Kosten- und Erlösrechnung (Nebenfach) Sommersemester 2012 Dr. Markus Brunner Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre Controlling Technische Universität München Mitschrift der Vorlesung vom 06.06.2012
4.3 Kalkulation und Kostenverrechnung bei Massen- und Sortenfertigung Einstufige Divisionsrechnung Einstufige Fertigung: Elektrizitäts-, Wasser-, Zementwerke, Forstwirtschaft Selbstkosten = Periodenkosten / Herstellmenge Beispiel: Divisionskalkulation in einem Forstbetrieb Löhne und Gehälter 180.000,- Betriebsstoffe / Werkzeuge 5.000,- Abschreibungen Werk-/Fahrzeuge 15.000,- Sonstige Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten 25.000,- Gesamtkosten 225.000 Schlagmenge Holz 18.750 fm Gesamtkosten 225.000 Stückkosten = = = 12 je Festmeter Herstellmenge 18.750 fm 2
Mehrstufige Divisionsrechnung Mehrstufige Fertigung Ausgangspunkt: Mengenfluss zwischen den Fertigungsstufen Beispiel: Divisionskalkulation in der Teppichproduktion Bereich Fertigung I Fertigung II Fertigung III Verpackung & Vertrieb Einsatzmenge 250 210 201 Ausschuss 0 5 12 0 Ausbringungsmenge 270 245 198 201 Wiedereinsatzmenge 250 210 201 Bestandsänderung + 20 + 35 3 3
Divisionskalkulation in der Teppichproduktion bereichsweise Erfassung der Kosten Unterscheidung von primären Stufenkosten und Kosten der Vorprodukte Anwendung der einstufigen Divisionsrechnung auf jeder Stufe 4
Besonderheiten am Ende der Rechnungsperiode Unterschiedliche Reifegrade der Zwischenprodukte Abweichungen beim Anfall von Material- und Verarbeitungskosten Beispiel: Analyse des Produktionsfortschritts in der Fertigungsstufe l Menge [1.000 m 2 ] Fertigstellungsgrad Äquivalente Einheiten Material Verarbeitung Fertiges Zwischenprodukt 260 100% 260 260 Unfertiges Zwischenprodukt 10 70% 10 7 Summe äquivalenter Einheiten 270 267 5
Besonderheiten am Ende der Rechnungsperiode Kalkulation der Stückkosten auf Fertigungsstufe I Materialkosten Verarbeitungskosten Gesamtkosten Kosten Rechnungsperiode 224.100 450.900 675.000 Äquivalente Einheiten 270 267 Kosten je äquivalenter Einheit 830,00 = 224.100/ 270 1.688,76 = 450.900 / 267 2.518,76 = 830,00 + 1.688,76 Auswirkungen Stückkosten auf allen nachfolgenden Fertigungsstufen Stückkosten der Folgeperiode: Kosten unfertiges Zwischenprodukt = 830,- 10 + 1.688,76 7 = 11.821,32 6
Äquivalenzziffernrechnung Bestimmung der Kosten artverwandter Produkte, die auf vergleichbaren Fertigungseinrichtungen mit ähnlichen Rohstoffen erzeugt werden Beispiele: Produktion verschiedener Biersorten, Schraubenproduktion Unterstellung: festes Verhältnis zwischen den Kosten artverwandter Produkte Herstellkosten je Einheit der Baureihe x Herstellkosten je Einheit der Grundsorte = Äquivalenzziffer der Baureihe x Äquivalenzziffer der Grundsorte 7
Praxisbeispiel Gussfertigung von Zahnrädern Baureihe 0 = Grundsorte mit Zahnraddurchmesser l 0 Baureihe x = Variante mit Zahnraddurchmesser l x l0 l X Äquivalenzziffer Baureihe x = l x / l 0 8
Praxisbeispiel Gussfertigung von Zahnrädern Herstellkosten pro Stück B0: 750.000 / 12.191 = 61,52 Äquivalenzziffer B1: 18,75 / 25 = 0,75 äquivalente Einheiten B1: 2.100 * 0,75 = 1.575 Herstellkosten pro Stück B1: 61,52 * 0,75 = 46,14 Gesamtkosten B1: 46,14 * 2.100 = 61,52 * 1.575 = 96.895,25 9
Kalkulation von Kuppelprodukten Entstehung mehrerer Produkte im Produktionsprozess Praxisbeispiele: Auffinden und Erschließen von Erdöl- und Erdgasvorkommen Verarbeitung von Rohmilch Autodemontage Blutspende Erdöle und Erdgase unterschiedlicher Qualität Weitere Rohstoffe wie Kohlenstoffdioxid Rahm und Standardmilch Wertvolle Rohstoffe: Metalle, Reifen, Ersatzteile Nicht verwertbare Rohstoffe: Altöl, Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten und Blutplasma 10
