UN AVENIR POUR NOTRE PASSE A FUTURE FOR OUR PAST EINE ZUKUNFT FÜR UNSERE VERGANGENHEIT Empfehlung zur ungestörten Erhaltung wichtiger archäologischer Fundstätten Saarbrücken, 12. November 1990 Bodendenkmäler (archäologische Denkmäler) sind in Deutschland die wichtigsten und vielfach die einzigen Zeugnisse bestimmter Epochen der Menschheitsgeschichte. Dabei sind Geschichtsquellen nicht nur die übrig gebliebenen Sachen (Schmuck, Geräte, Waffen, Keramik, Münzen, Reste von Bauwerken usw.); nicht weniger unersetzlich für die Präzisierung und Erweiterung des Geschichtsbildes ist jeweils die Kenntnis und die wissenschaftliche Auswertung und Dokumentation der archäologischen Befunde und der gesamten Fundumstände. Das zu erwarten ist, dass sich die Möglichkeiten der Prospektion, Dokumentation und Auswertung archäologischer Quellen in Zukunft noch weiter verbessern werden, kommt es entscheidend darauf an, möglichst viele der wichtigen archäologischen Fundstätten möglichst unberührt zu erhalten. In den Denkmalschutzgesetzen der Länder bisher nicht vorgesehen ist die Schaffung von archäologischen Reservaten (also von "absoluten Tabuzonen", in denen dauerhaft keinerlei Veränderungen zulässig sind, die sich zum Nachteil von Bodendenkmälern auswirken können).
2 Die Schutzbestimmungen der Denkmalschutzgesetze selbst (Genehmigungspflicht für Grabungen, erweiterte Genehmigungspflichten für Arbeiten in Grabungsschutzgebieten, Genehmigungspflicht für Veränderungen, Erhaltungspflicht, Anzeige- und Belassungspflichten) sind kaum auf die ungestörte Erhaltung archäologischer Fundstätten auf Dauer ausgerichtet. Gleichwohl bietet das geltende Recht schon jetzt eine Reihe von Möglichkeiten zum Schutz archäologischer Fundstätten. 1. Durch einen denkmalfreundlichen Gesetzesvollzug sollte folgendes erreicht werden: a) Bereits bei der Aufstellung von Landes- und Regionalentwicklungsplänen und -programmen nach dem Raumordnungsgesetz des Bundes und den Landesplanungsgesetzen der Länder können und sollen bedeutende archäologische Fundstätten von größerer räumlicher Ausdehnung als erhaltenswert gekennzeichnet werden (vgl. 2 Abs. 1 Ziffer 11 ROG). In den für raumbedeutsame Planungen durchzuführenden Raumordnungsverfahren ( 6 a ROG in Verbindung mit den Landesplanungsgesetzen) soll auf solche Fundstätten durch entsprechende Gewichtung der archäologischen Interessen bei der Abwägung der verschiedenen Belange Rücksicht genommen werden. b) In den gemeindlichen Bauleitplänen, und zwar sowohl in den Flächennutzungsplänen als auch in den Bebauungsplänen, sollten Grundstücke mit archäologisch bedeutender Denkmalsubstanz bevorzugt als Grünflächen ausgewiesen werden, um eine Zerstörung dieser Denkmalsubstanz durch Baumaßnahmen zu verhindern ( 1 Abs. 5 Nr. 5 BauGB). Bei Anträgen auf Erteilung der Baugenehmigung für Vorhaben im Außenbereich sind in die nach 35 BauGB vorzunehmende Abwägung auch die Belange der Archäologie einzubeziehen, wenn ein Vorhaben auf archäolo-
3 gischen bedeutsamen Grundstücken verwirklicht werden soll; der Zulassung von Vorhaben auf solchen Grundstücken stehen regelmäßig öffentliche Belange im Sinne des 35 Abs. 1 BauGB entgegen. c) In den straßen-, wasser-, eisenbahn-, post-, luftverkehrs- und atomrechtlichen Planfeststellungsverfahren sind die Interessen der Bodendenkmalerhaltung in die Abwägung der öffentlichen Belange einzubeziehen. Bei bedeutenden archäologischen Fundstätten sollte die Abwägung zu einer Bewahrung der Fundstätten durch Änderung der Pläne ( z.b. durch Trassenverlegung) führen. d) Bei der Neuordnung ländlicher Gebiete durch die Flurbereinigung sollte versucht werden, wichtige archäologische Fundstätten ganz aus der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung herauszunehmen. Wo dies nicht möglich ist, sollte zumindest eine für Bodendenkmäler möglichst unschädliche Nutzung (Beweidung, Grünlandnutzung) vorgesehen werden. e) Bei der Festsetzung von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten und von geschützten Landschaftsbestandteilen sowie der Aufstellung von Landschaftsplänen nach den Vorschriften des Naturschutzrechts (Bundesnaturschutzgesetz und Naturschutz- und Landschaftspflegegesetze der Länder) sollte versucht werden, soweit wie möglich auch bedeutende archäologische Fundstätten einzubeziehen. In allen diesen Verfahren werden die Belange des Denkmalschutzes durch die Denkmalämter oder soweit vorhanden durch die Archäologischen Landesämter bzw. Denkmalschutzbehörden als Träger öffentlicher Belange wahrgenommen. Diese Stellen sind daher stets rechtzeitig und ausreichend zu beteiligen; sie sollen die Forderungen der Archäologie in die Verfahren einbringen können.
