Entspannung an der Côte d Azur

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Transkript:

Entspannung an der Côte d Azur Der chronisch überstrapazierte Pädagogikstudent P schlägt der ihm wohlbekannten Jurastudentin J vor, zur Entspannung alsbald an der Côte d Azur zu promenieren. J fehlen noch die mondänen Accessoires. Darum erwirbt sie bei Optiker O eine Oakley-Brille, Modell Julliet mit einem objektiven Wert von 300 zum Preis von 320. Sie zahlt zwar den Kaufpreis, vereinbart aber mit O, die Brille, sollte sie sich damit unwohl fühlen, ohne Begründung innerhalb von einer Woche zurückgeben zu können. Als J dem P am nächsten Tag die Brille mit der Bitte übergibt, er möge sie so lange halten, bis sie ihre Haare in einen die Brille dezent hervorhebenden Zustand versetzt habe, entgleitet seiner zitternden Hand unglücklich die glimmende Zigarette. Dabei wird die Verspiegelung der Brille beschädigt. Die beschädigte Brille hat noch einen Wert von 210. Der klamme P rät J, nun schnell zurückzutreten und die 320 zurückzuerhalten. J erklärt daher gegenüber O den Rücktritt und verlangt die 320 heraus. Zu Recht? Lösungsskizze J kann gegen O einen Anspruch auf Rückgabe der 320 gemäß 346 I BGB haben. A. Anspruch entstanden? I. Rücktrittserklärung gemäß 349 BGB (+) II. Rücktrittsgrund (+), J kann nach dem Vertrag ohne Begründung zurücktreten => vertragliches Rücktrittsrecht III. Fristgerecht (+) => Rechtsfolge: 346 I BGB, Herausgabe der 320. B. Anspruch erloschen? Rechtsvernichtende Einwendungen (-) C. Anspruch durchsetzbar? Einreden des O? Zug-um-Zug Einrede aus 348, 320 BGB I. Anspruch des O auf Rückübereignung der Brille aus 346 I BGB (+) II. Anspruch des O auf Wertersatz aus 346 II BGB 1. Begründung des Wertersatzanspruchs Verschlechterung der Brille durch deren Beschädigung gemäß 346 II Nr. 3 BGB (+) 1

2. Umfang des Wertersatzanspruchs gemäß 346 II BGB Gemäß 346 II S. 2 BGB ist die Gegenleistung (hier: der Kaufpreis) zugrunde zu legen. Zu ersetzen ist also nicht nur der objektive Wertverlust von 90. Vielmehr ist der objektive Wertverlust entsprechend dem Verhältnis des objektiven Wertes von 300 zum vereinbarten Kaufpreis von 320 heraufzusetzen. Der Wertersatzanspruch beträgt damit 90 x 320 /300 = 96. 3. Ausschluss des Wertersatzanspruchs gemäß 346 III Nr. 3 BGB J übt ein vertragliches Rücktrittsrecht aus. 346 III Nr. 3 BGB gilt aber von vornherein nur für den gesetzlichen Rücktritt. (-) III. Anspruch 346 IV, 280 I BGB (Anm: Die Frage, ob bei Schadensersatzansprüchen aus 346 IV, 280 ff. BGB die Einrede aus 273 BGB oder aus 348, 320 BGB folgt, ist umstritten. Die besseren Argumente sprechen für eine Einrede aus 348, 320 BGB, weil auch die Schadensersatzpflicht eine sich aus dem Rücktritt ergebende Verpflichtung ist, so auch Gaier, in: MünchKomm-BGB, 348 Rn. 1; a.a. aber gerade in der vorliegenden Konstellation gut vertretbar, da die Pflichtverletzung vor dem Entstehen des Rückgewährschuldverhältnisses liegt). 1. Schuldverhältnis Ein Rückgewährschuldverhältnis aus 346 I BGB bestand im Zeitpunkt der Beschädigung der Brille nicht, da der Rücktritt noch nicht erklärt war. Deshalb kann J auch keine Pflicht des Rückgewährschuldverhältnisses verletzt haben. Als Schuldverhältnis kommt somit nur der Kaufvertrag zwischen J und O in Betracht. 2. Pflichtverletzung Hier kann eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht aus 241 II BGB verletzt worden sein. Aufgrund der vertraglichen Rücktrittsvereinbarung musste J jederzeit mit der Rückabwicklung des Vertrages rechnen. Sie war daher verpflichtet, sich durch sorgfältigen Umgang mit der Brille die Möglichkeit zur jederzeitigen mangelfreien Rückgewähr zu erhalten. Da es sich um eine vertragliche Vereinbarung handelt, greift die Beschränkung der Sorgfaltspflicht auf das eigenübliche Maß gem. 346 III Nr. 3 BGB nicht ein. Es fragt sich jedoch, ob J die Pflicht zum sorgfältigen Umgang tatsächlich verletzt hat. a) Eigene Pflichtverletzung der J (-); die Aushändigung der Brille an P zur Aufbewahrung kann noch nicht als Pflichtverletzung gewertet werden (anders, wenn Sache z.b. einem Kleinkind oder einer nicht zurechnungsfähigen Person ausgehändigt wird). b) J kann das Verhalten des P gemäß 278 BGB zuzurechnen sein. 2

