Die fehlerhafte Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen bei der GmbH

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Transkript:

Die fehlerhafte Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen bei der GmbH Eine Untersuchung der rechtlichen und praktischen Konsequenzen der fehlerhaften Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen und Rechtsschutzmöglichkeiten hiergegen unter Zugrundelegung der Voraussetzungen und Folgen der wirksamen Zwangseinziehung Dissertation von Tara Kamiyar-Müller zur Erlangung des akademischen Grades doctor iuris (Dr. iur.) vorgelegt dem Fakultätsrat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Gutachter: 1. Gutachter (Referent): Prof. Dr. Walter Bayer Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller- Universität Jena, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Privat- und Versicherungsrecht und Internationales Privatrecht 2. Gutachter (Koreferent): Prof. Dr. Jochem Reichert Honorarprofessor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena 3. Prüfer: Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Günter Jerouschek M.A. Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller- Universität Jena, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Strafrechtsgeschichte, seit 1. Oktober 2015 im Ruhestand Disputation: Friedrich-Schiller-Universität Jena am 5. November 2015

Inhaltsverzeichnis Einleitung... 1 Teil 1. Voraussetzungen und Durchführung der Zwangseinziehung... 7 A. Voraussetzungen der Zwangseinziehung... 7 I. Anforderungen des 34 GmbHG... 7 1. Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung... 7 a) Überblick... 7 aa) Ausdrückliche Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung... 7 bb) Voraussetzungen des 34 Abs. 2 GmbHG... 8 cc) Entbehrliche Regelungen... 8 b) Zeitpunkt der Zulassung... 9 aa) Zulassung vor Eintritt in die Gesellschaft... 9 bb) Nachträgliche Zulassung... 9 (1) Allgemeine Grundsätze... 9 (2) Erforderliche Abstimmungsmehrheit... 10 (a) Erste Ansicht: Einstimmigkeitserfordernis... 10 (b) Zweite Ansicht: Eingeschränkte Wirkung bei Dreiviertelmehrheit... 11 (3) Personenbezogener Wirkungskreis der nachträglichen Zulassung... 12 (a) Alt- und Neugesellschafter... 13 (b) Dinglich Berechtigte... 14 (4) Stellungnahme zu (2) und (3)... 14 2. Regelung der Einziehungsgründe... 17 a) Konkrete Einziehungsgründe... 17 b) Generalklauselartige Einziehungsgründe... 18 c) Der wichtige Grund als generalklauselartiger Einziehungsgrund... 19 d) Zwangseinziehung nach freiem Ermessen ( Hinauskündigungsklauseln )... 22 aa) Inhalt und Anwendungsbereich... 22 bb) Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln... 22 (1) Nichtigkeit gemäß 138 Abs. 1 BGB... 22 (2) Sachliche Rechtfertigung für Hinauskündigungsklauseln... 23 cc) Rechtsfolgen unwirksamer Hinauskündigungsklauseln... 25 3. Beachtung der Kapitalaufbringungs-/Kapitalerhaltungsvorschriften... 26 I

II. Zwangseinziehung als Ultima Ratio?... 29 1. Ansichten in Rechtsprechung und Lehre... 29 2. Stellungnahme... 30 III. Verwirkung des Einziehungsrechts... 31 1. Allgemeine Grundsätze... 32 2. Tendenzen in der Rechtsprechung... 33 B. Durchführung der Zwangseinziehung... 34 I. Allgemeine Grundsätze... 34 1. Erforderlichkeit eines Einziehungsbeschlusses... 34 a) Zuständigkeit... 34 aa) Gesellschafterversammlung... 34 bb) Delegation auf andere Gesellschaftsorgane... 34 b) Statutarische Zwangseinziehung... 35 aa) Streitstand im Schrifttum... 35 bb) Stellungnahme... 37 2. Einziehungsverfahren... 38 II. Einberufung der Gesellschafterversammlung... 38 1. Überblick... 38 2. Zuständigkeit... 40 3. Teilnahmerecht... 41 4. Ladungsfrist... 42 a) Allgemeine Grundsätze... 43 b) Fristbeginn... 43 c) Fristende... 44 5. Formelle Anforderungen... 46 a) Erkennbarkeit des Verfassers... 46 b) Erforderlichkeit einer Unterschrift?... 46 c) Besonderheit bei der Einladung teilnahmeberechtigter Dritter... 47 6. Inhaltliche Anforderungen... 47 a) Bestimmtheitsgebot... 47 b) Angabe von Versammlungstermin und Versammlungsort... 48 c) Zwangseinziehung als Tagesordnungspunkt... 49 aa) Inhaltliche Anforderungen... 49 bb) Zeitliche Anforderungen... 51 II

III. Beschlussfassung über die Zwangseinziehung... 52 1. Allgemeine Grundsätze... 52 2. Aussprache der Gesellschafter und rechtliches Gehör... 53 3. Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung... 54 4. Erforderliche Abstimmungsmehrheit... 55 5. Stimmrechte und Stimmpflichten... 57 a) Stimmrechte... 57 aa) Stimmberechtigung und Stimmkraft... 58 (1) Allgemeine Grundsätze... 58 (2) Übertragung des Stimmrechts auf Dritte... 58 (a) Stimmrechtsvollmachten... 58 (b) Verfügungen über Stimmrechte... 59 bb) Stimmverbot des von der Zwangseinziehung betroffenen Gesellschafters?... 62 (1) Gesellschaftsvertragliche Bestimmungen... 62 (2) Anwendbarkeit des 47 Abs. 4 GmbHG... 62 (a) Zwangseinziehung als Rechtsgeschäft... 63 (aa) Rechtsprechung des BGH... 63 (bb) Kritik an der Rechtsprechung des BGH... 64 (b) Betroffener Gesellschafter als Richter in eigener Sache... 66 (3) Gefahr der Zwangseinziehung durch Minderheitsgesellschafter... 68 (4) Stellungnahme... 69 cc) Ausübung des Stimmrechts und gesellschaftliche Treuepflicht... 70 b) Gesellschaftsvertragliche und schuldrechtliche Stimmpflichten... 72 6. Inhalt des Einziehungsbeschlusses... 73 7. Erforderlichkeit der zeitgleichen Anpassung des Stammkapitals und der Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile... 75 IV. Bekanntgabe gegenüber dem betroffenen Gesellschafter... 75 V. Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste... 76 C. Besonderheiten bei der zweigliedrigen GmbH... 77 I. Zulässigkeit der Zwangseinziehung auch bei der zweigliedrigen GmbH... 77 II. Besondere Voraussetzungen bei beidseitig pflichtwidrigem Verhalten... 78 III. Besonderheiten bei der Durchführung der Zwangseinziehung... 79 1. Einheitliche Behandlung und Nachschieben von Gründen... 79 2. Stimmrechtsverbot des anderen Gesellschafters... 80 III

