Normen mit Lohnschutzcharakter. RA Dr Stefan Kühteubl

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V E R W A L T U N G S G E R I C H T W I E N

Transkript:

Normen mit Lohnschutzcharakter RA Dr Stefan Kühteubl 08.06.2017

Übersicht Vortragsthemen Ausgewählte Normen mit Lohnschutzcharakter - 1152 ABGB angemessenes Entgelt - 1155 ABGB Entgelt bei unterbliebener Arbeitsleistung - 10 AÜG Ansprüche überlassener AN - 16 AngG Anspruch auf aliquote Remuneration - 2g AVRAG Grundgehalt bei Pauschalentgelt - 19e AZG Abgeltung von Zeitguthaben - 8 AngG, 1154b ABGB, 6 UrlG, 1ff IESG, und viele mehr Anwendbarkeit des LSD-BG auf diese Lohnschutznormen (?) 2017 Schoenherr 3

Angemessenes Entgelt - 1152 ABGB 1152 ABGB: Ist im Vertrage kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen. Parallelnorm: 6 AngG Nur anwendbar, wenn keine Entgeltvereinbarung getroffen wurde kein zwingender Anspruch auf Mindestentgelt Unentgeltlichkeit - Ausdrücklich oder schlüssig - Gilt für gesamtes AV oder für bestimmte Leistungen - KV sehen zwingend Mindestentgelte vor Im Zweifel: Entgeltlichkeit 2017 Schoenherr 4

Angemessenes Entgelt - 1152 ABGB Angemessenes Entgelt - Jenes Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das ergibt, was unter ähnlichen Umständen geleistet wird oder wurde - Ortsübliches Entgelt: Jenes Entgelt, das im relevanten einheitlichen Arbeitsmarkt üblich ist nicht politische Gemeinde - Unangemessenes niedriges Entgelt nicht per se unzulässig, allerdings Beachtung KV, Satzung, Mindestlohntarif bzw Sittenwidrigkeitsgrenze 2017 Schoenherr 5

Angemessenes Entgelt - 1152 ABGB Entgeltbegriff - Alles, was der AN für seine Leistung als Gegenleistung bzw für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft erhält - Dazu zählen: Überstundenentgelt, Zulagen, Sonderzahlungen, Provisionen, Bonuszahlungen, Prämien, Naturalleistungen etc - Kein Entgelt: Aufwandersatz 2017 Schoenherr 6

Angemessenes Entgelt - 1152 ABGB Rechtsprechung OGH (28.09.2007, 9 ObA 92/07f) zu 6 AngG Der Kl war bei der Bekl als technischer Betriebsleiter beschäftigt. AV endete durch AN-Kündigung Kl begehrt Zuspruch einer ihm zugesagten Prämie AG wendet ein, dass nie eine konkrete Vereinbarung über eine Prämie abgeschlossen, sondern eine solche nur in Aussicht gestellt wurde Wurde eine Prämie durch Willensübereinstimmung vereinbart, kommt es auf die Vereinbarung der Höhe nicht an Es obliegt dem AG, die Höhe der Prämie festzusetzen, unter Bedachtnahme, was unter den gegebenen Umständen für eine Prämie als angemessen erscheint Anwendung dieser Prinzipien in regulierten Branchen (Banken, Versicherungen etc)? 2017 Schoenherr 7

Entgelt bei unterbliebener Arbeitsleistung - 1155 ABGB 1155 Abs 1 ABGB: Auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, gebührt dem Dienstnehmer das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran verhindert worden ist. Zweck: Keine Überwälzung des Unternehmerrisiko auf den AN Voraussetzung: - Vorliegen eines aufrechten AV, - nicht zustande gekommene Dienste, - Leistungsbereitschaft des AN und - Leistungsverhinderung durch Umstände auf Seiten des AG 1155 ABGB ist nicht zwingend und kann daher abbedungen werden; Beachte: Sittenwidrigkeit Unzulässig zb Arbeit auf Abruf ohne Gegenleistung Praxis: KV beschränken mitunter den Anspruch nach Höhe und Dauer 2017 Schoenherr 8

