C. Strukturbezogene Führung 135 Die strukturbezogene Führung eines Unternehmens erfolgt mithilfe der Organisation. Darunter kann verstanden werden (Bühner, Hill/Fehlbaum): Das dauerhafte Ordnen bzw. Strukturieren eines Unternehmens bzw. soziotechnischen Systems als die Tätigkeit des Organisierens. Die Ordnung bzw. Struktur, bei der das Unternehmen eine Organisation als Ergebnis des Organisierens ist, die eine Vorgabe für ihre Mitglieder darstellt. Damit die Organisation funktionsfähig wird, sind für alle Teilnehmer zweckdienliche Regelungen notwendig, die generell oder fallweise getroffen werden können. Nach ihrer Entstehung lassen sich unterscheiden (Bea/Göbel, Olfert, Rahn): Die formelle Organisation als bewusst geschaffene und rational gestaltete Struktur zur Erfüllung unternehmerischer Zielsetzungen. Die informelle Organisation als soziale Struktur, die durch persönliche Wünsche, Ziele, Sympathien und Verhaltensweisen der Mitarbeiter bestimmt und spontan bzw. ungeplant gebildet wird. Für die strukturbezogene Führung ist die formelle Organisation maßgeblich. Sie kann eine Neuorganisation im Sinne einer Erstorganisation oder eine Reorganisation sein, die eine tiefgreifende, umfassende Veränderung einer bestehenden Organisationsstruktur darstellt. Im Hinblick auf den Gegenstand der Organisation gibt es (Burghardt, Gaitanides, Olfert, Olfert/Rahn): Die Aufbauorganisation als dauerhaft wirksame Gestaltung des statischen Beziehungszusammenhanges eines soziotechnischen Systems. Sie macht die Ordnung der gesamten Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung im Unternehmen sichtbar. Die Prozessorganisation als dauerhaft wirksame Gestaltung des dynamischen Beziehungszusammenhanges eines soziotechnischen Systems. Sie zeigt die Strukturierung des Prozesses der Aufgabenerfüllung durch zeitliche und räumliche Beziehungen. Die Projektorganisation als befristete Gestaltung projektbezogener Regelungen innerhalb eines soziotechnischen Systems. Mit ihr sind häufig ein hoher Schwierigkeitsgrad und eine erhebliche Risikobelastung verbunden. Dementsprechend sollen als Arten der strukturbezogenen Führung die Strukturierung des Unternehmensaufbaues, der Unternehmensprozesse und der Projekte des Unternehmens verstanden werden.
136 Strukturbezogene Führung Weil Unternehmen einem ständigen Wandel unterliegen, ist die Strukturierung kein einmalig vorzunehmender Prozess. Vielmehr bedarf es einer Organisationsentwicklung als längerfristig angelegtem Prozess von Veränderungen der Unternehmen und in der in ihnen tätigen Menschen (French/Bell, Olfert, Thom). Strukturbezogene Führung Arten strukturbezogener Führung Organisationsentwicklung Die strukturbezogene Führung ist ein unabdingbares Erfordernis für die Funktionsfähigkeit eines Unternehmens. 1. Arten strukturbezogener Führung Als Arten der strukturbezogenen Führung sind zu unterscheiden siehe ausführlich Olfert: Arten strukturbezogener Führung Projektstrukturierung Aufbaustrukturierung Prozessstrukturierung 1.1 Aufbaustrukturierung Die Strukturierung der Aufbauorganisation erfolgt in mehreren Schritten (Olfert): Vorbereitende Maßnahmen Ú Aufbauanalyse Aufbausynthese Aufbaugestaltung apple Festlegung der Aufbaustruktur Ú Organisationsstrukturen Organisationssysteme Grundlegende/ abgeleitete Organisationsformen apple Abschließende Maßnahmen Ú Aufbaueinführung Aufbaudokumentation
Arten strukturbezogener Führung 137 Damit wird die Gestaltungsaufgabe im Hinblick auf die Aufbauorganisation beschrieben. Ihr Ergebnis ist die Unternehmensstruktur, welche die Ordnung der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen im Unternehmen festlegt. 