Bosutinib (Bosulif ) Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs) sind seit mehr als zehn Jahren ein fester Bestandteil in der Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie (CML). Imatinib (Glivec ) revolutionierte im Jahr 200 die Therapie der Philadelphia-Chromosom-positiven CML (Ph+ -CML). In 200 wurde mit Dasatinib (Sprycel ) der nächste TKI für diese Indikation zugelassen. Die Imatinib-Modifikation ilotinib (Tasigna ) kam 2008 hinzu (Tabelle ). Mit Bosutinib (Bosulif ) steht nunmehr der vierte TKI zur Verfügung (Strukturformel s. Abbildung ). Bosutinib Abbildung Bosutinib ist zugelassen zur Therapie der Ph+ -CML bei Erwachsenen in der chronischen und der akzelerierten Phase sowie in der Blastenkrise, sofern diese Patienten bereits mindestens einen TKI (Imatinib, Dasatinib, ilotinib) erhalten haben oder wenn diese als nicht geeignet angesehen werden. Bosutinib wird in orm einer ilmtablette einmal täglich zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen. (achinformation Bosulif 20). Tyrosinkinase- Inhibitor AM Erstzulassung Indikation(en) Deutschland Imatinib Glivec 200 Ph+ -CML, Ph+ -ALL, c-kit+ -GIST, DSP Dasatinib Sprycel 200 Ph+ -CML, Ph+ -ALL ilotinib Tasigna 2008 Ph+ -CML Bosutinib Bosulif 20 Ph+ -CML Tabelle Übersicht der Tyrosinkinase-Inhibitoren, die zur Therapie der CML zugelassen sind. (Abkürzungen: Ph+ -CML = Philiadelphia-Chromosom-positive, chronisch myeloische Leukämie; Ph+ - ALL = Philadelphia-Chromosom positive akute lymphatische Leukämie, DSP = Dermatofibrosarcoma protuberans; GIST = Gastrointestinaler Stromatumor) CA 2.5.20
Bei mehr als 90 % der CML-Patienten und bis zu 25 % der ALL-Patienten (ALL = akute lymphatische Leukämie) kommt das sogenannte Philadelphia-Chromosom vor, das durch eine Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 entsteht. Diese Translokation verbindet die Tyrosinkinase Abl (Chromosom 9) mit einem Teil des Bcr-Gens von Chromosom 22, was zur Bildung des usionsproteins Bcr-Abl führt, einer onkogenen Tyrosinkinase, die eine konstitutive Aktivität besitzt und letztlich eine pathogene Vermehrung von Leukozyten bewirkt. TKIs zur Behandlung der Ph+ - CML (oder Ph+ -ALL) hemmen die Bcr-Abl-Kinase und ihr klinischer utzen ist eindeutig belegt (Tauchi und hyashiki 200, le Coutre et al. 200, erdinand 202). Wie andere TKIs auch sind Imatinib, Dasatinib, ilotinib und das neu hinzugekommene Bosutinib nicht selektiv wirksam. Diese Arzneistoffe hemmen auch noch weitere Tyrosinkinasen. Beispielsweise hemmt Imatinib die Rezeptorkinasen c- Kit und PDGR, was zur Indikationserweiterung für Glivec zur Behandlung gastrointestinaler Stromatumoren (GIST) führte, einer Tumorart, bei der c-kit und PDGR aufgrund von Mutationen überaktiv sind (einrich et al. 200). Dasatinib ist ein extrem potenter Multityrosinkinase-Inhibitor, der neben Bcr-Abl u.a. auch die Tyrosinkinasen der Src-amilie, c-kit und die Tyrosinkinase des PDGβ-Rezeptors hemmt. Dasatinib wirkt zudem häufig bei Imatinib-Resistenz, da Dasatinib an die aktive Konformation der Bcr-Abl-Kinase bindet, Imatinib aber an die inaktive Konformation. Zusätzlich