Entgelt bei unterbliebener Arbeitsleistung - 1155 ABGB Umstand auf Seiten des AG Sphäre des AG - Ereignis muss den unternehmerischen Bereich des AG betreffen und sich auf diesen auswirken - Lokalisierungstheorie: Äußert sich die Ursache der Verhinderung im Bereich (Betrieb) des AG? - Einflusstheorie: Ist die eigentliche Ursache der Verhinderung dem Herrschaftsbereich des AG zurechenbar, weil von ihm beherrschbar? - Judikatur folgt keiner dieser Theorien Neutrale Sphäre Sphäre des AN, zb Krankheit 2017 Schoenherr 9

Entgelt bei unterbliebener Arbeitsleistung - 1155 ABGB Sphärentheorie nach der Judikatur Sphäre des AG Annahmeverzug durch AG Verzicht auf Dienstleistung; Suspendierung Auflösung des AV Ereignisse, die die Person des AG, sein Unternehmen, die Organisation und den Ablauf des Betriebs und unternehmerische Tätigkeiten betreffen Rechtswidrige Anordnung von Urlaub Neutrale Sphäre (Anspruchsentfall) Höhere Gewalt ( allgemeine Kalamität ) Seuchen Hochwasser Erdbeben Umstrukturierung des Betriebs Streik (?) OGH-Entscheidung: Schneefall bei Betrieb im Bergtal/Schlechtwetter im Winter Allgemeiner Energiemangel Krieg, Revolution, Terror 2017 Schoenherr 10

Entgelt bei unterbliebener Arbeitsleistung - 1155 ABGB Rechtsfolgen - Anspruch auf Entgelt, das ihm gebührte, wenn AN die Dienste verrichtet hätte ( Lohnausfallsprinzip ) - Zeitlich unbeschränkter Anspruch - Anrechnungsregel des AN Was sich der AN durch das Unterbleiben der Arbeitsleistung erspart oder Durch anderweitige Verwendung erworben bzw Zu erwerben absichtlich versäumt hat 2017 Schoenherr 11

Entgelt bei unterbliebener Arbeitsleistung - 1155 ABGB Rechtsprechung OGH (16.12.2008, 8 ObA 75/08z) AN war für den Verkauf von Inseraten für zwei Zeitungen zuständig, deren Herausgeber eine vom AG verschiedene Gesellschaft war. Er erhielt ein Fixum, sowie eine Provision für tatsächlich akquirierte Inseratenaufträge und nur bei vollständiger Bezahlung durch den Auftraggeber. Herausgeber verfügte Einstellung der Zeitungen Freistellung des AN und anschließende Kündigung. Der AN erhielt ausschließlich das Fixum, allerdings keine Provision. Grundsatz: AN hat Anspruch auf jenes Entgelt (auch Provision), das er üblicherweise erzielt hätte, wenn er gearbeitet hätte AG trifft kein Verschulden am Einstellen der Zeitungen (daher 12 AngG nicht anwendbar). Allerdings: Zurechnung zur Sphäre des AG Anspruch nach 1155 ABGB setzt voraus, dass der AN die Provisionen bei tatsächlicher Arbeit erwirtschaften hätte können Provision nur für tatsächlich akquirierte Inseratenaufträge und Bezahlung durch den Auftraggeber kein Anspruch 2017 Schoenherr 12

Ansprüche überlassener AN - 10 AÜG 10 Abs 1 AÜG: Die Arbeitskraft hat Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, denen der Überlasser unterworfen ist, bleiben unberührt. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche oder gesetzlich festgelegte Entgelt Bedacht zu nehmen. Darüber hinaus ist auf die im Beschäftigerbetrieb für vergleichbare Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten geltenden sonstigen verbindlichen Bestimmungen allgemeiner Art Bedacht zu nehmen, [es sei denn ]. 2017 Schoenherr 13

