Übungsfall Nr. 10. Mit Erfolg?



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Transkript:

Aufbau- und Vertiefungskurs Vertragsrecht Übungsfall Nr. 10 Prof. Dr. Florian Jacoby P betreibt eine Partnerschaftsvermittlung auf Grundlage elektronisch gespeicherter Daten. L ist lediger Landwirt und bewirtschaftet einen eigenen Hof nebst ausgedehnten Ländereien. Er sucht eine Partnerin, die bereit ist, mit ihm die Ehe einzugehen und mit ihm den Hof zu bewirtschaften. Aus diesem Grunde wandte sich L im August 2003 an P. L zahlte 5.000 Euro. P erarbeitete mit L sein Profil zur elektronischen Erfassung seiner Person. P verpflichtete sich, L binnen eines halben Jahres 20 Partnerinnen aus seinem elektronischen Partnerschaftsdepot vorzuschlagen. L sollte darüber hinaus in die Datenbank des P aufgenommen werden, um seinerseits suchenden Damen als Partner vorgeschlagen zu werden. In der Leistungsbeschreibung des P heißt es u. a. unter Nr. 1, dass P verpflichtet ist, unverzüglich eine qualifizierte Bearbeitung und Auswahlprüfung von zwanzig individuell auf den Kunden abgestimmten Partnerschaftsvorschlägen aus dem Partnerbestand von vielen tausend Partnersuchenden zu erbringen. Des Weiteren ist nach Nr. 4 der Leistungsbeschreibung die Kündigung gem. 627 BGB ausgeschlossen. L ging 13 der von P gemachten Partnerschaftsvorschlägen nach, ohne eine Partnerin zu finden. 10 der vorgeschlagenen Damen waren, als sie erfuhren, dass L Landwirt ist, nicht zu einem Treffen bereit. 3 Damen lehnten nach einem ersten Treffen mit L ab, weiter mit ihm Kontakt zu pflegen. L ist nach dem letzten Misserfolg traurig und gekränkt. Nach einem Monat fängt er sich und will jetzt aber wenigstens sein Geld zurück. Die Angebote des P seien miserabel gewesen. Er kündige den Vertrag und verlange Rückzahlung der 5.000 Euro. Mit Erfolg?

-2- Fragen zur Lernkontrolle und Vertiefung: 1. Wodurch unterscheidet sich der Dienst- von einem Werkvertrag? 2. In welcher Frist hat die außerordentliche Kündigung eines Dienstverhältnisses zu erfolgen? 3. Zu welcher Regelung des allgemeinen Schuldrechts ist 626 BGB lex specialis? 4. Wie erklärt sich der Kündigungsgrund aus 627 BGB? 5. Wie wirkt eine Kündigung insbesondere im Unterschied zum Rücktritt? 6. Ist 628 BGB eine Vorschrift des dienstvertraglichen Gewährleistungsrechts? 7. Enthält das Dienstvertragsrecht ein Gewährleistungsrecht? 8. Warum nennt man die in 656 BGB bezeichnete Verpflichtung Naturalobligation? 9. Wodurch unterscheiden sich die Rechtsfolgen der Rückgewähr nach Rücktritt und aus ungerechtfertigter Bereicherung, wenn der geleistete Gegenstand untergegangen ist?

