Lineare Algebra und analytische Geometrie II

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a b Q = b a 0 ) existiert ein Element p Q, so dass gilt: q 1 q 2 = 2 b 1 b 2 a 1 b 2 a 2 b 1 a 1 a 2 b 1 b 2 a 1 b 2 a 2 b 1 a b p = 1 det(q) C 2 2,

Lineare Algebra und analytische Geometrie II

Transkript:

Prof Dr H Brenner Osnabrück SS 26 Lineare Algebra und analytische Geometrie II Vorlesung 2 Orthogonalität Mit dem Skalarprodukt kann man die Eigenschaft zweier Vektoren, aufeinander senkrecht zu stehen, ausdrücken Definition 2 Sei V ein Vektorraum über K mit einem Skalarprodukt, Man nennt zwei Vektoren v,w V orthogonal zueinander (oder senkrecht), wenn v,w = ist Bemerkung 22 Dass die über das Skalarprodukt definierte Orthogonalität der anschaulichen Orthogonalität entspricht, kann man sich folgendermaßen klar machen Zu orthogonalen Vektoren u,v V gilt, dass v zu den beiden Punkten u und u den gleichen Abstand besitzt Es ist ja v u 2 = v u,v u = v,v + u,u = v +u,v +u = v +u 2 Pythagoras von Samos lebte im sechsten vorchristlichen Jahrhundert Sein Satz war aber schon tausend Jahre früher in Babylon bekannt

2 Wir rufen uns den Satz des Pythagoras in Erinnerung Der folgende Satz ist der Satz des Pythagoras, genauer die Skalarproduktversion davon, die trivial ist Die Beziehung zum klassischen, elementargeometrischen Satz des Pythagoras ist diffizil, da es nicht selbstverständlich ist, dass unser über das Skalarprodukt eingeführter Orthogonalitätsbegriff und unser ebenso eingeführter Längenbegriff mit dem entsprechenden intuitiven Begriff übereinstimmt Dass unser Normbegriff der wahre Längenbegriff ist, beruht wiederum auf dem Satz des Pythagoras in einem cartesischen Koordinatensystem, was den klassischen Satz voraussetzt Satz 2 Es sei V ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt, Es seien u, v V Vektoren, die aufeinander senkrecht stehen Dann ist Beweis Es ist u+v 2 = u 2 + v 2 u+v 2 = u+v,u+v = u,u +2 u,v + v,v = u 2 + v 2 Definition 24 Sei V ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt und U V ein Untervektorraum Dann heißt U = {v V v,u = für alle u U} das orthogonale Komplement von U Das orthogonale Komplement zu einem Untervektorraum ist selbst wieder ein Untervektorraum, siehe Aufgabe 2 Beispiel 2 Sei V = R n versehen mit dem Standardskalarprodukt Zum eindimensionalen Untervektorraum Re i zum Standardvektor e i besteht das

orthogonale Komplement aus allen Vektoren x x i x i+ x n, deren i-ter Eintrag ist Zum eindimensionalen Untervektorraum Rv zu einem Vektor v = a a 2 a n kann man das orthogonale Komplement bestimmen, indem man den Lösungsraum der linearen Gleichung a x + +a n x n = bestimmt Zu einem Untervektorraum U R n, der durch eine Basis (oder ein Erzeugendensystem) v i = a i a in, i =,,k, gegeben ist, bestimmt man das orthogonale Komplement als Lösungsraum des linearen Gleichungssystems x A =, x n wobei A = (a ij ) die aus den v i gebildete Matrix ist Orthonormalbasen Definition 26 Sei V ein K-Vektorraum mit einem Skalarprodukt Eine Basis v i, i I, von V heißt Orthogonalbasis, wenn gilt v i,v j = für i j Definition 27 Sei V ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt, Eine Basis v i, i I, von V heißt Orthonormalbasis, wenn gilt v i,v i = für alle i I und v i,v j = für i j

4 Die Elemente in einer Orthonormalbasis haben alle die Norm und sie stehen senkrecht aufeinander Eine Orthonormalbasis ist also eine Orthogonalbasis, bei der zusätzlich die Normbedingung v i = v i,v i = erfüllt ist Man kann problemlos von einer Orthogonalbasis zu einer Orthonormalbasis übergehen,indem man jedesv i durchdienormierung v i ersetzt v i (da v i Teil einer Basis ist, ist die Norm von verschieden) Lemma 28 Es sei V ein K-Vektorraum mit Skalarprodukt und sei u i, i I, eine Orthonormalbasis von V Dann ergeben sich die Koeffizienten eines Vektors v bezüglich dieser Basis durch v = i I v,u i u i Beweis Da eine Basis vorliegt, gibt es eine eindeutige Darstellung v = j I a j u j (wobei alle a j bis auf endlich viele gleich sind) Die Behauptung ergibt sich somit aus v,u i = a j u j,u i = a j u j,u i = a i j I j I ( 4 Wir werden Orthonormalbasen hauptsächlich im endlichdimensionalen Fall betrachten Im R n ist die Standardbasis eine Orthonormalbasis ( ( ) ( In der( Ebene ) a b a b R 2 ist eine Orthonormalbasis von der Form, oder,, b) a b) a ) ( ) jeweils mit a 2 + b 2 4 = Beispielsweise ist, eine Orthonormalbasis Das folgende Schmidtsche Orthonormalisierungsverfahren erlaubt es, ausgehend von einer Basis eines endlichdimensionalen Vektorraumes eine Orthonormalbasis zu konstruieren Satz 29 Es sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum mit Skalarprodukt und es sei v,v 2,,v n eine Basis von V Dann gibt es eine Orthonormalbasis u,u 2,,u n von V mit für alle i =,,n v,v 2,,v i = u,u 2,,u i Hier bezeichnet den von den Vektoren erzeugten Untervektorraum, nicht das Skalarprodukt

Beweis Die Aussage wird durch Induktion über i bewiesen, dh es wird sukzessive eine Familie von orthonormalen Vektoren konstruiert, die jeweils den gleichen Untervektorraum aufspannen Für i = muss man lediglich v normieren, also durch u = v v ersetzen Sei die Aussage für i schon bewiesen und sei eine Familie von orthonormalen Vektoren u,,u i mit u,,u i = v,,v i bereits konstruiert Wir setzen Dieser Vektor steht wegen w i+ = v i+ v i+,u u v i+,u i u i w i+,u j = v i+ v i+,u u v i+,u i u i,u j = v i+,u j v i+,u k u k,u j v i+,u j u j,u j k i,k j = v i+,u j v i+,u j = senkrecht auf allen u,,u i und offenbar ist u,,u i,w i+ = v,,v i,v i+ Durch Normieren von w i+ erhält man u i+ Beispiel 2 Es sei V der Kern der linearen Abbildung R R, (x,y,z) 2x+y z Als Unterraum des R trägt V ein Skalarprodukt Wir möchten eine Orthonormalbasis von V bestimmen Dazu betrachten wir die Basis bestehend aus den Vektoren Es ist v = und somit ist v = und v 2 = 2 u = v v = der zugehörige normierte Vektor Gemäß dem 2 Schmidtschen Orthonormalisierungsverfahren setzen wir w 2 = v 2 v 2,u u = =, 6 2 2 2 Häufig ist es numerisch geschickter, zuerst nur zu orthogonalisieren und die Normierung erst zum Schluss durchzuführen, siehe Beispiel 2 2 2

6 Es ist und daher ist w 2 = = = 6 6 2 6 u 2 = = 4 6 2 ++ 9 2 = 6 der zweite Vektor der Orthonormalbasis = 6 7 4 7 7 2 = 4 Korollar 2 Es sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum mit Skalarprodukt Dann gibt es eine Orthonormalbasis in V Beweis Dies folgt direkt aus Satz 29 Korollar 22 Sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum mit Skalarprodukt und U V ein Untervektorraum Dann ist V = U U, dh V ist die direkte Summe aus U und seinem orthogonalen Komplement Beweis Aus u U U folgt direkt u,u = und daher u = Somit ist die Summe direkt Sei u,,u k eine OrthonormalbasisvonU,diewirzueinerOrthonormalbasisu,,u n vonv ergänzen Dann ist U = u k+,,u n und somit ist V die Summe aus den Unterräumen Zur folgenden Aussage vergleiche auch Lemma und Aufgabe 29 Korollar 2 Es sei V ein K-Vektorraum mit einem Skalarprodukt, Dann gelten folgende Aussagen () Zu Untervektorräumen U U V ist (2) Es ist = V und V = U U

7 () Sei V endlichdimensional Dann ist ( U ) = U (4) Sei V endlichdimensional Dann ist dim ( U ) = dim(v) dim(u) Beweis Siehe Aufgabe 27 Orthogonale Projektionen Zu einem endlichdimensionalen K-Vektorraum mit einem Skalarprodukt und einem Untervektorraum U V gibt es ein orthogonales Komplement U und der Raum hat die direkte Summenzerlegung V = U U Die Projektion p U : V U längsu heißtdieorthogonale Projektion aufudiesehängtalleinvonu ab, da ja das orthogonale Komplement eindeutig bestimmt ist Häufig bezeichnet man auch die Abbildung V U V als orthogonale Projektion auf U Lemma 24 Es sei V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum mit Skalarprodukt und U V ein Untervektorraum mit einer Orthonormalbasis u,,u m von U Dann ist die orthogonale Projektion auf U durch m p U (v) = v,u i u i gegeben i=

8 Beweis Wir ergänzen die Basis zu einer Orthonormalbasis u,,u n von V Das orthogonale Komplement zu U ist i= U = u m+,,u n Nach Lemma 28 ist ( n m ( n v = v,u i u i = v,u i u i )+ i= i=m+ v,u i u i ) Somit ist m i= v,u i u i die Projektion auf U längs U

Abbildungsverzeichnis Quelle = Kapitolinischer Pythagorasjpg, Autor = Benutzer Galilea auf de Wikipedia, Lizenz = CC-by-sa 2 Quelle = Pythagoras large fontsvg, Autor = Benutzer KaiMartin auf Commons, Lizenz = CC-by-sa 2 Quelle = Orthogonal Decomposition qtlsvg, Autor = Benutzer Quartl auf Commons, Lizenz = CC-by-sa 7 9