Ansprüche überlassener AN - 10 AÜG Zweck: Verankerung eines gesetzlich zwingenden Mindestentgeltanspruches für überlassene AN AN hat während Überlassung Anspruch auf das höchste Entgelt laut - Beschäftiger KV - Überlasser KV - Echte BV (freie BV strittig) - Arbeitsvertrag - Alternativ: angemessenes bzw ortsübliches Entgelt (Praktisch bedeutend nur für jene Fälle, bei denen KV Arbeitskräfteüberlassung nicht gilt) Arbeitsrechtlicher Entgeltbegriff exkl Aufwandsentschädigungen (in der Lehre strittig!) Nicht erfasst: Gewinnbeteiligungen, Abfertigungen etc 2017 Schoenherr 14

Ansprüche überlassener AN - 10 AÜG KV Arbeitskräfteüberlassung Punkt IX: - Sowohl während der Dauer einer Überlassung als auch in überlassungsfreien Zeiten (Stehzeiten) darf der Stundenlohn keinesfalls geringer sein als der nach den folgenden Bestimmungen zu zahlende Mindestlohn.[ ] - Für die Dauer der Überlassung besteht Anspruch auf den im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren AN für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlenden kollektivvertraglichen Lohn [ ], wenn dieser höher ist, als der in Pkt. 1. und 2. geregelte Mindestlohn/Grundlohn. Für den Fall, dass im Beschäftigerbetrieb eine kollektivvertragliche, durch Verordnung festgelegte oder gesetzliche Regelung des Lohnes fehlt, besteht Anspruch auf den im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren AN mit vergleichbaren Tätigkeiten nach sonstigen verbindlichen Bestimmungen allgemeiner Art gebührenden Lohn, wenn dieser höher ist, als der in den Pkt. 1. und 2. geregelte Mindestlohn/Grundlohn.[ ] 2017 Schoenherr 15

Ansprüche überlassener AN - 10 AÜG Rechtsprechung OGH (28.10.2015, 9 ObA 157/14z) Feststellungsverfahren nach 54 Abs 2 ASGG Von einem gewerblichen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen werden über 100 Arbeiter an ein Krankenhaus überlassen. Die überlassenen AN unterliegen dem KV Arbeitskräfteüberlassung (KVAÜ). Das Stammpersonal unterliegt der Vertragsbedienstetenordnung 1995, der Besoldungsordnung 1994 sowie dem Nebengebührenkatalog der Stadt Wien. Mindestlohn der überlassenen Arbeiter nach KVAÜ liegt über dem Grundlohn der Stammbelegschaft Strittig ist, ob zu gewährende Zulagen auf den höheren Mindestlohn angerechnet werden können oder zusätzlich zu diesen gebühren OGH: Entgeltbestandteile stehen auch dann zu, wenn Mindestlohn nach KVAÜ über jenem der Stammbelegschaft liegt, eine Anrechnung ist nicht zulässig Eine Besserstellung der überlassenen AN ist nicht ausgeschlossen 2017 Schoenherr 16

Anspruch auf Remuneration - 16 AngG 16 Abs 1 AngG: Falls der Angestellte Anspruch auf eine periodische Remuneration oder auf eine andere besondere Entlohnung hat, gebührt sie ihm, wenngleich das Dienstverhältnis vor Fälligkeit des Anspruches gelöst wird, in dem Betrage, der dem Verhältnisse zwischen der Dienstperiode, für die die Entlohnung gewährt wird, und der zurückgelegten Dienstzeit entspricht. Erfasst sind periodische Remunerationen: zb Urlaubszuschuss; Weihnachtsgeld; Bilanzgeld; Neujahrsgeld; Kampagnenprämien; Jahresprämien verschiedener Art, Boni etc Gilt für Angestellte, Arbeiter (analog) und uu freie DN Zwingendes Recht Abänderung nur zugunsten des AN 2017 Schoenherr 17