(Anm.: 278 BGB ist keine Anspruchsgrundlage, sondern regelt die Zurechnung des Verhaltens von Hilfspersonen. Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift wird nicht nur das Verschulden zugerechnet, sondern auch die Pflichtverletzung selbst). aa) Dazu muss P Erfüllungsgehilfe der J i.s.d. 278 BGB gewesen sein. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Schuldners in dessen Pflichtenkreis tätig wird. J hatte P die Brille zur Aufbewahrung übergeben. Damit war P für diesen Zeitraum mit ihrem Einverständnis für die Einhaltung der vertraglich übernommenen, nicht leistungsbezogenen Pflichten zuständig. Er war Erfüllungsgehilfe der J. bb) P muss in Erfüllung einer Verbindlichkeit gehandelt haben. Er hat die Brille für J aufbewahrt und damit in ihrem Pflichtenkreis gemäß 241 II BGB gehandelt. cc) Weiterhin muss P eine Pflicht i.s.d. 241 II BGB verletzt haben. P ist in gefährlicher Weise mit der Brille umgegangen. Er hat damit die Verpflichtung, die Brille im mangelfreien Zustand für die jederzeitige Rückgabe zu erhalten, verletzt. 3. Zurechnung eines Verschuldens des P gemäß 278 BGB. Gem. 276 BGB hat der Schuldner bzw. der Erfüllungsgehilfe Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit, die zum Schadenseintritt führen, zu vertreten. P hätte sich der Gefahr, die für die Brille aus dem Zusammenspiel seiner zitternden Hand mit der glimmenden Zigarette erwächst, bewusst werden und die Brille ohne weiteres an einen besser geschützten Ort verbringen können. Somit handelte er fahrlässig i.s.d. 276 BGB. Dieses Verschulden ist der J gemäß 278 S. 1 BGB als eigenes zuzurechnen. 4. Rechtsfolge: O hat gegen J einen Schadensersatzanspruch aus 280 I, 278 BGB. Zu ersetzen ist der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden. Ohne die Pflichtverletzung wäre J zur Rückgabe der Brille in unbeschädigtem Zustand in der Lage gewesen. Zu ersetzen ist damit die Differenz zwischen dem Wert der Brille in mangelfreiem Zustand im Zeitpunkt des Rücktritts und dem tatsächlichen Wert der Brille. Diese Differenz beträgt 90. Den Schadensersatzanspruch kann O dem Herausgabeanspruch der J aus 346 I BGB einredeweise entgegenhalten. D. Ergebnis J kann von O die Rückzahlung der 320 Zug um Zug gegen Rückgabe der Brille sowie Wertersatz i.h.v. 96 bzw. Schadensersatz i.h.v. 90 verlangen. I.H.v. 96 können J und O gem. 387 BGB aufrechnen. (Anmerkung: zum Verhältnis von Aufrechnung und Zurückbehaltungsrecht aus 273 BGB vgl. Krüger, in: MünchKomm-BGB, 273 Rn. 75). 3

