Migration und politische Beteiligung. Wahlrecht jenseits von Staatsgebiet und Staatsangehörigkeit

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GERADE JETZT. WAHLRECHT FÜR ALLE. INFORMIEREN UND AKTIV WERDEN

Transkript:

Migration und politische Beteiligung Wahlrecht jenseits von Staatsgebiet und Staatsangehörigkeit

Wahlrechte bilden den Kern demokratischer Staatsbürgerschaft Politische Philosophen Bürgerliche Freiheitsrechte

Staatsbürger ohne Wohnsitz Auslandswahlrecht - Formale Vorraussetzungen - Praktische Vorraussetzungen - Anteil der Auslandsbürger die wahlberechtigt sind - Beteiligungsrate

Wahlrecht für Auslandsbürger Politische Bindungen fördern Verringerung der Differenz zum Heimatland durch neue Medien Wahlrecht für ethnische Minderheiten, entstanden durch Verschiebung der Grenzen Erweiterte Rechte

Wohnbürger ohne Staatsbürgerschaft Phänomen Wahlrecht für Ausländer ist wenig verbreitet Beispiel: USA Wahlrecht EU Abkommen über polit. Beteiligung von Fremden auf lokaler Ebene 1992 (1997 in Kraft ( getreten

Was alle betrifft, soll von allen gebilligt werden. Quod omnes tangit de omnibus approbetur

Formen der politischen Partizipation von MigrantenInnen

Formen der polit. Partizipation von MigrantenInnen Konventionelle polit. Partizipation Wahlbeteiligung Partizipation in Parteien, Gewerkschaften, Interessensvertretungen Übernahme polit. Ämter in Parlamenten/ Regierungen

Konventionelle polit. Partizipation(1) Wahlbeteiligung In Österreich haben Drittstaatsangehörige kein aktives und kein passives Wahlrecht! EU-Bürger sind bei Kommunal- & Europawahlen wahlberechtigt und haben ein passives Wahlrecht bei Gemeideratswahlen.

Konventionelle polit. Partizipation(2) Partizipation in Parteien, Gewerkschaften, Interessensvertretungen Parteien: können Migranten als Mitglieder und Parteifunktionäre anwerben. Interessensvertretungen, Gewerkschaften: Drittstaatsangehörige besitzen ein aktives, jedoch kein passives Wahlrecht. EU-Bürger besitzen aktives & passives Wahlrecht.

Formen der polit. Partizipation von MigrantenInnen Unkonventionelle polit. Partizipation Bürgerinitiativen, Petitionen Demonstrationen Streiks, Besetzungen Diskursive Praktiken Mitwirken in Verbänden, Vereinen und neuen sozialen Bewegungen

Unkonventionelle polit. Partizipation Mitwirken in Verbänden, Vereinen& neuen sozialen Bewegungen Immigrantenorganisationen Anti-Rassismus-& Soziale Bewegungen Ausländer-Integrationsbeirat

Unkonventionelle polit. Partizipation(1) Immigrantenorganisationen ca. 1000 Immigrantenorganisationen in Österreich Organisationsprinzipien: nach Herkunftsland Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit Geschlecht Alter Beruf Bildung

Unkonventionelle polit. Partizipation(1) Immigrantenorganisationen

Unkonventionelle polit. Partizipation(1) Immigrantenorganisationen Hauptaktivitäten: Kulturpflege, Religion, Soziale Netzwerke, Sport. Nur 14% beschäftigten sich hauptsächlich mit polit. Aktivitäten.

Unkonventionelle polit. Partizipation(1) Immigrantenorganisationen

Unkonventionelle polit. Partizipation(2) Anti-Rassismus-& Soziale Bewegungen Im Unterschiede zu Immigrantenorganisationen sind sie: Hoch politisiert Basieren nicht auch ethnischer/nationaler Herkunft Nicht-hierachische Netzwerk-Organisationen

Unkonventionelle polit. Partizipation(3) Ausländer-Integrationsbeirat Ehrenamtlicher, gewählter Beirat, erfüllt beratende Funktion im Gemeiderat. Aufgabe: Interessen von MigrantenInnen zu vertreten und diese in Form konkreter Hilfeleistung umzusetzen.

Politische Partizipation von MigrantenInnen

Politische Partizipation von Einwanderern aus Sicht der politischen Parteien

Den Parteien kommt damit nach wie vor eine zentrale Bedeutung im Demokratisierungsprozess zu, die sie aber nur dann wahrnehmen können wenn sie selbst demokratische Strukturen aufweisen und damit substantielle Beteiligungschancen anbieten können. (Ucakar 1985: 585) Inwieweit ist es österreichischen Parteien ein Anliegen, Einwanderer in den demokratischen Willensbildungsprozess einzubeziehen?