Teil 2. Rechtsfolgen und Auswirkungen der wirksamen Zwangseinziehung... 81 A. Auswirkungen auf den eingezogenen Geschäftsanteil... 81 I. Vernichtung des eingezogenen Geschäftsanteils... 81 II. Zeitpunkt der Vernichtung... 82 1. Ansichten bis zur Grundsatzentscheidung des BGH vom 24.01.2012... 82 a) Herrschende Ansicht der Literatur (bis zum Urteil des BGH vom 24.01.2012): Zahlung der Abfindung als aufschiebende Bedingung... 82 aa) Nachteile der aufschiebenden Bedingung... 84 bb) Ruhen der Mitgliedschaftsrechte als Lösung?... 85 b) Gegenmeinung: Wirksamwerden mit Bekanntgabe der Einziehung (so jetzt auch BGH vom 24.01.2012)... 86 aa) Auflösende Bedingung... 88 bb) Recht auf Auflösung der Gesellschaft... 89 cc) Persönliche Haftung der verbleibenden Gesellschafter... 90 2. Grundsatzentscheidung des BGH vom 24.01.2012... 90 a) Zusammenfassung und Begründung des BGH... 90 b) Zustimmung und Kritik in der Literatur... 93 B. Folgen der Einziehung für die Beteiligten... 94 I. Folgen für die Gesellschaft, das Stammkapital und die Geschäftsanteile... 94 1. Auswirkungen auf das Stammkapital... 94 2. Bilanzielle Auswirkungen... 94 3. Auswirkungen im Hinblick auf (ein etwaiges) Auseinanderfallen von Stammkapital und der Summe der Nennbeträge der verbliebenen Geschäftsanteile... 95 a) Dauerhaftes Auseinanderfallen von Stammkapital und Nennbeträgen oder automatische Anpassung der verbliebenen Nennbeträge?... 95 b) Möglichkeiten der verbleibenden Gesellschafter... 97 aa) Aufstockung... 97 (1) Definition Aufstockung... 97 (2) Durchführung der Aufstockung... 98 (3) Möglicher Verstoß gegen 5 Abs. 2 Satz 1 GmbHG... 99 bb) Revalorisierung... 100 (1) Definition Revalorisierung... 100 (2) Mit oder ohne Satzungsänderung... 101 (3) Mehrheitserfordernis beim Revalorisierungsbeschluss... 102 IV

(4) Folgen der Revalorisierung... 103 cc) Kapitalherabsetzung... 103 dd) 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG in der Fassung nach Einführung des MoMiG und Konsequenzen für die Zwangseinziehung... 104 (1) Meinungsstand vor und nach Einführung des MoMiG... 104 (2) Grundsatzentscheidung des BGH vom 02.12.2014... 108 (3) Stellungnahme... 110 II. Persönliche Haftung der verbleibenden Gesellschafter für die Abfindungszahlung.. 111 1. Kreis der Haftungsschuldner... 111 2. Subsidiarität der Ausfallhaftung?... 114 3. Gestaltungsmöglichkeiten in der Satzung... 118 III. Rechtsstellung des betroffenen Gesellschafters... 120 1. Abfindungsanspruch... 120 a) Entstehen und Fälligkeit des Abfindungsanspruchs... 120 b) Abfindungsbeschränkungen... 120 2. Mitgliedschaftsrechte... 121 a) Gewinnanspruch... 121 b) Anspruch auf Rückzahlung von Nachschüssen... 125 c) Anfechtungsbefugnis... 125 3. Mitgliedschaftspflichten... 126 IV. Rechtsstellung betroffener Dritter... 127 1. Inhaber dinglicher Rechte... 127 2. Inhaber schuldrechtlicher Ansprüche... 127 C. Zwischenergebnis zu Teil 2... 128 Teil 3. Rechtsschutz gegen die fehlerhafte Zwangseinziehung... 130 A. Typisierung der möglichen Fehler... 130 I. Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses, 241 AktG analog... 130 1. Fehler bei Einberufung der Gesellschafterversammlung... 130 a) Verfahrensfehler, 241 Nr. 1 AktG analog... 130 b) Formfehler, 241 Nr. 1 AktG analog... 131 2. Verstöße gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, 241 Nr. 3 AktG analog.. 132 3. Verstöße gegen die guten Sitten, 241 Nr. 4 AktG analog... 133 V

II. Anfechtbarkeit des Einziehungsbeschlusses, 243 Abs. 1 AktG analog... 134 1. Fehler bei Einberufung der Gesellschafterversammlung... 134 2. Fehler bei Abhaltung der Gesellschafterversammlung... 134 3. Fehlen eines Einziehungsgrundes... 135 4. Treu- oder sittenwidriges Verhalten der die Zwangseinziehung betreibenden Gesellschafter... 135 III. Fehler beim Vollzug der Zwangseinziehung... 136 B. Rechtsschutz vor der Beschlussfassung über die Zwangseinziehung... 137 I. Einstweilige Verfügung zur Verhinderung der Beschlussfassung... 137 1. Überblick... 137 a) Gegenstand und Ziel der einstweiligen Verfügung... 137 b) Prozessuales... 139 aa) Antragsteller und Antragsgegner... 139 bb) Anwendbare Vorschriften und Verfahren... 139 cc) Zuständiges Gericht... 141 dd) Klageerhebung in der Hauptsache... 141 2. Statthaftigkeit der einstweiligen Verfügung vor Beschlussfassung... 141 a) Unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache?... 141 b) Tendenzen in Rechtsprechung und Schrifttum... 143 c) Stellungnahme... 144 3. Verfügungsanspruch... 145 4. Verfügungsgrund... 146 a) Allgemeines... 146 b) Besondere Dringlichkeit... 147 c) Gebot des geringstmöglichen Eingriffs... 148 d) Interessenabwägung... 149 II. Vorbeugende Unterlassungs- oder Feststellungsklage gegen die Beschlussfassung der Zwangseinziehung... 150 C. Rechtsschutz nach Beschlussfassung über die Zwangseinziehung... 152 I. Nichtigkeits- und Anfechtungsklage (sogenannte kassatorische Klage)... 152 1. Überblick... 152 a) Entsprechende Anwendbarkeit der 241 ff. AktG... 152 VI

b) Wesentliche Unterschiede... 153 aa) Gegenstand und Ziel der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage... 153 bb) Anfechtungsfrist... 155 cc) Kausalitätserfordernis bei der Anfechtungsklage... 155 c) Besonderheit der kassatorischen Klage... 155 d) Abweichende Parteivereinbarungen... 157 e) Zuständigkeit des Gerichts... 158 2. Nichtigkeitsklage gegen den Einziehungsbeschluss... 158 a) Prozessbeteiligte... 158 b) Verwirkung des Klagerechts... 159 3. Anfechtungsklage gegen den Einziehungsbeschluss... 160 a) Prozessbeteiligte... 160 b) Anfechtungsfrist... 161 aa) Beginn der Anfechtungsfrist... 162 bb) Länge der Anfechtungsfrist... 163 (1) Rechtsprechung des BGH: 246 Abs. 1 AktG als Leitbild... 163 (2) Kritik an der Rechtsprechung des BGH... 164 (a) Rechtsunsicherheit als Folge der BGH-Rechtsprechung... 164 (b) 1. Alternativvorschlag: Starre Anfechtungsfrist... 165 (c) 2. Alternativvorschlag: Drei Monate als Regelanfechtungsfrist... 166 (d) 3. Alternativvorschlag: Flexible Anfechtungsfrist aus Treubindung... 166 (e) Stellungnahme... 166 c) Nachschieben von Anfechtungsgründen... 167 d) Kausalität zwischen Verfahrensmängeln und Einziehungsbeschluss und Relevanztheorie... 167 II. Negative Feststellungsklage... 170 III. Freigabeverfahren gemäß 246a AktG analog?... 170 IV. Einstweilige Verfügung nach Beschlussfassung über die Zwangseinziehung... 172 1. Allgemeine Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung... 172 2. Besonderheiten bei der Zwangseinziehung... 174 a) Ziel der einstweiligen Verfügung... 174 b) Verfügungsanspruch... 175 c) Verfügungsgrund... 175 VII

