Gestationsdiabetes und Diabetes in der Schwangerschaft
Gestationsdiabetes Warum sollen wir uns damit befassen Warum nicht! Betrifft: Allgemeinmediziner/Internisten Diabetologen Gynäkologen Kinderärzte
Wichtige Punkte Definition Häufigkeit Risikofaktoren Diagnosekriterien Probleme Therapie
DEFINITION Gestationsdiabetes ist definiert als eine Glucosetoleranzstörung, die erstmals in der Schwangerschaft mit einem 75-g-OGTT unter standardisierten Bedingungen und qualitätsgesicherter Glukosemessung aus venösem Plasma diagnostiziert wird. Die Diagnose ist bereits mit einem erhöhten Glucosewert möglich
Definition Unter die Diagnose Gestationsdiabetes fallen nicht mehr: Manifester D.m. Typ 1 oder Typ 2 oder spezifische Diabetesformen, die erstmals während der Schwangerschaft diagnostiziert werden
Pathophysiologie Entspricht zum Großteil der des D.m. typ 2! Genetische Disposition Übergewicht Lebensstil In 2. Schwangerschaftshälfte physiologische Insulinresistenz durch hormonelle Umstellung und in Gravidität veränderte Freisetzung von Adiponektinen( ) und Zytokinen( ) aus Fettgewebe und Plazenta GDM = Prä-Typ2-Diabetes, der nur durch Screening feststellbar ist
Häufigkeit Keine verlässlichen Daten, da bisher KEIN generelles Screening in Mutterschaftsrichtlinien vorgesehen war 2010 lag bei 3,7 % der Mütter, die entbunden haben, ein GDM vor (AQUA 2011) ( Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen) In HAPO-Studienkollektiv (15 Zentren weltweit) 16,1 % IQWIG-Gutachten (2009) Fazit Es liegt ein Hinweis auf einen Nutzen einer Gestationsdiabetesspezifischen Therapie vor (ACHOIS;MILD-GDM). Es existieren keine direkten Belege für oder Hinweise auf einen Nutzen oder einen Schaden durch ein Screening auf Gestationsdiabetes, da keine geeigneten Screeningstudien identifiziert wurden. Trotzdem kann indirekt ein Hinweis darauf abgeleitet werden, dass ein Screening auf Gestationsdiabetes zu einer Reduktion von perinatalen Komplikationen führt. (HAPO fehlte noch!)
HAPO-Daten liegen vor Daraus folgte: Seit 15.12.2012 ist Screening auf Gestationsdiabetes in Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen Die neue Richtlinie ist zum 3.3.2012 in Kraft getreten In der 24. 28. SSW sollte bei jeder Schwangeren ein 50 g OGTT durchgeführt werden Liegt der 1 h-wert bei 135 mg%, sollte zur weiteren Diagnostik ein 75 g-ogtt durchgeführt werden
Beispiel Patientin 27 Jahre, 2. Schwangerschaft Von Gyn geschickt wegen auffälligem Screeningtest mit BZ 145 mg%
Sceeningtest Wie sieht das Screening aus? Es wurde entschieden Zunächst Vor-Screening und bei auffälligem Befund Bestätigungstest Forderung der DDG auf generelle Testung einzeitig mit 75-g-OGTT wegen zu großer Belastung der Schwangeren als nicht so sinnvoll eingestuft
Diagnostik Vor-Screening vor 75 g-ogtt Nü-Glucose nicht geeignet Gelegenheitsglucose nicht geeignet Urin-Glucose nicht geeignet HbA1c nicht geeignet Fruktosamin nicht geeignet 50-g OGTT akzeptabel 50 g Glucose in 200 ml Wasser zu beliebigem Zeitpunkt BZ in venösem Plasma nach 1 h nach Ende des Trinkens Positiv, wenn BZ 135 mg% ( Sens. 79%, Spez. 87%)
Bei positivem Screening folgt zur weiteren Diagnostik der 75 g OGTT
Diagnostik 75 g OGTT Morgens nü nach mind. 8 Std. Nahrungskarenz Testzeit : 6.00 9.00 Keine akuten Krankheiten Keine kontrainsulinären Hormone (mind. 5 Tage Abstand zu Betamethason) Keine Vor-OP GIT Keine außergewöhnliche körperl. Belastung zuvor Normales Ess - und Trinkverhalten Während Test nicht herumlaufen, nicht liegen Nicht rauchen
