöser Atemwegserkrankungen beim Kalb in der TGP Bad Liebenwerda, dargestellt am Beispiel Florfenicol Resflor a 100ml Nuflor a 100ml Gesamt 2008 76 158 234 2009 84 71 155 2010 68 34 102 Verdopplung des Rinderbestandes 2010 gegenüber 2008

Aktive Immunisierungen der Kälber gegen infektiöse Atemwegserkrankungen mit Bovigrip (BRSV, PI3, Past. Haem.) oder Rispoval RS (BRSV) in der TGP Bad Liebenwerda 2008 1130 ID 2009 1575 ID 2010 3135 ID

Entwicklung des Antibiotikaverbrauches (Synulox-Filmtabletten 20 Tbl. Pro OP) zur Behandlung infektiöser Magen-Darm- Erkrankungen beim Saugkalb in der TGP Bad Liebenwerda 2008 49 OP 2009 34 OP 2010 27 OP Verdopplung des Rinderbestandes 2010 gegenüber 2008

Aktive Immunisierungen von Kühen gegen infektiöse Durchfallerkrankungen der Kälber mit Rotavec (Rota-, Coronavirus, E.coli) in der TGP Bad Liebenwerda 2008 2355 ID 2009 3500 ID 2010 3630 ID

5. Zusammenfassung 1. Zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Veterinärmedizin gibt es wegen der Vielzahl der damit verbundenen Probleme keine Alternative. 2. Über den Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion löst man Probleme nur kurzfristig, eine Erregertilgung wird dadurch allein nicht erreicht. 3. Ein aktives Gesundheitsmanagement ist der Weg, um den Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft zu reduzieren. Schwerpunkte dabei sind die Verbesserung der Haltungs und Fütterungsbedingungen, die gezielte Immunprophylaxe und die ständige Qualifizierung des landwirtschaftlichen Personals im Rahmen der Integrierten Tierärztlichen Bestandsbetreuung. 4. Die Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimtteln stellen eine sehr gute Grundlage zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes dar. Einsparpotential gibt es in jeder tierärztlichen Nutztierpraxis.

Therapeutisch gibt es keine Alternative zu den Antibiotika, dazu darf es jedoch nicht erst kommen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit