Soziale Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland? Ergebnisse aus dem Gesundheitsmonitor Jan Böcken

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Transkript:

Soziale Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland? Ergebnisse aus dem Gesundheitsmonitor Jan Böcken Bertelsmann Fachseminar Gesundheitspolitik, Katholische Akademie Berlin,

Gliederung des Vortrages 1. Einleitung: Soziale Ungleichheit Definition, Wirkungsmodell und Ergebnisse anderer Studien 2. Fragestellungen des Vortrags 3. Methodisches Vorgehen: Omnibus-Befragung 2007 4. Ergebnisse zur sozialen Ungleichheit in der ambulanten medizinischen Versorgung (differenziert nach Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität) 5. Schlussfolgerungen und politische Implikationen Seite 2

Was ist soziale Ungleichheit? Soziale Ungleichheit ist ungleiche Verteilung von als wertvoll geltenden Gütern, die durch die Stellung von Menschen in gesellschaftlichen Beziehungsgefügen zustande kommt (Hradil, 2001). zwei Formen sozialer Ungleichheit - vertikale soziale Ungleichheit: Unterschiede hinsichtlich Bildung, beruflichem Status und Einkommen - horizontale soziale Ungleichheit: Unterschiede hinsichtlich weiterer Merkmale wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Wohnort, Gesundheitszustand, Versicherungsstatus Seite 3

Integratives Erklärungsmodell Soziale Ungleichheit (Unterschiede in Wissen, Macht, Geld, Prestige) Unterschiede in gesundheitlichen Belastungen Unterschiede in Bewältigungsressourcen, Erholungsmöglichkeiten Unterschiede in der gesundheitlichen Versorgung Unterschiede im Gesundheitsverhalten Gesundheitliche Ungleichheit (Unterschiede in Morbidität und Mortalität) (Mielck 2000, 2005)

Integratives Erklärungsmodell Soziale Ungleichheit (Unterschiede in Wissen, Macht, Geld, Prestige) Unterschiede in gesundheitlichen Belastungen Unterschiede in Bewältigungsressourcen, Erholungsmöglichkeiten Unterschiede in der gesundheitlichen Versorgung Unterschiede im Gesundheitsverhalten Gesundheitliche Ungleichheit (Unterschiede in Morbidität und Mortalität) (Mielck 2000, 2005)

Soziale Ungleichheit was wir wissen (nach SVR, 2005) 1. Unterschiede in gesundheitlichen Belastungen (Wohnung, Arbeitsplatz) bei unteren soz. Schichten meistens höher 2. Unterschiede im Gesundheitsverhalten (Rauchen, Bewegung, Ernährung) bei unteren soz. Schichten meistens schlechter 3. Unterschiede in Morbidität überproportional hohe Morbidität bei niedrigem SES (z.b. Herz-Kreislauf- Krankheiten, Diabetes, einige Krebsarten) höhere Schweregrade bei niedrigem SES (z.b. Asthma bei Kindern) aber auch: überproportional hohe Morbidität bei hohem SES (z.b. Allergien, Hautkrankheiten wie Neurodermitis [jeweils bei Kindern]) 4. Unterschiede in Mortalität Menschen aus unteren soz. Schichten sterben früher Und was ist mit Unterschieden in der gesundheitlichen Versorgung? Seite 6

Soziale Ungleichheiten in der ambulanten medizinischen Versorgung Ergebnisse anderer Studien Pro GKV-Versicherte müssen länger auf eine ärztliche Behandlung warten, haben kürzere Gespräche mit dem Arzt, fühlen sich schlechter vom Arzt über Erkrankungen und Behandlungsmöglichkeiten informiert und fühlen sich weniger beteiligt an Entscheidungen (Mielck/Helmert, 2007) untere Einkommensschichten nehmen häufiger Allgemeinärzte und seltener Fachärzte in Anspruch, obwohl sie zumeist kränker sind dies sagt aber nicht zwangsläufig etwas über Qualität aus (Daten aus DHP, zit. n. Mielck, 2000, S. 219) Tiesmeyer et al. (2008) (weniger U1-U19 Untersuchungen sowie Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention für Angehörige der unteren sozialen Statusgruppen Seite 7

Soziale Ungleichheiten in der ambulanten medizinischen Versorgung Ergebnisse anderer Studien (Forts.) Contra ( ) dass insgesamt wenig Unterschiede für eine Über, Unter- oder Fehlversorgung sozial benachteiligter Menschen identifiziert werden konnten (Janßen et al., 2007) Da die Eigenbeteiligungen im internationalen Vergleich nach wie vor gering ausfallen und nicht die grundlegenden Versorgungsleistungen betreffen, ist aber unwahrscheinlich, dass Versorgungsdefizite einen substantiellen Beitrag zur Erklärung der höheren Krankheitslast und vorzeitigen Sterblichkeit in den unteren Statusgruppen leisten (Lampert/Mielck, 2008, S. 13) Seite 8