-3- Lösungshinweise: A. Anspruch aus 346, 628 Abs. 1 S. 3 BGB Es kommt ein Rückzahlungsanspruch von L gegen P aus 346, 628 Abs. 1 S. 3 BGB in Betracht. I. Dienstverhältnis Dann müsste der von L und P geschlossene Vertrag über die Partnerschaftsvermittlung einen Dienstvertrag darstellen. Der Dienstvertrag nach 611 BGB zeichnet sich dadurch aus, dass die Vertragsparteien den Dienstverpflichteten zu einer Tätigkeit verpflichten wollen, aber die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs nicht geschuldet wird. Demgegenüber liegt ein Maklervertrag nach 652 BGB vor, wenn die Vertragsparteien einen Vergütungsanspruch allein für den Fall einer erfolgreichen Vermittlung begründen wollen. L und P sahen aber die Vergütung in Höhe von 5.000 Euro unabhängig davon vor, ob die Vermittlung einer Partnerschaft gelingt. Der von L und P geschlossene Vertrag lässt sich daher nicht als Maklervertrag einordnen. In Betracht kommt aber, einen Werkvertrag nach 631 BGB anzunehmen. Ein Werkvertrag liegt vor, wenn der eine Vertragspartner sich zur Herbeiführung eines Erfolges verpflichtet. Als einen solchen vertraglich geschuldeten Erfolg könnten L und P die Erstellung von 20 Partnerschaftsvorschlägen vereinbart haben. Jedoch ist einzuwenden, dass die Erarbeitung von Partnerschaftsvorschlägen kein geistig-schöpferisches Werk darstellt. Vielmehr bleibt die Leistung des Partnervermittlers auf der Ebene einer schablonenhaften Personenbeschreibung. Vor allem aber erschöpft sich die Leistung des P nicht in der einmaligen Erarbeitung der Partnervorschläge. P erarbeitete mit L sein persönliches Profil und stellte sein Profil auch suchenden Damen zur Verfügung. Die Quantifizierung auf 20 Partnerschaftsvorschläge diente also nicht dazu, ein Werk zu beschreiben, das P erbringen sollte, sondern dazu, den Umfang der Bemühungen, die P zu erbringen hatte, zu bemessen. Daher sprechen die besseren Argumente dafür, einen Dienstvertrag anzunehmen. L und P haben mit dem Partnerschaftsvermittlungsvertrag einen Dienstvertrag nach 611 BGB geschlossen.

-4- II. Kündigung nach 626 f. BGB Diesen Dienstvertrag müsste L durch seine Erklärung gegenüber P, dass er kündige, nach 626 BGB oder 627 BGB gekündigt haben. Eine Kündigungserklärung liegt somit vor. Zu prüfen ist, ob auch ein Kündigungsgrund gegeben ist. 1. Kündigung nach 626 BGB Eine Kündigung nach 626 BGB setzt einen wichtigen Grund und die Einhaltung der Kündigungsfrist voraus. Ob ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach 626 Abs. 1 BGB gegeben ist, kann dahinstehen, wenn L ohnehin bei seiner Kündigung gegenüber P die Kündigungsfrist des 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten hätte. 626 Abs. 2 BGB ordnet eine Kündigungsfrist von zwei Wochen an, die mit der Kenntnis vom Kündigungsgrund beginnt. Die zur Kündigung führenden Umstände waren L im Zeitpunkt der Kündigung mindestens einen Monat bekannt. Die Kündigungsfrist des 626 Abs. 2 BGB hat L also nicht eingehalten. Die Kündigung des L lässt sich nicht auf 626 BGB stützen. 2. Kündigung nach 627 BGB Es kommt aber angesichts des Vertragsinhalts, dass P dem L eine Partnerin vermitteln sollte, eine Kündigung nach 627 BGB in Betracht. a) Dienste höherer Art 627 BGB erklärt eine fristlose Kündigung für zulässig, wenn der Dienstpflichtige Dienste höherer Art zu leisten hat, ohne dass ein Arbeitsverhältnis im Sinne des 622 BGB vorliegt. Dienste höherer Art zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihrer Art nach regelmäßig nur aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden. Partnerschaftsvermittlung berührt die Partnersuchenden in ihrem engsten persönlichen Bereich. L hatte der P im Interesse einer erfolgreichen Vermittlung auch geheime und für die Öffentlichkeit nicht bestimmte Vorstellungen zu offenbaren. P erhielt so tiefe Einblicke in die Privatsphäre von L. P erlangte also eine herausgehobene Vertrauensstellung, die äußerste Diskretion und ein hohes Maß an Taktgefühl erforderlich macht. Daher ist die vom P angebotene Partnerschaftsvermittlung als Dienst höherer Art einzustufen (vgl. BGHZ 106, 341, 347).

