Inklusion in der Schule

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Transkript:

Inklusion in der Schule Vortrags- und Diskussionsabend VHS Heidelberg Donnerstag, 19. Mai 2011, 20.00 Uhr Referentin: Rotraut Engler-Soyer

Übersicht: Eckpunkte zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention (BRK) der Monitoring-Stelle des Deutschen Instituts für Menschenrechte (IfM) Zentrale Vorgaben der Schulversuchsordnung für die Modellstandorte zur Umsetzung des Gemeinsamen Unterrichts (GU) in Baden-Württemberg (BW) Aussagen des Koalitionsvertrags zwischen Grünen und SPD in Baden-Württemberg zur Umsetzung von Inklusion in der Schule Gedanken und Bilder zum Gelingen von Inklusion in der Schule aus Elternsicht Mai 2011 2

Teilhabe In allen gesetzlichen Vorgaben (SGB IX, BRK ), Verwaltungsvorschriften und Stellungnahmen von Verbänden und Fachleuten wird als übergeordnetes Ziel die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an allen relevanten gesellschaftlichen Systemen benannt. Die rechtlich verankerte und praktisch umgesetzte Teilhabe kann mit dem Begriff der Inklusion beschrieben werden. Mai 2011 3

Die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) Die BRK wurde verfasst und 2009 verabschiedet, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen explizit zu verdeutlichen. Es geht darin nicht um Spezialrechte für Menschen mit Behinderungen, sondern um die Geltung der allgemeinen Menschenrechte auch für diese Bevölkerungsgruppe. Von zentraler Bedeutung ist das Recht auf Bildung. Das Recht auf Bildung muss immer zusammen mit dem Diskriminierungsverbot interpretiert werden. Das Recht auf Bildung kann nur gewährleistet werden, wenn die Verwaltung diskriminierungsfrei handelt. Mai 2011 4

UN-Konvention (März 2009) Übereinkommen über die Rechte behinderter Menschen, Artikel 24 Bildung 2. Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, a) dass behinderte Menschen nicht auf Grund ihrer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass behinderte Kinder nicht auf Grund ihrer Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder von der Sekundarschulbildung ausgeschlossen werden; b) dass behinderte Menschen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Grundschulunterricht und einer entsprechenden Sekundarschulbildung haben; c) dass angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden; d) dass behinderte Menschen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung erhalten, um ihre wirksame Bildung zu erleichtern; Mai 2011 5

Deutsches Institut für Menschenrechte - Monitoring-Stelle zur UN- Behindertenrechtskonvention Die Monitoring-Stelle zur BRK am unabhängigen Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin hat den Auftrag, die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Sinne der Konvention zu fördern und zu schützen sowie die Umsetzung der BRK in Deutschland konstruktiv wie kritisch zu begleiten. Die Überwachung der Umsetzung der BRK bezieht sich überwiegend auf die strukturelle Ebene. Alle 2 Jahre berichten die Länder über ihre Aktivitäten und Fortschritte zur Inklusion. Mai 2011 6

Bedeutung des Rechts auf inklusive Bildung Die Monitoring-Stelle misst der Umsetzung des Rechts auf inklusive Bildung in den Ländern große Bedeutung zu. Das Recht auf Bildung als Menschenrecht zu verwirklichen ist zentral für die Verwirklichung anderer Menschenrechte. Das Recht auf inklusive Bildung im Sinne der Konvention ist als individuelles Recht ausgestaltet. Dieses Recht setzt sowohl für den schrittweisen Aufbau eines inklusiven Bildungssystems als auch für den Zugang zu diesem Bildungssystem im Einzelfall verbindliche Maßstäbe. Mai 2011 7

Das Recht auf inklusive Bildung Das Recht auf inklusive Bildung besagt, dass keine Person aufgrund einer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden darf (Artikel 24 Absatz 2 BRK). Integraler Bestandteil des Rechts auf inklusive Bildung ist laut BRK das Konzept der angemessenen Vorkehrungen. Sie werden definiert als notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen Inklusion verlangt die Anpassung der Umwelt an die individuellen Bedürfnisse des Menschen mit Behinderung, nicht den Anpassungszwang der betreffenden Person oder gar ihren Ausschluss aus dem allgemeinen Bildungssystem. Mai 2011 8