Fragestellungen (I) Welche sozialen Ungleichheiten sind in der ambulanten Versorgung feststellbar? unabhängige Merkmale: - soziale Schicht - Alter, Geschlecht, Region, GKV/PKV, (Gesundheitszustand) Seite 9

Fragestellungen (II) Welche sozialen Ungleichheiten sind in der ambulanten Versorgung feststellbar? abhängige Merkmale Hausarzt als feste Anlaufstelle Wartezeiten auf Termin bei Hausarzt Wartezeiten auf Termin bei Facharzt Arzt-Patient-Beziehung (Vertrauen in Arzt, Arztverhalten, ausreichende Information, Beteiligung an Entscheidungen, Kommunikation) Dauer des letzten Behandlungsgespräches Wurde Anliegen des Arztbesuches erfüllt Zufriedenheit mit der Arztpraxis insgesamt Verbesserung des Gesundheitszustandes seit der Behandlung Seite 10

Methode postalisch-schriftliche Befragung mit Fragebogen (14 Seiten, davon 2 Seiten zur Gesundheitsversorgung) Stichprobengröße: n = 27.049 (Alter 18 bis 79 Jahre) Population: TNS Healthcare Access Panel (besteht aus 87.064 befragungsbereiten Haushalten mit n = 178.855 Individuen) Einmal pro Jahr wird eine haushaltsrepräsentative Stichprobe (nach den Regionalkriterien Nielsen und BIK) in einer Mehrthemen-Erhebung sogenannter BigScreen auch zum Thema Gesundheit durchgeführt Befragungszeitraum: 27.8.2007 bis 6.11.2007 Seite 11

Ergebnisse Seite 12

Wartezeit auf Termin beim Hausarzt (in Tagen) Als Sie das letzte Mal bei Ihrem Hausarzt einen Termin ausgemacht haben, bei dem Sie auch den Arzt sprechen wollten, wie viele Tage mussten Sie da auf den Termin warten? Unterschicht untere Mittelschicht mittlere Mittelschicht obere Mittelschicht Oberschicht 3,03 2,67 2,51 2,35 2,05 0 1 2 3 4 (n=22.388, p>0,05 (hier: ordinale Regressionsanalyse)) Stärkster Effekt: Alter Seite 13

Wartezeit auf Termin beim Hausarzt (in Tagen) Als Sie das letzte Mal bei Ihrem Hausarzt einen Termin ausgemacht haben, bei dem Sie auch den Arzt sprechen wollten, wie viele Tage mussten Sie da auf den Termin warten? 18-29 30-39 1,99 2,12 Alter 40-49 50-59 2,51 2,61 60-69 70-79 3,38 3,63 0 1 2 3 4 (n=22.951, p<0,001)) Seite 14

Wartezeit auf Termin beim Hausarzt (in Tagen) Als Sie das letzte Mal bei Ihrem Hausarzt einen Termin ausgemacht haben, bei dem Sie auch den Arzt sprechen wollten, wie viele Tage mussten Sie da auf den Termin warten? Ost 4,11 West 2,3 Chroniker 3,32 Nicht-Chroniker GKV PKV 2,18 2,44 2,73 (n=22.951/22.244/22.573; p<0,001) 0 1 2 3 4 5 Seite 15

Wartezeit auf Termin beim Facharzt (in Tagen) Als Sie das letzte Mal bei Ihrem Hausarzt einen Termin ausgemacht haben, bei dem Sie auch den Arzt sprechen wollten, wie viele Tage mussten Sie da auf den Termin warten? West 10,56 Ost 22,27 Gesamt 12,81 (n=22.805; p<0,001) Ein signifikanter Schichteffekt war nicht zu beobachten Seite 16

Arzt als feste Anlaufstelle (Zustimmung in Prozent) Haben Sie einen Hausarzt, zu dem Sie gewöhnlich gehen, wenn Sie krank sind oder einen medizinischen Rat benötigen? chronisch krank 97,8 nicht chronisch krank 87,8 Gesamt 93,8 (n=20.036; p<0,001) Ein signifikanter Schichteffekt war nicht zu beobachten Seite 17

Vertrauen in den Arzt (Mittelwert) Wie sehr vertrauen Sie Ihrem behandelnden Arzt (z.b. hinsichtlich seiner fachlichen Kompetenz, Ehrlichkeit, Gründlichkeit, Verschwiegenheit usw.)? Alter 18-29 30-39 40-49 50-99 60-69 70-79 Gesamt 5,03 5,1 5,15 5,21 5,26 5,27 5,16 (n=26.185; p<0,001) 4 5 6 Ein signifikanter Schichteffekt war nicht zu beobachten Seite 18

Verhalten des Arztes (Mittelwert) In wieweit empfinden Sie das Verhalten ihres behandelnden Arztes Ihnen gegenüber als ausgezeichnet (z.b. Freundlichkeit, nimmt sich Zeit, hört zu usw.)? GKV 5,15 PKV 5,24 Gesamt 5,16 (n=25.792; p<0,001) 3 6 Ein signifikanter Schichteffekt war nicht zu beobachten Seite 19