Diagnostik 75 g - OGTT 75 g Glucose in 300 ml Wasser Schluckweise in 3-5 min trinken, nicht auf ex!!!! BZ im venösen Plasma nü, nach 1 h und nach 2 h Zur Diagnose GDM reicht das Erreichen oder Überschreiten 1 Grenzwertes Zeitpunkt: 24 + 0 SSW - 27 + 6 SSW Grenzwerte neu nach IADPSG Venöses Plasma Grenzwerte alt Carpenter/Coust an Venöses Plasma nüchtern 92 mg% 95 mg% Nach 1 Stunde Nach 2 Stunden 180 mg% 180 mg% 153 mg% 155 mg%
OGTT in der Diagnose des Gestationsdiabetes ( Richtlinie ) Empfehlungen zur Qualitätssicherung gemäß 135 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V Die Blutzucker-Bestimmung erfolgt im Venenblut mittels standardgerechter und qualitätsgesicherter Glukosemessmethodik. Das Messergebnis wird als Glukosekonzentration im venösen Plasma angegeben. Dabei sind geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Verfälschungen der Messwerte durch Glykolyse vorzusehen. Werden zum Screening und zur Erstdiagnostik des Gestationsdiabetes Unit-use- Reagenzien und die entsprechenden Messsysteme in der patientennahen Sofortdiagnostik angewendet, müssen diese nach Herstellerempfehlungen für die ärztliche Anwendung in Diagnose und Screening vorgesehen sein. Geräte, die lediglich zur Eigenanwendung durch den Patienten bestimmt sind, sind damit ausgeschlossen. Neben diesen Regelungen zur Qualitätssicherung gelten unverändert die Regelungen der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen. Dabei ist insbesondere auf die Vorgaben zur regelmäßigen Qualitätskontrolle der Messsysteme Teil B1, Abschnitte 2.1.5 und 2.1.6 der genannten Richtlinie der Bundesärztekammer hinzuweisen.
Probenaufbereitung venöses Plasma zur Direktmessung EDTA oder Citrat-Röhrchen ( Glykolyse-und Gerinnungshemmung ) zentrifugieren und BZ-Messung direkt aus zellfreiem Überstand mit Haemocue-Gerät Fehler: wenn nicht sofort zentrifugiert wird, Glucoseverbrauch in den Zellen
Probenaufbereitung venöses Plasma Ideal ist: für Labor Gemisch aus NaF (lang anhaltende Glykolysehemmung) und Citrat/Citratpuffer (sofortige Glykolysehemmung) (Hexokinase und Phosphofruktokinase werden durch ph 5,3-5,9 inaktiviert, da ihr Optimum bei ph 8 liegt) Zur Gerinnungshemmung EDTA oder Heparin.
Probenaufbereitung venöses Stabilität: Plasma für Labor Glucoseabfall beträgt 0,3 % nach 2 Stunden Glucoseabfall 1,2 % nach 24 Stunden Röhrchen: Röhrchen gibt es generell, bisher aber nicht gängig, Labor Schottdorf hat sie noch nicht zur Verfügung Aktuelle Möglichkeit: gelbe Monovette, enthält NaF als Glykolysehemmer und EDTA als Gerinnungshemmer
Beispiel Patientin 27 Jahre, 2. Schwangerschaft Von Gyn geschickt wegen auffälligem Screening ( BZ nach 1 h im 50 g OGTT 145 mg%) mit Frage GDM
Beispiel Was wollen Sie wissen: Verlauf 1. SS: Normal, spontane Entbindung, 3900 gr, 52 cm Welche SSW: 26. RF für GDM BMI 27 kg/m² vor Schwangerschaft: Gr. 168 cm, Gewicht 85 kg, BMI 30. D.m. bei Eltern / Geschwistern; Vater und Mutter D.m. typ 2 Z.n. GDM in vorangegangener SS: nein Z.n. Geburt eines Kindes 4500 g:nein Z.n. Totgeburt: nein Schwere kongenitale Fehlbildungen in vorausgegangener SS: nein Habituelle Abortneigung ( 3 Aborte in Folge) :nein Bei Vorliegen von mindestens 1 RF, OGTT schon im 1. Trimenon (1.-12.SSW) sinnvoll, wenn ob, Kontrolle 24-28.SSW, wenn wieder o.b. letztmalig 32.-34. SSW
Beispiel Patientin 27 Jahre, 2. Schwangerschaft Von Gyn geschickt wegen auffälligem Screening ( BZ nach 1 h im 50 g OGTT 145 mg%) mit Frage GDM 26. SSW 2 RF: BMI 30 Mutter und Vater D.m. Typ 2
