Newsletter Corporate 01-05

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Transkript:

Mandanten Newsletter Ausgabe 01 Taylor Wessing Januar 2005 Ausgabe 01 05 (Januar 2005) Seite 02 Die Rechtsform der englischen Limited (Ltd.) Seite 03 Zur Auslegung von Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen (OLG Düsseldorf) Seite 04 Umwandlung eines Gesellschafter- Darlehens in stille Gesellschaft: während Krise der Gesellschaft Rückzahlung und Auszahlung von Gewinnansprüchen aufgrund Eigenkapitalersatzrecht unzulässig Newsletter Corporate 01-05 Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst wünschen wir Ihnen ein gutes und erfolgreiches Jahr 2005 und möchten uns für das von Ihnen gezeigte Vertrauen im vergangenen Jahr bedanken. Gleichzeitig freuen wir uns auch im begonnenen Jahr auf eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Ihnen. In der ersten Ausgabe unseres Newsletters CORPORATE im neuen Jahr möchten wir Ihnen die Grundzüge und Inhalt der Rechtsform der englischen Limited (Ltd.) vorstellen, die, ausgelöst durch mehrere Entscheidungen des EuGH, hierzulande für Furore gesorgt hat und als alternative Gesellschaftsform zur GmbH in das Blickfeld der deutschen Wirtschaft rückte. Weitere Einzelheiten zum Thema Limited, insbesondere zum Einsatz einer solchen Gesellschaft in Deutschland und den damit verbundenen Fragestellungen, werden wir in den kommenden Ausgaben unseres Newsletters Corporate besprechen. Ferner stellen wir Ihnen eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf und eine des BGH zum Unternehmensrecht vor. Taylor Wessing Practice Department Corporate e-mail der Redaktion: newslettercorporate@taylorwessing.com

enewsletter 02 Die Rechtsform der englischen Limited (Ltd.) 1. Liberalisierung des europäischen Gesellschaftsrechts durch den EuGH In konsequenter Anwendung der durch die Rechtsprechung des EuGH zum europäischen Gesellschaftsrecht entwickelten Vorgaben, zuletzt in der Entscheidung Inspire Art (siehe hierzu unseren Newsletter 02-2004), kann als Träger für ein ausschließlich in Deutschland ansässiges Unternehmen auch eine ausländische haftungsbeschränkte Gesellschaft eingesetzt werden, falls diese nach dem Recht eines EU-Mitgliedsstaates gegründet wurde. Der bislang geforderte Verwaltungssitz im Gründungsstaat ist hierfür nicht mehr erforderlich; die Verwaltung der Gesellschaft kann vielmehr von ihrer Gründung an in Deutschland ansässig sein. Durch diese Liberalisierung des europäischen Gesellschaftsrechts rückte insbesondere die englische private company limited by shares ( Limited ) in den Mittelpunkt des Interesses und wird hierzulande mittlerweile als alternative Gesellschaftsform, insbesondere zur GmbH, gehandelt. Die Gründungszahlen englischer Limiteds sind im Zuge vorstehender Liberalisierung von wöchentlichen ca. 5500 Neugründungen auf ca. 7000 angestiegen. Neben der Funktion als Unternehmensträger kann die Limited aber auch als einziger haftender Gesellschafter (Komplementär) einer unternehmenstragenden Kommanditgesellschaft eingesetzt werden. Prominente Beispiele sind hier die Drogeriemarktkette Müller (Müller Limited & Co. KG) oder Rolls Royce Deutschland (Rolls Royce Deutschland Ltd. & Co. KG). Um dieser auf die Limited gerichteten Aufmerksamkeit gerecht zu werden, möchten wir Ihnen in dieser Ausgabe zunächst einen kurzen Überblick über das Verfahren der Gründung, die damit verbundenen Kosten, die gesellschaftsrechtliche Struktur und letztlich die Haftung in der Limited geben. 2. Verfahren und Kosten der Gründung Die Limited ist eine haftungsbeschränkte Kapitalgesellschaft, welche im Gegensatz zu einer public limited company (plc) einen geschlossenen Gesellschafterkreis hat. Die Gründung einer Limited richtet sich in erster Linie nach dem Companies Act 1985 von England und Wales. Gründer einer Limited können eine oder mehrere juristische oder natürliche Personen sein. Die Gründung erfolgt durch Einreichen des memorandum of association, der articles of association und der so genannten Formblätter 10 und 12 beim Companies House in Cardiff (Wales). Die Gesellschaft ist gegründet und