Die Modellzyklen in der Automobilindustrie sind über



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Transkript:

23 WIE PRODUKTIONSMITTELLIEFERANTEN VDA 6.4 INSTALLIEREN Gute Produkte nur mit perfekten Werkzeugen Wer wirtschaftlich fertigen und die Qualitätsanforderungen der Automobilindustrie erfüllen möchte, braucht fähige Produktions- und Prüfmittel. Eine Reihe von Unternehmen hat mittlerweile ihr Managementsystem am Standard VDA 6.4 ausgerichtet und zertifizieren lassen. ABB Automation konnte im Unternehmensbereich Robotics mit der Einführung von VDA 6.4 die Produktivität und stetig verbessern. Paul Hortmann, Oberursel, und Andreas Stark, Friedberg Fotos: www.fotolia.com (1); Hadrian Zett (1) Die Modellzyklen in der Automobilindustrie sind über die letzten Jahre immer kürzer geworden. Dadurch haben sich auch die Zeiten für die Produkt- und Prozessentwicklung, Einbindung der Lieferanten, Vorserienproduktion bis zum Produktionsstart deutlich reduziert. Lieferanten werden heute viel früher in die Produktund Prozessentwicklung eingebunden und haben viel weniger Zeit zur Umsetzung der Kundenforderungen. Darüber hinaus haben sich Komplexität und Kundenerwartungen erhöht, der Wettbewerb zugenommen und die Produkthaftung verschärft. Für ABB Robotics war dies Anlass zu überlegen, wie es diesem Trend begegnen kann. Schnell wurde klar, dass man die Vorgehensweisen der Automobilhersteller noch besser verstehen muss. Dazu gilt es, die angewendeten Methoden in der Automobilindustrie zu beherrschen und zu eigen zu machen und dabei die eigenen Abläufe und Tools immer stärker mit denen der Automobilhersteller zu verzahnen. Die ABB Automation GmbH, Unternehmensbereich Robotics mit Sitz in Friedberg, ist organisatorisch dem Bereich Automationstechnik und dem international ausgerichteten Geschäftsfeld Robotics zugeordnet. Das Liefer- und Leistungsangebot umfasst Industrieroboter, Standardzellen, kundenspezifische Systemlösungen und Dienstleistungen in fokussierten Kundensegmenten der Automobil- und Zulieferindustrie sowie der Fertigungsindustrien. Der Unternehmensbereich Robotics beschäftigt etwa 400 Mitarbeiter. Seit 1997 ist er nach DIN EN ISO 9001 und seit Januar 2007 nach VDA Band 6 Teil 4, kurz VDA 6.4, zertifiziert. In dem VDA 6.4 hat ABB Robotics eine Basis gefunden, um Prozesse, Methoden und Tools immer mehr an die Forderungen der deutschen Automobilindustrie anzupassen. Von Vorteil für beide Seiten ist, dass viele Forderungen für den Automobilhersteller genauso gelten wie für den Produktionsmittellieferanten. Der Kunde selbst steht dadurch bei der Umsetzung vieler Forderungen als Benchmark zur Verfügung. Kontinuierliche Verbesserung ist das Alpha und Omega Zeitgleich mit der Restrukturierungsphase im Jahr 2003 hat ABB Robotics den Prozess der kontinuierlichen Verbesserung aller Abläufe gestartet. Mit dem Wandel zur Prozessorientierung wurde allen Führungskräften ihre neue Verantwortung bewusst gemacht. Diese besteht im Wesentlichen aus drei Säulen: der Geschäftsverantwortung, der Mitarbeiterführung und, für einige

24 QM-SYSTEME Bild 1. Der Reiseführer Strategische Planung weist den Weg zur Umsetzung Führungskräfte neu, der kontinuierlichen Verbesserung ihrer Prozesse. Damit waren nicht mehr die Qualitäter oder beauftragte Mitarbeiter für die Unternehmensprozesse verantwortlich, sondern alle Führungskräfte. Die regelmäßig stattfindenden Management-Meetings auf Unternehmens- und Geschäftsbereichsebene wurden bewusst in zwei Themenbereiche aufgeteilt: administrative und prozessorientierte. Es wurden Process Owner Teams (POT) gebildet, bestehend aus Führungskräften und Qualitätsbeauftragten, von denen Prozessziele definiert, Prozessergebnisse begutachtet und Verbesserungsmaßnahmen initiiert wurden bzw. werden. Aufbauend auf den bisherigen Verfahrens- und Arbeitsanweisungen wurde ein integriertes Managementsystem inklusive eines neuen Tools zur Visualisierung der Prozesse eingeführt. Die Prozessleistungen wurden zunehmend über Kennzahlen gemessen und über KVP-Projekte verbessert. Die Entwicklung in Richtung EFQM-Modell war beschlossene Sache. 