-5- Da ferner L und P kein Arbeitsverhältnis eingegangen sind und P auch in keinem Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu L stand, ist der Kündigungsgrund des 627 BGB gegeben. b) Kein Kündigungsausschluss Es fragt sich aber, ob nicht Nr. 4 der Leistungsbeschreibung des P der Kündigung entgegensteht. Da es sich bei der den Kündigungsausschluss enthaltenen Leistungsbeschreibung des P um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. v. 305 Abs. 1 BGB handelt und diese Bedingungen entsprechend 305 Abs. 2 BGB in den Vertrag einbezogen wurden, kommt es darauf an, ob die Klausel den L unangemessen benachteiligt und daher nach 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Eine unangemessene Benachteiligung liegt nach 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, wenn eine Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. 627 BGB ermöglicht dem Dienstberechtigten, den Dienstvertrag allein deswegen zu kündigen, weil der Vertrag eine besondere Vertrauensstellung voraussetzt. Der Dienstberechtigte muss also nicht darlegen, warum er dieses Verhältnis zum Dienstverpflichteten nicht mehr fortsetzen möchte. Darin besteht ein Unterschied zur Kündigung nach 626 BGB. Die Bedeutung des 627 BGB zeigt sich gerade für den von L und P geschlossenen Partnerschaftsvermittlungsvertrag. L muss bei einer Kündigung nach 627 BGB keine weiteren Intimitäten preisgeben, um so seine Kündigung und etwaiges Fehlverhalten des P zu belegen. L wird in unangemessener Weise benachteiligt, wenn er durch Nr. 4 der Leistungsbeschreibung diese Möglichkeit verliert. Daher ist die Klausel nach 307 Abs. 1 BGB unwirksam und steht einer Kündigung des L aus 627 BGB nicht entgegen. 3. Zwischenergebnis L hat den Vertrag gestützt auf 627 BGB gekündigt. III. Entrichtung der Vergütung im Voraus 628 Abs. 1 S. 3 BGB erfordert weiter, dass Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet worden ist. L hatte in Höhe von 5.000 Euro die Vergütung entrichtet.