Sozialdemokratische Partei Österreichs (9) Das Zusammenleben zwischen Minderheiten und Mehrheit erfordert die Förderung des Geistes der Toleranz und des Dialogs sowie Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung, des gegenseitigen Verständnisses und der Zusammenarbeit zwischen allen Menschen unabhängig von deren ethnischer, kultureller, sprachlicher oder religiöser Identität. (10) Dies schließt insbesondere unsere ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein, für deren Integration im politischen Leben, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie im Bildungs- und Sozialsystem wir eintreten. (Grundsatzprogramm der SPÖ 1998, Kap. III.7., Abs. 9 und 10)

Sozialdemokratische Partei Österreichs SPÖ Wien: aktives und passives Wahlrecht nach einer gewissen Aufenthaltsverfestigung auf Bezirksebene Bundes-SPÖ: Wahlrecht für Ausländer auf kommunaler Ebene [ ] Partizipation: Für nichtösterreichische MitbürgerInnen mit Aufenthaltsverfestigung soll nach 8 Jahren legalem Aufenthalt auf Bezirksebene (für die Bezirksvertretungswahlen) das aktive und passive Wahlrecht eingeführt werden [ ] (Das Zukunftsprogramm ( 36 der Wiener Sozialdemokraten 2000: Einbindung von Einwanderern in Stadtteilplanung und Schuldemokratie

Österreichische Volkspartei Wir wollen mit unserer Politik das Recht der Österreicher auf Heimat, kulturelle Identität und Sicherheit gewährleisten. Gleichzeitig haben wir aber in unserer Gesellschaft das Verständnis, den Respekt und die Mitmenschlichkeit gegenüber den Fremden und Ausländern sicherzustellen. [...]Das Recht auf Integration der in Österreich lebenden Ausländer setzt aber auch die Übernahme von Pflichten voraus. So ist das Beherrschen unserer Sprache ebenso Integrationsvoraussetzung wie die Beachtung der Verfassung und Gesetze sowie der gesellschaftlichen Sitten und Gebräuche. (Grundsatzprogramm der ÖVP 1995, Kap.6 Neue Gesellschaftsverträge, Pkt. 6 : 19)

Österreichische Volkspartei ÖVP Wien: Möglichkeit des aktiven kommunalen Wahlrechts, jedoch kein passives Wahlrecht Installierung eines Ausländerbeirats

Freiheitliche Partei Österreichs Prinzip: Österreich ist kein Einwanderungsland In einer demokratischen Gesellschaft stellt das Wahlrecht eines der wichtigsten Staatsbürgerrechte dar. Es soll daher nur von jenen ausgeübt werden, die sich mit dieser Gesellschaft und mit diesem Staat identifizieren, ihre Pflichten erfüllen und die die aufgrund von Wahlentscheidungen sich ergebenden Konsequenzen auch auf Dauer mittragen. (Programm der FPÖ ( Wien Wien 2001, Kap. Ausländer in Kommunales Wahlrecht für EU-Bürger wird akzeptiert

Die Grünen [...]Grundsatz muss es jedenfalls sein, alle Menschen mit dem Lebensmittelpunkt Österreich gleich zu behandeln. Daher sollten MigrantInnen wie auch die EU-BürgerInnen das kommunale Wahlrecht besitzen, wenn sie zu einem bestimmten Stichtag vor den Wahlen in Österreich wohnhaft sind. Nach fünf Jahren sollten sie das Recht auf Verleihung der österreichischen StaatsbürgerInnenschaft erhalten. (Grünes Grundsatzprogramm ( MigrantInnenpolitik 2001, Kap. II.3.g, Abs. MigrantInnen als wichtiger Teil der öst. Gesellschaft

Bündnis Zukunft Österreich Wahlrecht, sowohl aktiv wie passiv ist Staatsbürgerschaftsrecht für eine selektive und restriktive Vergabe der Staatsbürgerschaft und damit auch des Wahlrechtes

Resümee Positionen der Parteien hängen eng mit Integrationsverständnis zusammen FPÖ: lehnt multikulturelle Experimente ab ÖVP: Kenntnis und Akzeptanz der rechtlichen, moralischen und sozialen Wertvorstellungen des Gastlandes Grüne: Chancengleichheit und Mitspracherechte SPÖ: gleichberechtigte Teilhabe aller an der Gesellschaft

Politische Partizipationmöglichkeiten von MigrantenInnen Über einen Verein sein Interesse artikulieren Bürgerinitiative starten Sich an den Ausländerbeirat wenden An einer Demonstration teilnehmen Streiken Kundgebung, öffentl. Diskussion mitveranstalten Petition einbringen