Beispiel Was machen wir jetzt? Zum 75 g OGTT einbestellen Befund: 91 175 155 Per definitionem GDM
Probleme Was bedeutet die Diagnose GDM für Mutter und Kind? IDF: GDM führt zu Komplikationen in der Schwangerschaft Diese können durch rechtzeitige Diagnostik und intensive Therapie abgemildert werden Therapeutisch effektiv sind: Blutglucosesenkung Spezialisierte geburtsmedizinische Betreuung
Probleme Kindliche Risiken Während der Schwangerschaft Unter der Geburt Direkt postpartal Längerfristig Mütterliche Risiken Während der Schwangerschaft Längerfristig
Kindliche Risiken Während der Schwangerschaft Auswirkung von Hyperglykämie auf den Fötus 1. Trimenon ( 1.-12. SSW) mehr Spontanaborte und Mißbildungen 2. Trimenon( 13. 24. SSW) Stimulation der fetalen Sekretion von Insulin und Wachstumsfaktoren 3. Trimenon( 25. 40. SSW) Proliferation fetaler neuroendokriner Zellen, Adipozyten, Muskelzellen, ß-Zellen, dadurch postpartale Hypos, Elektrolystörungen, im späteren Leben häufiger Adeps und Stoffwechselstörungen (Substratinitiierte Teratogenese, nicht genetisch)
(Mißbildungen) Kindliche Risiken Während der Schwangerschaft Polyhydramnion Frühgeburtrate steigt Makrosomie ( asymmetrisch, durch vermehrte Adipogenese) Plazentainsuffizienz Häufiger operative Entbindung Erhöhte Gefahr später uteriner Fruchttod
Kindliche Risiken Unter der Geburt Durch überproportionales Wachstum insulinsensitiver Organe ( Rumpf und Schulter ) Schulterdystokie Plexusparese Klavikulafraktur
Kindliche Risiken Direkt postpartal Diabetische Fetopathie ( Kontrolle von Hb, HKT, Ca, Mg, Bili bei klinischen Zeichen für Fetopathie) Postpartale Hypoglykämien ( BZ beim Kind nach 1,3,6 und 12 h messen, aber nicht mit Handmessgerät, zur Prophylaxe wird Frühestfütterung mit häufigen kleinen Mahlzeiten empfohlen, z.b. 6-12 x 20 ml Dextroneonat in 24 h, stillen wird empfohlen ) Elektrolytstörungen ( Hypocalcämie, Hypomagnesiämie ) Polyzythämie (durch erhöhten Sauerstoffbedarf bei Makrosomie +gestörten Stoffwechsel steigt Erythropoetin vermehrte Bildung Erythroblasten HKT steigt) Erhöhte Plättchenaggregation Neonatale Unreife Lunge: Surfactantmangel APGAR Leber: Bili steigt Gelbsucht
Berlinerin gebärt Deutschlands schwerstes Baby ( 6080 g, 59 cm)
Kindliche Risiken Längerfristig ( Fetal programming ) Häufiger Adipositas schon ab 5. LJ Häufiger D.m. Typ 2 schon in jüngerem Alter (nicht genetisch, sondern durch toxische Wirkung der Hyperglykämie auf fetales Pankreas) Mädchen haben später häufig GDM Häufiger Hypertonie Häufiger DLP Nach der Schwangerschaft ist sowohl für Mutter, als auch für Kind zur Vermeidung eines späteren D.m. wichtig, sich fettreduziert zu ernähren, Übergewicht zu vermeiden, sich regelmäßig körperlich zu betätigen und nicht zu rauchen (Diabetes Prevention Program)
Mütterliche Risiken Harnwegsinfekte Candida-Infekte Frühgeburtsrate steigt als Folge der Infekte Parodontitis Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie Präeklampsie/Eklampsie Erhöhte Sectiorate
Mütterliche Risiken Langzeitfolgen 35-50 %iges Risiko für erneuten GDM in weiterer Schwangerschaft 10 Jahre postpartal Risiko von 40-50 % für manifesten D.m. Typ 2, insbesondere bei Insulinpflichtigkeit BMI 30 vor SS Diagnose vor 24.SSW vorausgegangenem GDM path. OGTT postpartal
Beispiel Patientin 27 Jahre, 2. Schwangerschaft Von Gyn geschickt wegen Glucosurie mit Frage GDM 26. SSW 2 RF: BMI 30 Befund: 91-175-155 Mutter und Vater D.m. Typ 2 Per definitionem GDM
