Bestellmengenplanung

Ähnliche Dokumente
4.2.1 Das Verfahren von Wagner und Whitin

8. Planung optimaler Bestellmengen ausgewählte praxisrelevante Bedingungen

1. Einführung 2. Lagerhaltungsmodelle bei schwankendem Absatz 3. Heuristische Verfahen 4. Wagner-Whitin-Verfahren

Ressourceneinsatzplanung in der Fertigung

Übungsaufgaben zur Vorlesung BWL A Produktion:

1 Deterministische Verfahren zur Bestimmung der optimalen Bestellmenge

Logistik I. 4 Beschaffungslogistik (Teil c)

Fallstudie 5 Planung von Bestellmengen und zeitpunkten

Materialwirtschaft 2. Semester

Beschaffung. Entscheidungsbereiche. Beschaffungspolitik. Beschaffungsprogramm. Beschaffungskommunikation. Beschaffungsmethode. Beschaffungskonditionen

2.2 Systeme des Bestandsmanagements

Produktionswirtschaft (Teil B) II. Teilbereiche der Produktionsplanung II.1 Lagerhaltung und Losgrößen

Beschaffung. Prof. Dr. Martin Moog. Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre

Übung: Optimale Bestellmenge

A 46: Bestellpolitik (1)

Übung Grundlagen der computergestützten Produktion und Logistik W1332

Beschaffung, Marktleistungserstellung und Distribution: Übungsserie II

Kapitel 5. Grundlagen des Beschaffungsmanagements

Operations Management

Bestandsplanung und -steuerung: Die Berechnung der Bestellmengen

Operations Management Konzepte, Methoden und Anwendungen

Produktion und Organisation VL 9: Produktion Die Gutenberg-Produktionsfunktion

Statische Investitionsrechenverfahren. Charakteristika Verfahren Kritische Beurteilung

OPERATIONS MANAGEMENT. Supply Chain Management

Bestandsplanung und -steuerung: Schwerpunktbildung

OPERATIONS MANAGEMENT. - Supply Chain Management - SCM: Definition

B 2 Produktion und Kosten. II. Gesamtkosten / Erlöse bei linearem Kostenverlauf. Produktion und Kosten. Schiller-Gymnasium Hof Manuel Friedrich StR

BESCHAFFUNG. Betriebswirtschaftslehre

1 Material und Produktion

»Logistik der Zukunft«

Phillips Kurve. Einführung in die Makroökonomie. 10. Mai 2012 SS Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Phillips Kurve 10.

Materialwirtschaft / Beschaffung

OPERATIONS MANAGEMENT. - Supply Chain Management - SCM: Definition

Angebot. Vorlesung Bauwirtschaft Angebot = Wie viel bietet ein Unternehmen bei unterschiedlichen Preisen an? Preis.

UNTERNEHMENSLOGISTIK. Lektionen Januar 2008

Ein- und mehrstufige Lagerhaltung

Ökonomische Analyse der Medikamentenverteilung im Krankenhaus

In konstanten Modellen wird davon ausgegangen, dass die zu prognostizierende Größe sich über die Zeit hinweg nicht verändert.

Deckungbeitrag (Break-even Point)

2. Aufgabe Die Berechnung der optimalen Bestellmenge mittels der Andler'schen Formel basiert auf den vier Parametern

Material Einkaufsstrategie. sind unabhängig von der Produktionsmenge

Veranstaltung. Logistik und Materialfluss (Lagerlogistik), Sommersemester 2013

4.1.0 Extremwerte: Absolute und relative Maxima und Minima

Investitionsrechnung

Optimierung der Supply Chain in einem volatilen wirtschaftlichen Umfeld zur Verbesserung von Transparenz und Steuerung von Logistikprozessen

Lagerhaltung. Einführung Lagerhaltungsmodell deterministisch stochastisch Spezielle Verfahren KANBAN Pipeline JIT

Deckungsbeitragsrechnung

Tätigkeit: Merken Sie die Materialbedarfsarten!