V. Widerspruch zum Handelsregister... 177 1. Eintragungspflichtige Folgebeschlüsse... 177 2. Gesellschafterliste... 178 VI. Rechtsschutz gegen sonstige Gesellschafterbeschlüsse und Maßnahmen der Gesellschaft... 179 1. Einstweilige Verfügung und Klage in der Hauptsache... 179 2. Informationserzwingungsverfahren gemäß 51b GmbHG... 180 D. Zwischenergebnis zu Teil 3... 180 Teil 4. Rechtsfolgen und Auswirkungen der fehlerhaften Zwangseinziehung... 182 A. Urteilswirkungen des der kassatorischen Klage stattgebenden Urteils... 183 I. Allgemeine Grundsätze... 183 II. Entsprechende Anwendung des 248 AktG auf die fehlerhafte Zwangseinziehung. 185 1. Auswirkungen auf zusammenhängende Gesellschafterbeschlüsse... 185 2. Auswirkungen auf Geschäftsanteile, Nennwerte und dingliche Rechte... 186 a) Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters... 186 b) Geschäftsanteil und Nennwerte der verbleibenden Gesellschafter... 187 c) Erwerber des revalorisierten Geschäftsanteils... 187 d) Dinglich Berechtigte... 188 3. Auswirkungen auf Mitgliedschaftsrechte und -pflichten des betroffenen Gesellschafters... 188 4. Auswirkungen auf Gesellschafterbeschlüsse... 189 III. Zwischenergebnis zu Abschnitt A.... 191 B. Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft?... 192 I. Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft im Personengesellschaftsrecht... 192 1. Überblick... 192 2. Fehlerhaftes Ausscheiden aus der Personengesellschaft... 193 a) Fehlerhaftes Ausscheiden durch Austrittsvereinbarung... 193 b) Fehlerhaftes Ausscheiden durch Gesellschafterbeschluss... 196 c) Rechtsfolgen bei Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft.. 197 aa) Zeitraum bis zum Vollzug des fehlerhaften Ausscheidens... 197 bb) Zeitraum nach dem Vollzug des fehlerhaften Ausscheidens... 197 VIII

cc) Zwischenzeitlicher Eintritt eines Neugesellschafters... 199 dd) Änderung Gesellschaftsvertrag, Geschäftsführungs- und Verwaltungsmaßnahmen... 199 II. Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bei der GmbH und ihre Anwendbarkeit auf die fehlerhafte Zwangseinziehung... 200 1. Ausgangsüberlegungen... 200 2. Rechtsprechung und Schrifttum... 202 3. Stellungnahme... 203 C. Anwendung der allgemeinen Regeln... 207 I. Mitgliedschaft des betroffenen Gesellschafters... 207 1. Bestandskraft des Einziehungsbeschlusses oder Wiedereinsetzung des betroffenen Gesellschafters?... 208 2. Unmöglichkeit der Wiedereinsetzung des betroffenen Gesellschafters?... 211 a) Revalorisierung und Veräußerung des Geschäftsanteils an einen Dritten... 211 b) Umstrukturierung der Gesellschaft... 213 c) Auflösung der Gesellschaft... 214 II. Rechtsstellung des betroffenen Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft... 214 1. Überblick über 16 Abs. 1 GmbHG a.f. und n.f.... 214 2. Voraussetzungen für die gültige Eintragung in die Gesellschafterliste... 215 a) Anwendungsbereich des 16 Abs. 1 GmbHG n.f.... 215 aa) Eintragung in die Gesellschafterliste... 216 bb) Zuständigkeit für die Einreichung der Gesellschafterliste... 216 cc) Zurechenbare und nachgewiesene Mitteilung... 217 dd) Bedeutung der materiellen Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts auf... die Legitimationswirkung des 16 Abs. 1 GmbHG n.f... 217 ee) Aufnahme der Gesellschafterliste in das Handelsregister... 219 b) Rechtsfolge der Anwendung von 16 Abs. 1 GmbHG n.f... 219 aa) Grundsatz... 219 bb) Betroffener Gesellschafter bleibt in der Gesellschafterliste... 220 cc) Betroffener Gesellschafter wird aus der Gesellschafterliste gestrichen. 221 c) Wann darf/muss der Geschäftsführer die Zwangseinziehung des betroffenen Gesellschafters in der Gesellschafterliste umsetzen bei Unklarheit über die Wirksamkeit der Zwangseinziehung?... 222 IX

D. Zwischenergebnis zu Abschnitt B (Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft) und Abschnitt C (Allgemeine Regeln)... 229 E. Schadensersatz-/Wertersatzanspruch des betroffenen Gesellschafters... 230 I. Rechtsgrundlagen... 230 II. Schuldner des Anspruchs... 232 1. Verbleibende Gesellschafter als Schuldner... 233 2. Gesellschaft als Schuldner... 235 3. Geschäftsführer als Schuldner... 236 III. Art und Höhe des Anspruchs... 238 1. Allgemeines... 238 2. Bei Wiedereinräumung der Gesellschafterstellung... 239 3. Bei Unmöglichkeit der Wiedereinräumung der Gesellschafterstellung... 239 F. Zwischenergebnis zu Teil 4... 240 Ergebniszusammenfassung... 242 Literaturverzeichnis... 246 X

Einleitung Wenn es die Gesellschafter einer GmbH darauf anlegen, einen ihrer Mitgesellschafter gegen dessen Willen aus ihren Reihen auszuschließen, kann es hierfür verschiedene Motivationen und Gründe geben. Ein sehr häufig anzutreffender Fall ist der Gesellschafterstreit, bei dem die Gesellschafter untereinander derart zerstritten sind, dass ein sinnvolles Miteinander nicht mehr möglich erscheint. Auslöser oder Hintergründe eines solchen Streits sind nicht selten persönliche Differenzen (häufig vorkommend in Familienunternehmen), Differenzen hinsichtlich der strategischen oder unternehmerischen Ausrichtung der Gesellschaft, Streit um Geld (insbesondere, wenn die Gesellschaft in einer wirtschaftlichen Krise steckt) und nicht zuletzt auch Machtkämpfe zwischen den Gesellschaftern. Besonders komplex gestalten sich solche Gesellschafterstreitigkeiten regelmäßig dann, wenn einzelne oder alle Gesellschafter gleichzeitig auch als (Gesel l- schafter-)geschäftsführer der Gesellschaft fungieren. Die zerstrittenen Parteien stehen in solchen Konfliktsituationen oftmals nur vor der Wahl, die Auflösung der Gesellschaft zu betreiben oder aber den Streit durch den Ausschluss ihres Kontrahenten zu eskalieren. Besonders prekär gestalten sich solche Streitigkeiten bei der zweigliedrigen GmbH, die ihre Bezeichnung dem Umstand verdankt, dass sich ihre Gesellschaftsanteile auf nur zwei Gesellschafter verteilen 1. Nach einer von Niemeier 2 im Jahre 1982 durchgeführten Untersuchung handelte es sich seinerzeit bei rund drei Viertel aller neu gegründeten GmbHs um zweigliedrige GmbHs. Und obgleich die Studie von Niemeier inzwischen schon mehr als dreißig Jahre zurückliegt, besteht aufgrund des unverändert personalistischen Charakters der GmbH eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei Neugründungen von GmbHs auch heutzutage immer noch überwiegend um zweigliedrige GmbHs handelt mit der Folge, dass sich Gesellschafterstreitigkeiten bei der GmbH wohl dementsprechend häufig in Zwei-Personen-Konstellationen abspielen. 1 Weshalb die zweigliedrige GmbH oftmals auch Zwei-Mann-GmbH oder Zwei-Personen-GmbH genannt wird. 2 Niemeier, S. 39. Etwas mehr als die Hälfte der von Niemeier untersuchten Satzungen dieser zweigliedrigen GmbHs sahen Einziehungsklauseln vor: Niemeier, S. 41. Bei der AG sind Zwangseinziehungsklauseln dagegen weniger häufig verbreitet. Vgl. hierzu Bayer/Hoffmann, AG-Report, 2007, R420. 1