Beispiel Was passiert nach Diagnosestellung Erstgespräch Schulung: BZ-Messung Ernährung Bewegung Nikotinverzicht Therapie Weitere Kontrollen
Beispiel Was machen wir jetzt? Erstgespräch Was bedeutet GDM Welche Therapie gibt es Welche Kontrollen folgen jetzt und später BZ-Selbstkontrolle zeigen, TB geben Termin Ernährungsberatung sehr zeitnah WV nach 8-10 Tagen
Therapie Schulung Ernährung Bewegung Kontrollen Tabletten? Insulin
Therapieziele Bei jeder Therapie und Kontrolle soll die Belastung für die Mutter möglichst gering gehalten werden! BZ Abdomenumfang des Kindes Mütterliches Gewicht
Therapieziele Therapieziele in plasmakalibrierter Selbstmessung: BZ nü und präprandial BZ 1 h postprandial BZ 2 h postprandial 65-95 mg/dl < 140 mg/dl < 120 mg/dl BZ Mittelwert aus 3 prä- und 3 postprandialen Werten : 1 h 90 110 mg/dl 2 h 80 100 mg/dl
Therapieziele AU des Feten zwischen 10. 75. Perzentile Normale Gewichtzunahme der Mutter Sollte mit in Entscheidung über evtl. Insulintherapie einbezogen werden
Ernährung Ist die 1. therapeutische Maßnahme nach Diagnosestellung Ziel: Normnahe schwangerschaftsspezifische BZ-Werte unter Vermeidung von Ketose und Hypo Empfohlene Gewichtzunahme für Mutter Normales fetales Wachstum
Ernährung BMI Kcal / kgkg Gewichtzunahme in kg gesamt Gewichtzunahme/ Woche 2.- 3. Trimenon < 18,5 Ca. 35 40 12,5 18 0,5 0,6 18,5 24,9 Ca. 30 34 11,5 16 0,4 0,5 25 29,9 Ca. 25 29 7 11,5 0,2 0,3 30 20 5-9 0,2 0,3
ERNÄHRUNG Nährstoffverteilung: Kohlenhydrate: 40-50 Ernergie% Protein: 20 Energie% Fett: 30-35 Energie% Wenig schnell resorbierbare KH Ballaststoffe 30 g / Tag ( Getreide, Gemüse, Obst ) 3 Hauptmahlzeiten und 2-3 ZM Morgens eher weniger KH als mittags und abends Spät auch KH zur Vermeidung von Ketonkörpern in der Nacht Keine gewollte Gewichtabnahme in Schwangerschaft, bei Adipositas Messung von Keton im Morgenurin KH-Zufuhr auch zur pp-bz-kontrolle nicht unter 40% senken, da durch relativen Insulinmangel bereits vermehrte Bildung freier Fettsäuren und gesteigerte Ketonbildung Proteinzufuhr gerne als fettarme (1,5%ige) Milch und Milchprodukte und fettarme Fleisch- und Wurstwaren
Ballaststoffe/Vitamine/Mineralstoffe Nährstoffzufuhr Ballaststoffe pro Tag 30 g Calcium 1200 mg Über Mineralwasser Magnesium 310 mg Eisen: 30-40 mg ab 2. Trimenon bei Ferritin < 30 Jod: 100-150 ug tgl. Folsäure: 400 ug tgl. 4 Wochen vor SS bis zur 12. SSW Vit D: 200 mg Omega-3-FS: 1-2 x pro Woche fettreicher Seefisch (Lachs) Süßstoffe: in normalen Mengen erlaubt
Beispiel: Ernährungsplan Bei 85 kg und BMI von 30 <20 kcal/kg ca. 1600 kcal 45 % KH ca. 720 kcal 18 KE 35 % Fett ca. 560 kcal 20 % Eiweiß ca. 320 kcal
Bewegung Verbesserung der Insulinresistenz 3 x pro Woche leichtes bis mittleres Ausdauertraining von jeweils 30 min Gut geeignet sind zügiges Spazierengehen, insbesondere nach dem Essen LGA-Risiko wird signifikant gesenkt Rate notwendiger Insulintherapie und Insulindosis können gesenkt werden BZ-Senkung macht sich erst nach 10 Tagen bemerkbar
Tablettentherapie Es gibt 1 randomisierte Studie aus dem Jahr 2000 (O. Langer et al.) zur Therapie mit Euglucon im Vergleich zu Insulin mit dem Ergebnis, Euglucon sei eine sichere Alternative zu Insulin.( Geht davon aus, dass SH Plazentaschranke nicht passieren und damit kein Risiko für Feten besteht, insbesondere, da Organogenese abgeschlossen ist ) Des weiteren gibt es Untersuchungen zu Metformin bei PCO-Patientinnen, die unter Metformintherapie schwanger wurden. Keine erhöhte Missbildungsrate, jedoch Reduktion der GDM-Fälle und Senkung der Frühabortrate.
