Kunst oder Kriminalität? Zur Strafbarkeit von Graffiti und zur Sinnhaftigkeit der Bereitstellung legaler Sprühflächen
Inhaltsübersicht I. Einführungsbeispiel an der Stadt Augsburg II. Der Begriff Graffiti III. Strafbarkeit von Graffiti vor Neufassung der Sachbeschädigungstatbestände IV. Strafbarkeit von Graffiti nach der Neuregelung
Inhaltsübersicht V. Graffiti als Kunstfreiheit im Sinne des Art. 5 III GG VI. Bereitstellung legaler Sprühflächen als Alternative? VII. Fazit
I. Einführungsfall am Beispiel der Stadt Augsburg Stadt der Blumen Ziel: Menschen Freude am Leben bringen 470 Taten Sachschaden: 70.000 Euro Kunst oder Kriminalität? http://bilder.augsburgerallgemeine.de/img/augsburg/origs1939236/82 3591300 w281 h960/copy of blume NEU.jpg
II. Der Begriff Graffiti Abstammung des Begriffs Graffiti graffito aus dem Italienischen Bedeutung der Ableitung aus dem Griechischen graphein Graffiti als unterschiedliche Elemente Aktueller Bezug: Festnahme 3 Graffiti-Sprayer Ende 2014
II. Strafbarkeit von Graffiti vor Neufassung der Sachbeschädigungstatbestände Bedeutung des Begriffs der Beschädigung Herrschende Meinung der Oberlandgerichte Meinung des BGH Anforderungen an Strafbarkeit von Graffiti
Bedeutung des Begriffs der Beschädigung Substanzverletzung Gebrauchsbeeinträchtigung Verletzung des äußeren Erscheinungsbildes
Substanzverletzung = stoffliche Veränderung einer Sache Voraussetzung: gewisser Schweregrad Unterscheidung zwischen erheblicher und unerheblicher Beeinträchtigung Geringfügigkeitskontrolle
Gebrauchsbeeinträchtigung Einwirkung auf die Sachen, sodass Gebrauchsbeeinträchtigung eintritt Alternative zur Substanzverletzung
Verletzung des äußeren Erscheinungsbildes Substanzverletzungstheorie Funktionsvereitelungstheorie Wertminderungstheorie Zustandsveränderungstheorie Kombination Substanzverletzungs- und Funktionsvereitelungstheorie Graffiti als Beschädigung
Substanzverletzungstheorie Mindermeinung Voraussetzung: Substanzverletzung muss eingetreten sein
Funktionsvereitelungstheorie Mindermeinung in der Literatur Voraussetzung: Funktionsbeeinträchtigung einer Sache Einwirkung selbst auf die Sache nicht erforderlich
Wertminderungstheorie Mindermeinung Zentrale Bedeutung: Beschädigen Ein Schaden muss eingetreten sein (Wertminderung) Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Sache ausreichend
Zustandsveränderungstheorie Damalige stärkste und herrschende Meinung im Schrifttum Voraussetzung: Beschaffenheit der Sache in erheblicher Weise gegen den Willen des Eigentümers verändert
Kombination Substanzverletzungs- und Funktionsvereitelungstheorie Von Rechtsprechung entwickelt Voraussetzungen: Substanzverletzung oder Funktionsbeeinträchtigung
Graffiti als Beschädigung Theorie der Rechtsprechung auf solche Fälle angewandt Durch Graffiti Substanzverletzung? bei unmittelbarer Substanzverletzung Problem: Verbindung mit Oberflächenfarbe der Sache mittelbare Substanzverletzung dem Täter objektiv zurechenbar?