rechtlich existent, sobald der Registrar of Companies, eine Unterabteilung des Companies House, ein certificate of incorporation erteilt. Ab diesem Zeitpunkt ist die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt. Das Gründungsverfahren dauert in der Regel fünf Werktage, es besteht jedoch die Möglichkeit, gegen eine erhöhte Gebühr eine Limited auch an einem Tag zu gründen. Für die Gründung erhebt das Companies House eine Gebühr zwischen 15 und 50 Pfund, abhängig davon, ob das zur Verfügung stehende elektronische Gründungsverfahren genutzt wird und wie schnell die Gründung erfolgen soll. Das memorandum of association enthält den Namen der Gesellschaft, das registered office, den Unternehmensgegenstand, die Haftung der Gesellschafter und das Kapital der Gesellschaft und regelt somit das Außenverhältnis der Gesellschaft. Das memorandum of association ist von den Gründungsgesellschaftern in Anwesenheit mindestens eines Zeugen zu unterzeichnen. Die articles of association enthalten Bestimmungen über die interne Verfassung der Gesellschaft wie beispielsweise Vertretungsregelung oder Einberufung und Beschlussfassung der Gesellschaftsgremien. Formblatt 10 umfasst die Angabe der Namen, Geburtsdaten, Adressen, Staatsangehörigkeiten und etwaige weitere organschaftliche Funktionen der Personen, die bei der Gründung in die Funktion eines directors oder company secretary treten. Formblatt 12 beinhaltet die abschließende Erklärung, dass die materiellen Gründungsvorschriften eingehalten wurden. In Deutschland ist die Unterzeichnung dieser Erklärung von einem Notar zu beglaubigen. 3. Gesellschaftsrechtliche Struktur Die Gesellschaft muss zumindest einen director und gleichzeitig einen company secretary haben. Sofern nur ein director und company secretary bestellt sind, dürfen die vorbezeichneten Ämter nicht personenidentisch besetzt sein. Die Unternehmensführung sowie Vertretung der Limited obliegt den directors; das Amt des directors hat Ähnlichkeiten mit dem eines GmbH-Geschäftsführers. Bei mehreren directors wird grundsätzlich gemeinsam entschieden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Im Gegensatz zu Deutschland, wo das Handelsregister verlässlich darüber Auskunft gibt, wer im welchem Umfang vertretungsberechtigt ist, kann dem englischen Handelsregister nur entnommen werden, wer director ist. Ob im Einzelfall das Gesamtdirektorium (board of directors) oder nur einzelne vom board of directors bevollmächtigte directors oder Dritte vertretungsbefugt sind, ergibt sich nur aus den vom company secretary geführten Beschlussbüchern. Wie in Deutschland können auch in England die directors gleichzeitig Gesellschafter sein. Für den company secretary gibt es keine Entsprechung im deutschen Gesellschaftsrecht. Er kann am ehesten mit einem Schriftführer, Urkundsbeamten

enewsletter 03 oder Geschäftsstellenleiter verglichen werden, da die ihm zugewiesenen Aufgaben verwaltender und formeller Natur sind. Er führt die Protokolle und überwacht die Einhaltung von Formalitäten bei Gesellschafter- und Direktorenversammlungen. Ihm obliegt die amtliche Korrespondenz mit dem Gesellschaftsregister und er ergänzt die Register der Gesellschaft, die so genannten statutory registers. Die von einem company secretary ausgestellte Bescheinigung über interne Verhältnisse der Gesellschaft, insbesondere über Vertretungsbefugnisse, hat in England Urkundskraft. Ungeachtet ihres Verwaltungssitzes, der auch in Deutschland liegen kann, muss die Limited zwingend ein registered office in England unterhalten. Es ist der offizielle Zustellungs- und Aufbewahrungsort der Gesellschaft und dient beispielsweise der Zustellung amtlicher Mitteillungen und Klagen. Darüber hinaus sind dort die obligatorischen Gesellschafter-, Direktoren- und sonstigen Register aufzubewahren. Daraus ergibt sich, dass ein Briefkasten allein als registered office nicht ausreicht, jedoch beispielsweise eine in London ansässige Rechtsanwaltskanzlei. 