anlässlich der Pressekonferenz Weltspartag 2016 am 25. Oktober 2016 in Berlin

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Transkript:

Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband Es gilt das gesprochene Wort. Statement des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Georg Fahrenschon anlässlich der Pressekonferenz Weltspartag 2016 am 25. Oktober 2016 in Berlin Deutscher Sparkassenund Giroverband Charlottenstraße 47 10117 Berlin

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie sehr herzlich zur Pressekonferenz des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), anlässlich des 91. Weltspartags, der offiziell am Freitag (28.10.) gefeiert wird. Aber ist den deutschen Sparern am Weltfeiertag der Sparkassen, wie er 1925 noch hieß, wirklich feierlich zumute angesichts einer anhaltenden Nullzinsphase und immer schlechteren Nachrichten? Dazu erfahren Sie gleich mehr, wenn ich Ihnen die Ergebnisse unseres neuen Vermögensbarometers vorstelle. Sparsamkeit ist Teil der deutschen Kultur. Neben Selbstbestimmung und Freiheit war auch die Sparsamkeit ein prägender Faktor bei der Herausbildung einer spezifischen bürgerlichen Moral. Ich erwähne das, weil diese kulturelle Prägung bis heute nachwirkt. Trotz faktisch abgeschaffter Zinsen und Zinseszinsen sparen die Deutschen nach wie vor: Im vergangenen Jahr lag die Sparquote bei 9,7 Prozent und damit 0,2 Prozentpunkte höher als 2014. Diese moderate Zunahme ist angesichts der demografischen Herausforderung auch gut und wichtig. Ich werde in diesen Tagen häufig gefragt, ob sich Sparen überhaupt noch lohne? Meine klare Antwort: Ja, unbedingt! Sparen ist in Zeiten ausfallender Zinsen sogar wichtiger als jemals zuvor. Insofern ist die Besonnenheit der deutschen Sparer besonders zu würdigen angesichts einer anhaltenden Nachrichtenlage, die nicht gerade vertrauensbildend wirkt. Trotz allem gehen die Auswirkungen der langjährigen Niedrigzinsphase natürlich nicht spurlos an den Bürgern vorbei. Das zeigen die Ergebnisse des neuen Vermögensbarometers 2016 des DSGV deutlich. Die wichtigsten Ergebnisse unserer repräsentativen Erhebung, für die im Frühsommer dieses Jahres zum 15. Mal in Folge über 1.800 Menschen in Deutschland befragt wurden, möchte ich Ihnen nun im Einzelnen vorstellen. I. Die wichtigsten Trends Vorweg die wichtigsten Erkenntnisse und Botschaften aus dem Vermögensbarometer 2016: 1. Die Niedrigst- und Negativzinsphase ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Auswirkungen der Zinspolitik sind mehr denn je die größte Sorge der Deutschen bei der Vermögensbildung: 58 Prozent der Befragten haben die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank als ihre Hauptsorge angegeben. Das sind gegenüber dem Vorjahr nochmals 17 Prozentpunkte mehr. Was umso 2