Abwandlung: Wie Ausgangsfall. Allerdings ist die Brille ein Imitat, das nur einen Wert von 100 hat. Infolge der Beschädigung des Glases ist die Brille noch 70 wert. A. Wie im Ausgangsfall hat J nach der Erklärung des Rücktritts einen Anspruch gegen O auf Zahlung von 320 aus 346 I BGB. B. Der Anspruch ist nicht erloschen. Ihm könnte aber eine Einrede aus 348, 320 BGB entgegenstehen. I. Gegenanspruch des O aus 346 II Nr. 3 BGB? Anspruch besteht grundsätzlich, s.o. Fraglich ist Höhe. Zugrunde zu legen ist gemäß 346 II 2 BGB der Kaufpreis. Dies kann bei einer mangelhaften Sache bedeuten: a) Kaufpreis abzüglich des mangelbedingten Minderwertes (so Palandt/Heinrichs, 346 Rn. 10). Hier ist die Brille statt 300 in mangelfreiem Zustand nur 100 wert. Der mangelbedingte Minderwert beträgt somit 200 (300-100 ). Für die Berechnung des Wertersatzanspruchs wäre damit von einem Wert von 320-200 = 120 auszugehen. b) Berechnung nach Minderungsgrundsätzen analog 441 III BGB, d.h. der Kaufpreis ist im Verhältnis herabzusetzen, in welchem zum Zeitpunkte des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde (so die ganz h.a., vgl. Gaier, in MünchKomm-BGB, 346 Rn. 47 => 320 X 100/300 = 106,66 c) Folgt man der herrschenden Ansicht, ergibt sich für die Höhe des Wertersatzes für die objektive Wertminderung in Folge der Beschädigung des Glases von 30 (100-70 ) 30 x 106,66 /100 = 32. Dies entspricht der unmittelbaren Rechnung 30 x 320 /300 = 32 II. Gegenanspruch des O aus 280 I BGB? (+), s.o.; der Schaden beträgt 30. 4

Immer Ärger mit der Sonnenbrille A kauft im Geschäft des O eine Sonnenbrille für 5.000, weil diese von Robbie (R), seinem erklärten Popidol, stammt. Als A wenige Tage später erfährt, dass R die Sonnenbrille niemals getragen hat, ruft er wutentbrannt bei O an und teilt diesem mit, er werde die Brille am nächsten Tag zurückbringen und sein Geld zurückfordern. Da am selben Tag die Junisonne so freundlich vom Himmel lacht, setzt A die Brille noch rasch zu seiner täglichen Joggingrunde im angrenzenden Park auf. Dabei bleibt ihm die Brille durch Unachtsamkeit unglücklich an einem Ast hängen. Sie fällt zu Boden und wird völlig zerstört. Die Brille wurde tatsächlich nie von R getragen und hatte daher einen objektiven Wert von 50. A verlangt von O Rückzahlung der 5.000. O hingegen will wenigstens 50 haben. Lösungsskizze A kann gegen O einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i.h.v. 5.000 gemäß 346 I BGB i.v.m. 437 Nr. 2, 326 V, 323 BGB haben. A. Anspruch entstanden I. A hat gemäß 349 BGB den Rücktritt erklärt. II. Rücktrittsgrund gemäß 437 Nr. 2, 326 V, 323 BGB 1. Wirksamer Kaufvertrag (+) 2. Mangelhaftigkeit der Brille. Ein Sachmangel liegt vor, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, 434 I 1 BGB. Nach der Vereinbarung sollte es sich um eine Brille handeln, die früher von R getragen wurde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Brille fehlt eine vereinbarte Beschaffenheit => Sachmangel (+) 3. Erfolgloser Ablauf einer dem Verkäufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung? An sich (-). Aber Entbehrlichkeit der Fristsetzung gemäß 326 V BGB. Bei der Brille handelt es sich wegen der vereinbarten Beschaffenheit um eine Stückschuld. Die Nacherfüllung gemäß 439 BGB ist jedenfalls hier gemäß 275 I BGB unmöglich. => Fristsetzung entbehrlich (zum Problem der Unmöglichkeit der Nacherfüllung bei einer Stückschuld vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rn. 505 f.). 4. Der Rücktritt ist nicht vertraglich oder gemäß 326 V 2. HS, 323 V S. 2, VI BGB ausgeschlossen. Der Untergang der Brille führt nach neuem Recht nicht zum Ausschluss 5