Konzept der Angemessenen Vorkehrungen Zur notwendigen und geeigneten Anpassung der Lernumwelt (Allgemeine Schule) an die individuellen Bedarfe der Person mit Behinderungen können im Einzelfall Maßnahmen notwendig sein, etwa die behördlich veranlasste Diagnostik auf Inklusion hin auszurichten, den Unterricht auf zieldifferenten Unterricht umzustellen, die notwendige sonderpädagogische Unterstützung im spezifischen Zusammenhang der Allgemeinen Schule zu organisieren, Barrieren zu beseitigen, Nachteilsausgleiche zu gewähren, die erforderliche Aufklärung im Schulumfeld zu betreiben, etc. Das Konzept der angemessenen Vorkehrungen verlangt von den jeweiligen staatlichen Verantwortungsträgern einzelfallbezogene Veränderungen oder Anpassungen, um im konkreten Fall eine Beschulung an der Allgemeinen Schule sinnvoll zu ermöglichen. Mai 2011 9

Forderung der Monitoring-Stelle Es sind in allen Ländern entschlossene strukturelle Anstrengungen auf allen Handlungsebenen notwendig, um die UN- Behindertenrechtskonvention mittel- und langfristig erfolgreich umzusetzen und überdies kurzfristig das individuelle Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zu einem sinnvollen wohnortnahen Bildungsangebot an einer Regelschule praktisch einzulösen. Mai 2011 10

Eckpunkte der Monitoring-Stelle zur Verwirklichung eines inklusiven Bildungssystems (Primarstufe und Sekundarstufen I und II) Die Bestimmungen der Konvention verlangen eine umfängliche Änderung der derzeit geltenden Schulgesetze. Diese Änderungen betreffen z.b. die Verfügbarkeit die Zugänglichkeit sowie die Organisation und inhaltliche Gestaltung des Unterrichts. Mai 2011 11

Verfügbarkeit Das Gesetz sichert den Vorrang des gemeinsamen Unterrichts in allen Schulformen einschließlich Gymnasium. Dieser muss qualitativ hochwertig sein. Die Schulträger werden gesetzlich verpflichtet, im Rahmen einer Schulentwicklungsplanung die Einrichtungen und Dienste im Sinne der Inklusion zu entwickeln. Das Landesrecht befördert den schrittweisen und konsequenten Personal-, Finanz- und Sachmitteltransfer in die Allgemeine Schule. Das Gesetz enthält alle erforderlichen Regelungen, um die Aus-, Fortund Weiterbildung von allen Pädagoginnen und Pädagogen an den Anforderungen eines inklusiven Bildungssystems auszurichten. Das Gesetz garantiert Barrierefreiheit. Zugunsten des Ausbaus von allgemeinen Schulen werden keine neuen Sondereinrichtungen geschaffen. Die Umwandlung von Förderschulen in Kompetenzzentren hin zu Schulen ohne Schüler wird gefördert. Andere Entwicklungskonzepte werden nur genehmigt, wenn die Einrichtung nicht zugleich nur Lernort für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist. Bestehende Sonderklassen sowie Kooperationsklassen an allgemeinen Schulen laufen aus. Mai 2011 12

Zugänglichkeit (1) Der Zugang zur Regelschule wird durch einen Rechtsanspruch auf eine inklusive, wohnortnahe und hochwertige allgemeine Bildungseinrichtung abgesichert (Grundbildung sowie weiterführende Schulen). Die Sonderschulverpflichtung oder andere den Zugang hindernde Barrieren werden abgeschafft. Die zwangsweise Zuweisung an eine Sondereinrichtung gegen den Willen des Kindes beziehungsweise der Erziehungsberechtigten wird verboten. Das Landesrecht enthält für den Bereich Bildung ein justiziables Diskriminierungsverbot auf Grund von Behinderung (etwa im Schulrecht oder Landesgleichstellungsgesetz). Das Gesetz definiert angemessene Vorkehrungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention und anerkennt die Verweigerung angemessener Vorkehrungen als einen Tatbestand der Diskriminierung. Mai 2011 13