bemerkenswerter ist, als das es sich hierbei um eine ungestützte Frage handelt. Es wurden bei der Fragestellung also keine möglichen Antworten benannt. Die Menschen sehnen sich nach Sicherheit beim Vermögensaufbau: Der schon traditionell starke Faktor Sicherheit bei der Frage nach dem wichtigsten Anlagekriterium hat dieses Jahr sogar noch mal um sieben Prozentpunkte zugelegt: 57 Prozent der Deutschen nennen Sicherheit zuerst. Rendite verliert als Faktor nochmals und liegt mit 22 Prozent nur auf dem fünften Platz. Den Deutschen sind also Sicherheit, Flexibilität und Verfügbarkeit beim Vermögensaufbau wichtiger als eine hohe Rendite. Damit bleibt der Spielraum für alternative Anlageprodukte, die in der Regel eine längere zeitliche Bindung oder das Akzeptieren eines höheren Risikos erfordern, relativ eingeschränkt. Die Menschen haben offensichtlich nach mehreren Jahren Niedrig- und Negativzinsphase resigniert und sind derzeit nicht bereit, sich auf die Spielregeln eines Marktes mit umgekehrten Vorzeichen einzulassen. 2. Das aktuelle Negativ- bzw. Niedrigzinsumfeld hat zumindest in der größten Volkswirtschaft der Europäischen Union eines ihrer wesentlichen Ziele verfehlt. Durch die Flut billigen Kapitals wurde weder der private Konsum angekurbelt, noch investieren Unternehmer automatisch mehr in die Zukunft: Wenn die Menschen verunsichert sind, wird mehr gespart und nicht mehr Geld ausgegeben - das gilt sowohl für Haushalts- als auch für Unternehmensvorstände. II. Niedrigzins und Altersvorsorge 52 Prozent der Befragten haben ihre eigene finanzielle Situation als gut oder sehr gut beurteilt. Zwar liegt die Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Situation damit auf einem hohen Niveau, der Anteil der (sehr) Zufriedenen nimmt aber seit 2014 stetig ab. Die Sorgen über die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik und die abnehmende persönliche Zufriedenheit führen allerdings nicht zu einer Anpassung des Anlageverhaltens. Nur 32 Prozent der Menschen passen ihr Sparverhalten an die niedrigen Zinsen an. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung hat offenbar resigniert oder sieht keine anderen Möglichkeiten und ändert deshalb sein Sparverhalten nicht. Erst bei höherem Einkommen und dem damit verbundenen Spielraum wird auf alternative Anlageprodukte ausgewichen. 3

Alles in allem reagieren die deutschen Sparer aber dennoch besonnen. Nur 12 Prozent wollen weniger sparen, immerhin fünf Prozent geben sogar an, mehr sparen zu wollen. Es ist aber fraglich, ob diese eigentlich erfreuliche Entwicklung so bleibt. Angesichts der Zinsentwicklung erwarten die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe für die Jahre 2016 und 2017 nur noch eine Seitwärtsbewegung mit einer Sparquote der privaten Haushalte von 9,8 Prozent. Der innerdeutsche Vergleich der Sparanstrengungen zeigt nach wie vor ein deutliches Nord- Süd-Gefälle: Hier liegt Baden-Württemberg mit 11,4 Prozent auf dem ersten Platz. Am wenigsten gespart wird in Mecklenburg-Vorpommern. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland nach wie vor zum oberen Mittelfeld mit relativ stabilen Quoten. Die Spreizung zwischen Sparern und Nichtsparern wird größer, ein genereller Abwärtstrend der Sparquoten aufgrund des Niedrigzinsumfelds ist gegenwärtiger, aber noch nicht erkennbar. Bedenklich hoch bleibt der Anteil derer, die regelmäßig gar nichts für ihre Altersvorsorge zurücklegen: Bereits heute sparen 36 Prozent der Menschen in Deutschland nichts für Später. Bei den Jüngeren zwischen 14 und 29 Jahren ist es sogar die Hälfte! Und bei denjenigen, die Vorsorge betreiben, sind die Sparraten im Vergleich zu den Vorjahren gesunken. Wie im vergangen Jahr sehen sich weiterhin 16 Prozent der Bundesbürger finanziell nicht in der Lage, überhaupt irgendwelche Maßnahmen zur finanziellen Vorsorge zu ergreifen. Dabei ist es, wie bereits anfangs erwähnt, gerade in einer Phase niedriger und negativer Zinsen notwendig, möglichst früh mit dem Sparen zu beginnen. Denn um bei gleicher Risikostruktur die eigenen Vorsorgeziele zu erreichen, müssen über die Jahre höhere Beträge zurückgelegt werden. Das Vermögensbarometer gibt auch Aufschluss über die viel diskutierte Frage, inwieweit die niedrigen Zinsen Umverteilungseffekte mit sich bringen. Je niedriger das Einkommen, desto höher ist der Anteil derer, die nichts fürs Alter zurücklegen: 59 Prozent der Haushalte mit einem Nettoeinkommen bis 1.000 Euro im Monat sparen nichts für die Altersvorsorge. Gerade in dieser Bevölkerungsgruppe sind daher massive finanzielle Versorgungslücken im Alter zu erwarten. Die Menschen zweifeln sogar immer mehr an der Sinnhaftigkeit ihrer Maßnahmen für die Altersvorsorge: Nur gut die Hälfte derjenigen, die entsprechend vorsorgen oder planen, dies zu tun, glaubt, damit die gewünschte finanzielle Absicherung zu erreichen. Fast jeder Fünfte geht davon aus, dass dies nicht der Fall sein wird. 4

