Amoklauf - Warum begehen Jugendliche in Schulen Amokläufe?

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Transkript:

Pädagogik Hanna Horn Amoklauf - Warum begehen Jugendliche in Schulen Amokläufe? Bachelorarbeit

Fachbereich 1: Bildungswissenschaften Institut für Pädagogik- Schulpädagogik/ Allgemeine Didaktik Bachelorarbeit Amoklauf Warum gerade an Schulen? vorgelegt von Hanna Horn 9. Semester, Bachelor of Education Koblenz, 11.06.2012

Man will geliebt werden; wenn das nicht gelingt, will man bewundert werden; wenn das nicht gelingt, will man gefürchtet werden; gelingt auch das nicht, will man verabscheut und verachtet werden. Der Seele graut es in der Leere, und sie muss Kontakt herstellen, koste es, was es wolle. 1 Hjalmar Söderberg 1 Spies (2011). S. 224.

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 3 2 Begriffserklärung... 7 2.1 Amoklauf... 7 2.2 School Shootings... 8 3 Taten... 11 3.1 Das Ausmaß von School Shootings Internationaler Kontext.. 11 3.1.1 Zeitliche Verteilung der School Shootings... 13 3.1.2 Opfer von School Shootings... 14 3.1.3 Tatausgang von School Shootings... 14 3.2 Täter... 15 3.2.1 Männliche School Shooter... 15 3.2.2 Anzahl der School Shooter... 15 3.2.3 Alter der School Shooter... 16 3.2.4 Waffen... 16 3.3 School Shootings in Deutschland... 17 4 Die Lebensphase Jugend... 19 4.1 Das Jugendalter... 19 4.2 Entwicklungsaufgaben im Jugendalter... 21 4.3 Psychosoziale Entwicklung... 23 4.4 Identitätsentwicklung... 24 4.4.1 Die Familie... 27 4.4.2 Schulen und Ausbildungsinstitutionen... 28 4.4.3 Die Peer-Group... 28 5 Ursachen, Hintergründe und Entstehung... 30 5.1 Gesellschaftliche, familiäre und soziale Hintergründe... 30 5.1.1 Gesellschaftliche Aspekte... 30 5.1.2 Familiäres Umfeld... 31 5.1.3 Soziales Umfeld... 33 5.2 Unauffälliges Erscheinungsbild des School Shooters... 35 5.3 Psychopathologische Auffälligkeiten... 36 6 Tatort Schule... 40 6.1 Schulen als Bedingungsrahmen... 40

6.1.1 Der Selektions- und Leistungsdruck der Schule... 41 6.1.2 Soziale Kontrolle durch die Schule... 45 6.1.3 Mitschüler... 49 7 Medien... 54 7.1 Bedeutung gewalthaltiger Medien... 54 7.2 Gesteigertes mediales Interesse... 58 8 Prävention... 60 8.1 Ansätze zur Prävention und Intervention... 60 8.2 Präventionsmöglichkeiten in der Schule... 61 8.2.1 Primärprävention... 62 8.2.2 Sekundärprävention... 64 8.2.3 Tertiärprävention... 65 9 Fazit... 66 Literaturverzeichnis... 69

1 Einleitung Am Vormittag des 16. April 2002 ereignet sich während der schriftlichen Abiturprüfungen im Erfurter Gutenberg-Gymnasium eine bis dahin unfass- und unvorstellbare Tat: Der 19-jährige ehemalige Schüler Robert S. betritt mit einer Sporttasche das Schulgebäude. In der Toilette im Erdgeschoss zieht er sich schwarze Kleidung an sowie eine Maske über den Kopf und bewaffnet sich. Danach bewegt er sich zielsicher und systematisch durch das Schulgebäude und tötet in nur zehn Minuten zwölf Lehrer, zwei Schüler und jeweils eine Sekretärin und einen Polizisten. Am Ende tötet er sich selbst. 2 Ähnliche Nachrichten von derartigen Taten sind bisher nur durch die Medien bekannt und erscheinen eher weit entfernt. Es gilt vielmehr als ein spezifisches Problem der USA, wie beispielsweise die weltweit aufsehenerregendste Tat an der Columbine High School. Nachdem jedoch mit den Städten Erfurt, Emsdetten und Winnenden erschreckende Ereignisse mit blutigen Spuren assoziiert werden, steht fest, dass auch in Deutschland Taten dieser Art möglich sind. Obwohl solche krisenhafte Ereignisse nur selten vorkommen, ist ihre Anzahl in den letzten Jahren stetig gestiegen. Diese grausamen Taten, über die immer wieder in den Medien berichtet wird, haben großes Entsetzen und Ratlosigkeit allerorts ausgelöst und sich dauerhaft in das Gedächtnis der Gesellschaft eingebrannt. Es ist also von Bedeutung sich mit der Thematik des School Shootings auseinander zu setzten und die Bevölkerung zu sensibilisieren. Wenn die Medien von grausamen, brutalen und furchtbaren Taten sprechen, beschreiben diese Worte ausschließlich das Handeln, nicht die Gründe. Die öffentlichen Diskussionen fokussieren den psychischen Zustand, der zumeist männlichen Täter, konzentrieren sich auf deren Medienkonsum, insbesondere die gewalthaltigen Videospiele, und thematisieren den Zugang sowie den Gebrauch von Waffen. Es erweckt den Anschein, als würden die sozialen Voraussetzungen sowie die tatauslösenden Beweggründe der Täter eher außer Acht gelassen werden. Darüber hinaus gewinnt zunehmend die Frage an Bedeutung, warum Jugendliche gerade an Schulen solch tödliche 2 Pollmann (2008). S. 9. 3