(9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ziele der Sozialpolitik litik Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung Maßstäbe und praktische Ziele der Verteilungspolitik Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung Budgetäre Umverteilung Grenzen der Umverteilung Theorie der sozialen Sicherung Gestaltungsprinzipien für die Sozialversicherung Grundsätzliches zur Sozialversicherung Pensionsversicherung Krankenversicherung Sozial(ver)sicherung in Österreich Umfang und Struktur der sozialen Sicherung in Österreich Träger der Sozialpolitik Pensionsversicherung (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Gesundheitssystem und Krankenversicherung Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 1
Lernziel Grundzüge der Theorie und der Konzepte der Einkommensverteilung kennen Einfache Einkommens- und Verteilungsstatistiken interpretieren Soziale Sicherung begründen Eckpunkte des österreichischen Sozialversicherungssystems kennen und bewerten (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 2
Einleitung Im Marktprozess vorhandene/erzielte Einkommens- /Vermögensverteilung versus gesellschaftliche Präferenzen der Einkommensverteilung (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 3
Ziele Ziel der gerechten Einkommensverteilung In der österreichischen Bundesverfassung und in AEUV kein direkter Hinweis Ziele im Zusammenhang mit der Absicherung von Lebensrisiken im Sozialversicherungsgesetz kein Bezug auf übergeordnete Ziele oder Werthaltungen zur sozialen Sicherung AEUV: Die Union fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes. (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 4
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (1) Maßstäbe & praktische Ziele der Verteilungspolitik Bedarfsgerechtigkeit Bedarfsorientierte Mindestsicherung Leistungsgerechtigkeit unterschiedliche individuelle id Leistungsmöglichkeiten? Partizipationsgerechtigkeit/Chancengleicheit gleiche Chancen im Prozess Interpretation über soziale Mobilität (unterschiedl. Ausstattung ) Pareto-optimale optimale Verteilung transfergebende Reiche lukrieren positive Externalitäten aus den Transfers (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 5
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (2) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung funktionelle 55 Einkommens- 53 51,2 verteilung 51 % des BIP 49 47 45 43 50,6 50,7 Arbeitnehmerentgelte in % des BIP (Eurostat) 49,5 49,1 48,7 48,4 48,9 50,9 50,8 50,7 50,5 41 39 37 35 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011* 2012* Malta Deutschland (einschließlich der ehemaligen DDR seit 1991) Euroraum (EA11 2000, EA12 2006, EA13 2007, EA15 2008, EA16 2010, EA17) Österreich Irland (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 6
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (3) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung funktionelle Einkommensverteilung Rückgang der Lohnquote ist logische Folge kräftiger Investitionstätigkeit Unselbständige Arbeitnehmer haben auch Zins- und Mieteinnahmen (z.b. kapitalgedeckte Altersvorsorge) gruppeninterne Verteilung nicht berücksichtigt Kapitaleinkünfte als Residualgröße berechnet (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 7
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (4) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung Personelle Einkommensverteilung Einkommensbezieher oder Haushalt Bezugsgröße Statistische Maße Lorenzkurve P90/P10-Quotient GINI-Koeffizient (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 8
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (5) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung Personelle Einkommensverteilung Anzahl 10% 25% 50% 75% 90% der Arithme- Einkommensverteilung privater Haushalte Haushalt e (Mio.) haben weniger als.. tisches Mittel Markeinkommen (Brutto) 3 375 12.436 33.805 56.643 86.010 40.244 Bruttogesamteinkommen 3,5 12.460 21.738 36.706 58.683 86.989 44.884 Nettoeinkommen 3,6 12.511 18.649 29.965965 45.364 63.103 35.080 Verfügbares einkommen 3,6 12.627 18.686 29.849 45.399 63.270 35.117 (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 9
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (6) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung Personelle Einkommensverteilung (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 10
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (7) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung Personelle Einkommens- verteilung 0,50 0,45 GINI-Koeffizienten zu äquivalisiertem verfügbaren Haushaltseinkommen und Verhältnis der Einkommen zwischen dem 90. und 10. Perzentil 9,0 7,5 0,40 6,0 035 0,35 45 4,5 0,30 3,0 0,25 1,5 0,20 0,0 (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger 2011 11 Gini coefficient (left-hand scale) Interdecile ratio P90/P10 (right-hand scale)
