1. wie sie grundsätzlich die Vergabe von Patenten auf Tiere und Pflanzen aus ethischer Sicht bewertet;

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Transkript:

14. Wahlperiode 20. 05. 2009 Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Kein Patent auf Tiere und Pflanzen Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten, 1. wie sie grundsätzlich die Vergabe von Patenten auf Tiere und Pflanzen aus ethischer Sicht bewertet; 2. ob sie die Ansicht teilt, dass die Vergabe von Patenten auf Tiere gegen das im Grundgesetz verankerte Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere (Artikel 20 a) verstößt; 3. inwieweit sie Handlungsbedarf hinsichtlich einer Verschärfung der EU- Biopatentrichtlinie sieht, sodass zumindest die Patentierung von durch gentechnische Verfahren erzeugten Tieren und Pflanzen verboten würde; 4. inwieweit sie Handlungsbedarf sieht, die Regelungen in der EU-Biopatentrichtlinie dahingehend zu konkretisieren, dass die Patentierung von durch Züchtung erzeugten Tieren und Pflanzen verboten wird; 5. wie sie den Sachverhalt bewertet, dass die Herstellung genveränderter Tiere mit erheblichem Tierleid und einer untragbaren Ausschussproduktion von Tieren verbunden ist und daher eine Vergabe von Patentrechten gegen ethische Grundsätze verstößt; Eingegangen: 20. 05. 2009 / Ausgegeben: 03. 07. 2009 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente

6. inwieweit sie erhebliche Gefahren sieht, dass die Vergabe von Patenten auf durch Zucht erzeugte Tiere und Pflanzen insbesondere kleinere Betriebe in ein Abhängigkeitsverhältnis drängt und damit eine existenzielle Gefährdung bäuerlicher Betriebe, insbesondere in Baden-Württemberg nach sich ziehen würde; II. 1. sich der Bundesratsinitiative des Landes Hessen zur Verschärfung der EU- Patentrichtlinie anzuschließen mit dem Ziel des Verbots der Patentierung von gentechnisch veränderten Tieren und Pflanzen; 2. sich darüber hinaus auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass das Patentverbot sich nicht nur auf genmanipulierte Tiere und Pflanzen bezieht, sondern jegliche Patentierung von Tieren und Pflanzen sowie der Verfahren, die zur Herstellung von Tieren oder Pflanzen mit bestimmten Merkmalen führen, unterbunden werden. 20. 05. 2009 Kretschmann, Rastätter, Dr. Murschel und Fraktion Begründung Gemäß der EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen aus dem Jahr 1998 können Patente auf Tiere und Pflanzen, wie sie beispielsweise durch Genmanipulation erzeugt werden, erteilt werden. Aufgrund unkonkreter Regelungen werden aber auch Tiere und Pflanzen patentiert, die aus dem normalen Züchtungsprozess resultieren. Die Patentierung von Lebewesen führt zum einen in einen ethischen, zum anderen in einen wirtschaftlichen Konflikt. Aus ethischer Sicht ist nicht tragbar, dass Lebewesen wie Sachen behandelt werden. Die Vergabe von Patenten auf Tiere, egal ob gentechnisch verändert oder durch normale Züchtung fortgepflanzt, widerspricht der moralischen Wertvorstellung des Großteils der Bürgerinnen und Bürger und ist überdies mit dem Staatsziel Tierschutz unvereinbar. Insbesondere die Herstellung genveränderter Tiere ist mit sehr großem Tierleid sowohl für Spender- als auch Empfängertiere verbunden. Die Ausschussproduktion von Tieren, die nicht die gewünschten Eigenschaften besitzen und somit keine Verwendung finden, liegt bei über 90 %. Durch die Vergabe von Patenten auf genveränderte Tiere oder die dazu führenden Verfahren werden besonders quälerische und somit ethisch höchst fragwürdige Handlungen zugunsten rein profitorientierter Interessen gefördert. Die Vergabe an Rechten auf derart quälerisch hergestellte Lebewesen widerspricht zudem dem Grundrecht der Tiere auf Achtung ihrer Unversehrtheit und Würde. Darüber hinaus kommt es nicht nur zu einer Reduzierung der Biodiversität, sondern auch zu einer sehr bedenklichen Machtstellung bestimmter Unternehmen, die den freien Zugang zu genetischen Ressourcen limitieren. 2

