Aus der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. M. W.

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Transkript:

Aus der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. M. W. Beckmann Doppler der Uterinarterien in Kombination mit maternal anamnestischen und biochemischen Faktoren als Screening-Test für Präeklampsie und intrauterine Wachstumsrestriktion am Ende des ersten Trimesters Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Miriam Scheffler aus Schwabach

Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Dekan: Referent: Korreferent: Prof. Dr. med. Dr. h. c. J. Schüttler Priv.-Doz. Dr. Peter A. Fasching Prof. Dr. M. W. Beckmann Tag der mündlichen Prüfung: 21. Januar 2011

Für alle, die ihr Leben in den Dienst des medizinischen Fortschritts gestellt haben

Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung... 1 2. Einleitung... 5 2.1 Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen... 5 2.1.1 Einteilung und Klassifizierung... 5 2.1.2 Pathophysiologie... 9 2.1.2.1 Physiologische und pathologische Plazentation... 9 2.1.2.2 Die Rolle des Endothels... 12 2.1.2.3 Andere pathophysiologische Einflüsse... 14 2.1.2.4 Organmanifestationen (Mutter)... 15 2.1.3 Folgen und Bedeutung der HES... 16 2.1.3.1 Kindliche Folgen... 16 2.1.3.2 Mütterliche Probleme... 17 2.1.4 Therapie und Prävention hypertensiver Erkrankungen in der Schwangerschaft... 18 2.2 Prädiktoren für das Auftreten von Schwangerschaftserkrankungen... 19 2.2.1 Doppler... 20 2.2.2 Doppler in Kombination mit anderen Methoden... 22 2.2.3 Frühzeitige Veränderungen von Laborparametern... 23 2.3 Fragestellung der Arbeit... 24 3. Material und Methoden... 26 3.1 Studienkollektiv... 26 3.1.1 Rekrutierung der Patientinnen... 26 3.1.2 Ein- und Ausschlusskriterien... 26 3.1.3 Patientinnenkollektiv... 27 3.2 Erhobene Parameter... 29 3.2.1 Anamnese... 29 3.2.2 Ultraschalluntersuchung der Arteriae uterinae... 29 3.2.3 Erfassung des Schwangerschaftsausgangs... 31 3.2.4 Definition der Zielkriterien... 31 3.3 Statistische Überlegungen... 32 4. Ergebnisse... 33 4.1 Deskriptive Statistik mit demographischen Daten der Patientinnen... 33 4.2 Univariate Analyse... 34 4.3 Multivariate Analyse... 38 5. Diskussion... 41 6. Literaturverzeichnis... 50 7. Abkürzungsverzeichnis... 61 8. Danksagung... 63 9. Lebenslauf... 64

1 1. Zusammenfassung Doppler der Uterinarterien in Kombination mit maternal anamnestischen und biochemischen Faktoren als Screening-Test für Präeklampsie und intrauterine Wachstumsrestriktion am Ende des ersten Trimesters Hintergrund und Ziele: Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES) wie zum Beispiel Präeklampsie machen einen hohen Anteil an der perinatalen Morbidität und Mortalität bei Mutter und Kind aus. Sie manifestieren sich klinisch meist erst ab dem letzten Schwangerschaftsdrittel. Aus vielen Studien weiß man inzwischen, dass die Veränderungen des mütterlichen Endothels, die für die Pathogenese dieser Entität entscheidend sind, bereits in der Frühschwangerschaft auftreten. Zudem ist bekannt, dass bestimmte anamnestische und konstitutionelle Voraussetzungen der Mutter die Wahrscheinlichkeit einer HES erhöhen. Ein frühes Erkennen einer HES verbessert die mütterliche und kindliche Prognose. Ziel unserer Studie war es, eine Screening-Methode zu finden, die bereits in der Frühschwangerschaft Patientinnen mit einem erhöhten Risiko für eine HES identifizieren kann. Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie wurde bei 120 Schwangeren in der 12.-14. Schwangerschaftswoche per Fragebogen eine Reihe von anamnestischen und konstitutionellen Daten erhoben, insbesondere wurden sie nach dem Auftreten von HES in einer früheren Schwangerschaft befragt. Außerdem erfolgte am selben Tag eine Blutentnahme zur Bestimmung der Werte von Hämatokrit und Cystatin C und eine dopplersonographische Untersuchung der Arteriae uterinae mit Ausmessung von Flusswiderstandskennzahlen. Nach dem Ende der Schwangerschaft wurde, wiederum per Fragebogen, erfasst, bei welchen Probandinnen in dieser Schwangerschaft HES aufgetreten waren. Uni- und multivariat wurde dann untersucht, inwieweit die in der Frühschwangerschaft erhobenen Daten mit später eintretenden Komplikationen korrelierten.

2 Ergebnisse und Beobachtungen: Beim Vergleich beider Gruppen (Auftreten von HES vs. kein Auftreten von HES) zeigten sich in der Gruppe der Erkrankten höhere Werte für Gewicht (p=0,018) und BMI (p=0,019). Auch zeigten sich in der Gruppe der Erkrankten signifikant häufiger Frauen, die in einer letzten Schwangerschaft ein HELLP-Syndrom (p=0,010) oder eine Präeklampsie (p=0,002) erlitten hatten sowie Frauen, die bei der Doppler-Ultraschalluntersuchung Flussstörungen der Arteriae uterinae mit einem so genannten beidseitigen Notch (p=0,011) aufwiesen. Die multivariate Analyse zeigte weiterhin einen Trend für niedrigere BMI-Werte in der Kontrollgruppe (p=0,049). Hinsichtlich der Werte für Hämatokrit und Cystatin C und in der Kombination der verschiedenen Methoden unterschieden sich beide Gruppen nicht. Praktische Schlussfolgerungen: Wir konnten zeigen, dass sich bereits in der Frühschwangerschaft Risikopatientinnen identifizieren lassen. Ein besonderer Stellenwert kommt der anamnestischen Erfassung früherer HES zu. Weiterhin sollten Schwangere mit einem hohen Körpergewicht sowie mit einem beidseitigen Notch in der Doppler- Untersuchung der Uterinarterien engmaschig kontrolliert werden. Um genaue Aussagen zur Sensitivität und Spezifität dieser Methoden machen zu können, sind jedoch kontrollierte Studien mit größeren Fallzahlen nötig.

3 Summary Doppler analysis of the uterine arteries in combination with maternal medical history and biochemical markers as a screening test for preeclampsia and intrauterine growth restriction at the end of the first trimester Background and aims: Hypertensive complications of pregnancy like preeclampsia are accountable for a high percentage of the perinatal morbidity and mortality of both mother and child. Clinical manifestations commonly do not appear before the last trimester of pregnancy. Many studies have shown that changes of the maternal endothelium, which are crucial for the pathogenesis, already occur in early pregnancy. Furthermore we know that certain factors of maternal medical history enlarge the risk for hypertensive complications. An early detection improves the prognosis for mother and child. The aim of our study was to find a screening method that is able to identify patients with a high risk for hypertensive complications at an early stage of pregnancy. Methods: In a prospective study we collected data concerning the medical history of 120 pregnant women in their 12th to 14th week of pregnancy by a paper based questionnaire. We had a special interest in the occurrence of hypertensive complications in a former pregnancy. At the same examination we measured the serum levels of cystatine C and the hematocrit from the serum and performed a Doppler ultrasound of the uterine arteries to obtain the blood flow resistance indices. After the completion of the pregnancy we obtained the information who of the women had developed hypertensive complications; according to this information we assigned the women to the case or the control group. Later we examined through uni- and multivariate analysis the correlation between the recorded data in the early pregnancy and the occurrence of hypertensive complications.

4 Results: Comparing both groups (development of a hypertensive disorder vs. no hypertensive disorder), we found a higher body weight (p=0,018) and BMI (p=0,019) in the case group (women with hypertensive complications). In the group of patients with hypertensive disorders there was as well a higher percentage of women who had suffered from HELLP syndrome (p=0,010) or preeclampsia (p=0,002) in a former pregnancy and of women who presented bilateral notching in the Doppler ultrasound (p=0,011). The multivariate analysis furthermore showed a lower BMI in the control group of healthy women (p=0,049). There was no significant difference between the groups regarding cystatine C and hematocrit and in the combination of all methods. Conclusions: We could show that some patients at risk of developing a hypertensive complication can be identified in early pregnancy. It is of great importance to ask for the prevalence of these complications in a former pregnancy. Pregnant women with high body weight or bilateral notching in the Doppler investigation of the uterine arteries should be monitored closely. To allow precise statements relating to the sensitivity and specifity of these methods, controlled studies with larger populations will be necessary.