Datenfortschreibung als Vorbereitung zur Optimierung eines Bike-Sharing-Systems auf operativer Ebene

Beuth Hochschule für Technik Berlin VWL Katharina Postma und Catrin Bagemühl

Kostenrechnung. Mengenangaben (Betriebsoptimum, gewinnmaximierende Menge) sind immer auf ganze ME zu runden.

Materialien zur Vorlesung Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre Lösungen zu den Übungsaufgaben

Handout zur Kreissynode Spandau am Jürgen Kroggel

Gelenkträger unter vertikalen und schrägen Einzellasten und einer vertikalen Streckenlast

Algorithmen & Programmierung. Rekursive Funktionen (1)

Restriktive Fiskalpolitik im AS-

Mathematische Grundlagen der dynamischen Simulation

Volkswirtschaft Modul 2

Logistik, Material- und Produktionswirtschaft 2010

11. Übung Makroökonomischen Theorie

3.3 Kapitalstock und Investitionen

Prüfungsklausur Mathematik II für Wirtschaftsingenieure,

Aussage: richtig falsch Nichtbasis-Variablen nennt man in der Linearen Programmierung auch Schlupf-Variablen.

Lagerbewirtschaftungsmodelle

Übungen zu Aktivitätsanalyse und Kostenbewertung im Sommer Aufgabenblatt 5

Optimieren unter Nebenbedingungen

Klausur zu Vorlesung Einführung in die Volkswirtschaftslehre VWL 1 (Prof. Dr. Thomas Straubhaar) Wintersemester 2006/07 2. Termin: 21.

Volkswirtschaftliche Analyse der Landes-Nervenklinik Wagner Jauregg

MUSTERLÖSUNG DER EINSENDEAUFGABEN ZUM KURS 40500

Durchschnittlichen Lagerbestand anpassen

Grundlagen der Produktionsplanung und -Steuerung

Operations Management

Leseprobe. Investition und Finanzierung

Vertiefung zu Logistik/SCM

1. Die KLR als Teil des Rechnungswesens

Musterlösung zur Einsendearbeit zum Kurs Preisbildung auf unvollkommenen Märkten und allgemeines Gleichgewicht, Kurseinheit 1

Spezielle BWL II Teil: Materialwirtschaft

Produktion & Organisation

Gewinn + Fremdkapitalzinsen Gesamtkapital 40000

Bestandsplanung. Prof. Dr.-Ing. Bernd Noche

Übungsaufgaben zur Einführung in die BWL

Aussage: richtig falsch

Lösung zu Aufgabensammlung. Vollkommener Wettbewerb: Aufgabensammlung I. Welches sind die Prämissen (Voraussetzungen) für vollständigen Wettbewerb?

Merkur Verlag Rinteln

Gruppe B Angabe. Di, Aushang an den Instituten Grün, Jammernegg, Kummer

Musterlösung zur Einsendearbeit zum Kurs Preisbildung auf unvollkommenen Märkten und allgemeines Gleichgewicht, Kurseinheit 1

Betriebliche Funktionsbereiche

Benutzerhandbuch Inventory Collaboration Hub

Bestandsplanung und -steuerung: Beispielrechnung zur Ermittlung der Lagerparameter

Beurteilung marktorientierter Verrechnungspreise

AUFGABEN- UND LÖSUNGSTEIL

Planung eines Logistikzentrums. Prof. Wolfgang Liebschner

2.3 ELEMENTARE BERECHNUNGEN Grundlagen

Aufgabe des Monats Mai

1. Begriffsbestimmung

Teil 3: Materialwirtschaft Analyse der Ausgangslage. 2. Ziele der Materialwirtschaft. 3. Teilbereiche der Materialwirtschaft

Arbeiten mit der Zielwertsuche

Allgemeine BWL - WS 2008/2009

IK Ökonomische Entscheidungen und Märkte LVA

2 Polynome und rationale Funktionen

Transkript:

Bestellmengenplanung Ziel: Ermittlung der optimalen Bestellmenge durch Minimierung der Kosten Anstieg der Lagerkosten K L mit zunehmender Bestellmenge, anderseits Abnahme der bestellfixen Kosten K B durch geringere Bestellhäufigkeit Harris / Andler-Modell klassisches Bestellmengenmodell: statisches Verfahren, das keine Bedarfsschwankungen innerhalb der Planungsperiode berücksichtigt optimale Bestellmenge = Minimum der Gesamtkosten für die Bestellung das Minimum befindet sich am Schnittpunkt von Lagerkostenfunktion K L und der Funktion der bestellfixen Kosten K B Lagerkosten K L = Lagerkostensatz k L * durchschnittlicher Lagerbestand durchschnittlicher Lagerbestand = Hälfte der Menge einer Bestellung Vorteile des Modells: leicht zu berechnen und übersichtlich Nachteile infolge verschiedener Prämissen: Prämisse nur eine Materialart berücksichtigt Materialgesamtbedarf wird für die Planungsperiode als bekannt vorausgesetzt keine Kapazitätsgrenze berücksichtigt Nachfrage einer identischen Materialmenge pro Zeiteinheit positive Wiederbeschaffungszeit: Bestellung erfolgt erst, wenn Lagerbestand gleich null unendliche Lagerzugangsrate Fehlbestände werden systematisch ausgeschlossen Kritik i.d.r. werden verschiedene Materialien benötigt unterschiedliche Bedarfe infolge von Auftragsschwankungen Lagerraum steht nur begrenzt zur Verfügung und muss ggf. mit anderen Materialien geteilt werden praxisfremd z.b. wegen Auftragsschwankungen Fehlmengen können für ein Unternehmen problematisch sein in der Praxis gibt es auch Teillieferungen, die an die Lagerkapazität oder den Produktionsrhythmus angepasst sein können auch temporäre Fehlmengen können sinnvoll sein; insbesondere bei vielen aufwändigen Teillieferungen Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 1

Modifiziertes Harris-Modell positive Lagerauffüllzeit: sukzessive Teillieferungen haben für Lieferant und Besteller Lagerkostenvorteile Voraussetzung: Zugangsrate darf nicht unter der Verbrauchs- und Abgangsrate liegen Erweiterung der Bestellmengenformel durch Berücksichtigung von Zugangs- und Abgangsrate für die optimale Bestellmenge gilt wiederum K L = K B jedoch liegen die Kosten jetzt auf einem niedrigeren Niveau beschränkte Lagerkapazität: verfügbare Lagerkapazität ist nicht ausreichend um die optimale Bestellmenge unterzubringen Larange-Ansatz: bei Unterbringung mehrere Materialien im Lager sind die Bestellmengen für jede Materialart unter Berücksichtigung der vorhandenen Lagerkapazität zu berechnen Steuerungsgröße für die Nutzung der Lagerkapazität ist ein Schattenpreis (Wie viel ist eine zusätzliche Lagereinheit wert?) in der Praxis erfolgt die Bestimmung der optimalen Bestellmengen mit Hilfe eines iterativen Verfahrens, d.h. der optimale Schattenpreis ist bereits bekannt bei der Lagerkapazität entsteht nur dann ein Engpass, wenn die Lagerauffüllung immer zur gleichen Zeit erfolgt durch Veränderung der Auffülltermine kann der Engpass beeinflusst werden Berücksichtigung von Fehlmengen: unter den Aspekten günstige Bestellmengen und Lagerkosten können kurzzeitige Fehlbestände sinnvoll sein: lost-sales (Servicegrad < 100 % wird toleriert) back-orders (ausgefallene Produktion wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt) back-orders: der maximale Lagerbestand reduziert sich um die Menge, die für die nachträgliche Produktion zurückgestellter Aufträge benötigt wird Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 2