der Rücktritts, sondern zur Wertersatzpflicht. (Vgl. demgegenüber zum alten Recht 350 BGB a.f.). III. Unwirksamkeit des Rücktritts bei Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs gemäß 438 IV I, 218 BGB (-) B. Anspruch durchsetzbar Zug-um-Zug Einrede gemäß 348, 320 BGB. O könnten Gegenansprüche gegen A zustehen. I. Anspruch auf Rückgabe der Brille gemäß 346 I BGB (-) Die Brille ist völlig zerstört, so dass ein Anspruch auf Rückübereignung der Brille gemäß 346 I, II BGB ausscheidet. (Es nicht erforderlich, für den Wegfall der Pflicht auf 275 BGB abzustellen. Bereits 346 II 1 BGB substituiert die Rückgewährpflicht : statt der Rückgewähr ). II. Anspruch auf Wertersatz gemäß 346 II BGB (-) 1. Begründung gemäß 346 II Nr. 3 BGB (+) 2. Aber Ausschluss gemäß 346 III Nr. 3 BGB (+). A hat die Brille nur leicht fahrlässig beschädigt und insofern diejenige Sorgfalt beobachtet, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt ( diligentia quam in suis, 277 BGB). III. Anspruch auf Schadensersatz gemäß 346 IV, 280 I, III, 283 BGB 1. Schuldverhältnis: Rückgewährschuldverhältnis aus erklärtem Rücktritt gemäß 346 I BGB (+) 2. Pflichtverletzung gemäß 280 I BGB: Nichtleistung der Brille (+) 3. A ist die Rückgabe der Brille gemäß 275 I BGB unmöglich geworden. Die Voraussetzungen des 283 BGB liegen somit vor. 4. Vertretenmüssen a) Wird gemäß 280 I 2 BGB vermutet. b) Maßstab: 346 III Nr. 3 BGB gilt im Rahmen des 346 IV BGB nicht => 276 BGB => leichte Fahrlässigkeit => Vertretenmüssen (+) O hat gegen A einen Rückzahlungsanspruch aus 346 IV, 280 I, III, 283 BGB i.h.v. 50. 5. Fraglich ist aber, ob O diesen Anspruch gemäß 348, 320 BGB dem Zahlungsanspruch des A entgegenhalten kann. Zweifelhaft ist bereits, ob die Geltendmachung der Einrede nicht deshalb gemäß 242 BGB treuwidrig ist, weil die 50 nur 1 % der Gegenforderung von 5000 ausmachen. Vor allem aber könnte O gemäß 387 I BGB aufrechnen und damit die Gegenforderung zum Erlöschen bringen, 389 BGB. Er hat deshalb kein anerkennenswertes Bedürfnis, sich auf die Einrede gemäß 320 BGB zu berufen. Die 6

Berufung auf 348, 320 BGB ist gemäß 242 BGB treuwidrig. (Vgl. zu diesem Problem unter dem Gesichtspunkt des 273 BGB auch Krüger, in: MünchKomm-BGB, 273 Rn. 75). 6. Die Berufung auf die Einrede kann jedoch gemäß 140 BGB in die Erklärung der Aufrechnung umgedeutet werden. Die Voraussetzungen der Aufrechnung gemäß 387 ff. BGB liegen vor. Die Forderung des A ist daher gemäß 389 BGB i.h.v. 50 erloschen. A kann von O Rückzahlung des nicht durch Aufrechnung erloschenen Kaufpreises i.h.v. 4.950 verlangen. 7