5 2. Einleitung 2.1 Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen Unter dem Begriff hypertensive Schwangerschaftserkrankungen (HES) wird eine Reihe von Erkrankungen zusammengefasst, die ausschließlich in Verbindung mit einer Schwangerschaft auftreten und deren gemeinsames Merkmal die Hypertonie ist. Derartige Komplikationen des Schwangerschaftsverlaufs sind schon sehr lange bekannt. Bereits vor 3000 Jahren wurden diese Erscheinungen im ägyptischen Kahun-Papyrus beschrieben [88]. Bis heute sind die ätiologischen und pathogenetischen Faktoren noch nicht vollständig bekannt, obwohl seit vielen Jahrzehnten intensiv zu diesem Thema geforscht wird. Der Krankheits-Komplex umfasst die Gestationshypertonie, die Präeklampsie und als besonders schwere Verlaufsformen das HELLP-Syndrom und die Eklampsie. In Deutschland liegt die Prävalenz der HES bei ca. 5-7% aller Schwangerschaften [19]. 2.1.1 Einteilung und Klassifizierung Im Verlauf der wissenschaftlichen Arbeit zu HES versuchten verschiedene Organisationen und Gruppen, zu einer einheitlichen Klassifizierung zu gelangen. Am weitesten verbreitet ist heute die Einteilung der International Society for the Study of Hypertension in Pregnancy (ISSHP); sie wurde auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Fédération Internationale de Gynécologie et d'obstétrique (FIGO) akzeptiert. Die ISSHP berücksichtigt in ihrer Einteilung in erster Linie klinische Merkmale und soll in der aktualisierten Version aus dem Jahr 2001 der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen [10]. Daneben existiert noch eine ältere Einteilung des American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG), die vorwiegend auf pathogenetischem Hintergrund basiert [41]. Nachfolgend sollen die verschiedenen Ausprägungen der HES näher beschrieben werden.

6 Chronische Hypertonie ist definiert als Bluthochdruck, der vor der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) auftritt und länger als 6 Wochen post partum bestehen bleibt. Eine Schwangerschaft kann aufgrund der vielfältigen Veränderungen im mütterlichen Organismus zur Demaskierung einer präexistenten Erkrankung führen. In 95% der Fälle ist die Hypertonie essenziell, nur in 5% der Fälle können die Ursachen gefunden werden. Die leichte chronische Hypertonie in der Schwangerschaft stellt keine Gefährdung für Mutter und Kind dar. Sie ist immer als Differentialdiagnose einer HES in Erwägung zu ziehen [10]. Die Gestationshypertonie (auch schwangerschaftsinduzierte Hypertonie, SIH) beschreibt einen nach der 20. Schwangerschaftswoche erstmalig auftretenden Bluthochdruck ohne Proteinurie bei einer zuvor normotensiven Patientin, der sich spätestens 12 Wochen nach der Geburt wieder normalisiert. Als pathologisch für den diastolischen Blutdruck gilt dabei ein einmalig gemessener Wert 110 mmhg oder bei zweimaliger Messung im Abstand von 4-6 Stunden Werte 90 mmhg [10]. Eine Schwangerschafts-Proteinurie liegt vor, wenn die Eiweißausscheidung 0,3 g/l im 24-h-Sammelurin bei einer zuvor nicht proteinurischen Schwangeren übersteigt [10]. Präeklampsie, auch proteinurische Hypertonie genannt, bezeichnet das gleichzeitige Auftreten von Gestationshypertonie und Proteinurie. Klinisch äußert sich die Präeklampsie meist durch Hypertonie und das Auftreten von starken Ödemen. Mit zusätzlichen Untersuchungen lassen sich ein verminderter uteroplazentarer Blutfluss, Hämokonzentration, endotheliale und renale Dysfunktion (v. a. Proteinurie) und eine gestörte Thrombozytenfunktion nachweisen [22, 25]. Zusätzlich können im Rahmen der Multisystemerkrankung noch viele weitere Symptome hinzutreten. Man unterscheidet verschiedene Schweregrade: [65, 66] A) Die milde Präeklampsie zeigt keine Symptome der schweren Verlaufsform. B) Die schwere Präeklampsie geht einher mit Hypertonie 160/110 mmhg, Proteinurie >3 g/24h und einer intrauterinen Wachstumsrestriktion (IUGR).

7 Gelegentlich treten weitere Komplikationen wie Nierenversagen oder Oligurie, Koagulopathie, Schädigung von Leber oder Zentralnervensystem auf. Die Ausprägung der Ödeme scheint keine prognostische Aussagekraft zu haben [81]. Hinsichtlich der unterschiedlichen Prognose empfiehlt sich eine weitere Unterteilung in eine Frühform (early onset), die bereits vor der 30. Schwangerschaftswoche klinisch evident wird, und eine Spätform (late onset). Die Inzidenz der HES in Deutschland beträgt ca. 3-5% bei Nulliparae und 0,5% bei Multiparae ohne vorausgegangene Gestose [93] Eine Pfropf-Präeklampsie liegt vor, wenn zu einer präexistenten chronischen Hypertonie in der Schwangerschaft eine Proteinurie hinzutritt. Diese Form der Präeklampsie geht mit einer deutlich schlechteren Prognose für Mutter und Kind einher [81]. Spezifische Komplikationen, zu denen es im Rahmen einer schweren Präeklampsie kommen kann, sind das HELLP-Syndrom und die Eklampsie [65, 66]. Das HELLP-Syndrom bezeichnet einen Symptomenkomplex aus H hemolysis (Hämolyse) EL elevated liver enzymes (erhöhten Leberenzymwerten) und LP low platelets (erniedrigter Thrombozytenzahl). Der Begriff wird seit 1982 benutzt, aber erst 1986 nahm die ISSHP eine genaue Definition der laborchemischen Veränderungen vor: Ein HELLP-Syndrom liegt vor, wenn der Serumspiegel der Transaminasen GOT und GPT sowie der LDH um mehr als die 2- bis 3fache Standardabweichung von der Norm erhöht ist. Außerdem muss eine Thrombozytopenie mit weniger als 100.000 Thrombozyten pro Mikroliter bestehen Die Hämolyse zeigt sich am deutlichsten in einem erniedrigten Haptoglobinspiegel [10]. Klinisches Leitsymptom ist der rechtsseitige Oberbauchschmerz, der durch die Kapselspannung der vergrößerten Leber entsteht. Aus dem HELLP-Syndrom

8 können sich lebensbedrohliche Komplikationen entwickeln wie eine disseminierte intravasale Gerinnung, eine Niereninsuffizienz, eine intrakranielle Blutung oder ein Lungenödem [80]. Eine Besonderheit ist, dass das HELLP- Syndrom auch vor der 20. Schwangerschaftswoche und in 10-30% der Fälle bis 6 Tage [82, 95] nach der Geburt auftreten kann. Von den HELLP-Patientinnen sind 52-81% Erstgebärende [55]. Die schwerste Komplikation ist die Entstehung von subkapsulären Leberhämatomen mit nachfolgender Leberruptur; sie geht mit einer mütterlichen Mortalität von 35% und einer fetalen Mortalität von 62-77% einher [55]. 21% aller HELLP-Syndrome treten ohne vorherige Anzeichen einer Präeklampsie auf, im Einzelnen 2% ohne Hypertonie, 5-15% ohne Proteinurie und 15% ohne eines der beiden Symptome. Die Prävalenz beträgt 0,17-0,85 % aller Lebendgeburten [55, 82, 83]. Bei Patientinnen mit manifester Präeklampsie muss in 4-35% der Fälle mit der Entwicklung eines HELLP- Syndroms gerechnet werden [83, 99]. Als Eklampsie bezeichnet man generalisierte, tonisch-klonische Krampfanfälle durch zerebrale Minderperfusion ohne vorbestehende konvulsive Erkrankungen. 28% der Eklampsien treten erst drei Tage nach der Geburt auf, 44% erst nach der ersten Woche nach der Geburt. Bis zu 38% der Patientinnen zeigen vorher keine Symptome der Präeklampsie [93]; nach Douglas [21] sind 11% der Patientinnen vor der Eklampsie symptomfrei, bei 10% ist im Vorfeld lediglich eine Proteinurie aufgefallen. Die Prävalenz in der Schwangerschaft konnte durch die verbesserte Überwachung stark gesenkt werden und liegt jetzt bei 0,03-0,1% [82]. Durch Komplikationen wie Laryngospasmus, Atemstillstand und Aspiration liegt die mütterliche Mortalität bei 2-5%, die kindliche Mortalität bei 20% [55]. Prodromi für das Auftreten eklamptischer Anfälle können Sehstörungen, Kopfschmerzen und die Verbreiterung der Reflexzonen sein. Differentialdiagnostisch muss bei einer Hypertonie, die im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen erstmals auffällt, immer auch an andere Ursachen gedacht werden, zum Beispiel an eine Nephropathie oder Nierenarterienstenose, den Formenkreis der Kollagenosen, eine Hyperthyreose oder ein Phäochromozytom.