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (8) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung Sozioökonomische Einkommensverteilung Bezügebegrenzungsgesetz: Einkommenssituation der unselbstständig und selbständig Erwerbstätigen und der Pensionisten IHS-Studie Studie Unterscheidung nach Haushaltstypen (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 12
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (9) Konzepte und Indikatoren der Einkommensverteilung Sozioökonomische Einkommensverteilung Dezile/Quartile Einkommensbericht 2009 Pensionisten Bruttojahreseinkommen (inkl. Lehrlinge) Nettojahreseinkommen Bruttostundenverdienst Bruttojahreseinkommen Nettojahreseinkommen 10% 2.478 2.179 2.520 2.455 25% 10.090 8.365 10 8.695 8.245 50% 23.602 17.820 14 15.066 14.217 75% 36.931 25.798 19 24.695 20.295 90% 55.041 35.813 34.657 26.371 Arithmetisches Mittel 27.780 19.539 18.106 15.004 Anzahl der Personen 3.990.888 3.990.888 2.228.036 2.228.036 Bezugstage/Person 311 311 355 355 Durchschnittsalter 38 38 70 70 (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 13
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (10) Budgetäre Umverteilung Mittel, die umverteilt werden, müssen zunächst einer Gruppe entzogen werden, um sie dann einer anderen wieder zuführen zu können. Hypothese der Organisierbarkeit von Gruppen In der Demokratie wird von Reich zu Arm umverteilt, da die Vielzahl der Armen die Minderheit der Reichen überstimmt. Die Mittelklasse verbündet sich wechselweise mit den Armen und den Reichen. Durch strategisches Verhalten profitiert in letzter Konsequenz die Mittelklasse. (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 14
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (11) Budgetäre Umverteilung Bruttoäquiv alenzmarkt einkommen Durchschnitt in Anteile (%) Durchschnit t in Anteile (%) Verteilung der äquivalenten Primär- und Sekundärverteilung der Nicht- Selbstständigenhaushalte Äquivalente Sekundäreverteilung Bruttoäquivalenzmark nach monetären und teinkommen realen Transfers 1. Dezil 385 18 1,8 1127 1.127 59 5,9 5. Dezil 1.712 8 1.704 8,8 10. Dezil 5.393 25,3 3.709 19,2 1. Terzil 895 14 1.330 23 2. Terzil 1856 1.856 29,1 1759 1.759 30,4 3. Terzil 3.635 56,9 2.692 46,6 Insgesamt 2.129 100 1.927 100 GINI- Koeffizient i 0335 0,335 0185 0,185 (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 15
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (12) Budgetäre Umverteilung Verteilung der äquivalenten monetären und realen Transfers nach Bruttoäquivalenzeinkommen der Nicht-Selbstständigenhaushalte Ab Arbeitslosengeld, ld Gesundheitsleistungen Bildungsleistungen Familienleistungen Notstandshilfe, Wohnbeihilfen Sozialhilfe Bruttoäquivalenzmarkteinkom men pro Monat Anteile (%) pro Monat Anteile (%) pro Monat Anteile (%) pro Monat Anteile (%) pro Monat Anteile (%) 1. Dezil 300 9 176 15 112 15 301 71 17 47,3 5. Dezil 316 9 149 12 94 12 7 2 1 8 10. Dezil 298 9 63 5 34 4 1 0-3 Insgesamt 320 100 122 100 77 100 42 100 4 100 GINI-Koeffizient -0,045-0,135-0,193-0,723-0,671 (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 16
Theorie und Konzepte zur Einkommensverteilung (13) Grenzen der Umverteilung Vielschichtigkeit des Umverteilungsprozesses -> Effizienzprobleme Arbeits- bzw. Investitionsanreize durch arbeitsfreies bzw. risikoloses risikoloses Einkommen gemindert Versuch, auf legale und/oder illegale Art und Weise Abgabenbelastung (Transferfinanzierung) zu reduzieren Mitnahmeeffekte bzw. Missbräuche Substanzbesteuerung (Vermögenssteuern) kann dazu führen, dass die Besteuerung höher ist als das aus den Vermögen erwirtschaftete Einkommen. (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 17
Theorie der sozialen Sicherung (1) Gestaltungsprinzipien für die Sozialversicherung katholische Soziallehre: Solidarität und Subsidiarität Finalprinzip -> erwünschter Endzustand Kausalprinzip: Ursache -> Tatbestand -> Sicherungsleistung (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 18
Theorie der sozialen Sicherung (2) Grundsätzliches zur Sozialversicherung Sozialversicherungssystem - Versicherungsprinzip p Sozialversicherung Unterschiede zur privaten Versicherung keine Unterscheidung von Gruppen nach unterschiedlichen Risiken Sozialversicherungsbeiträge in Abhängigkeit der Einkommenshöhe Unmöglichkeit des Leistungsausschlusses > Moral Hazard (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 19
