Möglichkeiten und Nöte der Akutkliniken in der Weitervermittlung und Nahtlosigkeit von Hilfen

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Transkript:

Möglichkeiten und Nöte der Akutkliniken in der Weitervermittlung und Nahtlosigkeit von Hilfen Fachtag Herzogsägmühle 26.6.2012 D. Schlamp, A. Lambertz, R. Piller, R. Lutz kbo - Heckscher-Klinikum Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychosomatik Psychotherapie München Rottmannshöhe Rosenheim Wolfratshausen - Waldkraiburg - Ingolstadt

Heckscher Klinikum Institutsambulanz: > 10.000 Behandlungsfälle jährlich 1998: ca. 1600 Behandlungsfälle Stationär/ teilstationär: ca. 1000 Patienten pro Jahr 1997: 488 Patienten Durchschnittliche Verweildauer: 55-60 Tage vor 20 Jahren ca. 120 Tage

% 30 Wochenende / Feiertag Werktag 25 20 15 10 5 0 0 1 2 3 4 5 6 8 Anzahl Notfallambulanzen an einem Tag

Notfallambulanzen: Vorstellungsgründe Selbstgefährdung (245) 199 (65.0%) 34 (11.1%) 4 (1.3%) 8 (2.6%) sonstige psychiatrische Symptomatik (38) 26 (8.5%) 35 (11.4%) Fremdgefährdung (39)

Notfallambulanzen: Prozentualer Anteil stationärer Aufnahmen % 100 65.2% 75 40.1% 50 25 0 9 11 13 15 17 19 21 23 1 3 5 7 Uhrzeit

Geschlossen-stationärer Bereich pro Jahr > 500 Behandlungsfälle Ca. 75 % der Patienten der Münchner HKL Durchschnittliche Verweildauer: 15-20 Tage Grundlage: Unterbringung nach 1631 b BGB bzw. nach Bayer. UG

Geschlossen-stationäre Aufnahmen Januar 2006-2012 anzahl aufnahmen 60 40 20 0 Jan 06 24 Jan 07 36 38 Jan 08 Jan 09 43 Jan 10 49 Jan 11 54 56 Jan 12 aufnahmemonat

Zunehmende Inanspruchnahme (v.a. im Akutbereich) Verlegungsdruck auf offene Stationen, Entlassdruck von offenen Stationen in Übergangslösungen (Schutzstellen; Kurzzeitpflege...) oder vorübergehend nach Hause Verkürzung der Behandlungszeit = Patienten sind bei Entlassung weniger stabil und höher rückfallgefährdet

Aspekte des neuen Entgeltsystems Stetig steigender Dokumentationsbedarf Zunehmend restriktivere Vorgaben der Kostenträger (GKV / PKV) Entlassungsdruck bzw. Verweigerung weiterer Kostenzusagen oder nicht mehr aufwandsdeckende Vergütung

Kritische Probleme bei der Weitervermittlung von Hilfen Genehmigung durch Kostenträger / Finanzierung Suche nach geeigneter Einrichtung Zeitdauer bis zur Umsetzung ( Nahtlosigkeit )

Mangelnde Überbrückungsmöglichkeiten Zahlreiche Patienten können nicht vorübergehend in das familiäre Umfeld entlassen werden Oft keine zeitnahen / nahtlosen Zwischenlösungen verfügbar Hoher Aufwand bei der Suche nach Lösungen Stationäre Behandlungsplätze werden vorübergehend blockiert

Jugendhilfe Z. T. langwierige interne Abläufe bei der Kostenbewilligung Rezidivierende psychiatrische Störungen von Jugendhilfeträger oft als Ausschlusskriterium für Jugendhilfemaßnahmen gewertet Versuch, Kosten zu verlagern Mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Einrichtungen bei speziellen Problemen

Jugendhilfe Kooperationsvereinbarung zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendämtern in Oberbayern November 2011 Möglichst frühzeitige wechselseitige Kontaktaufnahme und Information Rechtzeitige schriftliche Stellungnahmen Beschleunigtes Verfahren in dringenden Fällen Ggf. Übergangslösungen

Eingliederungshilfe (Bezirk) Aufwändiges Anfrageprocedere (z.t. lange einrichtungsinterne Abklärungen, kein Belegungsdruck aufgrund hoher Anfragenzahlen) Fehlende Platzkapazitäten durch hohe Nachfragedichte bei spezialisierten Einrichtungen (Schule, Ausbildung, Therapie, psychiatrischer Behandlungsbedarf)

Agentur für Arbeit Z. T. langes internes Genehmigungsverfahren für BVB-Maßnahmen Berufsbildungswerke: z.t. nicht ausreichende pädagogische, therapeutische und medizinische Behandlungsangebote, zu große Gruppen

Reha-Maßnahmen (GKV, RV) Wenige für Jugendliche geeignete Einrichtungen (mit therapeutischen und pädagogischen Angeboten) in Bayern Z. T. unzureichender Personalschlüssel in Jugend-Reha-Einrichtungen Unterschiedliches Antragsprocedere bei verschiedenen Krankenkassen Verzögerung durch Erstprüfung der Zuständigkeit eines Rentenversicherungsträgers

Schwierigkeiten bei Altersübergang Jugend- / Erwachsenenalter Hilfemaßnahmen bis zum Alter von 27 Jahren möglich (Hilfe für junge Volljährige) Bei bereits laufenden JH-Maßnahmen oft Verlängerung über Volljährigkeit hinaus Übergang in Zuständigkeit des Bezirks meist mit 21 J. Bei Hilfebeginn nach dem Alter von 18 J. meist primär Zuständigkeit des Bezirks

Trägerübergreifende Finanzierung Meist bei Mehrfachbehinderungen und Rehabilitationsmaßnahmen Oft schwer durchschaubare Zuständigkeiten Komplizierte Antragsverfahren Z. T. hoher Zeitaufwand Vgl. Positionspapier Deutsche Vereinigung für Rehabilitation März 2011

Wie können wir damit umgehen? Bemühen aller Beteiligten um rasche Durchführung der erforderlichen Verfahren, insbesondere in dringlichen Fällen Möglichst präzise Charakterisierung des Hilfebzw. Teilhabebedarfs seitens der Kliniken (ICF?) Gut funktionierender sozialpädagogischer Fachdienst als Bindeglied

Wie können wir damit umgehen? Überbrückungslösungen (auch neu konzipierte aufgrund geänderten Bedarfs) Jugendliche müssen in Übergangs-WG / Jugendschutzstellen oder zu Hause bis zur Aufnahme in geeigneten therapeutischen Einrichtungen betreut werden. Frage geteilter bzw. kooperativer Kostenträgerschaft hierfür (GKV, JA, Bezirk...)

Perspektiven?