9 2.1.2 Pathophysiologie 2.1.2.1 Physiologische und pathologische Plazentation Die Implantation der Blastozyste beginnt etwa am 7. Tag nach der Befruchtung. Es erfolgt die Aufteilung in Embryoblast und Trophoblast; letzterer gliedert sich in einen zellulären Zytotrophoblasten und in einen Synzytiotrophoblasten. Zur Etablierung des uteroplazentaren Kreislaufs muss der Trophoblast in der mütterlichen Dezidua verankert werden. Außerdem müssen die mütterlichen Gefäße so verändert werden, dass ein Niedrigdrucksystem mit hohem Blutfluss und geringem Widerstand entsteht. In einer physiologischen Schwangerschaft geschieht dies durch die Invasion der Trophoblastzellen in die mütterlichen Spiralarterien. Dabei gibt es zwei Phasen: Die erste Phase findet nach Schneider [93] in der 8.-12., nach Carbillon [13] in der 4.-10. Schwangerschaftswoche statt. Die Invasion ist vorwiegend interstitiell und auf die innere Deziduaschicht begrenzt. Die Spiralarterien werden eröffnet. Die zweite Phase beginnt etwa in der 14.SSW und ist bis zur 22.-24. SSW abgeschlossen [93]. In dieser Phase erfolgt auch die endovasale Invasion, die die myometranen Anteile der Spiralarterien mit erfasst, und der Umbau der Gefäßwand: Die muskuloelastischen Fasern der Gefäßwand werden aufgelockert und durch Bindegewebsfasern ersetzt. Die Trophoblastzellen ersetzen das Endothel. Dies führt zu einer Erweiterung der Gefäße, Verminderung des Widerstandes und Erhöhung des Blutflusses. Außerdem gehen die Rezeptoren des Endothels verloren, so dass die veränderten Gefäße im Normalfall auf vasokonstriktorische Mediatoren (Vasopressin, Noradrenalin) weniger stark reagieren [93]. Eine etwas andere Darstellung der zeitlichen Abläufe findet sich bei Pijnenborg [69]: Seinen Beobachtungen zufolge sind bis zum Ende des ersten Trimesters die Veränderungen in den dezidualen Anteilen der Spiralarterien vollendet, in den myometranen Anteilen bis zur 16. Schwangerschaftswoche. Bei HES wird vermutet, dass die Trophoblasteninvasion und die Adaptation der mütterlichen Gefäße unvollständig sind. Vermutlich kann die Invasion zu jedem Zeitpunkt, sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase, gestört sein.

10 Histologisch konnte die Beteiligung sowohl der myometranen als auch der dezidualen Abschnitte der Spiralarterien nachgewiesen werden [47]. Als Grund für die Störung werden zwei Mechanismen diskutiert: eine gestörte Immuntoleranz der Mutter und eine verminderte invasive Potenz der extravillösen Trophoblastzellen [84]. Physiologisch wird die Toleranz der Mutter dem Embryo gegenüber durch den Faktor EPF (early pregnancy factor), der von der Zygote selbst produziert wird, vermittelt. Bei einer HES hingegen ist die Konzentration dieses Faktors vermindert. Stattdessen findet man eine generelle Aktivierung des mütterlichen Immunsystems, v. a. der neutrophilen Granulozyten und des Komplementsystems [55], die durch verschiedene Zytokine induziert wird [61]. Im Serum lassen sich erhöhte Titer verschiedener autoimmunologischer Antikörper, zum Beispiel des Anti-Endothel-Antikörpers und des Antikörpers gegen Tamm-Horsefall-Protein, nachweisen [55]. Diese immunologische Hypothese wird auch durch epidemiologische Beobachtungen gestützt, die ein erhöhtes Risiko für HES zeigen, wenn die Mutter vor der Schwangerschaft nur kurzzeitig Kontakt zu paternalen Antigenen hatte. Dies tritt beispielsweise bei. Schwangerschaften nach heterologer Insemination auf oder wenn die Verhütung bisher mit Kondomen erfolgt war [55]. Die erhöhte Inzidenz bei Primigravidae ist belegt [55]. Unklar ist noch die Rolle des individuellen HLA- Musters. Reister et al. beschreiben einen Zusammenhang bestimmter HLA- Muster mit der Prävalenz von HES [8, 84], andere Arbeitsgruppen von Hayward und Wilton sehen diesen Zusammenhang nicht bestätigt [34, 112]. Die verminderte invasive Potenz der Trophoblasten kann teilweise durch ein verändertes Integrin-Expressionsmuster erklärt werden [19, 52, 115], das zum Ausbleiben des für die Schwangerschaft physiologischen Integrinshifts führt. Eventuell spielen auch matrixauflösende Proteasen eine Rolle [8, 44, 84]. Nachfolgend bleibt die Vasodilatation der myometralen Segmente unvollständig und der Blutfluss zur Plazenta kann nicht in ausreichendem Maße gesteigert werden. Neueste Erkenntnisse legen nahe, dass zwei Formen der Präeklampsie unterschieden werden müssen [109]: Die frühe Form ist vermutlich durch die

11 oben beschriebene mangelhafte Invasion der Spiralarterien verursacht. Diese Form der Präeklampsie tritt meist vor der 30. Schwangerschaftswoche in Erscheinung und macht in der Regel eine Entbindung vor der 34. [73, 75] bzw. 32. [85] Schwangerschaftswoche notwendig. Sie geht mit einer deutlich schlechteren Prognose für Mutter und Kind einher. Die späte Form wird erst nahe des errechneten Termins durch eine Alterung der primär regelrecht entwickelten Plazenta ausgelöst [56]. Andere Mechanismen tragen dazu bei, dass bei HES die Plazenta nicht in ausreichendem Maß perfundiert wird: Die Reaktivität der Gefäße auf vasokonstriktorische Stimuli ist deutlich erhöht. Es kommt zu Vasospasmen, die die Zufuhr an Sauerstoff und Nährstoffen weiter einschränken und in partiellen Plazentainfarkten resultieren können. Durch die Aggregation von Thrombozyten, Fibrin und Schaumzellen (fettgefüllten Makrophagen) werden die Gefäßlumina verlegt; es kommt zur akuten Atheromatose, einer lokal nekrotisierenden Läsion der Gefäßwand [6]. Zusätzlich findet sich eine unspezifische Aktivierung des Gerinnungssystems. Nachgewiesen ist eine verstärkte Aktivität, also Aggregationsneigung, und verkürzte Lebensdauer der Thrombozyten, die zur Entstehung von Mikrothromben führt. Diese verstärkte Aktivierung äußert sich in der Erhöhung verschiedener Marker, z. B. Fibronektin, ß-Thromboglobulin und Thromboxan [61] und der Abnahme der Thrombozytenzahl als Ausdruck des Verbrauchs. Zu einer disseminierten intravasalen Gerinnung kommt es aber nur in seltenen, schweren Fällen. Auch die plasmatische Gerinnung zeigt erhöhte Aktivität. Beobachtet wurde auch das Ausbleiben der physiologischen Hämodilution in der Schwangerschaft. Das Plasmavolumen ist reduziert, da aus dem Extrazellularraum nicht genug Flüssigkeit in die Gefäße einströmt. Der relative Hämatokritanteil ist erhöht [88], was die Rheologie des Blutes zusätzlich verschlechtert. Lange war nicht klar, wie die lokal begrenzte Läsion der Plazenta durch die fehlerhafte Trophoblasteninvasion zur generalisierten Endothelaktivierung und zur Multiorganerkrankung im mütterlichen Organismus führen kann. Folgendes Modell wird diskutiert: Durch die Hypoxie und die akute Atheromatose in der Plazenta kommt es zu oxidativem Stress. Es werden vermehrt toxische