Bei der zweigliedrigen GmbH ist der Gesellschafterstreit regelmäßig durch gegenseitige Vorwürfe der beiden Gesellschafter geprägt. Die besondere Brisanz besteht dabei darin, dass die beiden Gesellschafter typischerweise spiegelbildlich agieren und versuchen, sich gegenseitig aus der Gesellschaft auszuschließen und als Geschäftsführer abzuberufen. Selbst objektiv betrachtet, erscheint es hier vielfach kaum möglich, sicher zu beurteilen, welcher der beiden Gesellschafter den Stein des Anstoßes gegeben hat oder welcher der größere Störenfried ist. Wenn nun also ein Gesellschafter gegen seinen Willen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden soll, so stellt sich als Erstes die Frage, mit welchem rechtlichen Instrument dies geschehen kann, ohne die Gesellschaft dabei aufzulösen. Denn die Auflösung der Gesellschaft ist von den Gesellschaftern in der Regel nicht gewollt. Das GmbH-Recht sieht verschiedene Möglichkeiten vor, um die Gesellschafterstellung eines Gesellschafters gegen dessen Willen zu beenden. Mit zu den prominentesten zählt die in 34 GmbHG geregelte Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafterbeschluss, die den Gegenstand der vorliegenden Dissertation bildet. 3 Daneben bestehen auch noch die folgenden weiteren Möglichkeiten, von denen die Zwangseinziehung abzugrenzen ist: - Der Ausschluss: In der Rechtspraxis werden die Zwangseinziehung eines Geschäftsanteils und der Ausschluss eines Gesellschafters häufig miteinander verwechselt oder nicht klar genug voneinander abgegrenzt. Tatsächlich unterscheiden sie sich dadurch, dass die Einziehung den Geschäftsanteil betrifft, während sich der Ausschluss gegen die Person des betroffenen Gesellschafters richtet. 4 Der Ausschluss allein führt damit im Gegensatz zur Zwangseinziehung nicht zur Vernichtung des Geschäftsanteils. Der ausgeschlossene Gesellschafter bleibt vielmehr Inhaber des Geschäftsanteils, verliert aber seine Mitgliedschaftsrechte als Gesellschafter. 5 D.h. beim Ausschluss müssen die verbleibenden Gesellschafter in einem 3 Nach einer empirischen Studie von Bayer/Hoffmann/Schmidt waren Einziehungsklauseln in 61 % von insgesamt 146 untersuchten GmbH-Satzungen vorhanden, wobei fast alle Einziehungsklauseln auch die Möglichkeit der Zwangseinziehung zuließen. Zudem stellten Bayer/Hoffmann/Schmidt fest, dass 84 % der Satzungen aller untersuchten mehrgliedrigen GmbHs Einziehungsklauseln enthielten, während der Anteil bei den untersuchten Ein-Personen-GmbHs nur 38 % betrug (vgl. Bayer/Hoffmann/Schmidt, GmbHR 2007, 953, 956). 4 BGH, NJW 1977, 2316; Lorenz, DStR 1996, 1774. 5 BGH, NJW 1977, 2316; Lorenz, DStR 1996, 1774, 1776. 2

zweiten Schritt entscheiden, was mit dem Geschäftsanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters geschehen soll. 6 Wenn der Ausschluss per Gesellschafterbeschluss in der Satzung nicht zugelassen ist, bleibt den die Ausschließung betreibenden Gesellschaftern nur der Ausschluss über die Ausschließungsklage. 7 Diese ist neben der Zwangseinziehung wohl die in der Praxis am häufigsten anzutreffende Zwangsmaßnahme zur Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund. 8 - Die Kaduzierung: Eine weitere Möglichkeit zur Einziehung eines Geschäftsanteils sieht 21 GmbHG vor, wobei der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nur in den Fällen der Nichtzahlung der Einlage ( 21 GmbHG) und der Nichtzahlung von Nachschüssen ( 28 GmbHG) eröffnet ist. - Die Zwangsabtretung: Die Satzung kann auch die in der Praxis allerdings eher selten vorkommende Möglichkeit der zwangsweisen Abtretung von Geschäftsanteilen vorsehen, mit der Folge, dass auf Betreiben der verbleibenden Gesellschafter direkt die zwangsweise Abtretung des betroffenen Geschäftsanteils erfolgen kann, ohne dass der Geschäftsanteil zuvor eingezogen (und gegebenenfalls revalorisiert) 9 werden muss. Bei einem Gesellschafterstreit bleiben den Gesellschaftern regelmäßig also nur die Zwangseinziehung und der Ausschluss (Letzterer durch Gesellschafterbeschluss oder Klage) als Optionen, um einen Gesellschafter gegen dessen Willen aus der Gesellschaft zu entfernen. Für die Zwangseinziehung spricht dabei der Umstand, dass sie, ohne erst den steinigen Weg über eine Ausschlussklage gehen zu müssen, bereits mit ihrem Voll- 6 Koppelungen von Ausschluss und Zwangseinziehung sind dahingehend möglich, dass der Gesellschafter zunächst ausgeschlossen und sein Geschäftsanteil unmittelbar danach eingezogen wird. Vgl. hierzu BGH, NJW 1977, 2316. Wirklich sinnvoll ist eine solche Koppelung allerdings wohl nicht, da mit der Zwangseinziehung das gleiche Ergebnis in nur einem Schritt erreicht werden kann. Denn die Einziehung eines Geschäftsanteils zieht die Ausschließung des betroffenen Gesellschafters automatisch nach sich. 7 Zwar ist die zwangsweise Ausschließung von Gesellschaftern im GmbHG nicht geregelt. Die Möglichkeit zur zwangsweisen Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund ist aber in der Rechtsprechung schon seit BGH, NJW 1953, 780 anerkannt, wobei sie ohne gesellschaftsvertragliche Regelung nur im Wege der rechtsgestaltenden Ausschließungsklage zulässig ist. 8 BGHZ 9, 157, 159; BGHZ 16, 317, 322; Westermann/Pöllath, S. 118; Lorenz. DStR 1996, 1774. 9 Vgl. unten Teil 2.B. I.3.b)bb)(1) zum Begriff der Revalorisierung. 3