hemmt Dasatinib fast alle mutierten ormen des Bcr-Abl- Proteins (Ausnahme: T5I-Mutation) (Shah et al. 200, Melo und Chuah 2008). ilotinib ist etwa 0- bis 50-mal stärker wirksam als Imatinib hinsichtlich der Bcr-Abl- emmung. Verglichen mit Imatinib besitzt ilotinib eine fast identische Bindungsstelle innerhalb der ATP-Tasche, allerdings benötigt es weniger -Brücken- Bindungen (vier gegenüber sechs beim Imatinib), so dass ilotinib auch an vielen Imatinib-resistenten Bcr-Abl-ormen binden kann (Ausnahme wiederum die T5I- Mutation). Außerdem ist ilotinib ein moderater Inhibitor des PDGR sowie von c-kit (Melo und Chuah 2008, le Coutre et al. 200). Bosutinib hemmt Bcr-Abl mit 0- bis 20-fach stärkerer Aktivität als Imatinib. Es besitzt antiproliferative Eigenschaften sowohl gegenüber Imatinib-sensitiven als auch gegenüber Imatinib-resistenten Bcr-Abl-positiven Zelllinien (Ausnahme T5I- Mutation). Die Bindung erfolgt sowohl an die inaktive als auch die intermediäre Konformation von Bcr-Abl (Puttini et al. 200, Levinson und Boxer 202). Bosutinib ist auch noch wirksam in Patienten, die zuvor Dasatinib oder ilotinib erhalten haben. Es besitzt zusätzlich ausgeprägte inhibitorische Eigenschaften gegenüber Src-Kinasen, gegenüber anderen Kinasen, z.b. c-kit und PDGR, ist die Aktiviät deutlich geringer ausgeprägt oder gar nicht vorhanden. Dementsprechend wird Bosutinib als dualer Src/Bcr-Abl-Kinase-Inhibitor bezeichnet (Melo und Chuah 2008, le Coutre 200, Musumeci et al. 202). Durch seine Src-hemmenden Eigenschaften zeigt Bosutinib vielversprechende Aktivitäten in klinischen Studien bei verschiedenen Tumorarten, denen ein onkogenes Src zugrunde liegt (Campone et al. 200). Die TKIs zur Behandlung der Ph+ - CML sind strukturell sehr heterogen (s. Abbildung 2), obwohl sie alle sich überlappende Bindungsstellen innerhalb der ATP-Tasche der Bcr-Abl-Kinase besitzen. Der etablierteste TKI Imatinib ist ein 2-Phenylamino- Pyrimidin-Derivat, wobei der Pyridin- und der Pyrimidin-Ring die Adenin-bindende Region besetzen. Die -Methylpiperazin-Gruppe des Imatinibs ist ursprünglich lediglich zur Verbesserung der Löslichkeit und der oralen Bioverfügbarkeit ins Molekül integriert worden. Strukturvariationen an dieser funktionellen Gruppe unter 2 CA 2.5.20
Erhalt der -Brücken-bildenden Eigenschaften haben dann zur Entwicklung von ilotinib mit einem -Methyl--imidazol-eterozyklus (Weisberg et al. 200, Melo und Chuah 2008). Ausgangspunkt für die Entwicklung des Dasatinibs, ein 2-Amino-5- carboxamidothiazol, waren 2-Aminothiazole, die als Lck-Inhibitoren getestet wurden. Die Substitution der freien Amino-Gruppe mit einem Pyrimidin führte zu sehr aktiven Verbindungen, wobei die weiteren Strukturänderungen wie etwa die Einführung eines -ydroxyethylpiperazins-restes vorwiegend der ptimierung der pharmakokinetischen Eigenschaften dienten (Wityak et al. 200, Lombardo et al. 200). 