Firmen nutzen die Möglichkeit, sich tierische oder pflanzliche Lebewesen bzw. bestimmte Herstellungsverfahren patentieren zu lassen, um diese zu monopolisieren. Dies führt zudem dazu, dass kleinere und mittlere Unternehmen in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt und somit in ihrem wirtschaftlichen Handeln eingeschränkt werden. So wurden vom Europäischen Patentamt bereits Patente auf Verfahren zur Züchtung von Rindern und Schweinen erteilt. Damit sichern sich die Patentinhaber alle Nutzungsrechte für bestimmte Züchtungsverfahren von Nutztieren und Nutzpflanzen, die wirtschaftlich wertvolle Eigenschaften haben und somit die Kontrolle über die Nutzung entlang der Wertschöpfungskette. Die Züchtungsarbeit unabhängiger Züchtungsunternehmen kann dadurch erschwert werden, da selbst normale Züchtungsverfahren nicht mehr frei verwendet werden dürfen. Ebenso kann die Abhängigkeit bäuerliche Existenzen bedrohen und zur Betriebsaufgabe führen. Nach Auffassung von Kirchenvertretern wie dem Grundsatzreferenten des Diözesanrats, Martin Schneider, Erzbistum München-Freising, würden Patente auf Tiere und Pflanzen den bäuerlichen Familienbetrieben den Todesstoß versetzen. Für Jochen Fritz, Koordinator Gentechnikfreies Hohenlohe in Wolpertshausen, darf es deshalb kein Patent auf Gene, Zuchtverfahren, Saatgut, Pflanzen und Tiere geben. Aus diesem Grund protestieren Bauern, Umweltschützer und Kirchenvertreter gemeinsam gegen Patente auf Tiere und Pflanzen, wie am 15. April 2009 in München vor dem europäischen Patentamt. Die CDU-regierten Länder Hessen und Bayern haben die Problematik erkannt. Hessen setzt sich daher mit seinem Entschließungsantrag unter anderem dafür ein, dass konventionell gezüchtete Tiere und Pflanzen nicht patentiert werden dürfen. Die Landesregierung in Bayern signalisierte bereits, sich zumindest dem Antrag des Landes Hessen anzuschließen und möglicherweise weiter gehende Forderungen zur Verschärfung der Biopatentrichtlinie zu stellen. Der ebenfalls der CDU angehörende saarländische Landwirtschaftsminister Mörsdorf unterstützt die Initiative Hessens ebenfalls und formuliert sogar Im Grundgesetz wurde dem Tierschutz Verfassungsrang gegeben und im Patentrecht werden Tiere und Pflanzen mit Toastern und Staubsaugern gleichgestellt. Das passt nicht zusammen! Tiere und Pflanzen sind keine Erfindungen des Menschen. Grundsätzlich ist es nicht tragbar, dass Patente und Rechte auf Lebewesen vergeben werden. Die Fraktion GRÜNE fordert insofern die Landesregierung von Baden-Württemberg auf, sich dem Antrag des Landes Hessen und der Initiative des Landes Bayern anzuschließen und sich darüber hinaus dafür einzusetzen, dass jegliche Patentierung von Tieren und Pflanzen unterbunden wird. 3

Stellungnahme*) Mit Schreiben vom 26. Juni 2009 Nr. Z(26/23) 0141.5 338 F nimmt das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum im Einvernehmen mit dem Ministeriun für Wissenschaft, Forschung und Kunst, dem Wirtschaftsministerium, dem Umweltministerium und dem Justizministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten, 1. wie sie grundsätzlich die Vergabe von Patenten auf Tiere und Pflanzen aus ethischer Sicht bewertet; Zu I. 1.: Der Grundsatz, dass Erfindungen auch dann patentiert werden können, wenn sie sich auf biologisches Material beziehen, ist bereits seit langem anerkannt. Mit der EU-Biopatentrichtlinie sind jedoch Grenzen der Patentierbarkeit bei biotechnologischen Erfindungen gesetzt worden. Die Bestimmungen der Richtlinie wurden weitgehend in das deutsche Patentgesetz (PatG) übernommen. Für Pflanzensorten und Tierrassen sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren werden keine Patente erteilt ( 2 a Abs. 1 Nr. 1 PatG). Patente können jedoch erteilt werden für Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist ( 2 a Abs. 2 Nr. 1 PatG), was beispielsweise bei den gentechnisch veränderten Maissorten der Fall ist. Die Patentierung von Tieren und Pflanzen soll nach Auffassung der Landesregierung auf das notwendige Maß beschränkt bleiben. Die gegenwärtige Rechtslage, beispielsweise im 7 Absatz 3 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), trägt dem Rechnung. 2. ob sie die Ansicht teilt, dass die Vergabe von Patenten auf Tiere gegen das im Grundgesetz verankerte Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere (Artikel 20 a) verstößt; Zu I. 2.: Die im Jahr 2002 in das Grundgesetz eingefügte Staatszielbestimmung des Tierschutzes in Artikel 20 a GG zielt darauf ab, ein ethisches Mindestmaß für das menschliche Verhalten im Umgang mit Tieren festzulegen und auch das einzelne Tier vor vermeidbaren Leiden, Schäden und Schmerzen zu schützen (Bundestags-Drucksache 14/8860, S. 1). Die Tiere sollen in ihrer Mitgeschöpflichkeit geachtet werden. Darüber hinaus soll ein Schutz vor nicht artgemäßer Haltung und vor Zerstörung der Lebensräume der Tiere sichergestellt werden (Bundestags-Drucksache 14/8860, S. 3). Diese Staatszielbestimmung beinhaltet insbesondere einen Auftrag an den Gesetzgeber, den Tierschutz bei der Gesetzgebung angemessen zu berück - sichtigen. Dem Gesetzgeber steht dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu, in dessen Rahmen er auch andere, verfassungsrechtlich geschützte Güter berücksichtigen und deren Wertigkeit beurteilen und gegeneinander abwägen kann (BVerfGE 118, 79, 110 f.). *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 4