2005 startete ABB Robotics mit der Umsetzung der Forderungen aus dem VDA 6.4. Zunächst wurden alle internen Auditoren geschult. Danach erfolgte eine Schulung aller Process Owner und eine detaillierte Information aller Mitarbeiter über den VDA 6.4 im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Informationsveranstaltungen. Parallel zum Überwachungsaudit nach ISO 9001 im Jahr 2006 wurde eine GAP- Analyse (Soll-Ist-Vergleich) zu dem VDA 6.4 durchgeführt. Mit externer Unterstützung wurden die ergänzenden Forderungen des VDA-Standards in die bestehenden Prozesse integriert. Priorität hatten Themen, die eine lange Umsetzung und Integration in die Organisation benötigten. Der Fortschritt wurde zunächst in einem eigens definierten Lenkungsausschuss und später im Prozessteil der beste- Verkaufsprozess Mit welchen Mitteln? KVP (Prozessverbesserungen) Mit wem (Fähigkeit, Wissen)? MS Office SAP EasyDMS Boo (RA/RR Products) ProSAM (PA, BiW) KVP Projekte [Link] Aktionsliste Prozesse [Link] Verkäufer / Angebotsteam Vertriebsinnendienstmitarbeiter Controller Projektleiter Einkäufer Fachabteilungen Prozess Input (Eingabe) Kundenanfrage Kundenvorschriften 1. Bid (Angebot)/No Bid Entscheidung 2. Klärung der Anfrage/Machbarkeit 3. Technische Auslegung 4. Kalkulation/Angebot erstellen 5. Risk Review gem. ABB Weisung 6. Angebotsreview/-freigabe 7. Auftragserfassung 8. Auftrags-/Vertragsprüfung 9. Auftragsübergabe Output (Ausgabe) Übergabegespräch Übergabedokumente Auftragsbestätigung Leistungsindikatoren (messbar)? Effektivität: Kundenzufreidenheit Durchlaufzeit (RAP) Hitrate (Paint) Effizienz: CIP / COPQ Risiken Auftragsklärung (Abnahmekriterien) Kalkulation Kundenvorschriften Wie (Verfahren, Methoden)? Verkaufsprozess Kalkulationsrichtlinie Unterschriftenregelung...... [siehe Prozessowner-Seite] Bild 2. Der Verkaufsprozess als Beispiel für die Schildkröten-Methode Carl Hanser Verlag, München

25 henden Management-Meetings verfolgt. Die Anpassung an die zusätzlichen Forderungen wurde Ende 2006 abgeschlossen, sodass im Januar 2007 im Rahmen des Wiederholungsaudits zur ISO 9001 die Erstzertifizierung nach VDA 6.4 erfolgen konnte. Bei der Umsetzung der Anforderungen ist Sorgfalt gefragt Strategieprozess Zentrales Thema der VDA 6.4 ist die Schaffung von Regelkreisen. Dies betrifft insbesondere auch den Strategieprozess eines Unternehmens. Oft werden Strategien mit großem Aufwand erstellt und mit Pauken und Trompeten eingeführt, um anschließend in der Versenkung zu verschwinden. Vor der Erstellung der Strategien hat sich daher ABB Robotics intensiv mit dem Strategieprozess als solchem befasst und einen sogenannten Reiseführer Strategische Planung erarbeitet (Bild 1). Gestartet wurde der Strategieprozess mit der Klärung der Prinzipien des Erfolgs bei allen Führungskräften. Schnell waren die Grundwerte von ABB Robotics mit Aussagen zur Zukunftssicherung, Fairness, Partnerschaft mit Kunden und Lieferanten und zum Siegeswillen erarbeitet. Abgeleitet aus der Mission und Vision des Konzerns haben die Führungskräfte von ABB Robotics auch rasch ihre eigene Mission und Vision erarbeitet. Die Kritischen Erfolgsfaktoren wurden gemeinsam für alle Geschäftsbereiche