1.1.1 Vorbereitende Maßnahmen Als vorbereitende Maßnahmen für die Aufbaustruktur eines Unternehmens sollen beschrieben werden: Vorbereitende Maßnahmen Aufbaugestaltung Aufbauanalyse Aufbauplanung 1.1.1.1 Aufbauanalyse Die Aufbauanalyse ist die Erfassung und kritische Untersuchung der im Unternehmen bestehenden Bedingungen. Sie umfasst (Olfert, Olfert/Rahn): Die Ist-Aufnahme, die der Ermittlung des Ist-Zustandes der Aufbauorganisation dient. Sie besteht in der Sammlung, Ordnung und Untersuchung von Daten der bisherigen Struktur. Als Aufnahmetechniken bieten sich z. B. an: Interview Fragebogen Beobachtung Selbstaufschreibung Dokumentenauswertung Die Ist-Kritik, mit der nach Schwachstellen im bisherigen Organisationsaufbau und Möglichkeiten einer Verbesserung gesucht wird. Hierbei können Checklisten hilfreich sein. Die Kritik sollte mit einer möglichst treffenden Begründung verbunden werden. 30 Die Anfertigung eines Fragebogens zur Erhebung von organisatorischen Problemstellungen/Tatbeständen ist in der Praxis mitunter mit großen Schwierigkeiten verbunden. (1) Die Art der Fragestellung hat dabei maßgebliche Bedeutung für die Responsequote bzw. die Bereitschaft, den Fragebogen auszufüllen. Welche Fragestellungen sind Ihrer Ansicht nach geeignet, um eine möglichst hohe Resonanz zu erreichen? (2) Nennen Sie technische Gesichtspunkte, die bei der Gestaltung und Versendung von Fragebogen zu beachten sind! Seite 247
138 Strukturbezogene Führung Die Ergebnisse der Ist-Aufnahme und Ist-Kritik werden üblicherweise in einem Bericht dokumentiert. 1.1.1.2 Aufbauplanung Die Aufbauplanung legt in der Gegenwart fest, welche Struktur der Aufbauorganisation bis zu einem bestimmten Planungszeitpunkt geschaffen werden soll. Sie besteht aus (Olfert, Olfert/Rahn): Der Zielplanung, der die Organisationsziele zu Grunde liegen, die ihrerseits von den Unternehmenszielen abzuleiten sind. Darüber hinaus sollten die Ziele der Mitarbeiter und der Kunden hinreichend Berücksichtigung finden. Die Konzeptplanung, mit der die Anforderungen definiert werden, die durch die Planung erfüllt werden sollten, z. B. um geeignete Alternativen zur Lösung der Organisationsprobleme bereitzustellen. Ihre Ergebnisse können in einem aufbauorganisatorischen Plan festgehalten werden. Schwierigkeiten der Aufbauplanung liegen in der mangelnden Voraussehbarkeit künftig geeigneter Aufbaustrukturen. 1.1.1.3 Aufbaugestaltung Um den organisatorischen Aufbau eines Unternehmens gestalten zu können, sind folgende Maßnahmen erforderlich (Olfert, Olfert/Rahn): Stellenbildung Aufbauentscheidungen Bildung der Organisationsebenen. 1.1.1.3.1 Stellenbildung Die Gestaltung der Aufbauorganisation beginnt damit, alle zur Zielerreichung und Aufgabenerledigung des Unternehmens erforderlichen Stellen zu bilden. Sie umfasst (Olfert, Olfert/Rahn): Die Aufgabenanalyse, die dazu dient, eine komplexe Gesamtaufgabe schrittweise und systematisch in auf Handlungsträger übertragbare Teilaufgaben zu zerlegen bzw. aufzuspalten. Das Zerlegen der Gesamtaufgabe kann erfolgen unter Verwendung folgender Analysen (Olfert, Schmidt, Schreyögg):
Arten strukturbezogener Führung 139 Verrichtungsanalyse Objektanalyse Ranganalyse Phasenanalyse Zweckbeziehungsanalyse Mit ihr wird festgestellt, welche Tätigkeiten anfallen, z. B. beschaffen, fertigen, absetzen. Sie bezieht sich auf Objekte, z. B. Rohstoffe, Produkte, Lieferanten, Abnehmer. Jeder Ausführung geht eine Entscheidung voraus. Deshalb gibt es Entscheidungs- und Ausführungsaufgaben. Eine Aufgabenerledigung erfolgt üblicherweise in drei Phasen: Planung Durchführung Kontrolle. Hier werden Primäraufgaben, die unmittelbar der Zielerreichung dienen und Sekundäraufgaben unterschieden, z. B. Verwaltungsaufgaben. Die Aufgabensynthese, die eine Zusammenfassung der durch die Aufgabenanalyse gewonnenen Teilaufgaben zu koordinierbaren Aufgabenkomplexen darstellt (Kosiol): (Gesamt-) Aufgabe Teilaufgabe Teilaufgabe Teilaufgabe Teilaufgabe Stelle Stelle Stelle Stelle Gruppe/ Abteilung Gruppe/ Abteilung Aufgabenanalyse Aufgabensynthese Die Stellenbildung mithilfe aller fünf aufgabenanalytischen Instrumente ist sehr aufwändig und wird deshalb in der Praxis begrenzt, z. B. indem für die Primäraufgaben sowie bedeutsame Sekundäraufgaben lediglich eine kombinierte Verrichtungs- und Objektanalyse erfolgt. 1.1.1.3.2 Aufbauentscheidungen Bei den grundlegenden Entscheidungen, die den Stellenaufbau des Unternehmens betreffen, geht es vor allem um (Olfert, Olfert/Rahn):