Die Vergabe von Patenten auf Tiere kann gegen dieses Staatsziel des Tierschutzes verstoßen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn, wovon der Antrag ausgeht, die im Vorfeld einer Patentierung erfolgte Herstellung gentechnisch veränderter Tiere mit vermeidbaren Leiden, Schäden und Schmerzen verbunden ist, die mit dieser Staatszielbestimmung gerade verhindert werden sollen. Andererseits erscheint es aber auch nicht ausgeschlossen, dass je nach Umfang der Beeinträchtigung für die betroffenen Tiere, dem konkreten Gegenstand eines etwaigen Patents sowie der im Einzelfall verfolgten Zielsetzungen und angestrebten Vorteile eine Patenterteilung im Rahmen einer Gesamtabwägung auch zulässig sein kann. 3. inwieweit sie Handlungsbedarf hinsichtlich einer Verschärfung der EU- Biopatentrichtlinie sieht, sodass zumindest die Patentierung von durch gentechnische Verfahren erzeugten Tieren und Pflanzen verboten würde; 4. inwieweit sie Handlungsbedarf sieht, die Regelungen in der EU-Biopatentrichtlinie dahingehend zu konkretisieren, dass die Patentierung von durch Züchtung erzeugten Tieren und Pflanzen verboten wird; Zu I. 3. und I. 4.: Für die Abgrenzung herkömmlicher, nicht patentierungsfähiger Züchtungsverfahren von einer patentierbaren erfinderischen Leistung ist der Begriff des im Wesentlichen biologischen Verfahrens von besonderer Bedeutung (siehe Frage 1). Die Begriffsbestimmung des Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie ist in den 2 a Abs. 3 Nr. 3 PatG wortgleich übernommen worden. Die Auslegung dieses Begriffs ist Gegenstand eines Verfahrens, in dem eine Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes aussteht. Derzeit wird bei der großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes ein Patent überprüft, das das Europäische Patentamt im Jahr 2002 auf die Erzeugung von Brokkoli erteilt hat. Mit dem Brokkoli-Patent wurden ein nicht gentechnisches Züchtungsverfahren und die damit erzeugten Pflanzen patentiert. Das Verfahren enthält zusätzlich zu den Kreuzungs- und Selektionsschritten eine technische Besonderheit (DNA-Marker). Geprüft wird, ob diese DNA-Marker patentierbar sind und anhand welcher Kriterien gegebenenfalls die Patentierbarkeit zu erkennen wäre. Zudem wird geprüft, ob durch die Verwendung des DNA-Markers für das gesamte Zuchtverfahren die Voraussetzung im Wesentlichen biologisches Verfahren bestehen bleibt. Die Entscheidung der großen Beschwerdekammer bleibt abzuwarten. Es muss einen klaren Unterschied machen, dass nicht nur rein biologische Verfahren von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden, sondern schon im Wesentlichen biologische Verfahren, also auch solche, bei denen ein geringer eben unwesentlicher technischer Anteil hinzukommt. Wenn die zu erwartende Entscheidung nicht im Sinne der Vorstellungen ausfällt, die mit der Richtlinie verbunden wurden, wird zu überlegen sein, wie die Definition erneuert und verbessert werden muss (Bundestags-Drucksache 16/12809 vom 29. April 2009; Bericht der Bundesregierung über die Wirkungen des Gesetzes zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie). 5. wie sie den Sachverhalt bewertet, dass die Herstellung genveränderter Tiere mit erheblichem Tierleid und einer untragbaren Ausschussproduktion von Tieren verbunden ist und daher eine Vergabe von Patentrechten gegen ethische Grundsätze verstößt; Zu I. 5.: Für Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, werden keine Patente erteilt. Insbesondere werden keine Patente erteilt für Verfahren zur Veränderung der 5

genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe dieser Verfahren erzeugten Tiere ( 2 Abs. 2 Nr. 4 PatG). Darüber hinaus wird auf die Antwort zur Ziffer I. 2. verwiesen. 6. inwieweit sie erhebliche Gefahren sieht, dass die Vergabe von Patenten auf durch Zucht erzeugte Tiere und Pflanzen insbesondere kleinere Betriebe in ein Abhängigkeitsverhältnis drängt und damit eine existenzielle Gefährdung bäuerlicher Betriebe, insbesondere in Baden-Württemberg nach sich ziehen würde; Zu I. 6.: Eine Einschränkung des Patentschutzes bei biotechnologischen Erfindungen beinhaltet das sogenannte Landwirteprivileg ( 9 c PatG). Es besagt, dass der Landwirt berechtigt ist, Erntegut einer geschützten Sorte zurückzubehalten und als Vermehrungsmaterial für den Wiederanbau im eigenen Betrieb zu verwenden. Das gilt auch für patentierbares Vermehrungsmaterial. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass bei manchen Kulturarten, wie beispielsweise Mais, ausschließlich Hybridsorten auf dem Markt sind, bei denen aufgrund des Ertragsrückganges kein Nachbau des Erntegutes in der Landwirtschaft erfolgt. Der Zwang zum jährlichen Kauf von Züchtersaatgut und das damit begründete Abhängigkeitsverhältnis hat zu keinem erkennbaren wirtschaftlichen Schaden für die landwirtschaftlichen Betriebe geführt. Ein entsprechendes Privileg gibt es auch bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Der Landwirt darf bei der Ausübung des Landwirteprivilegs Nutztiere oder biologisches Vermehrungsmaterial (z. B. Samen) in seinem Betrieb zu landwirtschaftlichen Zwecken verwenden. Zudem darf er erzeugte Tiere zwar Dritten überlassen, jedoch nur soweit dies im Rahmen einer Fortführung seines landwirtschaftlichen Betriebes erforderlich ist. Unzulässig ist dagegen der Verkauf dieser Tiere, sofern der Landwirt sie nicht zur Nutzung im eigenen Betrieb, sondern eigens zwecks Verkauf an andere Nutzer erzeugt, sowie der Verkauf an Tierzüchter zwecks Erzeugung von Nachkommen. Laut Bericht der Bundesregierung über die Wirkungen des Gesetzes zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie sind bisher keine Fälle bekannt geworden, in denen Landwirte oder Züchter als vermeintliche Verletzer aufgrund eines im weites - ten Sinne für Züchtungen erteilten Patents in Anspruch genommen worden wären. Es lässt sich bisher auch nicht feststellen, dass die mit dem Umsetzungsgesetz eingeführten Begriffe auf dem Gebiet der Tier- und Pflanzenzüchtungen zu einer unerwünschten Weite der Patentierungsvoraussetzungen geführt hätten oder dass die Vorschriften über das Landwirteprivileg zum Schutze der landwirtschaftlichen Betriebe nicht ausreichten. II. 1. sich der Bundesratsinitiative des Landes Hessen zur Verschärfung der EU- Patentrichtlinie anzuschließen mit dem Ziel des Verbots der Patentierung von gentechnisch veränderten Tieren und Pflanzen; Zu II. 1.: Die Bundesratsinitiative des Landes Hessen vom 24. März 2009 wollte er - reichen, dass eine Patentierung von Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen und Tiere sind, zukünftig ausgeschlossen wird, wenn sie auf klassischen Züchtungsverfahren wie Kreuzung und Selektion beruhen. Damit unterstellt der Antrag, dass derartige Patente derzeit zulässig sind. Dies ist aber gerade strittig und nach Auffassung der Landesregierung nicht der Fall. 6

Über den abgeänderten Antrag Hessens wurde im Bundesrat noch nicht abgestimmt. 2. sich darüber hinaus auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass das Patentverbot sich nicht nur auf genmanipulierte Tiere und Pflanzen bezieht, sondern jegliche Patentierung von Tieren und Pflanzen sowie der Verfahren, die zur Herstellung von Tieren oder Pflanzen mit bestimmten Merkmalen führen, unterbunden werden. Zu II. 2.: Der Schutz biotechnologischer Erfindungen ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Investitionen auf dem Gebiet der Biotechnologie erfolgen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich im Rahmen internationaler Abkommen (TRIPS, Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) verpflichtet, den Schutz des geistigen Eigentums für Pflanzen und Tiere zu gewährleisten. Die erforderlichen Investitionen zur Forschung und Entwicklung im Bereich der Biotechnologie sind hoch und können nur bei angemessenem Rechtsschutz rentabel sein. Vor etwaigen Maßnahmen der Bundesregierung sollte die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA zur Abgrenzung patentierbarer Züchtungsverfahren, die sich durch eine technische Besonderheit auszeichnen müssen, von im Wesentlichen biologischen, nicht patentierbaren Züchtungsverfahren, abgewartet werden. Hauk Minister für Ernährung und Ländlichen Raum 7