zug sofort wirksam wird. 10 Gleichzeitig hat die Zwangseinziehung noch den weiteren Vorteil, dass sie die Ausschließung des Gesellschafters automatisch nach sich zieht und damit im Gegensatz zum Ausschluss eines Gesellschafters, der in der Regel noch eine Folgemaßnahme hinsichtlich des Geschäftsanteils erforderlich macht, in einem Akt vonstattengeht. Nun nehmen Gesellschafterstreitigkeiten, die in Zwangseinziehungsvorhaben ihren Höhepunkt finden, nicht selten den Verlauf, dass es spätestens in der Gesellschafterversammlung, in der die Zwangseinziehung beschlossen werden soll, zu einer kontroversen Diskussion über die streitigen Themen kommt. Bei der zweigliedrigen GmbH stehen in der Regel die gegenseitig beabsichtigte Zwangseinziehung und die gegenseitig beabsichtigte Abberufung des jeweiligen Mitgesellschafters als Geschäftsführer im Raum. Dabei kann der Einziehungsbeschluss, wie jeder Gesellschafterbeschluss, aus ganz unterschiedlichen Gründen 11 nichtig, anfechtbar oder unwirksam sein. Nach der Beschlussfassung über die gegenseitigen Zwangseinziehungen laufen Streitigkeiten dieser Art deshalb häufig so ab, dass sich beide Gesellschafter zunächst jeweils mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vollzug des aus ihrer Sicht jeweils fehlerhaften Einziehungsbeschlusses zu wehren versuchen, wobei damit zu rechnen ist, dass ihr jeweiliger Kontrahent zu diesem Zeitpunkt bereits eine Schutzschrift bei Gericht hinterlegt haben wird. Wenn die Gesellschafter nicht gleichzeitig mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auch schon die Hauptsacheklage erheben, münden solche Streitigkeiten später zumeist doch irgendwann in Anfechtungs- und/oder Nichtigkeitsklagen. Nicht zuletzt führen das Grundsatzurteil des BGH vom 24.01.2012 12, wonach die Zwangseinziehung bereits mit ihrer Bekanntgabe an den betroffenen Gesellschafter wirksam wird, und die Aufwertung der Gesellschafterliste durch die Neufassung, die 16 GmbHG durch das MoMiG 13 erfahren hat, dazu, dass sich die gerichtlichen Auseinandersetzungen zukünftig wohl noch häufiger als bisher schon zeitlich nach vorne 10 Sofern nicht in der Satzung der Gesellschaft ein anderer Ausscheidenszeitpunkt vorgesehen ist. 11 Zum Beispiel aufgrund von Einberufungsmängeln, Mängeln bei der Beschlussfassung oder bei Fehlen eines Einziehungsgrundes. Hierzu im Einzelnen unten in Teil 3.A. 12 BGH, GmbHR 2012, 387, vgl. dazu unten Teil 2.A. II.2. 13 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (BGBl. I, 2026). 4

auf den vorläufigen Rechtsschutz verlagern werden. Denn dem von der Zwangseinziehung betroffenen Gesellschafter bleibt seither im Grunde nichts anderes übrig, als zu versuchen, den Vollzug der Zwangseinziehung und die damit einhergehenden Folgemaßnahmen gerichtlich zu unterbinden, um seine Mitgliedschaftsrechte als Gesellschafter zu wahren. Allerdings gelten für den vorläufigen Rechtsschutz bei Zwangseinziehungsvorhaben keine Sonderregeln, so dass eine einstweilige Verfügung oder Anordnung eher die Ausnahme als die Regel bleiben dürfte und sie wenn überhaupt, wohl hauptsächlich bei Nichtigkeitsgründen des Einziehungsbeschlusses, aber nur in Ausnahmefällen bei Anfechtungsgründen vorkommen dürfte. Umso dringlicher erscheint die Frage, wie sich der betroffene Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil gegen seinen Willen fehlerhaft eingezogen wird, effektiv hiergegen wehren kann und welche Rechtsfolgen sich anschließen, wenn Gerichte erst nach einem unter Umständen jahrelangen Rechtsstreit zu dem Ergebnis kommen, dass die Zwangseinziehung tatsächlich fehlerhaft war. Erstaunlicherweise hat sich die Literatur mit der Frage der Rechtsfolgen und dabei insbesondere mit der Frage, ob und inwieweit die verbleibenden Gesellschafter persönlich haften, wenn eine Wiederaufnahme des betroffenen Gesellschafters nicht mehr möglich ist, erkennbar kaum beschäftigt. Gleichermaßen existiert hierzu keine höchstrichterliche Rechtsprechung, was sich möglicherweise damit erklären mag, dass die streitenden Parteien aufgrund der rechtlichen Unwägbarkeiten, die mit der fehlerhaften Zwangseinziehung für die Gesellschaft und deren Gesellschafter typischerweise einhergehen, spätestens in der Berufungsinstanz einen Vergleich schließen. Das gilt vor allem wohl auch deshalb, da gerichtliche Gesellschafterstreitigkeiten aufgrund ihrer Komplexität häufig mit einer besonders langen Verfahrensdauer einhergehen, während gleichzeitig alle Beteiligten das Bedürfnis nach Rechtssicherheit durch eine alsbaldige Beendigung ihres Streits haben. Die nachfolgende Untersuchung setzt deshalb an diesem Punkt an und zielt darauf ab, die Rechtsfolgenseite von fehlerhaften Zwangseinziehungsvorhaben zu beleuchten. Der Schwerpunkt der Dissertation liegt darauf, die rechtstatsächlichen Probleme im Falle der fehlerhaften Zwangseinziehung zu identifizieren und sie einer rechtlichen Lösung zuzuführen. Hierzu ist es in einem gedanklichen Vorschritt zunächst erforderlich zu verstehen, in welchen Fällen die Zwangseinziehung überhaupt zulässig ist, wie sie vonstattengeht, welche Fehler den Beteiligten hierbei typischerweise unterlaufen, wie sich die (wirksame) Zwangseinziehung auf den Geschäftsanteil und die beteiligten Recht s- kreise auswirkt und welche Folgemaßnahmen sich regelmäßig anschließen. Daraufhin 5

wird in einem letzten Vorschritt zu beleuchten sein, welche Rechtsschutzmöglichkeiten dem betroffenen Gesellschafter gegen die fehlerhafte Zwangseinziehung und die damit regelmäßig einhergehenden Folgemaßnahmen, insbesondere die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste, zur Verfügung stehen. Die Gliederung der vorliegenden Dissertation ist so gestaltet, dass die Untersuchung mit einer Analyse der Voraussetzungen der Zwangseinziehung und einer Darstellung von deren Durchführung beginnt (1. Teil) und sodann die Rechtsfolgen und Auswi r- kungen der wirksamen Zwangseinziehung untersucht werden (2. Teil). Daran schließt sich die Untersuchung der Frage an, welche Rechtsschutzmöglichkeiten dem betroffenen Gesellschafter zur Verfügung stehen, um sich gegen die fehlerhafte Zwangseinziehung und die damit zusammenhängenden Folgemaßnahmen zur Wehr zu setzen (3. Teil). Abschließend beschäftigt sich die Abhandlung mit den Rechtsfolgen und Auswirkungen der fehlerhaften Zwangseinziehung und, damit einhergehend, mit der schwierigen Rechtsfrage, welche rechtstatsächlichen Probleme sich bei einer Rückabwicklung der fehlerhaften Zwangseinziehung für die beteiligten Rechtskreise regelmäßig auftun und welche Lösungsmöglichkeiten hierfür bestehen (4. Teil). 6

Teil 1. Voraussetzungen und Durchführung der Zwangseinziehung A. Voraussetzungen der Zwangseinziehung Die Wirksamkeit der Zwangseinziehung eines Geschäftsanteils setzt voraus, dass die Gesellschafter, die die Zwangseinziehung betreiben, die hierfür im Gesetz vorgesehenen Regelungen, die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen sowie die darüber hinaus geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten. I. Anforderungen des 34 GmbHG Die gesetzlichen Anforderungen an die Zwangseinziehung von GmbH- Geschäftsanteilen sind in 34 GmbHG geregelt. 1. Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung Gemäß 34 Abs. 1 GmbHG ist die Einziehung von Geschäftsanteilen nur dann zulässig, wenn sie in der Satzung geregelt ist. Das gilt sowohl für die freiwillige Einziehung als auch für die Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen. 14 a) Überblick aa) Ausdrückliche Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung Die Zwangseinziehung ist nur zulässig, wenn sie in der Satzung ausdrücklich zugelassen ist. 15 Aus den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen muss sich zweifelsfrei ergeben, dass die in der Satzung zugelassene Möglichkeit zur Einziehung von Geschäftsanteilen nicht nur die Fälle der freiwilligen Einziehung, sondern auch die Möglichkeit der Zwangseinziehung mit umfasst. Ist in der Satzung beispielsweise lediglich die allgemeine Regelung vorgesehen: Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist zulässig, so lässt dies nur die freiwillige Einziehung zu. Die Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen allein auf dieser gesellschaftsvertraglichen Grundlage ist nicht gestattet. 16 14 Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 6; Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 7; Lutter/Hommelhoff/Lutter 34 Rdnr. 19, 28. 15 Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 33; Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 13; Lutter/Hommelhoff/Lutter, 34 Rdnr. 28; Bacher/von Blumenthal, GmbHR 2009, 246, 248. 16 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 8; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner, 34 Rdnr. 8; Sudhoff, 7