12 Endprodukte freigesetzt, z. B. Sauerstoffradikale aus gesteigerter Lipidperoxidation oder TNFα aus Monozyten. Diese werden in den mütterlichen Blutkreislauf eingeschwemmt und führen dort zur Aktivierung von Leukozyten und einer generalisierten Endotheldysfunktion [110, 111]. Hier kommt die Suszeptibilität des individuellen mütterlichen Organismus gegenüber oxidativer Schädigung zum Tragen, der auf unterschiedlichen Genotypen beruht. Diskutiert wird auch die Beteiligung von deportierten Mikrovilli des Synzytiotrophoblasten oder von durch die Hypoxie vermehrt abgeschilferten und ins Blut der Mutter eingeschwemmten fetalen Zellen, die durch immunologische Vorgänge zur Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine, z. B. TNFα, führen. Die Aktivierung der Koagulation und die Vasospasmen führen zur Minderperfusion verschiedener Organe. 2.1.2.2 Die Rolle des Endothels Roberts et al. postulierten als eine der ersten Arbeitsgruppen, dass es sich bei den HES im Wesentlichen um eine Erkrankung des Endothels handelt. Neuere Ergebnisse [86] stützen diese Theorie; man geht allerdings eher von einer Endothelaktivierung als von einem Endothelschaden aus. Das Endothel spielt zusammen mit dem sympathischen Nervengeflecht der Adventitia und dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System die wichtigste Rolle in der Regulation des arteriellen Gefäßtonus und des Blutdrucks. Es bildet viele vasoaktive Substanzen, die meist parakrin auf die glatte Muskulatur der Gefäße wirken [7]. Bei HES ist die Balance zwischen endothelialen vasokonstriktorischen (v. a. Endothelin) und vasodilatatorischen, antiaggregatorischen Substanzen (NO, Prostazyklin) zugunsten der Konstriktoren verschoben. Zusätzlich ist das sympathische Nervensystem überaktiviert, was die Sekretion vasoaktiver Substanzen zusätzlich beeinflusst [79, 94]. Die entscheidende Rolle in Vasodilatation und Antagonisierung der Konstriktoren fällt dem NO (Stickstoffmonoxid) zu. Im Tierversuch konnte durch die Verabreichung von NO-Antagonisten und durch die Hemmung der enos-synthese (in Endothelzellen gebildete NO-Synthase) während der Schwangerschaft [81] ein der Präeklampsie sehr ähnliches Krankheitsbild hervorgerufen werden [4, 58, 113]. An Gefäßen präeklamptischer Patientinnen konnte in vitro eine verminderte NO-Synthese nachgewiesen werden. Andererseits gibt es auch

13 Hinweise, dass in der Plazenta das NO-System eher aktiviert ist, um der durch andere Pathomechanismen verursachten Minderperfusion entgegenzuwirken [7]. Andere vasodilatatorische Substanzen wie Prostazyklin werden vermindert, vasokonstriktorische Substanzen wie Endothelin und Thromboxan II hingegen vermehrt gebildet. Die endotheliale Imbalance wird zusätzlich durch die Sauerstoffradikale aus der verstärkten Lipidperoxidation verstärkt [30, 81]. Durch den Prostazyklinmangel ist die Reaktivität auf die Vasokonstriktoren Angiotensin II und Katecholamine erhöht [81]. Das Endothel vermittelt auch die bei HES erhöhte Sensitivität gegenüber Angiotensin II und Norepinephrin, die ebenfalls vasokonstriktorisch wirken. Die Beurteilung der Relevanz einzelner Mechanismen im Gesamtgeschehen ist schwierig, eine Übersicht findet sich bei Friedberg [24]. Auch für die Hämostase hat das Endothel eine wichtige Bedeutung: Es verhindert den aggregationsauslösenden Kontakt zwischen Thrombozyten und der Gefäßmuskulatur, und endothelial gebildetes NO und Prostazyklin wirken der Aggregation der Blutplättchen entgegen. Bei der Präeklampsie ist die Synthese dieser Faktoren reduziert; man findet ein aktiviertes Gerinnungssystem mit Verbrauch von Gerinnungs- und Fibrinolysefaktoren und der Bildung von Mikrothromben. In schweren Fällen kann es zur disseminierten intravasalen Gerinnung kommen. Auch andere Mediatoren der Hämostase wie Thrombomodulin, t-pa und Antithrombin III liegen bei der Präeklampsie in veränderter Konzentration vor. Bei Patientinnen mit HES weist das Endothel histologische Veränderungen auf: In den uteroplazentaren Gefäßen ist die Kontinuität der Endothelschicht unterbrochen [47]. In den Glomerula der Niere erkennt man eine charakteristische Endothelschwellung, die als glomeruläre Endotheliose bezeichnet wird [28]. Eine weitere Fehlfunktion des Endothels bei HES besteht in der erhöhten Permeabilität, die möglicherweise durch erhöhte Plasmaspiegel von VEGF verursacht wird. Diese Erscheinung wird als leaky vasculature [87] bezeichnet. Der Flüssigkeitsverlust in subendotheliale Depots führt zusammen mit der intravasalen Koagulation und der Endothelschwellung zu Hämokonzentration und Verschlechterung der Rheologie des Blutes mit erhöhter Thromboseneigung [35].

14 Zelluläres Fibronektin ist ein biochemischer Marker für die Endothelaktivierung und lässt sich bei Schwangeren mit HES in erhöhter Konzentration im Serum nachweisen [103]. 2.1.2.3 Andere pathophysiologische Einflüsse Es gibt eine Reihe von bekannten Risikofaktoren, die zur Entwicklung einer HES prädisponieren. Schon lange bekannt ist das Wiederholungsrisiko nach einer Schwangerschaft mit HES. Die Zahlen hierfür variieren stark; Martius [55] gibt die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung nach leichter Präeklampsie mit 19,5%, nach schwerer Präeklampsie mit 25,9% an. Besonders hoch ist das Risiko bei Auftreten der Erkrankung in der vorausgehenden Schwangerschaft vor der 30. Schwangerschaftswoche, bei systolischen Blutdruckwerten über 160 mmhg und wenn Hypertonie oder Proteinurie noch 10 Tage post partum nachweisbar waren. Nach einer schweren Präeklampsie im 2. Trimester ist das Wiederholungsrisiko für eine gleiche Komplikation in der nachfolgenden Schwangerschaft bis zu 65% [64]. Wie bereits erwähnt, sind auch genetische Einflüsse an der Entstehung der HES beteiligt. Diese betreffen die Kompatibilität zwischen mütterlichem und kindlichem Genotyp. Außerdem geht man davon aus, dass die durch genetisches Imprinting determinierte Suszeptibilität des mütterlichen Endothels gegenüber oxidativ schädigenden Agenzien eine entscheidende Rolle in der Pathogenese spielt. Auf den Chromosomen 1, 3, 9 und 18 konnten bisher Anhaltspunkte für solche Suszeptibilitäts-Genloci gefunden werden. Außerdem vermutet man die Beteiligung eines veränderten Angiotensinogen-Moleküls [20, 93]. Umstritten ist der Einfluss des HLA-Systems: Bei Patientinnen mit HES findet man gehäuft HLA-DR1, 3 und 4; diese Allele sind assoziiert mit einer erhöhten TNFα-Produktion auf entsprechende Stimuli [81]. Heute wird aber ein direkter Einfluss des HLA-Systems für westeuropäische Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen [88]. Aktuelle genetische Untersuchungen konzentrieren sich auf das NO-Synthasesystem. Man vermutet einen Polymorphismus des Gens für die Codierung der enos auf Chromosom 7q36, der zur Entwicklung einer Präeklampsie prädisponiert [2].