einheitlich definiert. Aufwendiger wurde es dann bei der Umfeldanalyse. Hier wurden Technologische Trends, Ökonomische und politische Trends, Ökologische Trends und Soziokulturelle Trends, die Einfluss auf das Geschäft haben, ermittelt. Anhand der Kritischen Erfolgsfaktoren erfolgte anschließend ein Vergleich mit den wichtigsten Wettbewerbern. Danach wurde eine Bewertung der Attraktivität des Markts und eine Kundenanalyse hinsichtlich Wachstum und Attraktivität durchgeführt. Alle aus der Umfeldanalyse wurden danach in einer SWOT-Analyse (Gegenüberstellung der Stärken/Schwächen und Chancen/Risiken) betrachtet und daraus strategische Ziele und Aktionen abgeleitet. Diese wurden allen Mitarbeitern vorgestellt und mit ihnen diskutiert. In den monatlich stattfindenden Business Reviews und POT-Meetings der Bereiche werden die Ziele und Aktionen verfolgt und wenn nötig angepasst. Eine wichtige Rolle bei der Umsetzung und Nachhaltigkeit von Grundwerten, Mission, Vision und Strategien haben die Führungskräfte. Unterstützend hierfür haben sich die Führungskräfte von ABB Robotics ein gemeinsames Führungsleitbild erarbeitet, wonach sie jährlich von ihren Mitarbeitern ein Feedback bekommen. Prozessanalyse mit der Schildkröten-Methode (Turtle) Mit Einführung von VDA 6.4 wurden alle Hauptprozesse von ABB Robotics sowie eine Vielzahl von Support- und weiterführenden Prozessen mit der Schildkröten-Methode analysiert. Diese Methode hat sich in der Praxis bewährt, da sie in einfacher und verständlicher Form sowohl den Input als auch den Output und die weiteren Einflussfaktoren eines Prozesses zusammenfasst. Die Methode schärft bei den Mitarbeitern die Sinne für Schnittstellen, zeigt Abhängigkeiten auf, sorgt für Transparenz, ermittelt Messwerte und bildet die Grundlage für ein systematisches Risikomanagement (Bild 2). Mittlerweile ist diese Methode bei ABB Robotics die Basis für alle internen Audits, sodass die Auditprotokolle in adäquater Form aufgebaut wurden. Die Mitarbeiter finden die Methode tierisch gut, und Prozessanalysen werden sogar aus eigenen Antrieb in dieser Form durchgeführt. Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) Der KVP-Prozess ist vielleicht der schwierigste Prozess im Unternehmen. Seit 2004 arbeitet ABB Robotics an diesem Thema und muss immer wieder nachjustieren, um den Prozess am Leben zu erhalten. Begonnen hat es 2004 mit ersten KVP-Pilot-

26 QM-SYSTEME Tipps für die Einführung Wer gemäß des VDA 6.4 strukturieren will, der sollte Folgendes beachten: Projektunterstützung durch die oberste Leitung ist ein Muss, Führungskräfte sind für die kontinuierliche (Prozess-) Verbesserung unter Berücksichtigung neuer Anforderungen verantwortlich, alle Mitarbeiter müssen rechtzeitig und stufengerecht eingebunden werden, bereits zu Projektbeginn sind Projektleiter und Steering Commitee zu benennen und ein Projektplan ist zu erstellen, die Priorität sollte bei Themen liegen, die eine lange Umsetzung und Integration in die Organisation benötigten, neue, komplexe Themen sollten über Pilotprojekte eingeführt werden. Literatur VDA Band 6 Teil 4 QM-Systemaudit Produktionsmittel (2. Auflage 2005) VDA Band 6 Zertifizierungsgrundlagen VDA Band 6 Teil 7 Prozessaudit Einzelproduktion Autoren Dipl.