Zugänglichkeit (2) Die Kostenträgerschaft der angemessenen Vorkehrungen wird klar geregelt. Der Grundsatz Wohl des Kindes ist so zu verstehen, dass das Kindeswohl im inklusiven Regelschulzusammenhang am besten verwirklicht werden kann. Dieser Grundsatz darf nicht als Schranke des Rechts auf inklusive Bildung gelten. Die in einigen Ländern vorgesehene Einführung des genannten Wahlrechts der Eltern, zwischen Regel- und Sonderbeschulung zu entscheiden, ist nur übergangsweise vertretbar und darf den Aufbau eines inklusiven Bildungssystems nicht verzögern oder untergraben, z.b. weil es die erforderliche Reorganisation von Kompetenzen und Ressourcen für das Regelschulsystem erschwert und in diesem Zuge das Sonderschulwesen stärkt. Das Recht auf Inklusion ist ein Recht der Person mit Behinderung. Die Eltern haben bei der Ausübung der elterlichen Sorge den Leitgedanken der Inklusion zu beachten und ggf. zu erklären, warum sie keine inklusiven Bildungsangebote wahrnehmen. Die Elternberatung, von welcher Seite auch immer, muss einbeziehen, Eltern das Recht auf inklusive Bildung vorzustellen und die Eltern hinsichtlich ihrer Gewährsfunktion aufzuklären. Mai 2011 14

Organisation und inhaltliche Gestaltung des Unterrichts. (1) Das Gesetz enthält die Verpflichtung der relevanten staatlichen Träger, die Klasse zieldifferent und binnendifferenziert zu unterrichten. Das Gesetz stellt eine umfassende und unabhängige Beratung der Schülerin oder des Schülers und der Erziehungsberechtigten sicher. Die Beratung sollte über einen Rechtsanspruch abgesichert werden. Das Verfahren, mit dem der sonderpädagogische Förderbedarf festgestellt wird, ist in Zukunft an den Anforderungen eines inklusiven Bildungssystems auszurichten. Ein der Inklusion verpflichtetes Verfahren zielt darauf, für alle Schülerinnen und Schüler Art und Umfang der angemessenen Vorkehrungen zu bestimmen, die für die erfolgreiche und sinnvolle Integration und Förderung der Kompetenzen notwendig und angemessen sind. Es besteht die gesetzliche Verpflichtung, die betroffene Person sowie die Erziehungsberechtigten einzubeziehen (Grundsatz der Partizipation). Kinder haben das Recht, gehört zu werden. Betroffene und deren Erziehungs-berechtigte erhalten Informationsrechte gegenüber den Schulen und Behörden. Mai 2011 15

Organisation und inhaltliche Gestaltung des Unterrichts. (2) Das Gesetz spiegelt Bildungsziele der UN- Behindertenrechtskonvention. Die Lehrpläne sollten in diesem Sinn fortentwickelt werden. Die Bildungsziele eines inklusiven Bildungssystems: Stärkung des Bewusstseins der menschlichen Möglichkeiten sowie des Bewusstseins der Würde und des Selbstwertgefühls des Menschen. Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt. Entfaltung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen, Förderung ihrer Begabungen und ihrer Kreativität sowie ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten mit dem Ziel der Befähigung zur wirksamen Teilhabe an einer freien Gesellschaft. Mai 2011 16

Regelungen zur Umsetzung des Beschlusses des Ministerrats vom 3.5.10 "Schulische Bildung von Menschen mit Behinderung" 2010 erhielten 5 Modellschulämter den Auftrag, den Ausbau des Gemeinsamen Unterrichts voranzutreiben. Das Kultusministerium formulierte dazu einige Vorgaben. Prinzipiell wird unterschieden zwischen einem Anspruch auf sonderpädagogische Beratung und Unterstützung in der allgemeinen Schule (bisher eingelöst durch die sonderpädagogischen Dienste für "zielgleich" zu unterrichtende Kinder) und einem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot in allgemeinen Schulen oder Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (bisher: Sonderschulen). Damit wird die Aufnahme von SchülerInnen mit Behinderungen, die "zieldifferent" unterrichtet werden, an die allgemeine Schule möglich. Sie sind dann auch ordentliche Schüler dieser Schule, ihre Eltern in den dortigen Pflegschaften und Schulgremien stimmberechtigt. Bei sog. "zieldifferent" zu unterrichtenden SchülerInnen sollen gruppenbezogene Bildungsangebote gemacht werden, Einzelintegrationen sind nicht gewünscht. Mai 2011 17