-6- Problematisch ist, in welchem Umfang L aufgrund seiner Kündigung Rückzahlung dieser Vergütung verlangen kann. 628 BGB trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kündigung nicht mit Wirkung ex tunc den gesamten Vertrag von Beginn an vernichtet, sondern nur ex nunc vom Zeitpunkt der Kündigung ab. Folglich behält der Dienstverpflichtete grundsätzlich seinen Lohnanspruch für die bis zur Kündigung geleisteten Dienste ( 628 Abs. 1 S. 1 BGB). Nur ausnahmsweise ist die Rückforderung für den Zeitraum vor der Kündigung möglich, nämlich wenn die Kündigung auf vertragswidrigem Verhalten des Dienstverpflichteten beruht und der Dienstberechtigte an der vom Dienstverpflichteten erbrachten Leistung infolge der Kündigung kein Interesse mehr hat ( 628 Abs. 1 S. 2 BGB). Um diese Vorgaben auf die Kündigung des L anzuwenden, ist zunächst zu klären, inwieweit sich die von L erbrachte Zahlung auf verschiedene Leistungen des P aufteilen lässt. 1. Teilungsmaßstab Dabei bieten sich unterschiedliche Maßstäbe an. Zunächst ist eine Aufteilung zu erwägen, die sich wie bei vielen anderen Dienstverhältnissen, insbesondere Arbeitsverträgen, an Zeitabschnitten orientiert. Die Verpflichtungen des P sollten sich auf ein halbes Jahr erstrecken. Man könnte daher danach aufteilen, wie viel von dieser Zeit bis zur Kündigung des L verstrichen war. Jedoch bezeichnet der vereinbarte Zeitraum von einem halben Jahr nur die maximale Betreuungsdauer des L durch P. Innerhalb dieses Zeitraums musste L die ihm zur Verfügung gestellten Angebote abrufen. Gleichzeitig sollte er über diesen Zeitraum in der Datenbank verbleiben, um Damen zur Kontaktaufnahme angeboten zu werden. Der Dienstverpflichtete P sollte seine Dienste aber gerade nicht kontinuierlich erbringen. Vielmehr sollte er gleich zu Beginn des Dienstverhältnisses die umfassendste Betreuungsleistung erbringen, indem er das Profil des L erstellt, ihn in die Datenbank aufnimmt und ihm passende Damen zur Kontaktaufnahme vorstellt. Und auch der Dienstberechtigte L sollte von der Leistung des P nicht kontinuierlich über bestimmte Zeitabschnitte profitieren, sondern für ihn war maßgeblich, die einzelnen Kontaktdaten der ihm vorzuschlagenden Damen abrufen zu können, wann immer er es wollte. Angesichts dessen verbietet es sich, die Leistung des P nach Zeitabschnitten aufzuteilen. Als alternative Bemessungsgrundlage ergeben sich nach dem gerade Ausgeführten zwei Möglichkeiten. Entweder stellt man auf die Tätigkeit des P ab, so dass der Hauptteil der Dienstleistung bereits zu Beginn des Vertrags erbracht wurde. Die besseren Argumente

-7- sprechen aber dafür, darauf abzustellen, wie L nach dem Vertragsinhalt von dieser Leistung profitieren sollte. Die Arbeiten des P stellten sich nämlich für den Vertragspartner L nur als Vorbereitung dar. Für L war es nicht hinreichend, dass P ihm Angebote vorbereitete, sondern P musste L die Angebote zum Abruf zur Verfügung stellen. Diese Pflicht traf P für jedes Angebot bis zu dem Zeitpunkt, in dem L das Angebot abgerufen hat. Es ist daher die Leistung des P in die einzelnen von L abzurufenden Angebote aufzuteilen. Da P dem L 20 Angebote für 5.000 Euro zu machen hatte, entfielen auf jedes Angebot 250 Euro. Die Leistung des P war im Zeitpunkt der Kündigung nur insoweit erbracht, als L Angebote bereits abgerufen hatte. 2. Bewertung der Abschnitte Auf Grundlage dieses Maßstabes ist zunächst zwischen den von L abgerufenen 13 Angeboten und den noch nicht abgerufenen 7 Angeboten zu unterscheiden: Soweit L die letzten 7 Angebote noch nicht abgerufen hatte, hat sich P die Vergütung nach 628 Abs. 1 S. 1 BGB nicht verdient. In diesem Umfang von mithin 1.750 Euro kann L daher eine Rückforderung auf 628 Abs. 1 S. 3 BGB stützen. Zu erwägen ist weiter, was hinsichtlich der übrigen 13 Angebote gilt. Insoweit verlangt eine Rückforderung angesichts von 628 Abs. 1 S. 2 BGB nicht nur, dass P die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten veranlasst hat, sondern auch, dass L das Interesse an der erbrachten Leistung infolge der Kündigung verloren hat. L verlor das Interesse an den von ihn abgerufenen Vorschlägen aber nicht erst, als er kündigte, sondern bereits, als die von ihm angesprochenen Damen keinen Kontakt zu ihm wollten. Folglich kommt hinsichtlich der abgerufenen Vorschläge kein Anspruch nach 628 Abs. 1 BGB in Betracht. IV. Kein Ausschluss durch 656 Abs. 1 S. 2 BGB Die Rückforderung könnte angesichts der von L erbrachten Partnerschaftsvermittlung nach 656 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Es ist umstritten, inwieweit 656 Abs. 1 BGB, der die Zahlungsverbindlichkeit aus einem Heiratsvermittlungsvertrag als Naturalobligation ausgestaltet, auf einen Partnerschaftsvermittlungsvertrag entsprechend anwendbar ist. Jedenfalls schließt 656 Abs. 1 S. 2 BGB nur die Rückforderung aus 812 BGB aus, die darauf gestützt wird, dass eine Verbindlichkeit aus einer Partnerschaftsvermittlung keine