4. Haftung Das haftende Kapital der Gesellschaft ist eingeteilt in verschiedene Geschäftsanteile zu bestimmten Nominalwerten. Eine Mindesthaftsumme ist im Gegensatz zur deutschen GmbH nicht vorgesehen. Das Kapital der Gesellschaft kann somit beispielsweise eingeteilt werden in 100 Geschäftsanteile zu je 0,01 englische Pfund. Gleichzeitig ist das haftende Kapital eine Art genehmigtes Kapital (authorized share capital). Dies bedeutet, dass die Geschäftsführung eine bestimmte Anzahl von Geschäftsanteilen ausgeben kann, jedoch nicht muss. Ungeachtet dessen haftet der Gesellschafter in jedem Fall nur in Höhe der von ihm übernommenen Einlage. Die Einlageleistung der Gesellschafter kann sowohl als Bar- als auch als Sachleistung erfolgen. Unabhängig davon, ob es sich um eine Bar- oder Sachgründung handelt, verzichtet das englische Gesellschaftsrecht dabei auf eine weitgehende Prüfung der Einlagenbewertung im Rahmen des Gründungsvorgangs. Andererseits bedeuten die vergleichsweise weniger formellen Gründungsvorschriften und das Fehlen von Kapitalaufbringungsregeln eine verminderte Kreditwürdigkeit. Die bisherige Praxis zeigt aber, dass die englische Limited in Deutschland zumindest nicht auf völlige Ablehnung stößt. Es bleibt abzuwarten, in welcher Weise der deutsche Gesetzgeber mit einer Änderung des GmbH-Rechts reagiert. ffff OLG Düsseldorf: Zur Auslegung von Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.02.2004 AZ I 26 Sch 1/04 Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen bergen meist unerkannt erhebliche Rechtsunsicherheiten. Trotz sorgfältiger Ausarbeitung und Formulierung der Schiedsklauseln wird immer wieder versucht, mit entsprechenden Anträgen an die zuständigen Oberlandesgerichte Rechtsstreitigkeiten dem eigentlichen Anwendungsbereich der Vereinbarung und damit der Zuständigkeit der Schiedsgerichte zu entziehen und diese vor die staatlichen Gerichte zu bringen. Unser Corporate Team hat zu diesem Themenkreis einen Beschluss des OLG Düsseldorf erwirkt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Februar 2004 I 26 Sch 1/04, unveröffentlicht), der zu Inhalt und Umfang einer Schiedsklausel Stellung nimmt. Das OLG Düsseldorf ist der Auffassung, Aktuelle Publikation Michael Sommer DIE STIFTUNG Zivilrechtliche Grundlagen Besteuerung im In- und Ausland Die Rechtsform der Stiftung gilt als eines der ältesten rechtlichen Gestaltungsmittel. Auch heute ist eine kontinuierliche Zunahme an Stiftungseinrichtungen zu verzeichnen. Durch die Errichtung einer Stiftung kann der Stifter Einfluss auf den Verbleib und den Zusammenhalt seines Vermögens nach seinem Tode nehmen, indem er eine Familienstiftung oder etwa eine unternehmensverbundene Stiftung gründet. Eine Stiftung ist eine Institution, die das ihr gewidmete Vermögen entsprechend dem Stiftungszweck verwaltet. Sie ist die einzige Rechtsform, hinter der sich kein Dritter als Gesellschafter oder Mitglied verbirgt. Das Buch behandelt die zivilrechtlichen Grundlagen der Stiftung und stellt verschiedene Arten der Stiftung dar. Es werden die Entstehung einer Stiftung und die dazu notwendigen Schritte beschrieben. Im zweiten Teil werden Fragen der steuerlichen Behandlung der Stiftung sowie der Besteuerung von Stiftungen und Trusts im Ausland erörtert. Dr. Michael Sommer ist Partner der Sozietät Taylor Wessing und ausgewiesener Experte auf dem Gebiet des Stiftungsrechts und der Unternehmensnachfolge. Erschienen im RKW-Verlag (2004), 70 S., ISBN 3-89644-223-6

enewsletter 04 dass Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen grundsätzlich weit auszulegen sind; die sinngemäße Auslegung orientiert sich nicht ausschließlich am Wortlaut der Vereinbarung, sondern insbesondere auch am wahren Willen der Gesellschafter. Vor diesem Hintergrund können Schiedsklauseln über ihren Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen sein, dass sie auch Sachverhalte den Schiedsgerichten zuweisen, die Streitigkeiten der Gesellschafter mit einem bereits ausgeschiedenen Gesellschafter betreffen. In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall hatte ein Gesellschafter einer GmbH & Co. KG seinen Kommanditanteil an seinen Mitgesellschafter übertragen und beanspruchte später die Rückabwicklung dieses Geschäftes. Seinen Anspruch wollte er im schiedsgerichtlichen