Wenn Angehörige in der Betreuung und Pflege mitbestimmen. März 2015 Dr. phil. Bettina Ugolini

Ähnliche Dokumente
Angehörige als zentraler Partner in der Langzeitpflege. gemeinsam für eine gute Lebensqualität

Angehörigen begegnen ein Perspektivenwechsel

Ich lasse Dich gehen

STAPFEN SONNENWEG LILIENWEG WITSCHI HUUS HESSGUT. Leitbild extern

Angehörige und Pflegekräfte auf dem Weg zu einem partnerschaftlichen Miteinander

1. Emotionale Belastung Grundannahme Für die meisten Angehörigen stellt sowohl das Erleben der Krankheit und Pflegebedürftigkeit ihres

Vitalis Wohnpark Bad Essen

L E I T B I L D. des Alten- und Pflegeheimes St. Marienhaus, Bad Säckingen

Jede Arbeit bzw. jeder Dienst im Haus soll entsprechende Wertschätzung und Anerkennung erfahren.

Ergebnisse eines umfassenden Dialogs zwischen Pflegenden, Zupflegenden und deren Angehörigen

Angehörigenberatung. Seite 1

Die Stiftung 3. Leitbild 4. Wir begegnen In allen unseren Leistungen Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter... 7

Nachbarschaft neu entdecken ein Projekt von Belvita. Gesundheit. Willkommen zu Hause.

Angehörige im Spannungsfeld zwischen Belastung und Entlastung

Pflegende Angehörige zwischen Wunsch und Verpflichtung

Freiwilligenarbeit herzlich, engagiert, wertvoll

Herausforderndes Verhalten Herausforderung für das Management? 1. St.Galler Demenz-Kongress 27. November 2013 Yvonne Blättler-Göldi, MSc

unser pflegeleitbild bezirkskrankenhaus reutte unsere grundsätze & unsere werte

Das Martinsheim ist ein öffentliches Altenund Pflegeheim. Wir sind konfessionell und politisch neutral.

Lebensqualität auch für Demenzkranke?

Beziehung heißt das Zauberwort

Spannungsfeld pflegende Angehörige- Pflege Die Angehörigen als bessere Pfleger? Wilfried Schnepp

Qualität in der Langzeitpflege aus Sicht der pflegebedürftigen Menschen

SCHWYZER ROTES KREUZ. Im Alter zu Hause leben wir unterstützen Sie Entlastung und Unterstützung zu Hause

Beschwerdemanagement eine Chance zum Lernen für alle Kornelie Rahnema

Angehörige: Unterstützung oder Herausforderung

Pflegeleitbild. ASB KV Schwäbisch Hall-Gaildorf. Dienststellen: Seniorenwohnpark Hohenlohe. Seniorenpark Michelbach. Seniorenpark Gründelhardt

Individuen Interessen Interaktion

Konzept Freiwilligenarbeit. Alterswohnheim Bodenmatt Malters

Verein Evangelische Pflegeheime St.Gallen. Leitbild der Evangelischen Pflegeheime

Leitbild. Oberi Bäch. Haus für demenzkranke Menschen

m a i s o n d e s o i n s Leben im Alter lebenswert gestalten

Die Sonnweid ist ein besonderer Ort.

z'mitts drin Menschen mit einer geistigen und mehrfachen Behinderung stehen in der SSBL im Zentrum.

Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach 5 SGB XI

Schnittstellen der Systeme und der Interdisziplinarität Theoretische Betrachtungen, Praxisbeobachtungen, Ansätze.

Eine Schöne Zeit erleben

+ Was erwartet Sie? Vom Schuldgefühl zur Verantwortung Angehörige im Spannungsfeld von Kontrolle und Hilflosigkeit

Zertifizierung in Palliative Care im Pflegeheim in der Schweiz. Beatrice Schär

Checkliste Palliative Care in der Gemeinde

Individuen Interessen. Interaktion

«Pflegende Angehörige brauchen eine Auszeit» Christine Egerszegi-Obrist Ständerätin

Kultursensible Versorgung Cultural Sensitive Care Kültür duyarli bakim hizmeti. Leonardo Project

Leitbild. Pflegekreis Wilnsdorf e.v.

Hilfe zur Selbsthilfe. Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige demenzkranker Menschen

Roger Schmidlin verheiratet, 3 Töchter: Maria (21) und Julia (17) Pflegetochter Leona (3) Erwachsenenbildner SVEB Coach und Supervisor EASC

Prinzip Nachhaltigkeit PädagogischeÜberlegungen zum professionellen Selbstverständnis von Jugendsozialarbeit an Schulen

LEITBILD LANDRATSAMT GÖPPINGEN

Wir machen uns stark für Menschen mit Krebs

Mein Zuhause. Hausgemeinschaft St. Barbara

Universitätsmedizin Göttingen Georg-August-Universität Göttingen Pflegedienst der UMG

Leitbild der. Weserland-Klinik Bad Hopfenberg

Pflegeheim Am Nollen Gengenbach

Krisenintervention bei Menschen mit geistiger Behinderung.