15 Ein Hinweis auf die genetische Komponente ist auch die familiäre Häufung: Das Risiko einer Nullipara beträgt 20-25%, wenn ihre Mutter eine Präeklampsie hatte, und sogar 35-40%, falls ihre Schwester eine HES erlitten hat; damit liegt das Risiko vier- bis sechsfach höher als bei einer Schwangeren mit unauffälliger Familienanamnese [81]. Es findet sich eine Häufung der Erkrankung in bestimmten ethnischen Gruppen wie z. B. bei Afroamerikanerinnen. Prädisponierend für die Entwicklung einer HES sind in besonderem Maße auch hereditäre oder erworbene Störungen der Blutgerinnung. In der Gruppe von Patientinnen mit schweren und frühen Präeklampsien und HELLP-Syndrom wurden im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich erhöhte Inzidenzen von APC-Resistenz und der Faktor-V-Leiden-Mutation nachgewiesen [81]. Antiphospholipid-Antikörper sind in 16-19% der Fälle mit HES assoziiert und korrelieren mit niedrigen Geburtsgewichten [19]. Andere prädisponierende Faktoren sind Schwangerschaften mit erhöhtem Plazentavolumen, ein erhöhter Testosteronspiegel [88], chronische Autoimmunkrankheiten [43] sowie vorbestehende Krankheiten, die das Endothel schädigen wie z. B. Diabetes mellitus, erhöhte Insulinresistenz, chronische Hypertonie [14], Nephropathien, ein erhöhter Body Mass Index [97] und Nikotinabusus vor der Schwangerschaft [98]. 2.1.2.4 Organmanifestationen (Mutter) Die generalisierte Endothelaktivierung führt zu einer verminderten Perfusion beinahe aller mütterlichen Organe [88]. Die klinischen Symptome, die im Folgenden in Anlehnung an Schneider [93] dargestellt werden, sind Ausdruck der Störung in den Organsystemen, die am empfindlichsten sind, vorzugsweise Niere und Zentralnervensystem. Ein Leitsymptom ist die arterielle Hypertonie mit Verlust der zirkadianen Rhythmik und des nächtlichen Blutdruckabfalls. Selten kommt es zu anderen Störungen des kardiovaskulären Systems, wie Linksherzversagen mit nachfolgendem Lungenödem [93]. Die Beteiligung der Niere äußert sich in einer nichtselektiven Proteinurie durch erhöhte Endothel-Permeabilität. Sie führt zu starker Ödembildung und selten auch zu Ergüssen der serösen Häute Perikard und Peritoneum. Histologisch findet sich die charakteristische glomeruläre Endotheliose [93] mit

16 Fibrinablagerungen und Schwellung der Glomerula. Je nach Schweregrad der Erkrankung kommt es zu Störungen der tubulären Funktion mit verändertem Ausscheidungsverhalten und zu Oligurie. Die Leber ist vor allem im Rahmen des HELLP-Syndroms involviert. Durch Schwellung des Parenchyms kommt es zu Schmerzen und Übelkeit. Die gestörte Funktion der Hepatozyten zeigt sich im Anstieg der Transaminasen und der LDH. In schweren Fällen besteht Lebensgefahr für Mutter und Kind durch den Einriss von subkapsulären Hämatomen mit nachfolgenden schwersten Blutungen [93]. Eine Hämolyse entsteht durch mechanische Schädigung der Erythrozyten bei der Passage durch die verengten Gefäßlumina. Das Zentralnervensystem ist auch bei leichten Formen oft mit betroffen. Viele Patientinnen klagen über Kopfschmerzen und Sehstörungen wie z. B. Augenflimmern. Allgemein besteht eine Hyperexzitabilität, die sich durch verbreiterte Reflexzonen nachweisen lässt und bis zur Eklampsie führen kann. Zusätzlich kommt es zu Mikroblutungen; in schweren Fällen auch zu größeren intrakraniellen Blutungen und zum Hirnödem [93]. 2.1.3 Folgen und Bedeutung der HES 2.1.3.1 Kindliche Folgen Eine der häufigsten Folgen, die zugleich für das Kind die größte Bedeutung hat, ist die intrauterine Wachstumsrestriktion (engl. intrauterine growth restriction, IUGR). Definiert ist sie durch eine Abflachung der Wachstumskurve und ein daraus resultierendes Geburtsgewicht unterhalb der 10. Perzentile, die nicht durch konstitutionelle Faktoren wie Größe der Eltern oder Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe erklärt werden kann [92]. Hiervon abzugrenzen ist der Begriff SGA (small for gestational age), der lediglich ein kindliches Geburtsgewicht unter der 10. Perzentile für die jeweilige Schwangerschaftswoche beschreibt, ohne auf den intrauterinen Gewichtsverlauf einzugehen [46].

17 IUGR kann viele verschiedene Ursachen haben: In 10-20% der Fälle liegt die Ursache im Embryo selbst (z. B. genetische Aberrationen), in 40% kann die Ursache nicht geklärt werden [92]. Der verbleibende Anteil von ca. 40-50% entsteht aus einer mangelhaften Versorgung des wachsenden Embryos mit Nährstoffen und Sauerstoff durch chronische Plazentainsuffizienz und vorzeitige Plazentalösung, Plazentainfarkte und diskordante Zottenreifung, wie sie vor allem im Rahmen der HES auftreten können. Durch chronische Mangelversorgung des Feten drohen auch hypoxische Organschäden, Asphyxie und intrauteriner Tod. Um dies zu vermeiden, muss die Schwangerschaft oft vorzeitig beendet werden. Die mit der Frühgeburtlichkeit verbundenen Probleme haben einen hohen Anteil an der durch HES verursachten Mortalität und Morbidität. Insgesamt sind die HES mit 20-25% eine der häufigsten Ursachen für Frühgeburtlichkeit und perinatale Mortalität [55]. Neben IUGR und Frühgeburtlichkeit leiden Neugeborene nach einer pathologischen Schwangerschaft gehäuft unter hämatologischen Störungen aller drei Zelllinien der Hämatopoese, also Neutro- und Thrombopenie sowie Anämie; diese treten vor allem nach HELLP-Syndrom auf [55] und implizieren ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Atemnotsyndroms. Als Langzeitfolgen der IUGR und der Mangelversorgung wurden neuromotorische Bewegungsstörungen bis hin zu Zerebralparesen, kognitiven Störungen und ein bleibender Größen- und Gewichtsrückstand nachgewiesen. Zudem besteht ein höheres Risiko für mit Endothelschäden assoziierte Erkrankungen im Erwachsenenalter, insbesondere Arteriosklerose, Hypertonie, Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus Typ II [92]. 2.1.3.2 Mütterliche Probleme Auch für die Mutter birgt eine Schwangerschaft mit hypertensiven Komplikationen vielfältige Risiken: Insgesamt stehen die HES mit 12-22% an zweiter bis dritter Stelle der mütterlichen Mortalität. Gefährdet ist die Mutter vor allem durch Eklampsie mit einer Mortalität von 2-5% und HELLP-Syndrom mit einer Mortalität von 3-5% [55]. HES weisen Ähnlichkeiten zu anderen Erkrankungen mit Endothelschaden auf: Man findet den gleichen

18 Pathomechanismus des oxidativen Stress wie bei Arteriosklerose und Diabetes mellitus, gleiche Risikofaktoren und als gemeinsames Merkmal die Dyslipidämie. Dies führt zu einem erhöhten Risiko für diese Erkrankungen im späteren Lebensalter [88]. Belastend für die Mutter können auch psychologische Aspekte der Erkrankung sein: Häufig leidet die Mutter unter Versagens- und Schuldgefühlen, fühlt sich abhängig von den behandelnden Ärzten und Gerätschaften im Krankenhaus. Aus einer normalen Schwangerschaft wird durch die Diagnose plötzlich eine Hochrisikosituation. Die unerwartete, frühzeitige Beendigung der Schwangerschaft erschwert die Bindung zum Kind [93]. 2.1.4 Therapie und Prävention hypertensiver Erkrankungen in der Schwangerschaft Bisher stehen keine effektiven, sicheren Methoden zur Prävention der HES zur Verfügung. Aus pathophysiologischer Sicht sollte an die Stelle der früher propagierten Kochsalzrestriktion eher eine Kochsalzzulage treten. Eine Verabreichung von Fischölen zur Steigerung der Prostazyklin-Produktion wurde ebenfalls diskutiert [96], ein Wirkungsnachweis fehlt bisher. Orale Zufuhr von Magnesium, Zink und Kalzium konnte die Inzidenz von Präeklampsie nicht signifikant senken [96]. Ein viel versprechender Ansatz war die Kompensation des oxidativen Stress durch Supplementierung von Antioxidantien (Vitamin C und E). Zahlreiche Studien hierzu erbrachten sehr unterschiedliche Ergebnisse: Chappell et al. [16] konnten bei Frauen mit erhöhtem Risiko für HES eine Senkung der Erkrankungshäufigkeit nachweisen, eine andere Studie in einem Risikokollektiv von Beazley et al. hingegen zeigte keine signifikanten Auswirkungen der antioxidativen Therapie [5]. Auch in einer Gruppe von Nulliparae mit durchschnittlichem Risiko konnten keine präventiven Effekte nachgewiesen werden [89]. Es gibt sogar Hinweise, dass unter einer Supplementierung von Vitamin C und E bei gut ernährten Schwangeren häufiger hypertensive Komplikationen auftreten [77]. Ebenso konnten Studien zum prophylaktischen Einsatz von Low-Dose-Aspirin oder Heparin ab der Frühschwangerschaft keine überzeugenden Ergebnisse liefern [14, 96]; tendenziell zeigte sich eine Wirksamkeit dieser Maßnahmen im