Tablettentherapie Metformin und SH in GB in offizielle Leitlinien aufgenommen! Aktuell gibt es keine Langzeituntersuchungen zur Auswirkung der Wirkstoffe auf das kindliche Pankreas. Generell gilt: Tablettentherapie des GDM ist (in Deutschland ) kontraindiziert! ( Medikation geht diaplazentar und warum soll Fötus eine medikamentöse Therapie bekommen, obwohl er nicht krank ist Prof. Franz Kainer, München )
Gestationsdiabetes Therapieziele in plasmakalibrierter Selbstmessung: BZ nü und präprandial BZ 1 h postprandial BZ 2 h postprandial 65-95 mg/dl < 140 mg/dl < 120 mg/dl BZ Mittelwert aus 3 prä- und 3 postprandialen Werten : 1 h 90 110 mg/dl 2 h 80 100 mg/dl
BZ-Kontrollen Tag nü 1 h Vor Mittag 1 h pp Vor Abend 1 h pp spät 1-14 x x x x 1 x auch x x x x x x Dann bei Diät Tag 1 x Tag 2 x Tag 3 x Tag 4 x Tag 5 x Tag 6 x Bei Insulin x x (x) x (x) x
Beispiel Was machen wir jetzt? Erstgespräch Was bedeutet GDM Welche Therapie gibt es Welche Kontrollen folgen jetzt und später BZ-Selbstkontrolle zeigen, TB geben Termin Ernährungsberatung sehr zeitnah WV nach 8-10 Tagen Wie oft mißt Pat.? 4-Punkt TP bis zum nächsten Termin und 1 x 6-Punkt TP
BZ-Werte der Patientin Tag nü 1 h Vor Mittag 1 h pp Vor Abend 1 h 1 92 127 134 125 2 97 145 144 146 pp spät 3 93 141 123 136 4 89 126 118 111 5 99 154 149 128 6 112 158 98 143 89 141 7 97 134 138 142 8 91 128 129 139
BZ-Werte der Patientin Tag nü 1 h Vor Mittag 1 h pp Vor Abend 1 h 1 92 127 134 125 2 97 145 144 146 pp spät 3 93 141 123 136 4 89 126 118 111 5 99 154 149 128 6 112 158 98 143 89 141 7 97 134 138 142 8 91 128 129 139
Beispiel Weitere Befunde der Patientin Gewicht in 29. SSW : 90 kg BU Kind: 75. Perzentile
Insulintherapie Indikation: Erstmals innerhalb von 2 Wochen nach Diagnose je nach BZ-Werten und Fetometrie überlegen Mind 2 prä und / oder 2 pp erhöhte Werte pro 4- Punkt-TP an mind. 2 Tagen hintereinander Bei nü-bz 110 mg/dl sofort Mehr als 50 % der Messwerte innerhalb von 10 Tagen über Norm
Insulintherapie Mögliche Therapieregime: Nur NPH zur Nacht bei erhöhten Nüchternwerten Normalinsulin zu einer der Hauptmahlzeiten, je nach postprandialem Anstieg und BE-Aufnahme Normalinsulin zu jeder Hauptmahlzeit nach BE-Aufnahme ICT mit 1-3 x NPH plus Normalinsulin nach BE-Aufnahme (Insulinpumpentherapie eher bei vorbestehendem Typ 1 oder Typ 2, wenn ICT nicht reicht)
INSULINTHERAPIE Analoga: Wenn Schwangere bereits vor Schwangerschaft auf schnelle Analoga eingestellt war, nicht umstellen ( Sicherheitsdaten für Lispro und Aspart sind gut) Neueinstellung nicht primär, nur bei Problemen pp Langwirksame Analoga scheinen auch sicher zu sein, es fehlen aber Studiendaten!