Auswirkungen infolge veränderter Kostensätze: k L k F k B Q - - + G - + + F + - + k L = Lagerkostensatz k F = Fehlmengenkostensatz k B = Bestellkostensatz pro Bestellung Q = optimale Bestellmenge G = gesamter Lagerbestand F = maximal tolerierbarer Fehlbestand Veränderungen Zunahme (+) bzw. Abnahme (-) Trade-off zwischen sinkenden Fehlmengenkosten und steigenden Lager- und Bestellkosten Fehlmengenkosten sind wie Lagerkosten zu behandeln Summe aus Lager- und Fehlmengenkosten entspricht im Optimum den Bestellkosten Fazit: Fehlmengen sind sinnvoll, wenn die hierdurch entstehenden Kosten unterhalb der zusätzlichen Lagerkosten liegen. Im Back-order Fall sind jedoch weitere Kosten zu berücksichtigen, die durch die Abarbeitung der vorangegangenen Produktionsausfälle entständen sind Dynamische Verfahren zur Bestellmengenplanung Vorteile gegenüber statischen Verfahren: Berücksichtigung von Bedarfsschwankungen innerhalb der Planungsperiode Ziel der dynamischen Bestellmengenrechnung ist die Minimierung der Stückkosten Kostenausgleichsverfahren: Minimierung der Bestellmenge solange bis Lagerund Bestellkosten identisch sind Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 3

Wagner / Whitin-Verfahren Merkmale: variabler Bedarf Bedarf einer Periode ist bekannt variable Planungszeiträume, d.h. Planung für eine Periode oder mehrere Perioden möglich in zeitlicher Folge variable bestellfixe Kosten und variable Lagerkostensätze Betrachtung von nur einem Gut Lagerbestand am Anfang und am Ende des Planungszeitraums gleich null Lieferungen erfolgen schlagartig Periodenbedarf tritt zu Beginn der Periode in voller Höhe auf Fehlmengen sind nicht zugelassen bestellfixe Kosten und Lagerkostensatz werden als konstant vorausgesetzt Lösung mittels dynamischer Programmierung, d.h. Zerlegung des Optimierungsproblems in Teilprobleme jedes gelöste Teilproblem ist Grundlage für den nächsten Entscheidungsschritt Heuristiken Näherungsverfahren ohne exakte Lösungen, weil exakte Prognosen i.d.r. schwierig sind Extrapolation des statischen Ansatzes von Harris / Andler auf die dynamische Situation iterativer Prozess durch Einbeziehung nachfolgender Perioden bis das Entscheidungskriterium (Abbruchbedingung) erfüllt ist Verfahren sind relativ ungenau, da die Bedarfe zeitlich falsch gewichtet werden Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 4

gleitendes wirtschaftliches Bestellmengenverfahren: alternativ Bezeichnungen: Stückkostenverfahren, Least-unit-cost-Verfahren, dynamische Bestellmengenrechnung, gleitende Losgrößenbestimmung Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden ergänzt wie dadurch die Stückkosten sinken für alle Perioden werden identische bestellfixe Kosten und identische Lagerkostensätze unterstellt Kostenausgleichsverfahren: Ansatz: Kostengleichheit von Lagerkosten und Bestellkosten nach Harris / Andler wird auf den dynamischen Planungsprozess übertragen Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden erhöht bis die kumulierten Lagerkosten erstmals die Kosten einer einmaligen Bestellung überschreiten Stückperioden-Ausgleichsverfahren (Part-period-Verfahren): führt zum selben Ergebnis wie das Kostenausgleichsverfahren Abbruchkriterium wird noch durch den konstanten Lagerkostensatz dividiert, wodurch das Ergebnis die Dimension ME * Periode hat Silver / Meal-Verfahren: Optimierung der Bestellmenge bei gleichzeitiger Minimierung der durchschnittlichen Kosten pro Zeiteinheit iteratives Verfahren: Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden erhöht, solange die durchschnittlichen Kosten pro Zeiteinheit dadurch sinken Groff-Verfahren: Übertragung der Gleichheit von Grenzlagerkosten und Grenzbestellkosten auf einen dynamischen Ansatz Bestellmenge wird sukzessive um die Bedarfe nachfolgender Perioden erhöht, wie die mittleren Lagerkosten nicht über den mittleren Bestellkosten liegen Jürgen Janewers/ Rolf Baumanns WS 2007 / 2008 Seite 5