-Ing. (FH) Paul Hortmann, geb. 1946, ist selbstständiger Berater für QM-Systeme in der Automobilindustrie und Mitautor von VDA Band 6 Teil 4 und Teil 7. Andreas Stark, geb. 1966, ist in verschiedenen Gesellschaften der ABB AG für das Integrierte Managementsystem verantwortlich. Im Unternehmensbereich Robotics ist er seit 2003 tätig. Kontakt Paul Hortmann hortmann@vda-qme.de QZ102600 VDA 6.4 System für Produktionsmittellieferanten Als im Jahr 2000 die ISO 9001 neu aufgelegt wurde, ergab sich auch für den Standard VDA 6.4 die Notwendigkeit einer Überarbeitung. Ein Arbeitskreis beschloss, VDA 6.4 nicht nur der prozessorientieren ISO- Struktur anzupassen, sondern grundlegend zu überarbeiten. Noch mehr als bisher sollten die spezifischen Abläufe bei der Herstellung von Produktionsmitteln Berücksichtigung finden. So entstand die 2. Auflage 2005 von VDA Band 6 Teil 4. Basierend auf den Anforderungen der ISO 9001:2000 wurden die automobilspezifischen Anforderungen definiert. Neu ist, dass es keinen Fragenkatalog mehr gibt. Dies zwingt einen Auditor, sich ausschließlich an den Prozessen der Organisation zu orientieren. Die Bewertung erfolgt weiterhin nach dem bewährten Punktesystem. Um diese trotz fehlenden Fragenkatalogs anwenden zu können, wurde das Prozess-Analyse-Modell (Schildkröten-Methode) mit seinen sechs Prozessmerkmalen übernommen. Auch wurden zehn Standardprozesse definiert, die sich an einem typischen Unternehmen der Produktionsmittelindustrie orientieren und bei unterschiedlichen Prozessen der Organisationen eine Vergleichbarkeit der Auditergebnisse gewährleisten sollen. Das ist besonders wichtig beim Prozess Endmontage/Inbetriebnahme beim Kunden, da häufig erst nach dem Aufbau beim Kunden die volle Funktionsfähigkeit des Produktionsmittels geprüft werden kann. Deshalb ist im Zertifizierungsverfahren die Auditierung einer sogenannten Baustelle zwingend vorgeschrieben. Das überarbeitete Regelwerk ist Grundlage für die Zertifizierung nach VDA 6.4 und Bestandteil der kundenspezifischen Forderungen der Automobilindustrie. So hat die Volkswagen AG ihre Produktionsmittellieferanten im Jahr 2006 erneut angeschrieben und die Zertifizierung nach VDA 6.4 gefordert, die Daimler AG hat dies als Forderung in die special terms aufgenommen. Aber auch andere Hersteller wie Ford erkennen den VDA 6.4 als Nachweis für das QM-System im Rahmen des Q1-Status an, nachdem die QS-9000 TE ausgelaufen ist. Somit ist VDA 6.4 weltweit der einzige zertifizierbare Standard, der die spezifischen Anforderungen an das QM-System von Produktionsmittelherstellern für die Automobilindustrie definiert. projekten, die unterschiedlich erfolgreich abgewickelt wurden. Problematisch war, dass die Organisation nach mehreren Monaten in den alten Zustand zurückgefallen ist. Da die kontinuierliche Verbesserung zentraler Bestandteil der VDA 6.4 ist, wurde Anfang 2006 dann das Programm Robotics Excellence gestartet. Hier wurden alle Process Owner (Führungskräfte) und Operational-Excellence-Mitarbeiter (Qualitätsbeauftragte) zu den Themen Effiziente Besprechungen, Problemlösungsprozess und Ziel-Ergebnis-Prozess von einem externen Dienstleister erneut geschult (Bild 3). Anschließend haben sie ihr Wissen durch Schulung an alle Mitarbeiter weitergegeben. Nach der Schulung beteiligten sich alle Führungskräfte und Mitarbeiter an mindestens einem KVP-Projekt. Die erfolgreiche Umsetzung wurde in den POT-Meetings überwacht und unterstützt. Die aller KVP-Projekte wurden der Unternehmensbereichsleitung vorgestellt. Aufgrund des hohen Auftragseingangs im Jahr 2007 ist die Anzahl der KVP-Projekte wieder zurückgegangen. Die Führung von ABB Robotics steuert bereits wieder gegen, indem sie den KVP-Prozess weiter vereinfacht und optimiert. Hier zeigt sich, dass auch für den KVP-Prozess eine ständige Verbesserung notwendig ist. Benchmarking Was nutzen die schönsten Kennzahlen ohne Vergleiche mit dem Branchendurchschnitt bzw. Branchenbesten? Bisher hatte sich ABB Robotics nur über Kennzahlen der Verbände oder über speziell in Auftrag gegebene Studien mit Wettbewerbern verglichen. Hier verlangt der VDA 6.4 eine systematische Vorgehensweise. Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut forum!, das auch die Benchmarkstudie Excellence Barometer (ExBa) erstellt, werden seit 2007 im Rhythmus von zwei Jahren Kunden- und Mitarbeiterbefragungen durchgeführt. Hierbei wurden anhand der unternehmerischen Erfolgsfaktoren Benchmarks zur emotionalen Kundenbindung und Kundenzufriedenheit ermittelt. Diese Benchmarks wurden den n zur Mitarbeiterzufrie- Carl Hanser Verlag, München