Anspruch auf Remuneration - 16 AngG Anspruchsgrundlagen: AV, KV, BV, sonstige einzelvertragliche Regelungen oder konkludent Anspruch wird nach 16 AngG vorausgesetzt nicht begründet! Gilt für ausscheidende sowie neu eintretende AN Unabhängig von der Beendigungsart Aliquotierung: Anspruch auf Remuneration im Verhältnis der Dienstperiode, für die die Entlohnung gewährt wird und der zurückgelegten Dienstzeit Berechnung nach Monaten 2017 Schoenherr 18

Grundgehalt bei Pauschalentgelt - 2g AVRAG 2g AVRAG: Enthält der Arbeitsvertrag oder der Dienstzettel das Entgelt als Gesamtsumme, [ ] ohne den Grundgehalt oder -lohn im Sinne des 2 Abs 2 Z 9 AVRAG betragsmäßig anzuführen, hat dieser Arbeitnehmer zwingend Anspruch auf den Grundgehalt oder -lohn einschließlich der branchen- und ortsüblichen Überzahlungen, der am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt (Ist-Grundgehalt, Ist-Grundlohn). Anwendbar auf alle AV, die dem AVRAG unterliegen (auch Geschäftsführer bzw leitende Angestellte) Gilt für alle Pauschalvereinbarung, die nach dem 01.01.2016 abgeschlossen wurden Erfasst sind All-In-Vereinbarungen, Überstundenpauschalen, Leistungspauschalen, Vereinbarung eines Jahresgehalts Nicht erfasst: Pauschalentgeltvereinbarung für Schmutz-, Erschwernisund Gefahrenzulagen sowie Aufwandsersätze 2017 Schoenherr 19

Grundgehalt bei Pauschalentgelt - 2g AVRAG Grundgehalt - Jenes Entgelt, das dem AN für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft während der vereinbarten Normalarbeitszeit gebührt - Angabe des tatsächlich vereinbarten Grundgehalts - Beachtung gesetzlicher Mindestentgelte (KV, Satzung, Mindestlohntarif) - Betragsmäßige Anführung in geschuldeter Währung (zb EUR 1.500,00) - Verweis auf KV ist nicht mehr ausreichend - Keine Angabe von anderen Entgeltbestandteilen (SEG-Zulagen) 2017 Schoenherr 20

Grundgehalt bei Pauschalentgelt - 2g AVRAG Rechtsfolge - Zwingender Anspruch auf Ist-Grundgehalt oder lohn, einschließlich der branchen- und ortsüblichen Überzahlung, der am Arbeitsort vergleichbaren AN von vergleichbaren AG gebührt - Branche ergibt sich aus der wirtschaftlichen Tätigkeit des AG - Ortsüblichkeit: Üblichkeit am Betriebsort, außer Fehlen eines vergleichbaren AG - Vergleichbarkeit der AN anhand der vereinbarten Arbeitsleistung - Vergleichbarkeit des AG mittels Wirtschaftstätigkeit (zb Betriebsgröße, Beschäftigtenzahl, Umsatzstärke etc) - Kollektivvertragsdispositivität - (Noch) Keine Judikatur vorhanden 2017 Schoenherr 21

Abgeltung von Zeitguthaben - 19e AZG 19e Abs 1 AZG: Besteht im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Guthaben des Arbeitnehmers an Normalarbeitszeit oder Überstunden, für die Zeitausgleich gebührt, ist das Guthaben abzugelten, soweit der Kollektivvertrag nicht die Verlängerung der Kündigungsfrist im Ausmaß des zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Zeitguthabens vorsieht und der Zeitausgleich in diesem Zeitraum verbraucht wird. Der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist die Beendigung einer Arbeitskräfteüberlassung gleichzuhalten. 19e Abs 2 AZG: Für Guthaben an Normalarbeitszeit gebührt ein Zuschlag von 50%. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt. Der Kollektivvertrag kann Abweichendes regeln. 2017 Schoenherr 22