Insulintherapie Therapiekontrolle: Alle 4 Wochen BZ-Vergleich mit Laborgerät, max. 10 % Abweichung Alle 4 Wochen HbA1c-Messung nicht zwingend notwendig MBG < 90 (1hpp) oder <80 ( 2hpp) zu viel Insulin! AU des Kindes
Insulintherapie (modifizierte Zielwerte bei bekanntem AU des Feten) AU-Messung ab 24. SSW alle 2-3 Wochen < 10. Perzentile V.a. IUGR Path. Doppler 10. 75. Perzentile > 75. perzentile Asymmetrische Makrosomie Nü < 105 mg/dl 1 h < 160 mg/dl Nü < 95 mg/dl 1 h < 140 mg/dl Nü < 85 mg/dl 1 h < 120 mg/dl
BZ-Werte der Patientin Tag nü 1 h Vor Mittag 1 h pp Vor Abend 1 h 1 92 127 134 125 2 97 145 144 146 pp spät 3 93 141 123 136 4 89 126 118 111 5 99 154 149 128 6 112 158 98 143 89 141 7 97 134 138 142 8 91 128 129 139
Beispiel Was wollen Sie von Pat. wissen? Hat sie sich an Ernährungsempfehlungen gehalten ja Dann ist Indikation zur Insulintherapie gegeben Was wäre möglich?
BZ-Werte der Patientin Tag nü 1 h Vor Mittag 1 h pp Vor Abend 1 h 1 92 127 134 125 2 97 145 144 146 pp spät 3 93 141 123 136 4 89 126 118 111 5 99 154 149 128 6 112 158 98 143 89 141 7 97 134 138 142 8 91 128 129 139
Beispiel z.b. SIT mit zunächst: 2 IE pro KE morgens 1 IE pro KE mittags 1,5 IE pro KE abends Hier: 10-3-8 in 1-2 IE Schritten anpassen NPH spät dazu, wenn nü nicht unter 95 mg/dl
Kontrollen vor der Geburt ( es gibt keine bindenden Vorgaben und keine randomisierten Studien) Sono: 1. Trimenon: 1. Sono: 8+0 11+6 nach Mutterschaftsrichtlinie Sinnvoll evtl. Nackentransparenz 11.-14. SSW 2. Trimenon: Bei GDM < 24.SSW und zusätzlichen RF 19. 22. SSW Organdiagnostik nach Mutterschaftsrichtlinie DEGUM II 3. Trimenon: Biometrie alle 2-3 Wochen, evtl. auch häufiger Vor Geburt: Schätzgewicht, Abdomen, Kopf wegen Schulterdystokie Doppler: nicht generell indiziert CTG: Diät: erst zum Geburtstermin Insulin: wie bei Typ 1-Diabetes ab 32. SSW individuell angepaßt
Kontrollen vor der Geburt Bei der Mutter erhöhtes Risiko für Hypertonie und Präeklampsie Bei schlechtem Stoffwechsel ( nü-bz > 105 mg) erhöhtes Risiko für IUFT in letzten 4 8 Wochen Erhöhtes Frühgeburtsrisiko ( nach HAPO)
Kontrollen unter der Geburt Schwangere mit GDM sind Risikoschwangere! nur Diät: Insulin: Klinik mit diabetologischer Erfahrung Klinik mit Neonatologie (Perinatalzentrum LEVEL 1 oder 2 ) Bei gut eingestelltem BZ auch Überschreiten des Termins erlaubt Bei Insulintherapie Vorgehen wie bei vorbestehendem Typ 1 oder Typ 2 bis zum Termin abwarten, aber nicht übertragen
Kontrollen unter der Geburt Sectio: keine generelle Indikation, empfohlen ab einem Schätzgewicht von 4500 g Bei Einleitung der Geburt: Zur BZ-Steuerung kurzwirksame Insuline nehmen Bei Einsetzen der Wehen: Bei Diät meist keine Kontrollen unter der Geburt notwendig Bei Insulintherapie: BZ-Kontrolle alle 2 std. BZ-Ziel 80 130 mg/dl Meist kein Insulin mehr erforderlich
Kontrollen nach der Geburt Insulintherapie kann in der Regel beendet werden 4-Punkt-TP am 2. Tag postpartal bei vorhergehender Insulintherapie, bei Diät nicht notwendig Bei nü-bz > 100 mg/dl und / oder pp > 160 mg/dl 1 Woche weiter TP messen Kontroll-OGTT bei allen Pat. 6-12 Wochen postpartal Wiederholung bei gestörter Glucosetoleranz jährlich, bei unauffälligem Ergebnis alle 2-3 Jahre Bei erneuter Schwangerschaft Erstvorstellung bereits im 1. Trimenon