Methoden zur Kalkulation von Kuppelprodukten Restwertrechnung Aufteilung in Haupt- und Nebenprodukte Überschüsse der Nebenprodukte werden von Gesamtkosten vor dem Entkopplungspunkt abgezogen Verteilungsrechnung nach Produktionsmengen Schlüsselung der Kosten vor dem Entkopplungspunkt nach Stückzahlen oder Gewicht differenzierter Erfolgsausweis für jedes Produkt Verteilungsrechnung nach Marktwerten Schlüsselung der Kosten vor dem Entkopplungspunkt nach Marktwerten Tragfähigkeitsprinzip 11
Kostenrechnung: Kapitel 1 12
Aufgabe zu Kapitel 4 Ein mittelständisches Unternehmen stellt Spezialbohrmaschinen her. Helga König, Leiterin Rechnungswesen, hat für die Kalkulation nachfolgende Tabelle erstellen lassen. Darin sind die geplanten Einzel- und Gemeinkosten der Kostenstellen Einkauf, Dreherei, Endmontage, Verwaltung und Vertrieb aufgeführt. Mittels einer Analyse der Arbeitsprozesse hat sie eine plausible Kombination an Bezugsgrößen für die Gemeinkosten der jeweiligen Kostenstelle identifiziert. Einkauf Dreherei Endmontage Verwaltung Vertrieb Einzelkosten 3.270.000 1.800.000 1.130.000 - - Gemeinkosten 654.000 320.000 452.000 300.000 240.000 Bezugsgröße Materialeinzelkosten Fertigungsstunden Fertigungsgewicht Herstellkosten des Umsatzes Herstellkosten des Umsatzes Planbezugsmenge 3.270.000 32.000 h 90.400 kg Zuschlagssatz 13
Aufgabe zu Kapitel 4 a) Bestimmen Sie die Plan-Zuschlagssätze. Unterstellen Sie dabei, dass in der betrachteten Periode 12.000 Bohrmaschinen gefertigt und verkauft werden sollen. b) Das Unternehmen fertigt Spezialbohrer in zwei unterschiedlichen Ausführungen B1 und B2. Eine Marktstudie für das aktuelle Jahr prognostiziert einen Stückverkaufspreis von 1.200 für Variante B1 und 600 für Variante B2. Bei diesen Preisen wird ein Absatz von 4.000 Einheiten der Ausführung B1 und 8.000 Einheiten der Ausführung B2 erwartet. Für beide Varianten liegen zusätzlich folgende Informationen vor: Materialeinzelkosten [ /Stk.] 408,75 204,375 Fertigungslöhne Dreherei [ /Stk.] 240 105 Fertigungsstunden Dreherei [h/stk.] 4 2 Fertigungsgewicht Endmontage [kg/stk.] 6 8,3 Fertigungslöhne Endmontage [ /Stk.] 140 71,25 B1 Kalkulieren Sie die geplanten Selbstkosten je Stück der Produktvarianten B1 und B2. B2 14
Aufgabe zu Kapitel 4 c) Ermitteln Sie die produktbezogenen und die gesamten Periodenerfolge der beiden Produkte. Nutzen Sie hierzu nachfolgende Informationen: Produkt Verkaufspreis [ /Stk.] Verkaufsmenge [Stk.] Selbstkosten je Stück [ /Stk.] Stückerfolg [ /Stk.] Periodenerfolg [ /Stk.] A.I B1 1.200 4.000 B2 600 8.000 15
Lösung zu Kapitel 4 a) Bestimmen Sie die Plan-Zuschlagssätze. Unterstellen Sie dabei, dass in der betrachteten Periode 12.000 Bohrmaschinen gefertigt und verkauft werden sollen. Einkauf Dreherei Endmontage Verwaltung Vertrieb Gemeinkosten[ ] 654.000 320.000 452.000 300.000 240.000 Einzelkosten [ ] 3.270.000 1.800.000 1.130.000 - - Bezugsgröße Materialeinzelkosten Fertigungsstunden Fertigungsgewicht HK des Umsatzes HK des Umsatzes Planbezugsgröße 3.270.000 [ ] 32.000 [h] 90.400 [kg] 7.626.000 [ ] 7.626.000 [ ] Kalkulationssatz 20% 10 [ /Std.] 5 [ /kg] 3,93% 3,15% Kalkulationssatz = Gemeinkosten / Planbezugsgröße Herstellkosten = i (Einzelkosten + Gemeinkosten) i mit i={einkauf, Dreherei, Endmontage} 16
Lösung zu Kapitel 4 b) Kalkulieren Sie die geplanten Selbstkosten je Stück der Produktvarianten B1 und B2. Einkauf Produkt B1 Produkt B2 Materialeinzelkosten 408,75 204,375 Materialgemeinkosten 81,75 = 0,2 408,75 40,875 = 0,2 204,375 Dreherei Fertigungslöhne 240 105 Fertigungsgemeinkosten 40 = 10 /h 4h/Stk. 20 = 10 /h 2h/Stk. Endmontage Fertigungslöhne 140 71,25 Fertigungsgemeinkosten 30 = 5 /kg 6kg/Stk. 41,50 = 5 /kg 8,3kg/Stk Herstellkosten je Stk. 940,50 483,00 Verwaltungskosten Vertriebskosten 37 = 0,0393 HK 29,60 = 0,0315 HK 19 = 0,0393 HK 15,20 = 0,0315 HK Selbstkosten je Stk. 1.007,10 517,20 17
Lösung zu Kapitel 4 c) Ermitteln Sie die produktbezogenen und die gesamten Periodenerfolge der beiden Produkte. Produkt Verkaufspreis [ /Stk] Verkaufsmenge [Stk] Selbstkosten je Stück [ /Stk] Stückerfolg [ /Stk] Periodenerfolg [ ] A I B 1 1.200 4.000 1.007,10 192,90 771.600 B 2 600 8.000 517,20 82,80 662.400 18