Über ein argumentum a fortiori gilt das gleiche Ergebnis auch dann, wenn die Satzung keine ausdrückliche Regelung zur Möglichkeit der Einziehung von Geschäftsanteilen enthält, sondern sich nur und erst über eine Auslegung der Satzung ergibt, dass die freiwillige Einziehung ein zulässiges Mittel zum Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ist. 17 Das heißt, auch in diesem Fall ist die Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen nicht gestattet. bb) Voraussetzungen des 34 Abs. 2 GmbHG Gemäß 34 Abs. 2 GmbHG knüpft das Gesetz an die Wirksamkeit der Zwangseinziehung über die in 34 Abs. 1 GmbHG vorgesehene Regelung hinaus die weitere Bedingung, dass die Voraussetzungen der Zwangseinziehung in der Satzung im Einzelnen geregelt sein müssen. Vor diesem Hintergrund genügt die Einziehungsklausel den Anforderungen des 34 Abs. 2 GmbHG nur dann, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllt: (1.) Die Einziehungsgründe müssen konkret bezeichnet sein. 18 Eine enumerative Aufzählung der Einziehungsgründe ist hierfür allerdings nicht erforderlich. 19 (2.) Die Einziehungsgründe müssen so präzise formuliert sein, dass die Gesellschafter die von ihnen ausgehenden Risiken von vornherein erkennen und für sich abschätzen können. 20 (3.) Das Vorliegen der in der Einziehungsklausel genannten Einziehungsgründe muss gerichtlich voll nachprüfbar sein. 21 cc) Entbehrliche Regelungen Die Einziehungsklausel kann, muss aber keine Regelungen zur erforderlichen Beschlussmehrheit für die Fassung des Einziehungsbeschlusses sowie zum Stimmrecht S. 481. 17 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 8. 18 Siehe hierzu nachfolgend unter Teil 1.A. I.2. 19 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner, 34 Rdnr. 29. 20 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 13; Lutter/Hommelhoff/Lutter, 34 Rdnr. 31; Rowedder/Schmidt- Leithoff/Görner, 34 Rdnr. 29; Wicke, 34 Rdnr. 15; MünchHdbGmbH/Kort, 28 Rdnr. 9; K. Schmidt, GesR, 35 III 1 c); BeckHdbGmbH/Maul, 13 Rdnr. 104. Siehe hierzu nachfolgend unter Teil 1.A. I.2. 21 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 13, 20; Lutter/Hommelhoff/Lutter, 34 Rdnr. 31. Vgl. hierzu auch BGH, NJW 1977, 2316. Siehe im Einzelnen nachfolgend unter Teil 1.A. I.2. 8

des betroffenen Gesellschafters bei der Beschlussfassung über die Zwangseinziehung seines Geschäftsanteils enthalten. 22 Gleiches gilt auch für die an den betroffenen Gesellschafter zu zahlende Abfindung. Enthält die Einziehungsklausel keine Regelung zur Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters, so wird die Einziehungsklausel hierdurch nicht unwirksam. 23 Vielmehr ist in einem solchen Fall regelmäßig der Verkehrswert des eingezogenen Geschäftsanteils als Abfindung geschuldet. 24 b) Zeitpunkt der Zulassung aa) Zulassung vor Eintritt in die Gesellschaft Gemäß 34 Abs. 2 GmbHG muss die Zwangseinziehung in der Satzung zugelassen sein, bevor der betroffene Gesellschafter seinen Geschäftsanteil erworben oder ihn auf sonstige Weise erlangt hat. bb) Nachträgliche Zulassung (1) Allgemeine Grundsätze Die Möglichkeit der Zwangseinziehung kann auch nachträglich noch in der Satzung zugelassen werden. 25 34 Abs. 2 GmbHG steht dem trotz seines Wortlauts, der sich ausschließlich auf die anfängliche Zulassung der Einziehung bezieht, nicht entgegen. Das ergibt sich aus dem Schutzzweck des 34 Abs. 2 GmbHG, der so zu verstehen ist, dass die Zwangseinziehung nur zulässig sein soll, wenn sich der von der Einziehung betroffene Gesellschafter der Möglichkeit zur Zwangseinziehung seines Geschäftsanteils selbst zumindest schlüssig unterworfen hat. Dies geschieht regelmäßig dadurch 22 Siehe zum Stimmverbot des von der Zwangseinziehung betroffenen Gesellschafters nachfolgend unter Teil 1.B. III.5.a)bb). 23 MünchHdbGmbH/Kort, 28 Rdnr. 9; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Bergmann/Görner, 34 Rdnr. 29. 24 Harst, GmbHR 1987, 183, 184; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner, 34 Rdnr. 29. 25 BGH, NJW 1977, 2316; Baumbach/Hueck/Fastrich, 34 Rdnr. 8; Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 7 ff.; Wicke, 34 Rdnr. 5. Vgl. hierzu auch Bayer/Hoffmann/Schmidt, GmbHR 2007, 953, 956, die richtigerweise darauf hingewiesen haben, dass die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung nach der Einführung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 zukünftig insbesondere für Gesellschafter, die sich für die Gründung mittels der Mustersatzung entschieden haben, relevant sein dürfte, da die Mustersatzung keine Einziehungsklausel enthält. 9

und nichts anderes besagt die Regelung des 34 Abs. 2 GmbHG, dass der betroffene Gesellschafter vor dem Erwerb seines Geschäftsanteils Einsicht in die Satzung der Gesellschaft nehmen und auf diese Weise Kenntnis von der Einziehungsmöglichkeit erlangen kann. Der Schutzzweck des 34 Abs. 2 GmbHG ist daher nicht berührt, wenn und soweit sich die Gesellschafter der Satzungsänderung, mit der die Zwangseinziehung nachträglich zugelassen werden soll, freiwillig unterwerfen. Denn der Mitwirkung an der diesbezüglichen Satzungsänderung kommt letztlich der gleiche Bedeutungsgehalt zu wie dem vorerwähnten Schutzzweck des 34 Abs. 2 GmbHG, dass der betroffene Gesellschafter die Möglichkeit der Zwangseinziehung seines Geschäftsanteils gekannt und dieser Möglichkeit zugestimmt hat, noch bevor die Gesellschafterversammlung von dieser Möglichkeit Gebrauch macht und seinen Geschäftsanteil einzieht. 26 Der Gesellschafterbeschluss, mit dem die Zwangseinziehung nachträglich zugelassen wird, macht eine Satzungsänderung erforderlich und unterliegt deshalb den Voraussetzungen der 53, 54 GmbHG. 27 Daraus folgt nicht nur, dass der Gesellschafterbeschluss notariell zu beurkunden ist, sondern insbesondere auch, dass die Zulassung der Zwangseinziehung gemäß 54 Abs. 3 GmbHG erst mit Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister wirksam wird. (2) Erforderliche Abstimmungsmehrheit Welche Stimmenmehrheit für die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung erforderlich ist, ist im Schrifttum heftig umstritten. 28 Hierzu werden die folgenden Meinungen vertreten: (a) Erste Ansicht: Einstimmigkeitserfordernis Am weitesten gehen die Stimmen im Schrifttum, die stets Einstimmigkeit verlangen, und zwar unabhängig davon, ob Gegenstand des Gesellschafterbeschlusses die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung oder die der freiwilligen Einziehung ist. 29 26 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 21; Markowsky, S. 41. 27 Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 9; Baumbach/Hueck/Fastrich, 34 Rdnr. 8; Wicke, 34 Rdnr. 5. 28 Übersichten zum Diskussionsstand finden sich bei: Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 9 m.w.n. sowie bei Markowsky, S. 42-53 m.w.n. 29 Bayer/Hoffmann/Schmidt, GmbHR 2007, 953, 956; Michalski/Sosnitza, 34 Rdnr. 10; 10