19 Hochrisikokollektiv der Patientinnen, deren vorherige Schwangerschaft hypertensive Komplikationen aufgewiesen hatte. Dies konnte jedoch von Caritis et al. [14] nicht bestätigt werden. In einer neueren Studie konnten Bujold et al. einen protektiven Effekt einer Low-Dose-Aspirin-Therapie, die bereits vor der 16. SSW begonnen wurde, nachweisen. Diese Therapie wurde bei Patientinnen angewandt, die durch pathologische Dopplerindices im 1. Trimester als Risikopatientinnen identifiziert wurden [12]. Aus pathophysiologischen Überlegungen heraus wäre es wünschenswert, möglichst früh die Patientinnen zu identifizieren, die ein hohes Risiko haben, eine HES zu entwickeln. In diesem Kollektiv kann dann gezielt nach präventiven Ansätzen gesucht werden. Dies erklärt den Wunsch nach einer guten Screeningmethode im ersten Trimester. Die Therapie der HES ist weitgehend symptomatisch. Sie hat vor allem die Zielsetzung, schwerwiegende Komplikationen wie Eklampsie, vorzeitige Plazentalösung, intrazerebrale Blutungen und Leberruptur bei HELLP. bei der Mutter zu vermeiden Zu den medikamentösen Maßnahmen zählen die antihypertensive Therapie, vorzugsweise mit α-methyldopa, und die Prophylaxe zerebraler Krampfanfälle mit Magnesium. Bei sehr schweren Verläufen, z. B. des HELLP-Syndroms, und vorliegender Gerinnungsstörung müssen zur Stabilisierung der Mutter evtl. Blutbestandteile (FFP, Thrombozyten) eingesetzt werden. Essenziell ist eine engmaschige Überwachung der Patientin, um Verschlechterungen des Krankheitsbildes und Komplikationen sofort zu erkennen. Bis zum heutigen Zeitpunkt gilt die Entbindung als einzige kausale Therapie; der Festlegung des optimalen Entbindungszeitpunktes kommt eine große Bedeutung zu. Vor allem, wenn die Erkrankung vor der 34.SSW manifest wird, müssen mütterliche Risiken durch mögliche Komplikationen gegen die fetalen Risiken, die mit der Frühgeburtlichkeit einhergehen, gründlich abgewogen werden. 2.2 Prädiktoren für das Auftreten von Schwangerschaftserkrankungen Schon seit vielen Jahrzehnten wird nach Methoden gesucht, wie man diejenigen Schwangeren erkennen kann, die ein hohes Risiko für die Entwicklung einer HES und einer IUGR haben. Die typische klinische

20 Symptomtrias Hypertonie, Proteinurie und Ödembildung tritt erst spät im Krankheitsverlauf auf. Überlegungen zur Pathophysiologie machen jedoch deutlich, dass die Krankheit schon mit der pathologischen Plazentation ihren Anfang nimmt. Man geht also davon aus, dass sich eine Reihe von Veränderungen lange vor der klinischen Manifestation der Erkrankung nachweisen lassen. Dabei konzentriert man sich hauptsächlich auf den Nachweis einer verminderten uteroplazentaren Perfusion und biochemischer Marker des oxidativen Stress. Funktionstests wie z. B. der Angiotensin II-Belastungstest, der Lagerungstest oder der isometrische Handgrifftest besitzen zwar eine hohe Sensitivität, zeigen aber oft falsch-positive Ergebnisse [45]. 2.2.1 Doppler Eine Vielzahl von Studien beschäftigt sich mit der Farbdoppler-Untersuchung der Arteriae uterinae zur Vorhersage von HES. Dabei werden verschiedene Kriterien zur Definition eines pathologischen Blutflusses angewandt, meistens das Vorliegen eines bilateralen Notchings (Einkerbung in der Flusskurve) und/ oder einer der Widerstands-Indizes Pulsatilitätsindex (PI) oder Widerstandsindex (RI). Die große Mehrheit dieser Studien wurde im 2. Trimester der Schwangerschaft durchgeführt. Eine Metaanalyse der WHO [17] aus dem Jahr 2004, die im ersten und zweiten Schwangerschaftstrimester durchgeführte Studien einschließt, kommt zu folgenden Ergebnissen: Bestes Kriterium für einen pathologischen Blutfluss ist das Vorliegen eines bilateralen Notch, der auch als das am besten reproduzierbare Untersuchungsergebnis gilt [40]. Bei Patientinnen mit niedrigem anamnestischen Risiko hat er eine sehr gute Vorhersagekraft: Die pooled likelihood ratio aus 8 Studien beträgt 6,6 für das Eintreten einer HES (95% CI 5,8 7,4) und 0,8 für das Nicht-Eintreten einer HES (95% CI 0,7 0,8). Der bilaterale Notch ist in dieser Kohorte ein guter Prädiktor für schwere Formen der Präeklampsie, die bereits vor der 34. SSW klinisch manifest werden. Bei Hochrisikopatientinnen ist die Vorhersagekraft schlecht, die pooled likelihood ratio aus zwei Studien beträgt 2,8 für das Eintreten einer HES (95 % CI 1,6 4,8) und 0,6 (95% CI 0,4 1,0) für das Nicht-Eintreten einer HES. Inzwischen ist die Dopplersonographie der Arteriae uterinae bei bestimmten Indikationen Teil der Mutterschaftsrichtlinien;

21 bei Schwangeren mit anamnestischem Risiko wird in der 20. und 24. SSW eine transabdominale Farbdopplersonographie durchgeführt. Die Persistenz des bilateralen Notch zu diesem Zeitpunkt erhöht das Erkrankungsrisiko der betroffenen Patientin erheblich; 59% dieser Patientinnen erkranken an Präeklampsie. Die Methode scheint zuverlässig (Sensitivität 79-93%, Spezifität 85%)[9, 32]. Eine hohe Sensitivität (81,2%) zeigt sie auch bei der Vorhersage von schweren Präeklampsieformen, die eine Entbindung vor der 34. SSW notwendig machen [33]. Inzwischen gibt es auch etliche Studien, die den Einsatz der Dopplersonographie im ersten Trimester untersucht haben. Sie unterscheiden sich erheblich hinsichtlich des Patientinnenkollektivs und der erhobenen Parameter. Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich: Harrington erzielte gute Werte für den transvaginalen Doppler in der 12.-16. SSW: Ein bilateraler Notch war mit einem hohen Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie verbunden (OR 22, 95% CI 6,55 73,79). [32] Er entwickelte zudem einen Score aus 7 Doppler-Parametern, mit dem die Entwicklung einer Präeklampsie in vielen Fällen korrekt vorausgesagt werden konnte (Sensitivität 93%, Spezifität 85%) [32]. Gómez erreichte bei seiner Studie mit der transvaginalen Untersuchung in der 11.-14.SSW in einer unselektierten Population durch die Definition eines PI über der 95. Perzentile als pathologisch eine Sensitivität von 24% (95% CI: 13,7 34,1 %), für schwere Formen der Präeklampsie allerdings 31% (95% CI: 5,68 55,85 %) [29]. Martin führte die Doppler-Untersuchung transabdominal in der 11.-14. Woche durch und zog den PI zur Definition eines abnormen Flusses heran. Dabei erreichte er eine Sensitivität von 27% für Präeklampsie, allerdings 60% für schwere Formen mit Entbindung vor der 32. SSW [54]. Prefumo et. al. untersuchten Hochrisikopatientinnen, die in einer früheren Schwangerschaft eine HES erlitten hatten. Lag der RI über der 50. Perzentile, konnte das erneute Eintreten einer hypertensiven Komplikation vorhergesagt werden; allerdings nur für Fälle, die eine Entbindung vor der 37. Schwangerschaftswoche notwendig machten. Die Sensitivität betrug hierbei 75%, der negative prädiktive Wert (NPV) 88% [78]. Eine finnische Studie bestätigte, dass das Fehlen eines bilateralen Notch bei der transvaginalen Untersuchung in der 12.-14. SSW einen hohen negativen prädiktiven Wert von 97% (95% CI: 83-99 %)aufweist. Hierbei betrug die Sensitivität 91 % (95% CI: 62-98 %), die Spezifität 46%