Theorie der sozialen Sicherung (3) Pensionsversicherung Umlagefinanzierung <-> Kapitaldeckungsverfahren Teilhaberäquivalenz (oft verletzt) Einflussfaktoren eines umlagenfinanzierten Pensionssystems Erwerbsquote und Produktivität -> Lohnsumme / Beitragsgrundlage Pensionistenbelastungsquote Geburtenrate Lebenserwartung Zuwanderung Bundeszuschuss (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 20
Theorie der sozialen Sicherung (4) Krankenversicherung Leistungen als Sachleistungen bei Erbringung der standardisierten Gesundheitsleistung auf Krankenschein keine Preissignale Preise und Leistungen in korporatistischem System ausverhandelt (Krankenversicherungen und Ärztekammern) Umlageverfahren Umverteilungswirkungen i (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Anknüpfen an der Beitragsgrundlage Leistungsinanspruchnahme von älteren Kohorten deutlich größer jeweilige Anspruchsgruppen mit unterschiedlichen Versicherungsbeiträgen direkte Bundeszuschüsse Transfers an Unternehmen über Investitionskosten oder Bezuschussung von öffentlichen Krankenhäusern Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 21
Sozial(ver)sicherung in Österreich (1) Seit 1980 ist die Sozialquote von 25,9% auf 30,8% im Jahr 2009 gestiegen. für 2030 eine Sozialquote zwischen 30,3% 3% im günstigsten und 41,5% im ungünstigsten Fall erwartet Sozialleistungen nach Funktionen 2008 Mrd. Euro Struktur 2007 (%) AT Struktur 2007 (%) EU Altersspezifische Pro-Kopf- Sozialausgaben 2008 (Euro) 0-19 Jahre 20-64 Jahre 65+Jahre 1995 2000 2007 2008 Alter 18 23 31 33 42% 40% - 480 21.850 Hinterbliebene 4 5 5 6 7% 7% 30 190 3.250 Gesundheit 13 15 19 20 26% 29% 1.060 1.950 5.870 Familie 6 6 8 8 10% 8% 3.770 310 - Invalidität 5 6 6 6 8% 8% - 1.220 - Arbeitslosigkeit 3 3 4 4 5% 5% 230 700 - Andere 1 1 1 1 2% 3% - 120 440 Gesamt 49 57 74 77 100% 100% 5.100 5.000 31.400 Sozialausgabenquote 28,9% 28,4% 28,0% 28,3% (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 22
Sozial(ver)sicherung in Österreich (2) Sozialversicherungsbeiträge für Angestellte 2011 Arbeitnehmer Arbeitgebe Versicherung/Beitrag anteil ranteil Gesamt Arbeitslosenversicherung 3,0% 3,0% 6,0% Krankenversicherung 3,8% 3,8% 7,7% Pensionsversicherung i 10,3% 12,6% 22,8% Unfallversicherung 0,0% 1,4% 1,4% Summe Sozialversicherung 17,1% 20,8% 37,9% IESG-Zuschlag 00% 0,0% 06% 0,6% 06% 0,6% Arbeiterkammerumlage 0,5% 0,0% 0,5% Wohnbauförderungsbeitrag 0,5% 0,5% 1,0% Summe Sozialabgaben 18,1% 21,8% 39,9% Quelle: AK (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 23
Sozial(ver)sicherung in Österreich (3) (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 24
Sozial(ver)sicherung in Österreich (4) Pensionssystem Maßnahmen zur Ausbalancierung im Umlageverfahren am häufigsten Alternativen: vollständige Umstellung auf ein Kapitaldeckungsverfahren Modell der kinderzahlabhängigen Pension Kennzahlen Pensionsversicherung 1961 1970 2009 2035 2050 Politische Durchsetzbarkeit? Vertrauensschutz? Beziehung Pensionsbezieher je 1000 Pensionsversicherte 354 (1971) 488 621 834* 976* Durchschnittliches Zugangsalter (Männer) n.a. 61,9 59,1 n.a. n.a. Durchschnittliches Zugangsalter (Frauen) n.a. 60,4 57,1 n.a. n.a. Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren (Männer) n.a. n.a. 17,67 21,21* 22,97* Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren (Frauen) n.a. n.a. 20,94 24,07* 25,58* Bundesbeitrag in % des BIP (9/2007) n.a. n.a. 2,3% 4,3%* 3,8%* Bundesbeitrag in % des BIP (9/2010) n.a. n.a. 2,8% 5,5%* 6%* Pensionsaufwand in % des BIP (9/2007) n.a. n.a. 10,5% 12,5%* 11,9%* Pensionsaufwand in % des BIP (9/2010) n.a. n.a. 11,2% 14,1%* 14,8%* Quelle: Hauptverband der Sozialversicherungsträger (2010), Kommission zur langfristigen Pensionssicherung (9/2010)* (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 25
Sozial(ver)sicherung in Österreich (5) Krankenversicherung/Gesundheitssystem Finanzierung der gesamten Gesundheitsausgaben: 76,9% öffentlich bis 2060: Ansteigen der Gesundheitsausgaben um 1,7%-Punkte des BIP An der Finanzierung des Gesundheitswesens sind kompetenzbedingt t insbesondere die Gebietskörperschaften, die Sozialversicherungsträger,Krankenanstaltenträger und Patienten beteiligt. Die Finanzströme für den intra- und extramuralen Bereich sind verflochten und zeichnen sich durch Parallelität und Komplexität aus. Die Finanzierungsverantwortung von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern deckt sich nicht mit ihrer Aufgaben- und Ausgabenverantwortung. Dies führt zu unterschiedlichen Interessen, Ineffizienzen, Doppelgleisigkeiten, Intransparenz, Zielkonflikten und Steuerungsdefiziten. (Bundesrechungshof, 2010, 7) (9) Verteilungs- und Sozialpolitik Ralf Kronberger /Reinhold Hofer 2012 26