Berufsspezifische Kompetenzfeststellung für: Kompetenzfeststellung durchgeführt durch:... Name: Vorname: NIQ-Chiffre : Geburtsdatum: Geschlecht: m

Grundbegriffe klären, Themenfeld abstecken. Auseinandersetzng mit Kulturalität in der. Transkulturelle pflegeethische Prinzipien

Unsere Vision zieht Kreise... Das Leitbild der NÖ Landeskliniken-Holding.

Pflege in Baden-Württemberg

Pflegeberatung, ein Ansatz zur psychischen Entlastung

Qualitäts-Leitbild der Kreisschule Lotten (eingesetzt am 13. Februar 2006; überarbeitet Februar 2015)

Landratsamt Traunstein Papst-Benedikt-XVI.-Platz Traunstein Soziales und Senioren

Befragung der Mitarbeitenden

Man kann nicht immer nur lächeln! Konflikte und Aggressionen in der Pflege

Leitbild Schule Teufen

ZUR PFLEGE ALTER MENSCHEN AUS SICHT DER ANGEHÖRIGEN

Leitbild. Regionales Pflegezentrum Baden AG

Altersleitbild der Gemeinde Egg (angepasst per ) Lebensqualität im Alter

Migrationssensitive Palliative Care: Leitlinien, Anamnese Tool und Erfahrungen in der Praxis

Angehörigen Support in der Institution, Gemeinde und Region Frutigland

Stadt Bern Direktion für Bildung Soziales und Sport. Sozialamt. Leitbild

Soziales Zentrum Sankt Josef

PORTRÄT MEHR LEBENSQUALITÄT FÜR MENSCHEN MIT EINER BEHINDERUNG

Creative Digital Health

Generationenübergreifendes Arbeiten mit Kindern und Senioren

Familien mit einem behinderten Kind

Lebenswert leben auch mit (Alzheimer-)Demenz

Das ist uns wichtig. Leitbild in Leichter Sprache. 1. Kapitel Menschen sind das Wichtigste

Gabriele Marty, 12. November 2016, Oberwil. «Baselland wird älter» was sind die Herausforderungen?

Unser Bild vom Menschen

Psychobiographisches Pflegemodell nach Prof. Erwin Böhm. ein Blick in die Zukunft Erstellt von: G. Burket 2014

Leitsatz: Ein Kind ist kein Gefäß das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will (Francois Rabelais Humanist, Arzt, Mönch)

Die Würde des Menschen ist unantastbar Eine Herausforderung moderner Palliativmedizin

Handreichung und Dokumentationshilfe zur Beschwerdebearbeitung

LEITBILD PRIMARSCHULE JENS

Leitbild. Bifang Bifangstrasse 8 Telefon Wohn- und Pflegezentrum Wohlen 5610 Wohlen AG Fax

BRÜCKE e.v. Augsburg. Leitbild. Die BRÜCKE in 10 Sätzen. 1. Wir sind Teil einer Reformbewegung. 2. Wir setzen gesetzliche Vorgaben um

Sterbeorte in unserer Gesellschaft: Ideal und Wirklichkeit

Herzlich Willkommen zur Angehörigeninformation 7. November 2016

Allein lebende Menschen mit Demenz. Helga Schneider-Schelte

Zertifikatskurs Brückenbauer Experte / Expertin für den Übergang Kindertagesstätte Grundschule. Gudrun Zimmermann Schulartbeauftragte Grundschulen

Interkulturelle Kompetenz der (nephrologischen) Pflege

Relationship based care Erfahrungen im Gesundheitsbezirk Bozen Konrad Tratter

Perspektiven für die Zukunft

Angehörigenbetreuung auf der Intensivstation

MitarbeiterInnenmit pflegebedürftigen Angehörigen: Tabu im Job?

YSQ-S1. 2. Im Allgemeinen gab es in meinem Leben niemanden, der mir Wärme oder Halt gab oder mir seine Zuneigung gezeigt hat.

Adipositas Erfolgsfaktor Arzt-Patienten-Beziehung

Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen

Begleitung im Sterben, Hilfe zum Leben Ein Plädoyer für eine hospizliche Kultur. Berlin, November 2015

Transkript:

Wenn Angehörige in der Betreuung und Pflege mitbestimmen

Die Angehörigen: keine homogene Gruppe grosse Unterschiede im Alter Unterschiede im Verwandtschaftsgrad Unterschiede in der Betroffenheit Unterschiede in der Beziehungsqualität

Bedeutung der Angehörigen für die Institution Sie sind neben den BewohnerInnen die wichtigste Informationsquelle für die Institution Sie sind ganz häufig bereits ExpertInnen in der Pflege und Betreuung und damit eine grosse Ressource für die Institution Sie tragen das Bild und den Ruf der Institution in die Öffentlichkeit

