Bestellmengenplanung Ziel: Ermittlung der optimalen Bestellmenge durch Minimierung der Kosten Anstieg der Lagerkosten K L mit zunehmender Bestellmenge, anderseits Abnahme der bestellfixen Kosten K B durch geringere Bestellhäufigkeit Harris / Andler-Modell klassisches Bestellmengenmodell: statisches Verfahren, das keine Bedarfsschwankungen innerhalb der Planungsperiode berücksichtigt optimale Bestellmenge = Minimum der Gesamtkosten für die Bestellung das Minimum befindet sich am Schnittpunkt von Lagerkostenfunktion K L und der Funktion der bestellfixen Kosten K B Lagerkosten K L = Lagerkostensatz k L * durchschnittlicher Lagerbestand durchschnittlicher Lagerbestand = Hälfte der Menge einer Bestellung Vorteile des Modells: leicht zu berechnen und übersichtlich Nachteile infolge verschiedener Prämissen: Prämisse nur eine Materialart berücksichtigt Materialgesamtbedarf wird für die Planungsperiode als bekannt vorausgesetzt keine Kapazitätsgrenze berücksichtigt Nachfrage einer identischen Materialmenge pro Zeiteinheit positive Wiederbeschaffungszeit: Bestellung erfolgt erst, wenn Lagerbestand gleich null unendliche Lagerzugangsrate Fehlbestände werden systematisch ausgeschlossen Kritik i.d.r. werden verschiedene Materialien benötigt unterschiedliche Bedarfe infolge von Auftragsschwankungen Lagerraum steht nur begrenzt zur Verfügung und muss ggf. mit anderen Materialien geteilt werden praxisfremd z.b. wegen Auftragsschwankungen Fehlmengen können für ein Unternehmen problematisch sein in der Praxis gibt es auch Teillieferungen, die an die Lagerkapazität oder den Produktionsrhythmus angepasst sein können auch temporäre Fehlmengen können sinnvoll sein; insbesondere bei vielen aufwändigen Teillieferungen Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 1
Modifiziertes Harris-Modell positive Lagerauffüllzeit: sukzessive Teillieferungen haben für Lieferant und Besteller Lagerkostenvorteile Voraussetzung: Zugangsrate darf nicht unter der Verbrauchs- und Abgangsrate liegen Erweiterung der Bestellmengenformel durch Berücksichtigung von Zugangs- und Abgangsrate für die optimale Bestellmenge gilt wiederum K L = K B jedoch liegen die Kosten jetzt auf einem niedrigeren Niveau beschränkte Lagerkapazität: verfügbare Lagerkapazität ist nicht ausreichend um die optimale Bestellmenge unterzubringen Larange-Ansatz: bei Unterbringung mehrere Materialien im Lager sind die Bestellmengen für jede Materialart unter Berücksichtigung der vorhandenen Lagerkapazität zu berechnen Steuerungsgröße für die Nutzung der Lagerkapazität ist ein Schattenpreis (Wie viel ist eine zusätzliche Lagereinheit wert?) in der Praxis erfolgt die Bestimmung der optimalen Bestellmengen mit Hilfe eines iterativen Verfahrens, d.h. der optimale Schattenpreis ist bereits bekannt bei der Lagerkapazität entsteht nur dann ein Engpass, wenn die Lagerauffüllung immer zur gleichen Zeit erfolgt durch Veränderung der Auffülltermine kann der Engpass beeinflusst werden Berücksichtigung von Fehlmengen: unter den Aspekten günstige Bestellmengen und Lagerkosten können kurzzeitige Fehlbestände sinnvoll sein: lost-sales (Servicegrad < 100 % wird toleriert) back-orders (ausgefallene Produktion wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt) back-orders: der maximale Lagerbestand reduziert sich um die Menge, die für die nachträgliche Produktion zurückgestellter Aufträge benötigt wird Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 2