Verfahren durchsetzen. Die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsvereinbarung war umfassend, aber offen formuliert: sie sah vor, dass ein Schiedsgericht über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern untereinander entscheiden solle, die den Vertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern betreffen. Die Gegenseite behauptete unter Verweis auf den Wort laut der Vereinbarung, der ausgeschiedene Gesellschafter sei kein solcher mehr und könne daher auch keine Streitigkeit zwischen Gesellschaftern mehr führen. Das OLG Düsseldorf beurteilte den Fall anders und folgte damit unserer Rechtsauffassung. Das Gericht berief sich in der Begründung auf die Rechtsprechung des BGH, der zufolge Schiedsverträge grundsätzlich weit auszulegen seien und im Zweifel der Wille der vertragsschließenden Parteien dahin gehe, sämtliche Streitigkeiten aus einem Gesellschaftsvertrag im Wege des Schiedsverfahrens zu erledigen. Das OLG Düsseldorf führte insofern aus, die Wirkungen des Schiedsvertrages endeten nicht zwangsläufig mit der Gesellschafterstellung. In dem streitgegenständlichen Schiedsvertrag sei über den eigentlichen Wortlaut hinaus der Wille zum Ausdruck gekommen, sämtliche Streitigkeiten, die ihren Ursprung in dem Verhältnis der Gesellschafter haben, und welche den innergesellschaftlichen Rechtsfrieden stören, umgehend durch Schiedsspruch zu erledigen. Dazu gehörten auch solche Streitigkeiten zwischen einem ausgeschiedenen Gesellschafter und seinem Rechtsnachfolger. Trotz der gebotenen weiten Auslegung gesellschaftsrechtlicher Schiedsklauseln ist aus Beratersicht jedoch darauf hinzuweisen, dass Beschlussmängelstreitigkeiten, bei denen Gesellschafter über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen streiten, teilweise den staatlichen Gerichten zugewiesen sind. So hat der BGH in einem Grundlagenurteil entschieden, dass Beschlussmängelstreitigkeiten unter GmbH- Gesellschaftern nicht schiedsfähig seien, wenn an der Schiedsvereinbarung nicht alle Gesellschafter mitgewirkt haben, da dann auch dem Schiedsurteil keine Wirkung gegenüber allen Gesellschaftern zukommen könne (BGHZ 13, 27). In der juristischen Literatur wird auf Grundlage der Rechtsprechung des BGH kontrovers diskutiert, ob und gegebenenfalls wie durch spezielle Formulierung der Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag Abhilfe geschaffen und die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten hergestellt werden kann. ffff Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in stille Gesellschaft: während Krise der Gesellschaft Rückzahlung und Auszahlung von Gewinnansprüchen aufgrund Eigenkapitalersatzrecht unzulässig Leitsatz: Eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterhilfe darf nach den Rechtssprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz im GmbH- Recht nur dann zurückgezahlt werden, wenn wieder genügend freies, die Stammkapitalziffer übersteigendes Vermögen vorhanden ist. Das gleiche gilt für Zinsen und nach Umwandlung der Gesellschafterhilfe in eine stille Einlage Gewinnanteile. BGH-Urteil vom 08.11.2004 II ZR 300/02 In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war ein Gesellschafter aus einer GmbH ausgeschieden. Der zum Zeitpunkt des Ausscheidens gegen die Gesellschaft bestehende Darlehensrückzahlungsanspruch aus einem Gesellschafterdarlehen wandelte der ausscheidende Gesellschafter in eine stille Gesellschaft um, d.h. er legte den Nominal-Betrag des ursprünglichen Darlehens als Einlage ein. Als stiller Gesellschafter sollte er an dem sich aus dem Jahresabschluss ergebenden Gewinn beteiligt werden, wobei eine Beteiligung am Verlust ausgeschlossen war. Die Gesellschaft hat im Folgenden die Auszahlung von Gewinnansprüchen für das Jahr 1997 verweigert und dies damit begründet, dass die in eine Einlage umgewandelte Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter hätten und damit auch die Gewinnanteile dem Kapitalersatzrecht unterfielen. Deswegen sei eine Auszahlung der Gewinnanteile für 1997 unzulässig. Der BGH hat der Beklagten im Grundsatz Recht gegeben, die Sache jedoch zur weiteren Feststellung von Tatsachen an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH ( 32a und b GmbHG) ist Ausfluss der so genannten Finanzierungsfolgenverantwortung des Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft. Danach sind Gesellschafter zwar nicht verpflichtet, der Gesellschaft stets neues Kapital zur Verfügung zu stellen. Allerdings muss sich der Gesellschafter in einer Krise der Ge-