27 1. Definition des Ziels Identifikation Problem 1 planen 2. Beschreibung des Kunden 3. Beschreibung der Kundenbefürfnisse Ergebnis bewerten 6 Analyse Ursachen 2 4. Umsetzung der ermittelten Bedürfnisse in Vorgaben an Lieferanten Problemlösungsprozess 5. Beschreibung der erforderlichen Prozessschritte Lösung einführen 5 Lösung wählen Planung 4 Mögliche Lösungen 3 organisieren 6. Bestimmung der Messpunkte und -methoden Ist der Prozess hinreichend beschrieben und schlüssig? Nein PLP Ja Umsetzung des Prozesses Bild 3. Um den KVP anzuregen, wurden Führungskräfte und Qualitätsbeauftragte im Umgang mit dem Zielerreichungsplan und Problemlösungsprozess geschult auditieren 7. Bewertung des Prozesses Entspricht das Ergebnis den gesteckten Zielen? Nein PLP Ja 8. Abschließende Beschreibung des Prozesses und kontinuierliche Umsetzung denheit, Mitarbeiterbindung und Mitarbeitermotivation gegenübergestellt. Die Erkenntnisse aus den Studien werden bei ABB Robotics zur weiteren Verbesserung der Führungs-, Geschäftsund Supportprozesse genutzt. Produktaudits Neu eingeführt wurden Produktaudits, die entlang der Wertschöpfungskette durchgeführt werden. In regelmäßigen Abständen werden angelieferte, gelagerte und versandbereite Produkte begutachtet. Der Vorteil für ABB Robotics liegt darin, dass Fehler früher erkannt und schneller beseitigt werden können. Dies führt zur Reduzierung der Durchlaufzeiten und zu Kosteneinsparungen. Ermittlung lebenszeitbezogener Kosten Bei der Anschaffung neuer Produkte werden in der Automobilindustrie nicht nur die Anschaffungskosten betrachtet, sondern verstärkt auch die lebenszeitbezogenen Kosten. Diese werden mit den Wettbewerbern verglichen und werden zunehmend wichtiger bei der Auftragsvergabe. Die Kosten sind zum Teil schwer zu ermitteln, da hier wenige bzw. nur ungenaue Daten wie Mean Time Between Failure (Mittlere Störungsfreie Zeit) oder Mean Time To Repair (Mittlere Reparaturdauer) zur Verfügung stehen. Hier hat ABB mit seinem neuen Produkt Remote Service eine Verbesserung geschaffen. Alle Roboter können mit einer Blackbox ausgerüstet werden. Dort werden alle Roboterdaten aufgezeichnet und können jederzeit über eine UMTS-Verbindung abgerufen werden. Die Daten werden zur Verbesserung der Produktqualität, -lebensdauer und -zuverlässigkeit genutzt und ermöglichen eine immer genauere Bestimmung der tatsächlichen Kosten in der Nutzungsphase. Die Einführung des Standards VDA 6.4 war ein wichtiger Schritt, den Unternehmensbereich weiter in Richtung Automotive Excellence gemäß EFQM-Modell zu entwickeln. Dies spiegelt sich auch in den n wider. So konnten die Produktivität und die kontinuierlich verbessert werden. Der Qualitätsstandard VDA 6.4 unterstützt Unternehmen der Produktionsmittelindustrie bei Aufbau und Optimierung eines prozessorientierten Managementsystems. Eingebunden in die Unternehmensstrategie, umgesetzt und getragen von allen Führungskräften und Mitarbeitern bewirkt er, dass die Management- und Unterstützungsprozesse sowie alle Prozesse entlang der Wertschöpfungskette so ausgerichtet werden, dass ein Höchstmaß an Effizienz erreicht werden kann.