Als Begründung für die Notwendigkeit eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses führen die Vertreter dieser Ansicht insbesondere die möglichen nachteiligen Folgen an, die im Falle der Zwangseinziehung auch für diejenigen verbleibenden Gesellschafter zu einer Leistungsvermehrung führen können, die die nachträgliche Zulassung der Einziehung abgelehnt und dem satzungsändernden Gesellschafterbeschluss nicht zugestimmt haben. 30 Bei diesen möglichen Folgen handelt es sich um (1.) die mögliche Subsidiärhaftung der verbleibenden Gesellschafter, 31 (2.) die eventuelle Verschiebung der Stimmverhältnisse, die aus der Zwangseinziehung resultieren kann, 32 und (3.) die Zahlung der Abfindung, zu der die Gesellschaft infolge der Zwangseinziehung regelmäßig verpflichtet ist. 33 (b) Zweite Ansicht: Eingeschränkte Wirkung bei Beschlussfassung mit Dreiviertelmehrheit Eine andere Strömung im Schrifttum hält eine Dreiviertelmehrheit für die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung für ausreichend. 34 Allerdings kommen auch die Vertreter dieser Ansicht zu dem Ergebnis, dass die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung jedenfalls gegenüber denjenigen Gesellschaftern, die der Satzungsänderung nicht zugestimmt haben, keine Wirkung entfaltet. Westermann 35 wendet gegenüber den Vertretern, die ein generelles Einstimmigkeitserfordernis postulieren, ein, dass den verbleibenden Gesellschaftern eine Subsidiärhaftung nach 24 GmbHG schon deshalb nicht drohe, da überhaupt nur voll eingezahlte Geschäftsanteile eingezogen werden könnten. Damit verbliebe allein die Gefahr einer Lutter/Hommelhoff/Lutter, 34 Rdnr. 29; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner, 34 Rdnr.10; Wicke, 34 Rdnr. 5. Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 9 und Baumbach/Hueck/Fastrich, 34 Rdnr. 5, 8, sowie auch der BGH, NJW 1977, 2316, 2317, Rdnr. 12 differenzieren danach, ob die Satzung lediglich die Möglichkeit der freiwilligen Einziehung vorsieht, in diesem Fall halten sie eine Dreiviertelmehrheit für ausreichend, oder ob auch die Zwangseinziehung zugelassen werden soll; im letzteren Fall wird ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss gefordert. Vgl. auch BGH, NJW 1977, 2316 f. für den Fall der nachträglichen Zulassung der Zwangseinziehung und BGHZ 116, 359, 363 für den Fall der nachträglichen Änderung der Abfindungsregelung. 30 Lutter/Hommelhoff/Lutter, 34 Rdnr. 29; MünchHdbGmbH/Kort, 28 Rdnr. 8. 31 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner, 34 Rdnr. 10; Michalski/Sosnitza, 34 Rdnr. 11; Wicke, 34 Rdnr. 5. 32 Wicke, 34 Rdnr. 5. 33 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 25. 34 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 10; HeidelbKommGmbHG/Bartl, 34 Rdnr. 6. 35 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 10. 11

möglichen Ausfallhaftung gemäß 30 Abs. 1 GmbHG, die Westermann aber lediglich als eine theoretische Gefahr für die verbleibenden Gesellschafter ansieht. 36 Allerdings hält er eine einstimmige Beschlussfassung ausnahmsweise dann für erforderlich, wenn aufgrund von besonderen Verhältnissen innerhalb der Gesellschaft den Personen der Gesellschafter eine besonders große Bedeutung zukomme. Als Beispiel nennt Westermann in diesem Zusammenhang eine als GmbH organisierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. 37 Westermann hat ein generelles Einstimmigkeitserfordernis überdies insbesondere mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass auch mit einer Kapitalerhöhung, die ebenfalls nur mit einer Dreiviertelmehrheit der Gesellschafterversammlung beschlossen werden könne, regelmäßig die Vermehrung der Leistungspflichten der Gesellschafter einhergehe und dass nicht einzusehen sei, weshalb für die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung etwas anderes gelten solle. 38 Ulmer/Habersack 39 dagegen halten eine drei Viertel Mehrheit zwar unter Umständen für ausreichend. Sie differenzieren dabei aber wie folgt: Ergebe die Auslegung der zur Abstimmung stehenden Einziehungsklausel, dass diese mit genereller Wirkung gegenüber allen Gesellschaftern gelten solle, so sei die Satzungsänderung insgesamt gescheitert, wenn nicht alle Gesellschafter der Einführung dieser Einziehungsklausel zustimmten. In diesem Fall seien also auch diejenigen Gesellschafter, die für die Einführung der Einziehungsklausel votierten, nicht daran gebunden. Eine drei Viertel Mehrheit halten Ulmer/Habersack für die Satzungsänderung dagegen nur ausreichend, wenn sich aus der Einziehungsklausel ergebe, dass diese nur gegenüber den ihrer Einführung zustimmenden Gesellschaftern Wirkung entfalten solle. (3) Personenbezogener Wirkungskreis der nachträglichen Zulassung Erfolgt die Beschlussfassung über die nachträgliche Zulassung der Einziehung mit einstimmigem Votum, wird die Einziehungsklausel nach Eintragung der Satzungsänderung im Handelsregister gegenüber allen Gesellschaftern wirksam. Geschieht die Be- 36 Nach Bayer, ZGR 2007, 220, 224 dürfte die Ausfallhaftung indes jedenfalls für Kleingesellschafter ein nicht unerhebliches Risiko beinhalten. 37 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 11. 38 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 10. 39 Ulmer/Habersack, 34 Rdnr. 34, 37. 12