2-Phenylamino-pyrimidin 2-Phenylamino-pyrimidin Imatinib ilotinib 2-Amino-5-carboxamido-thiazol S Dasatinib Abbildung 2: Strukturformeln von Imatinib, ilotinib und Dasatinib Bosutinib gehört zu den -Cyanochinolinen. Insbesondere dieses Pharmakophor wird schon seit langer Zeit als Basis für die Entwicklung neuer Src-Inhibitoren verwendet (Boschelli et al. 200, Boschelli, et al. 200, Boschelli 2008, Cao et al. 2008, Boschelli et al. 200). Mit seiner -Anilinochinolin--carbonitril-Partialstruktur weist Bosutinib strukturelle Ähnlichkeiten zu den Chinazolinen (z.b. Erlotinib, Gefitinib) auf, die als EGR-Inhibitoren wirken (s. Abbildung ). Ein prominentes -Cyanochinolin ist beispielsweise der TKI EKB-59, ein EGR- Inhibitor, der über eine kovalente Bindung eine irreversible emmung bewirkt (s. Abbildung ). EKB-59 wurde in der Klinik getestet, z.b. in Kombination mit Capecitabin bei Kolonkarzinomen (Laheru et al. 2008). Der Anilin-Ring des Bosutinibs enthält zwei Chlor-Substituenten sowie eine Methoxy- Gruppe, der Chinolin-ring trägt zusätzlich zu den Substituenten in - und -Position Ether-Substituenten an den Positionen und, wie es bereits von den Chinazolinen Erlotinib und Gefitinib bekannt ist. Der Substituent an Position enthält auch wieder den bei vielen TKIs etablierten, basischen -Methylpiperazin-eterozyklus. CA 2.5.20
Bosutinib -Anilino--carbonitril-Partialstruktur EKB-59: irreversibler Inhibitor mit -Cyanochinolin-Partialstruktur Chinazoline: Erlotinib Gefitinib Abbildung : Bosutinib als -Cyanochinolin und strukturverwandte TKIs Der Bindungsmodus innerhalb der ATP-Tasche der Abl-Kinase ist sehr ähnlich zu denen der strukturverwandten Chinazoline Erlotinib und Gefitinb in der EGR-ATP- Tasche (Stamos et al. 2002). Als ATP-kompetitiver Inhibitor besetzt der Chinolin- Ring des Bosutinibs die Adenin-bindende Region in gleicher Weise wie der Chinazolin-Ring der EGR-Inhibitoren. Die einzige -Brückenbindung, die gebildet wird, ist die des Chinolin- des Bosutinibs zum Rückgrat-Amid von Methionin-8 in der inge-region der Abl-Kinase. Der substituierte Anilin-Ring füllt eine hydrophobe Tasche aus, der flexible -Propoxy--methylpiperazin-Rest an Position ragt aus der Adenin-bindenden Region heraus und stabilisiert sich über van der Waals-Kontakte in der inge-region der Kinase (Levinson und Boxer 202). Literatur: Boschelli, D.. et al. J Med Chem 200,, 95 CA 2.5.20
Boschelli, D.. et al. Bioorg Med Chem Lett 200,, 9 Boschelli, D.. Curr Top Med Chem 2008, 8, 922 Boschelli, D.. et al. Bioorg Med Chem Lett 200, 20, 292 Campone, M. et al. Breast Cancer Res Treat 200, 0 Cao, X. et al. Bioorg Med Chem Lett 2008, 8, 20 achinformation Bosulif 20 Pfizer Ltd. erdinand, R. et al. J Blood Med 202,, 5 einrich, M. et al. Science 200, 299, 08 Laheru, D. et al. in Cancer Res 2008,, 502 le Coutre, P. et al. in Cancer Res 200,, Levinson,.M. und Boxer, S.G. PloS ne 202,, e29828 Lombardo, L. et al. J Med Chem 200,, 58 Melo, J.V. und Chuah, C. ematology Am Soc ematol Educ Program 2008, 2 Musumeci,. et al. uture Med Chem 202,, 99 Puttioni, M. et al. Cancer Res 200,, Shah,. et al. Science 200, 05, 99 Stamos, J. et al. J Biol Chem 2002, 2, 25 Tauchi, T. und hyashiki, K. Int J ematol 200, 8, 29 Weisberg, E. et al. Br J Cancer 200, 9, 5 Wityak, J. et al. Bioorg Med Chem Lett 200,, 00 5 CA 2.5.20