22 (95% CI: 34-58 %) [108]. In einem Kollektiv von Hochrisikopatientinnen konnte gezeigt werden, dass in der 11.-14. Schwangerschaftswoche ein normales Flussprofil der Aa. uterinae ohne bilaterales Notching und mit einem mittleren RI bis 0,8 die Entwicklung einer frühen HES sehr unwahrscheinlich macht (NPV 98%, 95% CI: 87 99%)[23]. Khaw. et al maßen in der 11.-14. Schwangerschaftswoche bei Nulliparae verschiedene Parameter der mütterlichen und plazentaren Funktion; sie konnten bei Schwangeren, die im Verlauf eine Präeklampsie mit begleitendem SGA entwickelten, einen höheren PI (OR 4,26; 95% CI 2,03 8,95) und einen höheren mittleren Blutdruck MAP (OR 1,15, 95% CI 1,09 1,22) nachweisen [46]. Melchiorre et al. konnten einer prädiktive Aussage des RI im ersten Trimester nur für frühe Formen der Präeklampsie nachweisen [56]. 2.2.2 Doppler in Kombination mit anderen Methoden Um die Vorhersagekraft zu verbessern, wurde bereits häufig der Farbdoppler mit anderen Methoden verknüpft. Schluchter kombinierte die Doppleruntersuchung mit der Messung des Plazentavolumens [91], konnte aber hierdurch die Voraussagekraft für das Eintreten einer HES nicht verbessern (Sensitivität 17 %). Deutlich bessere Ergebnisse für die Kombination aus mittlerem PI und Plazentavolumen im ersten Trimester erreichten Rizzo et al.: Sie konnten für Präeklampsie eine Sensitivität von 68,7% erreichen, für frühe Formen sogar 83,3% [85]. Bei Plasencia et al. erwies sich der PI in Kombination mit maternalen Faktoren als signifikant; wurde zudem noch die Abnahme des PI vom ersten bis zum zweiten Trimester mit einbezogen, so ergab sich insgesamt eine Detektionsrate von 90,9 % (OR 70,8 98,6 %, Rate an falsch positiven Ergebnissen [FPR] 5%) für frühe Formen der Präeklampsie [73]. Diesen Zusammenhang konnten Poon et. al. bestätigen: Mit der Kombination aus dem mütterlichen a-priori-risiko und dem in der 11.-13. SSW gemessenen PI der Arteriae uterinae konnten sie die Entwicklung einer frühen Präeklampsie in bis zu 81 % (95% CI: 64,8 92,0 %; FPR 10%) vorhersagen [75]. Durch die zusätzliche Messung des Blutdrucks (MAP) bei den Schwangeren und die Bestimmung des schwangerschaftsassoziierten Plasmaprotein A (PAPP-A) konnte die Vorhersagekraft weiter gesteigert werden [74, 76].

23 2.2.3 Frühzeitige Veränderungen von Laborparametern Nach heutigem Verständnis der Pathogenese der HES spielt der durch Hypoxie entstandene oxidative Stress eine große Rolle. Als Folge weisen einige Marker erhöhte Werte im mütterlichen Serum auf. Die WHO-Metaanalyse [17] hat eine Vielzahl von möglichen Markern untersucht. Als relevant und genügend sensitiv gelten Antikardiolipin-Antikörper und Urin-Kallikrein (mäßige Vorhersagekraft). Allerdings ist keiner dieser Parameter für ein klinisches Screening geeignet. Viele Parameter zeigen zwar eine hohe Sensitivität, sind aber in vielen Fällen falsch-positiv, wie z. B. Harnsäure, Mikroalbuminurie oder Kalzium im Urin [81]. Neuere Untersuchungen stützen sich auf Substanzen, die die verstärkte Endothelaktivierung widerspiegeln. Zu dieser Gruppe von Markern fehlen allerdings bislang aussagekräftige Studien mit großen Patientenzahlen [81]. Serielle Bestimmungen des zellulären Fibronektins liefern einen hohen NPV [103], gute Ansätze lassen sich auch bei PAI, tpa, Thrombomodulin und Endothelin finden. Gute Ergebnisse erbrachte eine Longitudinalstudie von Krauss et al [49], die eine Erhöhung der Adhäsionsmoleküle VCAM-1 und ICAM-1 bereits 3-15 Wochen vor der klinischen Manifestation einer Präeklampsie nachweisen konnte. Parra-Cordero et al. konnten hingegen keine signifikante Erhöhung dieser Adhäsionsmoleküle in der 11. bis 14. Schwangerschaftswoche nachweisen [67]. Erhöhte Serumspiegel von Plasma- Inhibin A, einem dimeren Glykoprotein-Hormon, welches zum größten Teil in der Plazenta produziert wird, erbrachten bei Akolekar et. al. in der Kombination mit maternalen Faktoren, PAPP-A und dem PI aus der Doppler- Untersuchung gute Detektionsraten bis 88, 5 % für frühe Formen der Präeklampsie (95% - CI: 69,8 97,4 %, FPR 10%) [1]. Neueste Studien erforschen die Rolle des ADAM12, ein bisher als Marker für fetale Aneuplodie bekannte Metalloproteinase. Es konnte gezeigt werden, dass die Serumspiegel von ADAM12 bei Schwangeren, die im Verlauf eine HES entwickelten, im frühen ersten Trimester erniedrigt waren. Die Vorhersagekraft konnte durch die Kombination mit dem mittleren PI der Arteriae uterinae weiter gesteigert werden bis zu einer Detektionsrate von 66% [101]. Auch PAPP-A erwies sich bei normalem Karyotyp des Feten als quantitativer Vorhersageparameter für die Entwicklung einer HES. Lag der Wert in der 11.

24 13. Schwangerschaftswoche unterhalb der 5. Perzentile, betrug die OR 3,7 (95% CI 2,3 4,8) für die Entwicklung einer Präeklampsie [100]. Weitere viel versprechende Laborparameter sind Plazenta-Protein 13 (PP-13), soluble fmslike tyrosine kinase 1 (sflt-1) and soluble endoglin (seng), auch in Kombination mit Doppler [43]. Cystatin C ist ein weiterer Erfolg versprechender Parameter. Es korreliert eng mit dem Grad der Endotheliose und dem Volumenzuwachs in den renalen Glomerula [105] und eignet sich besser zur Abschätzung der Nierenfunktionseinschränkung als beispielsweise Kreatinin oder Harnsäure. Die Bestimmung eines einzigen Wertes ersetzt die zeitaufwändige und fehleranfällige Bestimmung des Kreatinins im 24-h-Sammelurin [59]. Die Bestimmung des Cystatin-C-Wertes könnte somit eine sehr frühe Diagnostik der eingeschränkten Nierenfunktion im Rahmen der HES ermöglichen. Schon seit langem ist bekannt, dass HES mit einer Hämokonzentration einhergehen. Der physiologische Hämatokrit-Abfall um ca. 2% im zweiten Trimester bleibt aus. Die Blutviskosität ist erhöht [11, 39]. Der Hämatokrit- bzw. Hämoglobinwert weist eine inverse Korrelation zum Geburtsgewicht und zum Plazentawachstum [57, 90] und eine direkte Korrelation zum diastolischen Blutdruck auf. Hohe Hämoglobin-Werte sind mit einem signifikant höheren Risiko für Schwangerschaftskomplikationen assoziiert. Im Serum präeklamptischer Patientinnen wurde in späteren Schwangerschaftsabschnitten wiederholt ein höherer Hämoglobin-Wert [90, 114] und ein höherer Hämatokritwert [11] als bei normotensiven Kontrollen nachgewiesen. Bislang gibt es aber keine Studie, die die Hämokonzentration bereits im ersten Trimester untersucht hat. 2.3 Fragestellung der Arbeit Die vorliegende Arbeit diente der Klärung der im Folgenden genannten Fragen: Besteht bei Schwangeren ein Zusammenhang zwischen bestimmten dopplersonographischen und biochemischen Werten am Ende des ersten Trimesters und der späteren Entwicklung einer hypertensiven Komplikation in derselben Schwangerschaft? Lässt die Bestimmung der Serumwerte von

25 Hämatokrit und Cystatin C in der 11. bis 14. Schwangerschaftswoche eine Aussage über die Entwicklung einer HES im weiteren Verlauf der Schwangerschaft zu? Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Pulsatilitäts-Index der Arteriae uterinae und dem Vorliegen eines Notch im ersten Trimester und der Entwicklung einer HES?. Ist anhand der Kombination der oben genannten Parameter eine Vorhersage einer HES möglich?