schlussfassung aber nur mit einer Dreiviertelmehrheit, stellt sich die Frage, ob und gegenüber welchem Personenkreis die Zulassung der Zwangseinziehung in diesem Fall Wirkung entfaltet. (a) Alt- und Neugesellschafter Nach Westermann 40 entfaltet die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung keine Wirkung gegenüber den Altgesellschaftern 41, sondern nur gegenüber allen Neugesellschaftern der Gesellschaft. Demnach können die Geschäftsanteile von Altgesellschaftern nach Ansicht von Westermann trotz rechtsgültiger nachträglicher Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung, unabhängig von dem Umstand, ob der betroffene Gesellschafter der nachträglichen Zulassung der Zwangseinziehung zugestimmt hat o- der nicht nicht gegen ihren Willen eingezogen werden. Die Zwangseinziehung ist in diesem Fall also nur bei den Anteilen von Neugesellschaftern möglich. Lutter 42 sowie Altmeppen 43 meinen demgegenüber, dass die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung oder genauer gesagt eine diesbezügliche Satzungsänderung insgesamt gescheitert sei, wenn sie nicht einstimmig beschlossen wurde, und dass die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung in diesem Fall dementsprechend auch gegenüber Neugesellschaftern keine Wirkung entfalte. Altmeppen argumentiert, dass durch die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte eingegriffen werde. Die Satzungsänderung könne deshalb auch gegenüber Neugesellschaftern keine Wirkung entfalten, da dies von den Gesellschaftern, die der Satzungsänderung nicht zugestimmt hätten, typischerweise gerade nicht gewollt 40 Scholz/H.P. Westermann, 34 Rdnr. 22; anderer Ansicht Baumbach/Hueck/Fastrich, 34 Rdnr. 8, die darauf hinweisen, dass durch die Einführung der Zwangseinziehung u.u. das Recht auf freie Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils zu Lasten der (Alt-)Gesellschafter beeinträchtigt werden könne. Eine andere Ansicht vertreten auch Ulmer/Habersack, die meinen, dass die im Wege der Satzungsänderung eingeführte Zwangseinziehungsklausel Wirkung auch bereits gegenüber dem betroffenen Gesellschafter entfalte, wenn dieser der Einführung der Zwangseinziehungsklausel zugestsimmt habe: Ulmer/Habersack, 34 Rdnr. 33. 41 Mit Neugesellschaftern sind hier all diejenigen Gesellschafter gemeint, die erst nach der (nachträglichen) Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung in die Gesellschaft eintreten, während Altgesellschafter ihre Gesellschafterstellung bereits zum Zeitpunkt der nachträglichen Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung innehaben. 42 Lutter/Hommelhoff/Lutter, 34 Rdnr. 29. 43 Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 9. 13

sei. 44 Lediglich dann, wenn die Satzungsänderung nur die Zwangseinziehung bestimmter Mitgliedschaftsrechte betreffe, bedarf es nach Ansicht von Altmeppen ausnahmsweise nicht der Zustimmung derjenigen Gesellschafter, die davon nicht betroffen seien. 45 (b) Dinglich Berechtigte Schließlich stellt sich noch die Frage, ob Dritte, die von der späteren Zwangseinziehung eines Geschäftsanteils ebenfalls betroffen wären, weil sie ein dingliches Recht an dem Geschäftsanteil innehaben, das gegenüber der Gesellschaft angemeldet ist, der nachträglichen Zulassung der Zwangseinziehung ebenfalls zustimmen müssen. Die wohl überwiegende Meinung 46 befürwortet das. Fastrich, 47 Sosnitza 48 und Kort 49 dagegen vertreten die Ansicht, dass die Lösung im Innenverhältnis zwischen dem dinglich Berechtigten und dem betroffenen Gesellschafter zu suchen sei. Letzterer sei gegenüber dem dinglich Berechtigten dazu verpflichtet, der Satzungsänderung, die die Zulassung der Zwangseinziehung zum Gegenstand habe, nicht zuzustimmen. 50 Allerdings handelt es sich dabei nach Auffassung von Kort um eine bloße Obliegenheit des betroffenen Gesellschafters, die der dinglich Berechtigte im Verweigerungsfall rechtlich nicht durchzusetzen vermag. 51 (4) Stellungnahme zu (2) und (3) Die zuvor dargestellte Meinung von Westermann 52, beim Wirkungskreis der nachträglichen Zulassung von Einziehungsklauseln zwischen Alt- und Neugesellschaftern zu unterscheiden, erscheint zwar auf den ersten Blick überzeugend. Denn richtig ist, dass der Vertrauensschutz der Altgesellschafter, die ihren Geschäftsanteil zu einem Zeit- 44 Dem im Ergebnis zustimmend Baumbach/Hueck/Fastrich, 34 Rdnr. 8; Michalski/Sosnitza, 34 Rdnr. 32; Ulmer/Habersack, 34 Rdnr. 36. 45 Roth/Altmeppen/Altmeppen, 34 Rdnr. 9. 46 Lutter/Hommelhoff/Lutter, 34 Rdnr. 23; Sudhoff, S. 481; Niemeier, S. 190; Winter, GmbHR 1967, 204. 47 Baumbach/Hueck/Fastrich, 34 Rdnr. 8. 48 Michalski/Sosnitza, 34 Rdnr. 34. 49 MünchHdbGmbH/Kort, 28 Rdnr. 8. 50 MünchHdbGmbH/Kort, 28 Rdnr. 8; Baumbach/Hueck/Fastrich, 34 Rdnr. 8; Michalski/Sosnitza, 34 Rdnr. 34. 51 MünchHdbGmbH/Kort, 28 Rdnr. 8. 52 Siehe hierzu Fn. 40. 14

punkt erworben haben, als die Möglichkeit der Zwangseinziehung in der Satzung noch nicht vorgesehen war, es gebietet, dass die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung gegenüber denjenigen Altgesellschaftern, die bei der Beschlussfassung über die nachträgliche Zulassung der Einziehungsklausel mit Nein stimmen, keine Wirkung entfaltet. Würde man dies anders beurteilen, wäre Missbrauchsmöglichkeiten 53 Tür und Tor geöffnet. Westermann ist ebenfalls prinzipiell darin zuzustimmen, dass Neugesellschafter diesen Vertrauensschutz nicht benötigen. Denn zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihre Gesellschafterstellung erlangen, ist die Möglichkeit der Zwangseinziehung in der Satzung bereits vorgesehen, so dass sich Neugesellschafter auf diesen Umstand entsprechend einstellen können. Allerdings ist zu beachten, dass der BGH mit Urteil vom 24.01.2012 54 entschieden hat, dass die in der Gesellschaft nach einer erfolgten Zwangseinziehung verbleibenden Gesellschafter jeweils einzeln und gemeinsam für die Zahlung der geschuldeten Abfindung an den von der Einziehung betroffenen Gesellschafter einzustehen haben und sie insofern eine persönliche Ausfallhaftung trifft. 55 Dieser Umstand wirkt sich letztlich auch auf die Frage des Wirkungskreises der nachträglichen Zulassung von Einziehungsklauseln aus. Denn aufgrund dessen, dass grundsätzlich alle nach der Einziehung in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter der persönlichen Ausfallhaftung unterliegen 56 und diese auch gesellschaftsvertraglich nicht abbedungen werden kann, 57 wirkt sich die Zwangseinziehung nunmehr unmittelbar auf alle Gesellschafter aus, sodass die nachträgliche Zulassung einer Zwangseinziehungsregelung demzufolge entweder eines einstimmigen Beschlusses aller Gesellschafter oder aber eines qualifizierten Gesell- 53 Beispiel: Ein Mehrheitsgesellschafter beschließt die nachträgliche Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung mit der Mehrheit seiner Stimmen mit dem Ziel, die Geschäftsanteile eines Minderheitsgesellschafters danach gegen dessen Willen durch Gesellschafterbeschluss einzuziehen. 54 BGH, GmbHR 2012, 387; vgl. dazu ausführlich Teil 2.A. II.2. 55 Diese Ausfallhaftung gilt richtigerweise auch für die Gesellschafter, die nicht für den Einziehungsbeschluss gestimmt haben, was allerdings nach dem Urteil des BGH noch nicht ganz geklärt ist, vgl. dazu Teil 2.B. II.1. 56 Vgl. dazu Teil 2.B. II.1. 57 Vgl. dazu Teil 2.B. II.3. 15