Bedeutung der Angehörigen für die Bewohner Sie sind das Bindeglied zwischen eingeschränkter Lebenswelt Heim und der früheren Welt draussen Sie bedeuten emotionale Sicherheit durch die Kontinuität der Beziehung Sie sind eine Brücke zur Vergangenheit Sie ermöglichen das Erleben von Vertrautheit und Verstanden werden

Situation der Angehörigen Angehörige erleben viele belastende Momente wenn Pflegebedürftigkeit eintritt Angehörige stehen vor einigen Herausforderungen rund um den Heimeintritt Angehörige müssen sich an das Leben im Heim gewöhnen Angehörige spielen eine besondere Rolle für die Bewohner Angehörige bringen viel Belastendes mit Angehörige haben unterschiedliche Motive für ihr Kommen

Konfliktquellen zwischen Angehörigen und professionell Pflegenden Familiales und professionelles Versorgungs-System folgen einer anderen Logik Alter, Geschlecht und Bildung Unklarheiten in der Aufgabenteilung und Verantwortlichkeit Unzufriedenheit mit der Qualität und der Angemessenheit der Pflege Mangelnde Information

Folgen mangelnder Integration Missverständnisse auf beiden Seiten Konkurrenzgedanken Vorurteile Fühlen sich als Störfaktor Gefühle von Bedeutungslosigkeit keine Kontrolle haben Nicht gehört werden Grenzen erfahren im Teilen von Pflege mit den Professionellen Sich ausgeschlossen fühlen; Gefühle von Machtlosigkeit In konstanter Angst (Beängstigung; Verunsicherung) zu leben

Mögliche Wünsche & Erwartungen von Angehörigen Das subjektive Erleben bestimmt die Erwartungen mit Offene Information auch über negative Veränderungen Soziale und emotionale Unterstützung Freundlichkeit, Verständnis und Gesprächsbereitschaft Sie möchten spüren, dass Fachkräfte ihnen zur Seite stehen wollen

Kurzfristige Hilfestellungen für Angehörige Übernahme der Pflege Nachträgliche Anerkennung der geleisteten Pflegetätigkeit Verständnis und Bestätigung für die Entscheidung zum Heimeintritt Aufklärung über geistige, psychische und physische Veränderungen der Bew. Verständnisvolle und einfühlsame Gespräche über die Änderungen in der Beziehung zwischen Bew. und Angehörigen

Langfristige Entlastung der Angehörigen Angehörigenarbeit als eine Form der Beziehungsarbeit, die beiden Beziehungspartnern ein gewisses Engagement abverlangt es sollte mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen ein Umfeld geschaffen werden, in dem Beziehungserlebnisse für Angehörige, Bewohner und MA möglich sind

Von der Schnittstelle zum Dialog Bewohner/-in Institution Angehörige

Nebeneinander statt miteinander Berührungspunkte zufällig Informationsmanagement nicht definiert Erwartungen gegenseitig nicht geklärt Zuständigkeiten nicht definiert Unklare Aufgabenteilung Angehörigenintegration nicht zielorientiert Ungeklärte Situationen werden nicht gelöst

Dialog im Dreieck Institution Angehörige Bewohnerin Gemeinsame Ziele Erwartungen sind geklärt Integration Angehörige ist definiert Koordinierte Betreuung ist sichergestellt Angepasstes Informationsmanagement

Voraussetzungen Institution anerkennt die Angehörigen als zentrale Partner Institution ist bereit, für die Angehörigenarbeit die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen Institution ist willig und fähig einen Kultur-wandel einzugehen Institution lebt eine nachhaltige und ganzheitliche Qualitätskultur keine Feuerwehrübungen Angehörige bringen sich ein

Eine ganzheitliche Angehörigenarbeit leben heisst: Sich in Frage stellen lassen können Offen sein für Neues Lösungen gemeinsam aushandeln Gegenseitige Bedürfnisse ernst nehmen Gegenseitiger Respekt und Toleranz

Wie Institutionen der Alterspflege wertschätzend mit Wünschen, Anliegen und Beschwerden von Angehörigen umgehen können- ein Leitfaden

Voraussetzung für ein Beschwerdemanagement Kulturelle Vorrausetzungen Leitbild Fehlerkultur Information und Reflexion Strukturelle Voraussetzungen Vernetzung des Beschwerdemanagements mit anderen Organisationsprozessen

Prozess Beschwerde stimulierung Beschwerdeannahme Beschwerdebeantwortung Bewohner Wert - schätzung Angehörig e Mit arbeitende Beschwerde- bearbeitung

Ich wünsche Ihnen ganz viel positive Erfahrungen und den Mut die Dinge anzugehen! Verstandene Angehörige werden zu verständnisvollen Angehörigen Danke für Ihre Interesse