enewsletter 05 sellschaft entscheiden, die GmbH entweder zu liquidieren oder ihr neues Haftkapital (Eigenkapital) zuzuführen. Stützt der Gesellschafter in einer Krise der Gesellschaft diese durch Gewährung oder Belassung von Darlehen oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorgängen, so werden diese Darlehen gemäß 32a GmbHG als eigenkapitalersetzend qualifiziert, d.h. sie werden wie Haftkapital behandelt. Als Folge hiervon kann der jeweilige Gesellschafter seinen Rückzahlungsanspruch im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen. Die Rechtsprechung des BGH hat den Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts jedoch dahingehend erweitert, dass auch bereits die Rückzahlung von Gesellschafter- Darlehen außerhalb eines Insolvenzverfahrens unzulässig ist und bereits ausgezahlte Beträge zurückzuerstatten sind, soweit der Gesellschaft das Darlehen während einer Krise der Gesellschaft gegeben wurde. Allerdings ist die Auszahlung nur insoweit unzulässig, als durch die Auszahlung eine Unterbilanz bei der Gesellschaft entsteht, bzw. eine bestehende Unterbilanz vertieft wird. Eine Unterbilanz liegt vor, wenn das Reinvermögen der Gesellschaft nicht mehr die Stammkapitalziffer deckt. Die Kombination der 32a und b GmbHG mit der Rechtsprechung des BGH führt demnach dazu, dass ein Darlehen oder eine sonstige Gesellschafterleistung, die eigenkapitalersetzend ist, nur dann zurückgezahlt werden darf (gleiches gilt für Zinsleistungen), wenn wieder so viel Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, dass die Stammkapitalziffer nicht angegriffen wird. Erstmalig hat sich der BGH im vorliegenden Fall damit befasst, was im Falle der Umwandlung eines Darlehens in eine stille Gesellschaft und daraus resultierenden Gewinnansprüchen gelten soll. Er hat entschieden, dass die Regeln zum Eigenkapitalersatz auch auf aus einer Umwandlung von Gesellschafter-Darlehen entstehende stille Gesellschaften (Rückzahlungsanspruch der Einlage und Zinsansprüche) Anwendung findet. Dieser Bindung kann sich der Gesellschafter auch nicht dadurch entziehen, dass er wie im vorliegenden Fall aus der Gesellschaft ausscheidet. War das Darlehen zum Zeitpunkt des Ausscheidens eigenkapitalersetzend (Bestehen einer Krise der Gesellschaft), bleibe es bei dieser Bindung auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft, auch wenn es in eine stille Gesellschaft umgewandelt wurde. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass Gewinnansprüche aus einer stillen Gesellschaft jedenfalls dann dem Eigenkapitalersatz und -erhaltungsrecht des GmbH- Rechtes unterliegen, wenn die stille Gesellschaft durch Umwandlung von Gesellschafterdarlehen begründet wurde. Soweit daher noch eine Krise der Gesellschaft besteht, sind Auszahlungen von Gewinnansprüchen aus der stillen Gesellschaft nur soweit zulässig, als die Auszahlung nicht zu einer Unterbilanz der Gesellschaft führt. Leserservice Sie brauchen detailliertere Informationen? Sie hätten gerne ein persönliches Gespräch zu Themen dieser Ausgabe? E-mail der Redaktion: newslettercorporate@taylorwessing.com Wir freuen uns, wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen. Impressum: Taylor Wessing Rechtsanwälte, Isartorplatz 8, 80331 München Tel. +49 (89) 21038-0 Fax +49 (89) 21038-300 DIESER NEWSLETTER ENTHÄLT NUR EINE AUSWAHL VON RELEVANTEN THEMEN ZUM UNTERNEHMENSRECHT UND ERSETZT NICHT DIE BERATUNG IM EINZELFALL. FÜR DIE VOLLSTÄNDIGKEIT UND RICHTIGKEIT DER IN DIESEM NEWSLETTER ENTHALTENEN INFORMATIONEN WIRD KEINE HAFTUNG ÜBERNOMMEN. Berlin Brüssel Cambridge Düsseldorf Frankfurt Hamburg London München Paris Repräsentanzen: Alicante Shanghai www.taylorwessing.com

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