OGTT( im venösen Plasma) Diagnosekriterien nach DDG-Leitlinie Messzeit normal D.m. IFG IGT nüchtern < 100 mg/dl 126 mg/dl 100 125 mg/dl < 126 mg/dl 1 Stunde Ø Ø Ø Ø 2 Stunden < 140 mg/dl 200 mg/dl 140 199 mg/dl
Beispiel Pat. hat spontan am Termin entbunden Kind: 3990 g, 52 cm APGAR 9-10-10 TP 2.Tag postpartal: 103-134-112 OGTT 10. Woche: nü: 105 1 h: 198 2 h: 155 IFG und IGT, kein manifester D.m. Typ 2 Kontrolle OGTT 1 x pro Jahr bei erneuter Schwangerschaft schon im 1. Trimenon
Diabetesprävention Stillen ist für Kind und Mutter sinnvoll 4-6 Monate, danach Beikost Keine Folgenahrung oder selbst hergestellte Nahrung in den ersten 6 Monaten Ernährung Gewichtnormalisierung Bewegung Nikotinverzicht Genetisches- und Lebensstil-Problem Genetik nicht beeinflussbar Aber der Lebensstil
Gestationsdiabetes Wann kommen solche Patientinnen ins Krankenhaus? Internistisch: Bei akuten internistischen Problemen, Mitbetreuung bei gyn. Problemen Chirurgisch/urologisch: OPs eher selten Harnleiterstau durch Baby Gynäkologisch: vorzeitige Wehen zur Geburt
Gestationsdiabetes Welche Probleme können entstehen? BZ-Entgleisung durch die Erkrankung Infekte, OP-Stress BZ-Entgleisung durch die Therapie Antibiotikagabe, Cortison zur Lungenreife Generell enge Zusammenarbeit mit Diabetologen in Abhängigkeit von der Therapie Wenn nur diätetisch, je nach Erkrankung und Behandlung evtl. passager Insulin notwendig Bei Insulintherapie, evtl. Insulindosisanpassung notwendig Engmaschige BZ-Kontrolle mind. 6x tgl.
Fazit GDM ist eine relevante Gesundheitsstörung Erfreulicherweise wurde ein gernerelles Screening in Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen. Pat. mit GDM sind Risikoschwangere und bedürfen einer engmaschigen Kontrolle sowohl diabetologisch, als auch gynäkologisch Behandelt wird primär durch optimierte Ernährung und bei Bedarf mit Insulin Auch nach der Entbindung sollte eine engmaschige Kontrolle der Mutter und auch des Kindes, besser noch der gesamten Familie erfolgen
Diabetes in der Schwangerschaft Patientin: 25 Jahre, 1. Schwangerschaft 7. SSW, nicht geplant D.m. Typ 1, seit 5. LJ HbA1c 8,4 %, AA: zuletzt vor 3 Jahren Nieren: bisher o.b. Derzeitige Therapie: Humalog und Basal
Diabetes in der Schwangerschaft Probleme: Ungeplante Schwangerschaft wird oft erst nach einigen Wochen bemerkt, Organogenese ist dann schon abgeschlossen Hochrisikoschwangerschaft! Erhöhte Mißbildungsrate Schwangerschaft sollte möglichst geplant werden
Diabetes in der Schwangerschaft Risiken für die Mutter Gestations(hypertonie) mit Gefahr der (Prä)eklampsie Retinopathie ( erstmals oder schlechter), Nephropathie PNP Verschlechterung KHK Autoimmunthyreoiditis Risiken fürs Kind Diabetische Embryopathie Neuralrohrdefekte; Herzfehler; Omphalozele; Skelettanomalien; Fehlbildungen Niere und ableitenden Harnwege; small-left-colon-syndrom, Kaudales Regressionssyndrom Erhöhte perinatale Mortalität( 22. SSW und 7. LT)