Auswirkungen infolge veränderter Kostensätze: k L k F k B Q - - + G - + + F + - + k L = Lagerkostensatz k F = Fehlmengenkostensatz k B = Bestellkostensatz pro Bestellung Q = optimale Bestellmenge G = gesamter Lagerbestand F = maximal tolerierbarer Fehlbestand Veränderungen Zunahme (+) bzw. Abnahme (-) Trade-off zwischen sinkenden Fehlmengenkosten und steigenden Lager- und Bestellkosten Fehlmengenkosten sind wie Lagerkosten zu behandeln Summe aus Lager- und Fehlmengenkosten entspricht im Optimum den Bestellkosten Fazit: Fehlmengen sind sinnvoll, wenn die hierdurch entstehenden Kosten unterhalb der zusätzlichen Lagerkosten liegen. Im Back-order Fall sind jedoch weitere Kosten zu berücksichtigen, die durch die Abarbeitung der vorangegangenen Produktionsausfälle entständen sind Dynamische Verfahren zur Bestellmengenplanung Vorteile gegenüber statischen Verfahren: Berücksichtigung von Bedarfsschwankungen innerhalb der Planungsperiode Ziel der dynamischen Bestellmengenrechnung ist die Minimierung der Stückkosten Kostenausgleichsverfahren: Minimierung der Bestellmenge solange bis Lagerund Bestellkosten identisch sind Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 3
Wagner / Whitin-Verfahren Merkmale: variabler Bedarf Bedarf einer Periode ist bekannt variable Planungszeiträume, d.h. Planung für eine Periode oder mehrere Perioden möglich in zeitlicher Folge variable bestellfixe Kosten und variable Lagerkostensätze Betrachtung von nur einem Gut Lagerbestand am Anfang und am Ende des Planungszeitraums gleich null Lieferungen erfolgen schlagartig Periodenbedarf tritt zu Beginn der Periode in voller Höhe auf Fehlmengen sind nicht zugelassen bestellfixe Kosten und Lagerkostensatz werden als konstant vorausgesetzt Lösung mittels dynamischer Programmierung, d.h. Zerlegung des Optimierungsproblems in Teilprobleme jedes gelöste Teilproblem ist Grundlage für den nächsten Entscheidungsschritt Heuristiken Näherungsverfahren ohne exakte Lösungen, weil exakte Prognosen i.d.r. schwierig sind Extrapolation des statischen Ansatzes von Harris / Andler auf die dynamische Situation iterativer Prozess durch Einbeziehung nachfolgender Perioden bis das Entscheidungskriterium (Abbruchbedingung) erfüllt ist Verfahren sind relativ ungenau, da die Bedarfe zeitlich falsch gewichtet werden Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 4
gleitendes wirtschaftliches Bestellmengenverfahren: alternativ Bezeichnungen: Stückkostenverfahren, Least-unit-cost-Verfahren, dynamische Bestellmengenrechnung, gleitende Losgrößenbestimmung Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden ergänzt wie dadurch die Stückkosten sinken für alle Perioden werden identische bestellfixe Kosten und identische Lagerkostensätze unterstellt Kostenausgleichsverfahren: Ansatz: Kostengleichheit von Lagerkosten und Bestellkosten nach Harris / Andler wird auf den dynamischen Planungsprozess übertragen Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden erhöht bis die kumulierten Lagerkosten erstmals die Kosten einer einmaligen Bestellung überschreiten Stückperioden-Ausgleichsverfahren (Part-period-Verfahren): führt zum selben Ergebnis wie das Kostenausgleichsverfahren Abbruchkriterium wird noch durch den konstanten Lagerkostensatz dividiert, wodurch das Ergebnis die Dimension ME * Periode hat Silver / Meal-Verfahren: Optimierung der Bestellmenge bei gleichzeitiger Minimierung der durchschnittlichen Kosten pro Zeiteinheit iteratives Verfahren: Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden erhöht, solange die durchschnittlichen Kosten pro Zeiteinheit dadurch sinken Groff-Verfahren: Übertragung der Gleichheit von Grenzlagerkosten und Grenzbestellkosten auf einen dynamischen Ansatz Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden erhöht, wie die mittleren Lagerkosten nicht über den mittleren Bestellkosten liegen Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 5