140 Strukturbezogene Führung Die Organisationseinheiten, die zu bilden sind. Dabei sind zu unterscheiden: Organisationseinheiten Stellen Gremien Linienstellen Stabsstellen Hauptamtlich Nebenamtlich Instanzen Stäbe Leitungsgruppen Kollegien Ausführungsstellen Assistenzstellen Projektgruppen Ausschüsse Im Einzelnen ist unter den Organisationseinheiten zu verstehen: Stellen Linienstellen Instanzen Ausführungsstellen Stabsstellen Assistenzstellen Gremien Leitungsgruppen Sie sind i.d.r. auf Dauer hauptamtlich tätige Personenmehrheiten. Projektgruppen Kollegien Ausschüsse Sie stellen die kleinsten organisatorischen Einheiten im Unternehmen dar. Sie sind vertikal und mit Weisungsbefugnis der Aufgabenträger hierarchisch eingebunden. Dabei handelt es sich um Stellen, die mit Weisungsbefugnis ausgestattet sind. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie keine Leitungsbefugnisse haben. Stäbe sind Leitungshilfsstellen, die horizontal und ohne Weisungsbefugnis der Aufgabenträger hierarchisch eingeordnet sind. Sie sind Leitungshilfsstellen, die unmittelbar für Aufgabenträger einer Instanz arbeiten. Sie stellen Personenmehrheiten dar, die haupt- oder nebenamtlich zusammenarbeiten. Sie stellen Personenmehrheiten dar, die gemeinsam und überwiegend hauptamtlich bzw. vollzeitlich Projekte durchführen. Sie erfüllen in zeitlich befristeter Tätigkeit nebenamtlich Sonderaufgaben. Sie sind unbefristet eingerichtete Organisationseinheiten, deren Mitglieder nebenamtlich und teilzeitlich tätig sind, z. B. der Organisations- oder DV-Ausschuss.
210 Strukturbezogene Führung
MiniLex 261 Das MiniLex enthält die wichtigsten Begriffe, die in diesem Buch behandelt werden. Weitere Begriffe finden sich in: Olfert/Rahn, Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, Kiehl Verlag Arbeitsteam, teilautonomes Aufbauanalyse Sie ist die dauerhaft wirksame Gestaltung des dynamischen Beziehungszusammenhanges eines sozio-technischen Systems. Mit ihrer Hilfe wird der Arbeitsprozess auf der Grundlage einer gegebenen oder zu verändernden Aufbauorganisation strukturiert. Sie ist eine Verhaltensstrategie und auf Konkurrenten im Allgemeinen sowie den Marktführer im Besonderen gerichtet. Als Offensivstrategie scheut sie weder aggressive Maßnahmen noch Konflikte. Sie können als Führungsmittel mehr oder weniger mitarbeiterfreundlich gestaltet werden. Dabei geht es insbesondere um die Gestaltung des Arbeitsinhaltes, der stark arbeitsteilig oder unter Erweiterung bzw. Bereicherung der Aufgaben festlegbar ist. Des Weiteren ist die Gestaltung des Arbeitsortes bzw. Arbeitsplatzes sowie der Arbeitszeit bedeutsam. Es wird als Organisationskonzept insbesondere im Fertigungsbereich von Unternehmen eingesetzt und auch selbststeuernde Arbeitsgruppe genannt. Mit seiner Hilfe soll ein Beitrag zur Humanisierung der Arbeit geleistet werden, wodurch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter erhöht und die Fehlzeiten reduziert werden. Sie ist die Erfassung und kritische Untersuchung des Zustandes der Aufbauorganisation als: Ist-Aufnahme (Ermittlung des Ist-Zustandes) Ist-Kritik (Suche nach Schwachstellen/Verbesserungen). Sie ist die schriftliche Ordnung von Daten der Aufbauorganisation. Mit ihr wird die Organisationsstruktur eines Unternehmens dargestellt. Dazu dienen als Instrumente: Organisationshandbuch Stellenbeschreibung Organisationsplan Stellenbesetzungsplan Zur Festlegung des Stellenaufbaues sind als Entscheidungen zu treffen: Organisationseinheiten (Stellen, Gremien) Zentralisierung/Dezentralisierung Übertragung von Aufgabe, Kompetenz, Verantwortung Art/Zeitumfang der Tätigkeit Merkmale des Aufgabenträgers Informationswege Sie umfasst: Stellenbildung Aufbaufestlegungen Bildung der Organisationsebenen Ablauforganisation Angriffsstrategie Arbeitsbedingungen Aufbaudokumentation Aufbauentscheidungen Aufbaugestaltung Aufbauorganisation Sie ist die dauerhaft wirksame Gestaltung des statischen Beziehungszusammenhanges eines soziotechnischen Systems. Dabei macht sie die Ordnung der gesamten Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung im Unternehmen sichtbar.