Prof. Dr. Reinhard H. Schmidt Grundzüge der BWL: Investitions- und Finanzierungstheorie Universität Frankfurt, SS 2000 Die folgenden Folien sind nur zum privaten Gebrauch der Studenten gedacht, die die Vorlesung gehört haben Copyright Reinhard H. Schmidt 1
Ausgangspunkt Finanzielle Isolation Märkte und damit Preise für Eigen- oder Fremdkapital werden nicht berücksichtigt Vorteil: keine Informations- und Anreizprobleme Nachteil: keine Investitionsmöglichkeiten keine Diversifikationsvorteile keine Anpassung von Konsum an Einkommen 2
Fremdfinanzierung Informationsproblem: Zwischen Schuldner und Gläubiger herrscht asymmetrische Information Schuldner ist nicht glaubwürdig. Anreizproblem: Die asymmetrische Ergebnisverteilung schafft Anreize für den Schuldner, die Position des Gläubigers zu verschlechtern. 3
Wirkung der Verschuldung auf Investitionen Schuldner beurteilt die Vorteilhaftigkeit von Investitionen ausschließlich anhand seines Anteils am Investitionszahlungsstrom Gläubiger interessiert sich nur für den Rückzahlungsbetrag Zentrale Probleme: Risikoerhöhungsproblem (risk shifting) Überinvestitionsproblem Unterinvestitionsproblem 4
Risikoerhöhungsproblem: Kreditnehmer erhöht die Einzahlungsspitzen des Investitionsprogramms durch die Steigerung des Risikos. Überinvestitionsproblem: Investitionen mit negativem Kapitalwert werden durchgeführt, da sich hierdurch die Einzahlungen der Eigenkapitalgeber erhöhen. Unterinvestitionsproblem: Vorteilhafte (und risikoreduzierende) Investitionen werden unterlassen, da deren Einzahlungen maßgeblich den Gläubigern zufallen würden. 5
p Einzahlung Gläubiger Finanzierung Kreditnehmer IO 1 Kredit 100 1 120 110 10 IO 2 Kredit 100 0,5 200 110 90 0,5 0 0 0 Erwartungswerte: 100 55 45 6
IO 1 Finanzierung FK 36,36 p Gläubiger Einzahlung Kreditnehmer EK 63,64 1 120 40 80 IO 2 FK 36,36 EK 63,64 0,5 200 40 160 0,5 0 0 0 Erwartungswerte: 100 20 80 7
Beispiel: Überinvestitionsproblem Ein Unternehmer plant, ein Projekt mit Fremdkapital in Höhe von 40 zu finanzieren. Der risikofreie Zins beträgt null. Alle Beteiligten sind risikoneutral. t 0 t 1 E 1 (0,5) 2 (0,5) IO A - 60 72 72 72 FK - 40 40 40 40 EK - 20 32 32 32 8
Wird der Unternehmer nach Fremdkapitalaufnahme von IO A auf IO B wechseln? t 0 t 1 E 1 (0,5) 2 (0,5) IO B - 60 110 30 70 FK - 40 40 30 35 EK - 20 70 0 35 FK 0-10 -5 EK 38-32 3 9
Beispiel: Unterinvestitionsproblem Ein Unternehmer hat ein Projekt mit Fremdkapital finanziert. Der risikofreie Zins beträgt null. Der vereinbarte Rückzahlungsbetrag beträgt 40. t 0 t 1 E 1 (0,5) 2 (0,5) IO - 60 110 30 70 FK 35 40 30 35 EK 25 70 0 35 10
Wird der Unternehmer IO neu durchführen, wenn er es mit Eigenkapital finanzieren muß? t 0 t 1 E 1 (0,5) 2 (0,5) IO neu - 8 5 15 10 Σ IO - 68 115 45 80 Σ FK - 35 40 40 40 Σ EK - 28 75 5 40 FK 0 0 10 5 EK - 8 5 5 5 11
Eigenkapital Wieviel ist der Zahlungsanspruch eines externen Kapitalgebers wert, wenn die Information zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer asymmetrisch verteilt ist? Der Kapitalnehmer ist besser informiert. Der externe Kapitalgeber ist eher uninformiert: Über welches Projekt verfügt der Kapitalnehmer wirklich? - Wird er die Wahrheit sagen? t 0 E IO A - 60 80 IO B - 60 66 12
Underpricing - Beispiel Problem: Nur die Alteigner kennen den wahren Wert der Aktien. Bei symmetrischer Information: abk: 300, BV: 1:1, EmK: 250 nbk: 275, BR: 25 Bei asymmetrischer Information: wahrer Wert Alteigner neue Aktionäre 300 350 250 ausüben verkaufen kein Kauf kaufen zu 250 + 25 13