Trotz noch geringer Inflation und gestiegener Reallöhne geben die Deutschen aber nicht mehr Geld aus. Drei Viertel haben ihr Konsumverhalten in den letzten 12 Monaten nicht geändert und planen auch nicht, dies zu tun. Nur fünf Prozent haben mehr Geld ausgegeben als im Jahr zuvor - das ist der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre! Vorsichtig agieren die Bürger auch in Sachen Kreditaufnahme. Eine Mehrheit von 54 Prozent lehnt die Kreditaufnahme für notwendige und gewünschte Anschaffungen grundsätzlich ab, nur sechs Prozent der Menschen, für die ein Kredit grundsätzlich in Frage kommt, wollen ein höheres Kreditvolumen aufnehmen. III. Anlageverhalten und Vermögensaufbau Es dürfte mittlerweile Allgemeingut sein, dass im aktuellen Zinsumfeld mehr Rendite nur mit einem höheren Risiko erkauft werden kann. Dazu sind allerdings nur 10 Prozent der Befragten auch wirklich bereit. Wie bereits eingangs erwähnt, hat das Sicherheitsbedürfnis sogar noch weiter zugenommen, denn 2014 lag dieser Wert noch bei 23 Prozent! Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass Sicherheit das am häufigsten genannte Kriterium bei der Geldanlage ist. Für 57 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gehört die Sicherheit einer Anlageform zu den drei wichtigsten Kriterien, gegenüber dem Vorjahr ist das eine Zunahme von sieben Prozentpunkten. Ungebrochen ist daher auch die Beliebtheit der selbstgenutzten Immobilie. 59 Prozent sprechen ihr die höchste Eignung für den Vermögensaufbau zu, das sind noch mal sechs Prozentpunkte mehr als im Jahr 2015. Der langfristige Vergleich zeigt den Trend zur Immobilie noch deutlicher: Im Jahr 2007, also kurz vor Ausbruch der internationalen Finanzkrise, hielten lediglich 27 Prozent der Befragten diese Anlageform für geeignet, das eigene Vermögen aufzubauen. Das ist ein Anstieg um über 100 Prozent. Gegenläufig hat sich die Beliebtheit von Lebens- und Rentenversicherungen seit dem entwickelt: Sie lagen 2007 an der Spitze und liegen aktuell nur noch im Mittelfeld. Konstant zeigt sich die Akzeptanz von Aktien oder Investmentfonds; ihre Werte schwanken jeweils um die zehn Prozent. Dies deutet darauf hin, dass Wertpapiere nach wie vor nur für eine spezielle Gruppe von Anlegern in Betracht kommen. Immerhin 33 Prozent der Befragten halten Aktien in der Niedrigzinsphase eher für besser als weniger geeignet zur Geldanlage. 47 Prozent haben sich bei dieser Frage für die Immobilien 5