Regelungen zur Schulischen Bildung von Menschen mit Behinderung in den Modellregionen Qualifiziertes Wahlrecht (in Abgrenzung zum absoluten Wahlrecht) der Eltern zwischen einer Aufnahme ihrer Kinder mit Behinderungen in eine allgemeine Schule (nicht zwingend die Schule des Einzugsgebietes) oder in ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum. Die möglichen Alternativen werden gemeinsam mit den Eltern in sog. Bildungswegekonferenzen erarbeitet. Die Schulverwaltung soll die Entscheidung der Eltern übernehmen. Eine abweichende Entscheidung muss transparent begründet werden. Die Feststellung des Rechts auf ein sonderpädagogisches Beratungs- oder Bildungsangebot sowie des Umfangs der sonderpädagogischen Unterstützung erfolgt wie bisher durch sonderpädagogische Gutachten. Sie werden von SonderpädagogInnen einer passenden Sonderschule erstellt. Alle Entscheidungen sind befristet und innerhalb einer gemeinsam festgelegten Frist zu überprüfen. Die im gemeinsamen Unterricht erforderlichen personellen und sächlichen Ressourcen für die Kinder mit Behinderungen bleiben unverändert den sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren zugeordnet. Mai 2011 18

Koalitionsvertrag zwischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD Baden-Württemberg Baden-Württemberg 2011 2016 Bildungsaufbruch an den Schulen Das baden-württembergische Schulsystem ist nicht auf der Höhe der Zeit. Es ist sozial ungerecht und basiert auf dem Prinzip des Aussortierens. Das wollen wir ändern. Unser Ziel ist ein sozial gerechtes Schulsystem, in dem nicht die Kinder sich an die Schule anpassen müssen, sondern die Schule an die Kinder angepasst wird. Eine Schule, in der jedes Kind sein persönliches Bildungsziel erreicht, individuell gefordert wird und all seine Talente bestmöglich nutzen kann.. Diesen Bildungsaufbruch für bessere Bildungschancen für alle wollen wir voranbringen, mit einem Innovationspool für Gemeinschaftsschulen, an denen länger gemeinsam gelernt wird; einer sonderpädagogischen Förderung von Kindern mit Behinderung in der Regelschule; Zur Finanzierung der hierfür notwendigen Mehrausgaben werden wir Haushaltsmittel verwenden, die aufgrund sinkender Schülerzahlen frei werden. Mai 2011 19

Gleichberechtigte Teilnahme aller: Inklusion umsetzen Konsequente Umsetzung von Artikel 24 der BRK im Schulbereich. Gesetzliche Verankerung des Anspruchs der Kinder mit Behinderung auf sonderpädagogische Förderung in der Regelschule. Wahlrecht der Eltern behinderter Kinder zwischen Sonderschule und allgemeiner Schule nach einer qualifizierten Beratung. Schülerinnen und Schüler mit Behinderung sind regulärer Teil der Schülerschaft der allgemeinen Schule Die Schulen erhalten die für die Inklusion notwendige personelle, räumliche und sachliche Ausstattung. Dabei folgen die Mittel dem Kind und werden der entsprechenden Schule zugewiesen. Es gilt das Zwei-Pädagogen-Prinzip, wobei die Kompetenz der SonderpädagogInnen ausdrücklich erforderlich ist. Die sonderpädagogischen Lehrkräfte sind regulärer Teil des Lehrerkollegiums. Das inklusive pädagogische Konzept bezieht sich auf die ganze Schule. Die Schulverwaltung unterstützt und begleitet den Prozess. Die Lehrkräfte erhalten regelmäßige Unterstützung und Fortbildung. Mai 2011 20

Quellen : Stellungnahme des IfM http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/de/monitoringstelle/stellungnahmen.html, Stand 13.Mai 2011 Koalitaionsvereinbarungen Grüne/SPD BW http://www.gruenebw.de/fileadmin/gruenebw/dateien/koalitionsvertrag-web.pdf, Stand 13.5.2011 UN-Konvention: http://www.institut-fuer- menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/pdf- Dateien/Pakte_Konventionen/CRPD_behindertenrechtskonvention/crpd_ de.pdf, Stand 13.5.2011 Regelungen zur Umsetzung des Beschlusses des Ministerrats vom 3. Mai 2010 "Schulische Bildung von jungen Menschen mit Behinderung : http://www.kultusportalbw.de/servlet/pb/show/1275899/anlage%201_regelungen_zur_umsetzu ng.pdf, Stand 13.5.2011 Mai 2011 21