Abgeltung von Zeitguthaben - 19e AZG Abgeltung von im Beendigungszeitpunkt bestehender nicht verjährter bzw verfallener Normalarbeitszeit oder Überstunden Verlängerung der Kündigungsfrist, wenn KV dies vorsieht Auswirkung auf dienstzeitabhängige Ansprüche (!) Anwendung bei Beendigung der Arbeitskräfteüberlassung Gilt auch bei Flexibilisierung der Arbeitszeiten durch zb längere Durchrechnungszeiträume Zuschlag für Normalarbeitsstunden in der Höhe von 50% - Anwendung 10 AZG - Berechnung des Zuschlags anhand des auf die einzelne Arbeitsstunde entfallende Normallohns, inkl Zulagen - Zahlungen in größeren Abständen sind nicht zu berücksichtigen 2017 Schoenherr 23

Abgeltung von Zeitguthaben - 19e AZG Kein Anspruch auf Zuschlag, wenn - AN ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt - Lehre: AN das Zeitguthaben bei Altersteilzeit ohne triftigen Grund nicht verbraucht (Verletzung der Treuepflicht)? Zuschlag ihv 50% gilt nach OGH auch für Teilzeitbeschäftigte 19e Abs 2 AZG kollektivvertragsdispositiv: Zuschlag kann zur Gänze ausgeschlossen werden (OGH 23.11.2006, 8 ObA 63/06g) Zweifelhaft, ob Zuschlag auch bei Beendigung der Arbeitskräfteüberlassung gilt - Kein ausdrücklicher Verweis auf Abs 1 - Allerdings Verbindung zwischen beiden Absätzen 2017 Schoenherr 24

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter 29 Abs 1 LSD-BG: Wer als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen.[ ] Zweck des LSD-BG: - Herstellung eines fairen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen - Sicherung gleicher Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen - Sicherstellung der Abgaben und Sozialbeiträge 2017 Schoenherr 25

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter Ziel laut Materialien: Einbeziehung des gesamten, dem AN durch Gesetz, Verordnung oder KV zustehenden Entgelts in die behördliche Lohnkontrolle nach dem LSD-BG; jede Unterschreitung soll (potentiell) strafbar sein Davon ausgenommen sind lediglich die in 49 Abs 3 ASVG aufgezählten Entgeltbestandteile: - Schmutzzulagen; Vergütungen, die aus Anlass der Beendigung des AV gewährt werden; Beiträge nach BPG etc. Keine explizite Aufzählung der gesetzlichen Normen, sondern Lohnkontrolle aller Entgeltbestandteile (vormals ausschließlich Grundgehalt/lohn) 2017 Schoenherr 26

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter Ist 29 LSD-BG eine Blankettstrafnorm? Eine Blankettstrafnorm ist durch die äußere Trennung von Tatbild und Strafdrohung gekennzeichnet: - enthält keinen bzw einen lediglich unvollständigen Tatbestand - verweist auf Vorschriften eines anderen oder desselben Gesetzes oder einer Verordnung, die damit Teil des Verwaltungsstraftatbestandes werden Beispiele 135 Wr BauO ( Übertretungen dieses Gesetzes werden bestraft. ) Verpflichtung zu einer bestimmten Handlung oder zur Unterlassung einer bestimmten Tätigkeit muss in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ablesbar sein Jeder berechtigte Zweifel des Normunterworfenen über den Inhalt des pflichtgemäßen Verhaltens muss ausgeschlossen sein 2017 Schoenherr 27

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter Ist 29 LSD-BG eine Blankettstrafnorm? VwGH (22.04.1997, 94/11/0303) Der Beschwerdeführerin wurde zu Last gelegt, gegen Bestimmungen der - Höchstarbeitszeit, - Ruhepausen und - Überstundenentlohnung verstoßen zu haben Nach 28 Abs 1 AZG (af BGBl Nr 446/1994) waren AG und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, [ ] mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit dem Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen Bei dieser Bestimmung handelte es sich um eine Blankettstrafnorm ( 28 AZG verwies auf andere Vorschriften des Gesetzes) 2017 Schoenherr 28