Herrschende Meinung der Oberlandgerichte Sachbeschädigung erfüllt, wenn Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes Keine Substanzverletzung nötig Herrschende Lehre stimmt zu
Meinung des BGH BGH lehnte vorige Definition ab Legt Beschädigungsmerkmal restriktiv aus Substanz muss beeinträchtigt sein oder in Funktion eingeschränkt
Anforderungen an Strafbarkeit von Graffiti Fall: Jugendlicher besprüht mit Schutzfolie überzogenen Zug Problem: leicht abwaschbar keine Substanzverletzung oder Funktionsbeeinträchtigung Verschärfte Anforderungen nötig
Anforderungen an Strafbarkeit von Graffiti Start einer Gesetzesinitiative Ziel: Änderung Wortlaut 303 I StGB Einbringung verschiedener Entwürfe Ablehnung der Entwürfe Neue entwürfe und erneute Ablehnung Entwurf des Bundesrates und der Parteien In Kraft treten des Graffiti-Bekämpfungsgesetzes am 8.9.2005
IV. Strafbarkeit von Graffiti nach der Neuregelung 303 Sachbeschädigung (1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. (3) Der Versuch ist strafbar.
IV. Strafbarkeit von Graffiti nach der Neufassung In Absatz 2 Graffiti-Bekämpfungsgesetz Geringfügigkeitsmerkmal eingefügt
IV. Strafbarkeit von Graffiti nach der Neufassung Beratung im Jahr 2005 über Regelung des Problems Zustandsveränderungstheorie wurde entwickelt Mit dem 39. Strafrechtsänderungsgesetz vom 01.09.2005 ist das sog. Graffiti-Bekämpfungsgesetz beschlossen worden Am 08.09.2005 ist dieses in Kraft getreten
a) Gründe für und gegen die Gesetzesänderung Sprayer suchen das Verbotene Einsatzgruppen der Polizei und Sonderkommissionen kamen mit den Graffitieinwirkungen nicht hinterher Vor der Neuregelung wurde ein Gutachten benötigt Substanzverletzungen durch Reinigungsmaßnahmen können den Sprayern nicht zugerechnet werden Sprayer sind zur Naturalrestrition verpflichtet dies ist nicht immer realisierbar
a) Gründe für und gegen die Gesetzesänderung Umstritten ist, ob der Gesetzgeber den richtigen Weg eingeschlagen hat Möglicherweise bieten zivilrechtliche Ansprüche genügend Schutz Das gesellschaftliche Problem des Graffitis liegt nicht im strafrechtlichen Bereich Bei der Hälfte der Bevölkerung gibt es keine Forderungen nach Geld- und Freiheitsstrafen
a) Gründe für und gegen die Gesetzesänderung Jugendliche können legale Ersatzflächen zur Verfügung gestellt werden Aufklärung
b) Fazit der Gesetzesänderung Polizei und Staatsanwaltshaft haben eine Beweisführungspflicht Insgesamt ist die Strafbedürftigkeit hinsichtlich der Graffitikriminalität zu bejahen
V. Graffiti als Kunstfreiheit im Sinne des Art. 5 III GG Formaler Kunstbegriff Zuordnung eines bestimmten Werktyps Materieller Kunstbegriff jede freie schöpferische Gestaltung Offener Kunstbegriff Kriterium: Aussagekraft des Kunstwerkes Graffitis fallen unter den weit stehenden Kunstbegriff des Art. 5 III GG
Einschränkung des Grundrechts der Kunstfreiheit? Schutzbereich des Art. 5 III GG gewährt nicht automatisch fremdes Eigentum zu besprühen Reichweite der Kunstfreiheit Schranke zur Rechtfertigung Fazit
VI. Bereitstellung legaler Sprühflächen als Alternative? Aufgabe kommunale Kriminalprävention Vorteile Bereitstellung legaler Sprühflächen Nachteile Bereitstellung legaler Sprühflächen Weitere Alternativen: -Workshops - Förderung durch Stipendien - Graffiti-Ausstellungen
VII. Fazit Nach Neufassung: leichtere Subsumtion von Graffiti unter Sachbeschädigungstatbestände Einschränkung durch Geringfügigkeitsklausel Bereitstellung legaler Sprühflächen als gute Alternative Graffiti Kunst oder Kriminalität?
VII. Fazit Deine Stellungnahme
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