4 2. Die öffentlichen Hände (Staat, Gemeinden, Landkreise, Bezirke, Landschaftsverbände) können auch mit den Mitteln des Bürgerlichen Rechts zur ungestörten Erhaltung wichtiger archäologischer Fundstätten beitragen. a) Sie sollen solche Grundstücke, die sich in ihrem Eigentum befinden, in einer Weise nutzen, die Schädigungen und Gefährdungen von Bodendenkmälern ausschließen. Insbesondere gilt dies für die Forstverwaltung, die die in den öffentlichen Wäldern liegenden Bodendenkmäler schon bei der Aufstellung der Betriebswerke und der Forsteinrichtungskarten langfristig sichern und auch bei Holzrückarbeiten archäologische Fundstätten unberührt lassen sollten. b) Die öffentlichen Hände sollen darüber hinaus archäologisch bedeutsame Grundstücke zu Eigentum erwerben. Auch die Bestellung von Dienstbarkeiten kann für den angestrebten Zweck ausreichend sein. Dagegen dürften pachtund andere schuldrechtliche Verträge wegen der nicht auszuschließenden Kündigungsmöglichkeit allenfalls übergangsweise in Frage kommen. In Fällen dieser Art können mehrere Gebietskörperschaften zusammenwirken und auch eigene Rechtsträger (z.b. Zweckverbände) gründen. c) Auch von Bürgern geschaffene gemeinnützige Vereine (Geschichts- und Altertumsvereine usw.) und Stiftungen sollten als Eigentümer zu erhaltender archäologischer Fundstätten in Betracht gezogen werden. Für den Ankauf von Grundstücken sollten in allen Ländern Zuschüsse der öffentlichen Hände gegeben werden; auch die in einer Reihe von Ländern bestehenden Landesstiftungen sollten sich dieser Fälle annehmen.
5 Die künftige Unterhaltung und Pflege der Grundstücke sowie ihre vertragliche Nutzung und Bewirtschaftung sollten sichergestellt werden. Diese Aufgaben können auch einem geeigneten Rechtsträger übertragen werden, der anstelle des Eigentümers tätig wird. 3. Eine weitere Möglichkeit zur vorübergehenden Sicherung von Grundstücken mit wichtigen archäologischen Fundstätten besteht in der Nutzbarmachung von Förderprogrammen. So können zum Beispiel Zuwendungen aus Mitteln der Dorferneuerung und aus Förderungsprogrammen der Landwirtschaft (Extensivierungs-, Brachen-, Flächenstilllegungsprogramme), gegebenenfalls auch Mittel aus Naturschutzförderungsprogrammen mit der Auflage verbunden werden, die Grundstücke denkmalverträglich als Weideland zu nutzen oder in Heidelandschaften, Feuchtgebiete oder Streuwiesen zurückzuwandeln. Soweit die entsprechenden Förderungsrichtlinien solche Möglichkeiten bis jetzt nicht vorsehen, sollten sie alsbald im Sinne dieser Hinweise geändert werden.