Diabetes in der Schwangerschaft Diagnostik: Vor geplanter SS HbA1c nicht mehr als 0,5-1% oberhalb oberem Normbereich für 3 Monate vorher Augenarzt Kontrolle vor SS, direkt nach Diagnose SS, dann alle 3 Monate bis Geburt, bei Progress häufiger ggf. Lasertherapie vor SS Micraltest und Creatinin
Diabetes in der Schwangerschaft Therapieziele BZ- Mittel eines Tages aus 6 Werten jeweils prä-und 1 h pp 85-105 BZ-Korrektur bei > 200 HbA1c alle 4-6 Wochen im Normbereich, ideal <5,4% Zeit Mg/dl mit Handgerät der Pat. präprandial 65-95 1h pp < 140 2 h pp < 120 Vor dem Schlafen 90-120 Nacht ca. 3.00 > 60
Diabetes in der Schwangerschaft Wann kommen solche Patientinnen ins Krankenhaus Internistisch: Hypertensiver Notfall Akute Stoffwechselentgleisungen Hypo Ketoazidose Chirurgisch/urologisch: akutes Abdomen Harnleiterstau Gynäkologisch: vorzeitige Wehen
Diabetes in der Schwangerschaft Therapie bei Hypertonie: α-methyldopa Metoprolol Nifedipin/Verapamil Dihydralazin Therapie bei hypertensivem Notfall (RR stark erhöht mit Zeichen der Encephalopathie oder Lungenödem): 5-10 mg Dihydralazin i.v alle 20-30 min oder Perfusor 2-20 mg/h 6,25-12,5 g Urapidil i.v über 2 min oder Perfusor 6-24 mg/h Oder initial Bayotensin akut s.l.
Diabetes in der Schwangerschaft Therapieziel: RR < 140/90, bei Nephropathie < 130/80 Bei Einleitung einer Therapie nach 20. SSW Gefahr der fetalen Wachstumsretardierung, RR daher bis 160-170/100-110 dulden ( 2 Studien aus dem Jahr 2000), erst oberhalb Beginn einer Dauertherapie Gefahr besteht weniger für das Kind, mehr für Mutter hinsichtlich Pfropf-Präeklampsie
Diabetes in der Schwangerschaft Hypoglykämie: Einzelne schwere Hypos scheinen für Kind ungefährlich, es fehlen aber Nachbeobachtungsdaten Häufige niedrige Werte mit Gefahr der Wachstumsretardierung Meist vor 20.SSW und nachts, meist gegen 5:00 Häufiger bei Frauen mit schwerer Hypo in Anamnese, mit Diabetesdauer über 10 Jahre, bei niedrigem Hba1c und bei hoher Insulindosis BZ um 23:00 sollte > 110 sein Angehörige sollten Glukagon geben können Schwangere sollte gut geschult sein Therapie der Hypo wie üblich
Diabetes in der Schwangerschaft Ketoazidose: Durch Plazentalaktogen verstärkte Lipolyse und Ketogenese, daher in SS schneller und bei niedrigeren BZ-Werten Ketoazidose-Risiko Gehäuft bei: Erbrechen Infekten Non-Compliance Insulinpumpendefekt Gabe von Wehenhemmern und/oder Cortison zur Lungenreife Erstmanifestation
Diabetes in der Schwangerschaft Ketoazidose: Kritische Notfallsituation Fetale Mortalitätsrate 9-35 % Kann auch bei Typ 2 in SS auftreten Bei Bauchschmerzen neben Wehen auch an HELPP-Syndrom und Pseudoperitonitis denken Intensivmedizinische Betreuung nach vorgegebenem Behandlungsplan in enger Kooperation Diabetologe/Gynäkologe
Diabetes in der Schwangerschaft Bei chirurgischen / urologischen oder gynäkologischen Problemen Enge Zusammenarbeit mit Diabetologen notwendig Frauen mit D.m. (1 oder 2) haben höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse unter der Geburt, allerdings sind solche Ereignisse generell selten Zur Entbindung Pat. IMMER in Zentrum vorstellen!!!!!!! Kinder werden nicht mehr generell vor Termin geholt Keine generelle Sectio-Indikation gegeben, bei Schätzgewicht > 4500 g, Sectio sinnvoll Unter der Geburt BZ um 70-110 mg/dl anstreben, engmaschige Kontrollen