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter Ist 29 LSD-BG eine Blankettstrafnorm? Laut VwGH kommen in einem solchen Fall als Übertretungsnormen des 28 AZG (af) nur solche in Betracht, die dem Normadressaten ein ausreichend genau umschriebenes Verhalten verbieten oder gebieten 10 AZG legt in Abs 1 nur die Höhe eines zivilrechtlichen Anspruches des AN fest und trifft in Abs 2 Anordnungen für dessen Berechnung Dem Normadressaten wird keine bestimmte Verhaltenspflicht auferlegt Die Verpflichtung zur Zahlung des für Arbeitsleistungen gebührenden Entgelts und dessen Fälligkeit ergeben sich aus dem zwischen AG und AN bestehenden Arbeitsvertrag 10 AZG enthielt somit keine Übertretungsnorm isd 28 Abs 1 AZG 2017 Schoenherr 29

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter Ist 29 LSD-BG eine Blankettstrafnorm? Wenn 29 LSD-BG Blankettstrafnorm wäre - Lohnschutznormen zielen vorrangig darauf ab, einen Anspruch des AN zu sichern, daraus ergibt sich zwar eine korrespondierende Verpflichtung des AG, der Verpflichtungscharakter wird aber nicht unmittelbar im Gesetz angesprochen - Es wäre daher fraglich, ob dem Normadressaten in einer jeden Zweifel ausschließbaren Weise erkennbar wäre, dass bei Nichteinhaltung der Lohnschutznormen Strafe droht Fazit: Wenn 29 LSD-BG Blankettstrafnorm wäre, wären die Lohnschutznormen idr nicht erfasst 2017 Schoenherr 30

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter Ist 29 LSD-BG eine Blankettstrafnorm? Vieles spricht aber gegen das Vorliegen einer bloßen Blankettstrafnorm: - 29 Abs 1 LSD-BG verweist auf kein bestimmtes Gesetz - 29 Abs 1 LSD-BG enthält selbst Tatbestand und Rechtsfolge (AG die das laut Gesetz usw gebührende Entgelt nicht leisten sind zu bestrafen) Allerdings: Für Verwaltungsstrafnormen gilt das Prinzip der Vorhersehbarkeit und Bestimmbarkeit Teile der Lehre: Verfassungskonforme Auslegung und teleologische Reduktion des 29 LSD-BG auf betraglich fixiertes Entgelt geboten Diese Auslegung widerspricht dem offenkundigen Zweck des LSD-BG eine möglichst umfassende Lohnkontrolle zu ermöglichen 2017 Schoenherr 31

Anwendung LSD-BG auf Normen mit Lohnschutzcharakter Norm 1152 ABGB Potentieller Verstoß gegen 29 Abs 1 LSD-BG Nichtgewährung des angemessenen Gehalts/Lohns Strafbarkeit? Nein, nicht ausreichend bestimmt 1155 ABGB 10 AÜG 16 AngG Nichtgewährung des Entgelts bei unterbliebener Arbeitsleistung Nichtgewährung des Mindestentgelts Keine Aliqotierung bei Auszahlung der Remuneration Ja in der Lehre allerdings strittig Ja, wenn Entgelt sich aus Gesetz/Verordnung/KV ergibt Ja 2g AVRAG Fehlen des betraglich bestimmten Grundgehalts 19e AZG Nichtabgeltung des Zeitguthabens Ja Nein, nicht ausreichend bestimmt 2017 Schoenherr 32

stefan kühteubl Vortragender T: +43 1 53437 50486 s.kuehteubl@schoenherr.eu Position Partner, Schoenherr Practice Areas Labour & Employment Education University of Vienna (Mag. iur. 1997, Dr. iur. 2004) Publications Languages Das (wieder) neue Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz, ZAS 2016, 318 German, English 33

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