Ausreichende Information durch den Arzt (Mittelwert) In wieweit fühlen Sie sich von Ihrem Arzt ausreichend informiert (z.b. blieben Fragen offen? Haben Sie alles verstanden?)? Alter 18-29 30-39 40-49 50-99 60-69 70-79 Gesamt 4,94 5,04 5,11 5,17 5,22 5,2 5,11 4 5 6 (n=26.320; p<0,001) Ein signifikanter Schichteffekt war nicht zu beobachten Seite 20

Shared Decision Making (Mittelwert) In wieweit hat der behandelnden Arzt Sie an Entscheidungen hinsichtlich Ihrer Behandlung beteiligt? Alter 18-29 30-39 40-49 50-99 60-69 70-79 Gesamt 4,77 4,85 4,98 5,06 5,1 5,1 4,96 4 5 6 (n=26.202; p<0,001) Es lag ein (schwach) signifikanter Schichteffekt vor Seite 21

Dauer des letzten Behandlungsgespräches (Mittelwert in Minuten) Wie viele Minuten hat das letzte Behandlungsgespräch mit Ihrem Arzt gedauert? GKV 13,65 PKV 15,08 Gesamt 13,86 (n=25.617, p<0,001) Es lag ein (schwach) signifikanter Effekt für die Mittelschichtangehörigen vor Seite 22

Verbesserung Gesundheitszustand (Mittelwert) Inwieweit haben Sie das Gefühl, dass sich Ihr gesundheitliches Befinden durch die Behandlung Ihres Arztes verbessert hat? chronisch krank 4,59 nicht chronisch krank 4,85 Gesamt 4,79 3 6 (n=20.722; p<0,001) Ein signifikanter Schichteffekt war nicht zu beobachten Seite 23

Inwieweit wurde das Anliegen Ihres Arztbesuches erfüllt? (Mittelwert) chronisch krank 5,16 nicht chronisch krank 5,25 Gesamt 5,23 3 6 (n=25.370; p<0,001) Ein signifikanter Schichteffekt war nicht zu beobachten Seite 24

Zufriedenheit mit der Praxis (Mittelwert) Inwieweit sind Sie insgesamt mit dieser Praxis zufrieden? Alter 18-29 30-39 40-49 50-99 60-69 70-79 Gesamt 5,01 5,08 5,15 5,22 5,29 5,3 5,16 4 5 6 (n=26.192; p<0,001) Es lag ein (tendenziell) signifikanter Effekt für die Unterschichtangehörigen vor Seite 25

Zusammenfassung und Fazit 1. Bis auf sehr schwache Effekte bei SDM, Länge des Behandlungsgespräches und der Zufriedenheit mit der Praxis war kein signifikanter Zusammenhang zwischen Schicht und Versorgungsqualität feststellbar. 2. Im Bereich der horizontalen Ungleichheit war der Einfluss des Merkmals Alter am häufigsten zu beobachten, gefolgt von der Kassenzugehörigkeit und dem Gesundheitszustand. 3. Der Kausalzusammenhang bleibt bei einigen Merkmalen Spekulation (Sind alte Menschen nur generell zufriedener oder werden sie auch besser behandelt?). Bei anderen Merkmalen ist der Zusammenhang politisch nicht zu beeinflussen (Der Gesundheitszustand chronisch kranker Menschen ist schwer zu verbessern). 4. Die Ergebnisse zumindest zu den Merkmalen Kassenzugehörigkeit, Region und teilweise Alter beinhalten durchaus brisante Details für die gesundheitspolitische Diskussion. Allerdings sollte diese im ambulanten Bereich nicht an dem Merkmal Schicht allein festgemacht werden. Seite 26

Fragen und Anregungen zur Diskussion Sind die Unterschiede bei den einzelnen abhängigen Merkmalen als relevant zu betrachten? An welchen anderen Merkmalen sollte Versorgungsqualität gemessen werden? Inwieweit ist das ethisches Prinzip der Gleichheit und Bedarfsgerechtigkeit (Personen mit gleichem Bedarf sollten die Chance auf eine gleiche Behandlung haben) in Frage zu stellen? Wird der Leitsatz Gleiche Versorgung für alle der Komplexität des Versorgungsgeschehens und der ungleichen Bedürfnisse von Patienten gerecht? Wenn die Unterschiede in der Versorgung eher gering und die gesundheitliche Ungleichheit (Morbidität und Mortalität) gleichwohl hoch ist, muss dann nicht zwangsläufig ein stärkeres Gewicht auf Setting-Ansätze außerhalb der klassischen ärztlichen Versorgung gelegt werden? Was müsste zukünftig getan werden, um gesundheitliche Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung zu verhindern (wirksame Strategien, Anreize und Ressourcen)? Seite 27

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Jan Böcken