ausgesprochen, diese Anlageform erhält in Zeiten niedriger Zinsen den größten Zuspruch. Hier rate ich unseren Kunden, das Gespräch mit ihrem Sparkassen-Berater zu suchen, um das Thema Wertpapiere im persönlichen Anlagemix zu diskutieren. Sowohl das sogenannte Betongold als auch Aktien sind aber nicht für alle Sparer geeignet. Ein moderates Vermögen und eine entsprechende Risikotragfähigkeit sollten vorhanden sein. Gerade für die Bevölkerungsgruppe mit kleinerem Einkommen und Vermögen bedarf es zusätzlicher Anreize. Ich habe mich an dieser Stelle bereits in den letzten Jahren dafür ausgesprochen, dass der Bund einen Teil seiner Zinsersparnisse an die Bevölkerung zurückgibt. Die Förderung der Vermögensbildung breiter Bevölkerungsgruppen ist ein wesentlicher Bestandteil der Sozialen Marktwirtschaft. Die Notwendigkeit, beispielsweise die Einkommensgrenzen im fünften Vermögensbildungsgesetz endlich auf den neuesten Stand anzupassen, bleibt bestehen. Ich wiederhole mich hier gerne: Die geltenden Einkommensgrenzen für die Förderung des VL- Bausparens wurden beispielsweise zuletzt 1998 mit Wirksamkeit ab 1999 geändert. Die Nettolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer sind seitdem aber in der Pro Kopf-Betrachtung um rund 32 Prozent gestiegen! Durch die Nichtanpassung der Einkommensgrenze sind viele Sparer inzwischen aus der Förderung gefallen. So hat auch der Anteil der Berufstätigen, die vermögenswirksame Leistungen in Anspruch nehmen, über die Jahre deutlich abgenommen. Lag er 1998 noch bei 56 Prozent, ist er bis 2015 auf nur noch 31 Prozent kontinuierlich gesunken. IV. Fokus: Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahre In diesem Jahr haben wir als Fokusgruppe Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren ausgewählt und festgestellt, dass die Generation unserer Mütter besonders unter der Zinspolitik zu leiden hat. Obwohl in dieser Altersgruppe mehr Frauen als Männer Maßnahmen zur eigenen Altersvorsorge ergriffen haben, reicht es nicht. Frauen in dieser Altersgruppe sind nämlich besonders risikoavers und konservativ bei ihrem Anlageverhalten. So haben nur 13 Prozent der Frauen dieser Gruppe mit Aktienprodukten fürs Alter vorgesorgt, im gesamtdeutschen Schnitt sind es 17 Prozent. Weil ihr hohes Sicherheitsbedürfnis aber angesichts der Zinsentwicklung keine rentable Geldanlage ermöglicht, wollen 22 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe künftig weniger sparen als bisher. 6

Die Ergebnisse der Fokusgruppen-Befragung zeigen: Gerade Menschen mit einer grundsoliden, eher vorsichtigen Einstellung zum Geld sind von der langanhaltenden Niedrigzinsphase besonders betroffen. Aber dieser Bevölkerungsgruppe fehlt schlicht und ergreifend die Zeit, mit zunehmenden Alter ihre Altersversorgung noch einmal auf komplett neue Füße zu stellen. V. Politischer Handlungsbedarf Die anhaltende Niedrigzinsphase bringt zunehmend die persönliche Lebensplanung von Millionen Bundesbürgern in Gefahr: Viele Menschen sehen es realistisch und gehen daher davon aus, dass sie wegen fehlender Zinserträge nicht mehr zum vorgesehenen Zeitpunkt in Rente gehen werden können. Die privaten Vorsorgesysteme sind auf Normalzinsen aufgebaut und immer mehr Menschen zeigen sich verunsichert und ratlos, was ihre private Altersvorsorge angeht. Die Politik in Brüssel und Berlin ist jetzt an einem Punkt, wo sie aktiv die Voraussetzungen schaffen muss, damit sich die Geldpolitik wieder in den ihr zustehenden Korridor zurückziehen kann. Sowohl die EZB als auch die Bundesbank haben deshalb zu Recht in jüngster Zeit bei der Politik die nötigen Strukturreformen angemahnt, um die Geldpolitik aus ihrer Falle zu befreien. Infrastrukturinvestitionen der öffentlichen Hand ebenso wie verstärkte private Investitionen können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Es sind vor allem die öffentlichen Haushalte, die von der anhaltenden Niedrigzinsphase profitieren. Allein der Bund sparte durch den massiven Zinsrückgang pro Prozentpunkt Zinssenkung jedes Jahr rund 11 Milliarden Euro. Von daher wäre es mehr als gerechtfertigt, wenn insbesondere der Bund durch eine stärkere Unterstützung des Sparens einen Teil dieser Vorteile wieder an die benachteiligten Sparer zurückgäbe. Die Umfrageergebnisse unseres Vermögensbarometers zeigen in vielen Bereichen, dass das Vertrauen der Menschen Risse bekommt. Vertrauen ist ein scheues Reh - die europäische Politik sollte dies bei ihren Diskussionen beispielsweise um die Zwangsvergemeinschaftung der Einlagensicherung stärker im Auge haben. Gleichzeitig erschweren Politik und Aufsicht unnötig das Geschäft mit alternativen Anlageprodukten für die breite Mehrheit der Menschen in Deutschland. Zwei Beispiele möchte ich hierfür nennen: 7