-8- vollkommene Verbindlichkeit ist. L stützt sich aber auf einen Anspruch aus 628 BGB, der keinesfalls durch 656 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen wird. V. Kein Ausschluss durch 818 Abs. 3, 628 Abs. 1 S. 3 BGB Schließlich könnte sich P auf Entreicherung nach 818 Abs. 3 BGB berufen, wenn er die Kündigung des L nicht zu vertretenen hätte. Indes sind keine Umstände bekannt, die eine Entreicherung des P belegen. Folglich kommt es auf die Frage des Vertretenmüssens für den Anspruch aus 628 Abs. 1 BGB nicht an. VI. Ergebnis Aus 346, 628 Abs. 1 S. 3 BGB steht L gegen P ein Anspruch in Höhe von 1.750 Euro zu. B. Anspruch aus 284 BGB L könnte gegen P ein Anspruch aus 284 BGB auf Rückzahlung des von ihm ferner aufgewendeten Dienstlohns in Höhe von 3.250 Euro zustehen. I. Anwendbarkeit Die Regelungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts sind unmittelbar nur dann anwendbar, wenn für den einzelnen Vertragstyp das besondere Schuldrecht keine speziellen Regelungen enthält. Während 437, 634 BGB solche speziellen Regelungen für Kauf- und Werkvertrag enthalten, fehlen entsprechende Regelungen für den Dienstvertrag. Insbesondere behandelt 628 BGB nur die Folgen der Kündigung, nicht die von Leistungsstörungen. Daher ist 284 BGB anwendbar. II. Voraussetzungen Der Anspruch aus 284 setzt voraus, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB vorliegen. 1. Schuldverhältnis Das dafür erforderliche Schuldverhältnis stellt der Partnerschaftsvermittlungsvertrag dar.

-9-2. Schlechtleistung P müsste seine Leistung nicht wie geschuldet erbracht haben, indem er L Damen vermittelt hat, die sich nicht für einen intensiveren Kontakt mit L interessierten. Maßgeblich ist, in welchem Maß den P die Pflicht traf, dem L Damen zu vermitteln, die zu ihm passten. Aus dem Vertrag lässt sich nicht die Verpflichtung des P entnehmen, solche Damen zu vermitteln, die auch eine Beziehung mit L führen wollten. Eine Schlechtleistung lässt sich daher nicht hinsichtlich der drei Damen annehmen, die sich mit L getroffen, nach dem ersten Kontakt aber keinen weiteren Kontakt mehr zu ihm haben wollten. Eine Schlechtleistung kommt aber hinsichtlich der Damen in Betracht, die allein auf Grundlage der Information, dass L Landwirt ist, keinen Kontakt zu ihm wünschten. Insoweit muss P sich an seinem Versprechen in der Leistungsbeschreibung messen lassen, L individuell auf ihn abgestimmte Partnervorschläge zu machen. Die Person des L wird stark durch seinen Beruf geprägt. Lehnen vorgeschlagene Damen einen Kontakt mit ihm allein wegen seines Berufs ab, fehlt diesen Vorschlägen daher eine individuelle Abgestimmtheit. Daher liegt eine Schlechtleistung des P in Bezug auf 10 Vorschläge vor. 3. Nachfrist Ein Anspruch aus 281 Abs. 1 BGB setzt weiter voraus, dass L als Gläubiger eine Nachfrist gesetzt hat. Eine Nachfrist hat L nicht gesetzt, sondern sofort gekündigt. Ein Anspruch kommt daher nur in Betracht, wenn die Nachfrist entbehrlich war. 281 Abs. 2 BGB enthält zwei Fälle, in denen eine Nachfristsetzung für entbehrlich erklärt wird. Die Voraussetzungen für 281 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegen nicht vor. Die Prüfung des 281 Abs. 2 Nr. 2 BGB erforderte eine Abwägung der betroffenen Interessen. Vorrangig sind aber die Auswirkungen der Kündigung des L zu berücksichtigen. Die Kündigung nach 627 BGB erspart L, weitere Angebote von P abrufen und bezahlen zu müssen. Durch die Kündigung des L wurde der Vertrag von L und P beendet. Primäransprüche des L sind erloschen. Diese Wirkungen beziehen sich zwar auf den Zeitpunkt, in dem die Kündigung wirksam wird. Damit erlöschen aber nicht nur die bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erfüllten Primäransprüche auf die letzten sieben Vorschläge, sondern auch die Nacherfüllungsansprüche in Bezug auf die schlecht erfüllten 10 Vorschläge. Eine Nachfrist ist daher angesichts der Kündigung entbehrlich.