Manager-Eigner-Problem Eigner: residual claims Manager-Eigner: residual claims und control rights Manager: control rights Ziele (Eigner-)Manager: geringer Arbeitseinsatz Risikobereitschaft Prestige/Unternehmenswachstum on-the-job-consumption 14
t 0 Beispiel E Arbeitsleid Nettoertrag IO A - 60 80 10 10 IO B - 60 66 0 5 Der Unternehmer möchte ¾ (40) der Anschaffungskosten durch externes Eigenkapital finanzieren. Welches Projekt ist vor der Kapitalaufnahme vorteilhaft für den Unternehmer? Welches Projekt ist nach der Kapitalaufnahme vorteilhaft für den Unternehmer? 15
Vor der Kapitalaufnahme ist Projekt A vorteilhaft (Nettoertrag ist höher) Nach der Kapitalaufnahme ist Projekt B vorteilhaft: externe Eigenkapitalgeber erhalten 50 % der Überschüsse Nettoertrag des Unternehmers: IO A: 0,5. (80) -10 = 30 IO B: 0,5. (66) = 33 16
Übersicht über mögliche Anreizprobleme in Finanzierungsbeziehungen... bei Finanzierung mit (riskantem) Fremdkapital: Risk Shifting: Anreiz, das Risiko des ausstehenden Fremdkapitals zu erhöhen. Unterinvestition: Anreiz, Investitionen mit pos. Kapitalwert zu unterlassen.... bei Finanzierung mit (externem) Eigenkapital: Effort-Incentive-Problem: Anreiz, das Aktivitätsniveau zu reduzieren. ASIV: Anreiz, den Wert des externen Zahlungsanspruchs höher anzusetzen. 17
Anreizprobleme treten sowohl bei einer Finanzierung mit Fremdkapital als auch bei einer Finanzierung mit (externem) Eigenkapital auf. Externe Kapitalgeber antizipieren diese Probleme und passen ihre Positionen entsprechend an. Der Unternehmer hat einen Anreiz, die Probleme zu reduzieren. 18
Anreizprobleme entstehen, wenn nicht alle Handlungen vertraglich festgelegt werden können, wenn sie nicht beobachtbar sind sie nicht gerichtlich durchsetzbar sind sie nicht vorher vertraglich spezifiziert werden können. wenn nicht der Wert aller Alternativen oder Zahlungsströme allen bekannt ist. 19
Möglichkeiten zur Reduktion von Agency Konflikten Kontrolle / Monitoring: Informationsbeschaffung und Einflußnahme. Bindung / Bonding: Beschränkung der Handlungsfreiheit des Unternehmers. Wahl einer optimalen (d.h. die Anreizkonflikte reduzierenden) Kapitalstruktur. 20
Banken Aufgaben: Betrags- bzw. Losgrößentransformation, Fristen- und Risikotransformation Auf einem vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt erfüllen sie keine dieser Aufgaben In der neoinstitutionalistischen Welt: Bank als Mittler zwischen Kapitalnehmern und Kapitalgebern, wenn Informations- und Anreizprobleme bestehen Reduktion der Bewertungsunsicherheit Verhaltensbeeinflussung der Kapitalnehmer 21
Schutzmöglichkeiten - Fremdkapital Konkursrecht Kreditsicherheiten weitere Steuerungsinstrumente: Zins, Kreditvolumen, Laufzeit, 22
Idealtypische Gesellschaftsformen Personengesellschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit weitgehende / unbeschränkte Haftung nicht standardisierte Verträge Problem bei Erweiterung bei Verkauf Kapitalgesellschaft eigene Rechtspersönlichkeit Haftungsbeschränkung standardisierter Vertrag Professionelles Management Verkauf an der Börse 23
Schutzmöglichkeiten der Kapitalgeber Recht zur Geschäftsführung Einigungszwang Information Kündigungsrecht als Drohpotential Aufsichtsrat erfolgsabhängige Entlohnung für das Management Markt für Unternehmenskontrolle Information 24
Der Markt für Unternehmenskontrolle Markt für Rechte zur Einflußnahme auf Unternehmen Verfügungsgewalt über Unternehmen liegt direkt oder indirekt bei den Eignern Teil des Marktes für Unternehmensanteile 25