1. Die Rechtsunsicherheiten bei der deutschen Umsetzung der EU- Wohnimmobilienkreditrichtlinie erschweren die Neuvergabe privater Immobilienkredite. Kredite, die wirtschaftlich sinnvoll wären, und jungen Ehepaaren, Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen oder älteren Menschen den Weg in die eigenen vier Wände ermöglichen würden, werden nicht vergeben, weil es die Rahmbedingungen unmöglich machen. Sowohl für Verbraucher als auch für die Kreditwirtschaft ist es aber entscheidend, Rechtssicherheit bei der Kreditvergabe herzustellen. 2. Die Aktienberatung wird durch immer höhere regulatorische Anforderungen erschwert. Auch hier ist der deutsche Gesetzgeber über die Zielvorgabe der EU hinausgeschossen. Die zahlreichen nationalen Sonderregelungen beim Finanzmarktnovellierungsgesetz führen zu erheblichen Belastungen für die Sparkassen und Banken. Dies stellt zudem einen Wettbewerbsnachteil für die deutschen Kreditinstitute gegenüber dem EU-Ausland dar. VI. Schluss Es ist nicht zu übersehen, dass die Menschen wieder Vertrauen und Sicherheit brauchen, um besser für die Zukunft planen zu können. Zumindest in Deutschland hat die Niedrigzinspolitik ihre Wirkung verfehlt. In Zeiten gefühlter Unsicherheit und umgekehrter Vorzeichen wird nicht mehr konsumiert und investiert, sondern im Rahmen der Möglichkeiten Geld gespart. Die Rückkehr zu einer sich normalisierenden Geldpolitik darf nicht länger tabuisiert werden. Die Märkte erwarten, dass die Fed in ihrer Dezembersitzung, also nach den US- Präsidentschaftswahlen, ein weiteres Zinssignal setzen wird. Das wird auch die EZB in ihre weiteren Überlegungen mit einfließen lassen müssen. Auf die Sparer in Deutschland kommen angesichts steigender Ölpreise und einer anziehenden Inflation neue Belastungen zu. Wir haben schon im vergangenen Jahr darauf verwiesen, dass aufgrund steigender Energiepreise auch die Inflation im Euroraum wieder anziehen wird. Das tritt jetzt ein. So erwarten unsere Chefvolkswirte nach ihrer Herbstumfrage im Mittel ein weiteres Anziehen des Ölpreises. Im Jahresdurchschnitt 2017 erwarten sie ein Anziehen auf gut 50 US-Dollar je Barrel der Sorte Brent sowie ein Anziehen der Verbraucherpreise um 1,5 Prozent sowie der Kernrate um 1,3 Prozent in 2017. In Kombination mit den Nullzinsen drohen somit reale Verluste für die deutschen Sparer. Damit wird ein wesentliches Argument für die Nullzinspolitik der Zentralbank Stück für Stück entkräftet. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit! 8