26 3. Material und Methoden 3.1 Studienkollektiv 3.1.1 Rekrutierung der Patientinnen Die Studie wurde nach durchlaufenem Ethikverfahren in der Ultraschall- Ambulanz der Universitäts-Frauenklinik in Erlangen durchgeführt. Rekrutierungszeitraum war von Juni 2003 bis Januar 2005. Jeder Schwangeren, die sich in der Ersttrimester-Sprechstunde (Gestationsalter 11+0 bis 13+6 SSW) vorstellte, wurde die Teilnahme an der Studie angeboten. Zusätzlich erfolgte eine Zuweisung von Studienteilnehmerinnen durch die Arbeitsgemeinschaft Gestose-Frauen e.v.; hierbei handelte sich meistens um Frauen, die ein einer vorangegangenen Schwangerschaft bereits eine HES erlitten hatten. Nach Aufklärung und schriftlicher Einwilligung wurde mittels Fragebogen, den die Patientin selbst ausfüllte, eine Anamnese durchgeführt, um demographische Daten, Erkrankungen der Mutter und Komplikationen in vorausgegangenen Schwangerschaften zu erfassen. Bei sprachlichen oder inhaltlichen Verständnisschwierigkeiten erhielt die Teilnehmerin Unterstützung durch medizinisches Personal. Jede Schwangere konnte nur einmal an der Studie teilnehmen. 3.1.2 Ein- und Ausschlusskriterien In die Studie eingeschlossen werden konnten Frauen, die folgende Kriterien erfüllten: Einlingsschwangerschaft Gestationsalter 11+0 bis 13+6 SSW Alter mindestens 18 Jahre Ausschlusskriterien waren: Nikotinabusus während der Schwangerschaft

27 Diabetes mellitus Typ I / II, Gestationsdiabetes Mehrlingsschwangerschaft Schwere fetale Anomalien und Chromosomenaberrationen Schwerwiegende maternale Grunderkrankung Medikamenteneinnahme (z. B. ß-Blocker) Thrombophilie (genetisch bedingt/ Thrombose in der Anamnese) 3.1.3 Patientinnenkollektiv Im Rekrutierungszeitraum nahmen 310 Schwangere am Ersttrimesterscreening in der Universitäts-Frauenklinik (UFK) teil. Davon lehnten 80 Patientinnen die Teilnahme an der Studie ab. 49 Schwangere erfüllten die Einschlusskriterien nicht (Mehrlingsschwangerschaft, Typ I-Diabetes, schwerwiegende maternale Erkrankung, Medikamenteneinnahme). Von den verbleibenden 184 Schwangeren mussten weitere 27 im Verlauf der Schwangerschaft ausgeschlossen werden (9 Gestationsdiabetes, 1 früher intrauteriner Fruchttod [IUFT], 17 Nikotinkonsum während der Schwangerschaft). Bei 34 Patientinnen konnten die Befunde nicht vollständig erhoben werden. Letztlich gingen die Datensätze von 120 Probandinnen in die Auswertung ein. 21 Probandinnen entwickelten eine HES und wurden dem Fallkollektiv zugeordnet, die übrigen 99 Probandinnen dienten als Kontrollkollektiv.

28 310 Schwangere besuchten die UFK zum Ersttrimester- Screening 80 Schwangere lehnten die Teilnahme an der Studie ab 230 Schwangere nahmen an der Studie teil 181 Probandinnen wurden in die Studie aufgenommen 49 Schwangere mussten bereits beim Ersttrimester- Screening von der Teilnahme ausgeschlossen werden (z.b. Mehrlingsschwangerschaft, Typ I- Diabetes, andere mütterliche Erkrankung) Im Verlauf der Schwangerschaft mussten weitere 27 Probandinnen ausgeschlossen werden (9 Gestationsdiabetes, 1 früher IUFT, 17 Nikotinkonsum in der Schwangerschaft) 154 Probandinnen verblieben bis zur Geburt des Kindes in der Studie Bei 34 Probandinnen konnten die Befunde nicht vollständig erhoben werden 120 Probandinnen gingen in die Datenauswertung ein 21 Probandinnen als Fallkollektiv 99 Probandinnen als Kontrollkollektiv

29 3.2 Erhobene Parameter 3.2.1 Anamnese Erfasst wurden Alter, Größe, Gewicht vor der Schwangerschaft, maternale Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme, Nikotinkonsum, vorausgegangene Thrombosen, vorausgegangene Operationen am Uterus, bisherige Geburten und Fehlgeburten, Komplikationen in zurückliegenden Schwangerschaften, Familienanamnese der Patientin und des Partners. Aus Größe und Gewicht wurde gemäß der Formel (Gewicht in kg)/ (Größe in Metern)² der Body-Mass- Index (BMI) errechnet. 3.2.2 Ultraschalluntersuchung der Arteriae uterinae Die Doppler-Untersuchung der Arteriae uterinae fand im Gestationsalter von 77 bis 96 Tagen statt (Mittelwert 87, SD ± 4 Tage). Sie wurde transabdominal mit den Geräten Voluson 730 Expert (GE Medical Systems) oder SONOLINE Elegra (Siemens Medical Systems) mit einem Sektor-Schallkopf durchgeführt (Frequenz 3,5 5,5 MHz). Zur Anwendung kam der gepulste bidirektionale Farbdoppler. Die Patientin lag bei der Untersuchung bequem mit etwas erhöhtem Kopfteil in leichter Linksseitenlage. Beide Arteriae uterinae wurden kurz nach ihrem Abgang aus der Arteria iliaca interna im Bereich des Corpus- Cervix-Übergangs und der Unterkreuzung der Arteria externa mit Hilfe der Farbdopplersonographie aufgesucht. Sobald sich der Blutfluss gut darstellen ließ, wurden drei bis fünf uniforme aufeinander folgende Messzyklen registriert und aufgezeichnet. Beispiele für die erhaltenen Flusskurven sind in den Abbildungen 1 und 2 dargestellt. Auf dem Bildschirm erfolgte die Markierung der maximalen systolischen und der minimalen diastolischen Flussgeschwindigkeit. Durch Abgreifen der Hüllkurve berechnete die im Gerät integrierte Software die mittlere Flussgeschwindigkeit und daraus den Pulsatilitätsindex (PI).

30 Der Pulsatilitätsindex PI ist wie folgt definiert [40]: PI = (PSV - EDV) / V max (mit PSV = systolische Spitzengeschwindigkeit [peak systolic velocity] und EDV = enddiastolische Geschwindigkeit [end-diastolic velocity] und v max = mittlere Maximalgeschwindigkeit [time averaged maximum velocity]). Der Untersucher beurteilte das Vorliegen eines frühdiastolischen Notch. Ein Notch wird auch als frühdiastolische Inzisur im Blutflussprofil bezeichnet. Er ist definiert als Abnahme der maximalen Flussgeschwindigkeit unter den Wert der maximalen diastolischen Flussgeschwindigkeit, die unmittelbar nach der systolischen Welle auftritt [107] (siehe Abbildung 1 und 2). Abbildung 1: Beispiel für eine Flusskurve ohne Notch Abbildung 2: Beispiel für eine Flusskurve mit Notch