-10-4. Keine Entlastung P kann die Verschuldensvermutung des 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht entkräften. 5. Ergebnis Es liegen daher die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB vor. III. Rechtsfolge Ersatzfähig nach 284 BGB sind Aufwendungen, die der Gläubiger im Vertrauen auf die Leistung des Schuldners gemacht hat und deren Zweck nicht auch ohne Pflichtverletzung des Schuldners aus anderen Gründen fehlgeschlagen wäre. Da 284 BGB nicht auf den Ersatz von Aufwendungen zu kommerziellen Zwecken beschränkt ist und auch die Rückforderung der eigenen Leistung nicht wegen des Vorrangs des Rücktrittsrechts ausgeschlossen ist (zu beidem ausführlich Klausurfall Nr. 2), kann L die für die schlecht geleisteten 10 Vorschläge vergeblich gezahlte Vergütung zurückfordern. IV. Ergebnis L hat gegen P einen Anspruch aus 284 BGB in Höhe von 2.500 Euro. C. Anspruch aus 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB Ein Anspruch auf Rückzahlung der 2.500 Euro könnte sich auch aus 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ergeben. Der haftungsbegründende Tatbestand dieses Anspruchs liegt hinsichtlich der schlecht erfüllten 10 Angebote vor. Problematisch ist aber die Rechtsfolgenseite. L kann verlangen so gestellt zu werden, als hätte P ordnungsgemäß geleistet. Dann hätte er aber nicht 2.500 Euro erspart. Insbesondere ist die Vermögenseinbuße durch den aufgewendeten Kaufpreis nicht durch die Schlechtleistung verursacht worden. In Betracht käme allenfalls, dass L im Wege der Rentabilitätsvermutung seine Aufwendungen als Mindestschaden geltend macht. Die Rentabilitätsvermutung greift aber nur bei Aufwendungen zu kommerziellen Zwecken, die L bei der Partnersuche nicht verfolgte. Ein Anspruch aus 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB scheidet also aus.

-11- D. Anspruch aus 346, 323 Abs. 1 BGB Ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 2.500 Euro ergibt sich aber auch aus 346, 323 Abs. 1 BGB. Die Rücktrittsvoraussetzungen ergeben sich aus den zur Begründung für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemachten Ausführungen. E. Gesamtergebnis L kann von P Rückzahlung in Höhe von insgesamt 4.250 verlangen. Ein Anspruch in Höhe von 1.750 Euro ergibt sich aus 346, 628 Abs. 1 BGB. Weitere 2.500 Euro kann L aus 284 BGB sowie aus 346, 323 Abs. 1 BGB verlangen.